Ein eigenes Werk wie oben geschehen mit dem Anhalter zu vergleichen ist in der SF eine Art GotteslĂ€sterung. WĂŒrde ich lieber nicht tun, selbst wenn's stimmen wĂŒrde. Macht einfach keinen guten Eindruck. Wenn, dann darf ein solcher Vergleich nur von einem Leser oder Kritiker kommen.
Okay, hier ist die erste ausfĂŒhrlichere Reaktion:
Leipziger Internet Zeitung von Ralf Julke, 03.05.2011
Eine dicke Parodie auf WĂŒstenplaneten, Fernseheinöden und andere Endlosigkeiten: Jonny Juicebag
Es geht ja der Science Fiction genauso wie anderen Literatursparten - es gibt ein paar geniale Autoren, die das Genre zu Meisterstreichen nutzen. Das sind wenige. Leider. Und es gibt die groĂe Menge der Nachahmer, die schlicht den nie zu stillenden Hunger der Lesergemeinde stillen. Und es gibt die Parodisten. Die nehmen das, was die zweite Kategorie von Autoren verzapft hat, und drehen es noch einmal ordentlich durch den Fleischwolf. Das war sogar einmal ein gepflegtes Metier. Der Ullstein Verlag pflegte es in bunter Vorzeit, bevor die groĂen Tiere begannen, den deutschen Verlagsmarkt abzugrasen und der Springer Verlag sich StĂŒck um StĂŒck des Ullstein Verlages einverleibte. Der Versuch, mit einer engagierten Science Fiction-Reihe neben Verlagen wie Heyne und Goldmann zu bestehen, wurde zwar noch bis in die 1990er Jahre fortgesetzt. Aber der Versuch, hier auch Titel jenseits des Musters, jenseits des Mainstreams zu platzieren, war schon damals beendet. Ob er gescheitert war, mĂŒssen die damaligen Buchhalter wissen. Die Leser konnten nur das allmĂ€hliche Verschwinden der Ullstein SF aus den Regalen registrieren. Wichtige Autoren - wie Douglas Adams - wanderten zum nunmehrigen Schwester-Verlag Heyne. Womit dann auch das Flaggschiff der SF-Parodie fort war.
Wer heute die einschlĂ€gigen SF-Regale in den Buchhandlungen inspiziert, sieht eine lĂ€hmende Mischung aus martialischer Ernsthaftigkeit und morbider Saga-Welt. Es sieht - auf den ersten Blick - so aus, als nĂ€hme sich das Genre wieder so furchtbar ernst wie zu jenen Zeiten, als Stanislaw Lem den ganzen technizistischen Schwachsinn dieser BĂŒcher kritisierte. Nur rechnete Lem stets mit dem gebildeten Leser. Und nicht mit einem Publikum, das den pseudowissenschaftlichen Klamauk auch noch als Kino- und Fernseh-Opera genieĂen wollte. Möglichst noch mit den esoterischen Elementen versetzt, die in der so genannten Fantasy im Schwange waren, wo eben nicht Raketen und Laserwaffen die Spielelemente waren, sondern Zauberschwerter und uralte VerheiĂungen. Ist das gutes Material fĂŒr neue Parodien?
Der Leipziger Tino Hemmann hat es mit seiner Serie "Rat der Planeten" schon einmal versucht. FĂŒnf BĂ€nde sind dabei entstanden. Dabei ist er wohl irgendwie auf den Geschmack gekommen, hat noch mehr von dem Zeug gelesen und fleiĂig das angeschaut, was im TV aus den Stoffen gemacht wird. Das Ergebnis liegt hier vor.
Wer Weltraum-Abenteuer ernst nimmt, wird sich Ă€rgern. Wer sich ĂŒber die Unarten der meisten SF-Schmöker Ă€rgert, wird sie hier als Mittel der Persiflage wiederfinden: das Spiel mit mystischen VerkĂŒndungen, die kitschigen Beschreibungen, das martialische Gehabe der Helden, die Redundanz der ErzĂ€hlung - bis in die Kreation jener WortungetĂŒme hinein, die die Legende mit dem Glanz lexikalischen Bombastes aufmöbeln. Mittendrin ein Held, der sich gar nicht zu fangen weiĂ im GefĂŒhl seiner Schönheit und Einzigartigkeit. Nicht nur der "WĂŒstenplanet" von Frank Herbert hat hier Pate gestanden, sondern auch all jene Legionen von Weltraumkurieren im Gefolge der Weltraumpioniere eines Isaak Asimov.
Jedes Kapitel ist auch noch extra versehen mit einem jener VorspÀnne, die sich die eher einfallsloseren SF-Autoren beim Vorspann der Star Trek-Serie abgeschaut haben. Auch der kluge Roboter kommt drin vor, den man aus Star Wars kennt. Und was in den meisten Weltraum-Schinken scheinbar als logisches sexistisches Element mitschwingt, wenn edle Weltraumritter edle Weltraumprinzessinen retten, hat Hemmann als dicken Schaum aufgetragen - wenn schon, denn schon.
Selbst das aktuelle Leipzig findet sich gespiegelt - als abgesperrte Umweltzone, zu der dem etwas zu spĂ€t eintrudelnden Weltraumkurier schlicht die grĂŒne Einreiseplakette fehlt, und als vermeintlicher Redner-Gott ein blaunasiger Typ namens Red Boll. Ganz zu schweigen von diversen GroĂunternehmen, die sich in der galaktischen Zukunft genauso unverschĂ€mt benehmen wie ihre irdischen Vorbilder der Gegenwart. Nicht ganz leicht zu lesen.
Nicht wirklich jedes von den Vielschreibern des Marktes genutzte Stilelement lĂ€sst sich wirklich parodistisch wirksam verwenden. Nicht jede in Kino und TV produzierte Inhaltsleere lĂ€sst sich in lesbare Romanszenen umsetzen. Aber zumindest ahnt man, wie sehr der Autor unter den Ădnissen der modernen TV-Welt leidet oder gelitten hat, unter all den Seifenopern, Talkshows und HochzeitsĂŒbertragungen, von denen die Herren des GEZ-Zeitalters glauben, sie wĂŒrden damit einen Dienst am Volke verrichten. Kann man das alles auf die Schippe nehmen? - Wahrscheinlich nicht wirklich. Denn all diejenigen, die sich tĂ€glich von den Wiederholungen des Immergleichen gerade im TV einlullen lassen, die werden keine SF-Parodie lesen. Und die anderen, die gute SF und exzellente SF-Parodien mögen, die werden sich mit dem, was in Deutschland als Fernsehprogramm angeboten wird, schon lange nicht mehr abgeben. AuĂerdem passt an die Stelle, wo bei den Eingelullten der Fernseher steht, bestens ein neues BĂŒcherregal hin. Und in ein solches Regal passen bekanntlich hunderte Stunden dicken Lesegenusses.
Zum Beispiel die ganze WĂŒstenplanet-Serie von Frank Herbert, die sich nach "Jonny Juicebag" mit ganz anderen Augen lesen lĂ€sst.
Original-Link der Rezension:
http
://www.l-iz.de/Bildung/B%C3%BCcher/201...-Juicebag.html