Ich möchte hier zwar kein totes Pferd füttern, dem sonst Alfred III. gerne reichlich Hafer gibt, aber die deutsche Wikipedia ist in Themenkreisen, die sich um SF/Fantasy/Phantastik drehen, eher ... suboptimal. Sehr freundlich ausgedrückt.
Lang' ist's her, dass wir einer Meinung waren. (Um Misverständnissen vorzubeugen: Jetzt sind wir's.)
Bevor man über die Zukunft des Steampunk spricht, sollte man mE einige Begriffe klären. Ein Genre ist eine Textgruppe mit bekannten, relativ engen Regeln bezüglich Plot, Setting, Figuren evtl. Stil, die von den Autoren variiert und vom Leser erkannt werden; Genrewerke haben in der Regel einen sehr starken Genrebezug. Im Laufe der Zeit wird ein lebendiges Genre sich wandeln - was 1977 als Genrewestern durchging, hätte 1939 als Blasphemie wirken können.
Ein Modus dagegen kann sich eines einzelnen Merkmals zur Kategorisierung bedienen - die Varianz der Texte ist entsprechend erheblich größer.
Ein Label ist, vereinfacht gesagt, eine Geschmacksrichtung, die sich eher durch eine Stimmung oder einen bestimmten Stil beschreiben lässt; die beschriebene Textgruppe wird kaum klar zu fassen sein und kann beliebig groß oder klein sein.
Nun hängt die Zukunft des Steampunk offensichtlich z.T. davon ab, wie man ihn beschreibt - nimmt man yiyippeeyippeeyay Begriff (Steampunk = Hard-SF alternative history der Viktorianischen Ära mit realistischen technischen Nova - mein Fehler, wenn ich yip falsch wiedergegeben haben sollte), dann ist es nicht sehr wahrscheinlich, dass wir da viele Geschichten von sehen werden - alternativ history ist ohnehin nur begrenzt beliebt, weiter durch Zeit, Ort und Stil eingegrenzt wird nicht genug für ein Genre übrigbleiben. Wenn man alternative history als Genre begreift - mE schwer genung - dann wird das Subgenre Steampunk die Randerscheinung einer Randerscheinung sein.
Begreift man - grob gesagt - phantastische Technik in einem raubtierkapitalistisch-düsteren späten 19. Jh., vornehmlich dem viktorianischen Britannien und gerne mit antiadligen & antibürgerlichen Protagonisten, als wesentliche Merkmale, dann ist viel mehr möglich.
Als Label (F&S) hat sich etwas in der Richtung schon etabliert, ob mehr draus wird, bliebe abzuwarten. Kino wurde oben ja schon angesprochen: Ich denke, der Erfolg des Steampunk - und anderer literarischen Richtungen - hängt erheblich vom Kino ab. Wenn demnächst ein überzeugender Blockbuster läuft, dann wird sich der Steampunk möglicherweise auf größerem Niveau festsetzen können. Potenzial ist da, ein Automatismus ist es nicht.
Und zuletzt: Die phantastische Dampfmaschine ist - kakophemistisch gesagt - aus Pandoras Kiste und wird nicht wieder eingefangen werden können; als Modus wird sich Steampunk immer fassen lassen, wieviele Geschichten dann angesprochen werden und welchen Wert das hat, sei einmal dahingestellt.
Theophagos
"Cool Fusion? What is 'Cool Fusion'?" - "As Cold Fusion is beyond our grasp, we should reach for something ... less ... cold. Cool Fusion."
- Dr. Karel Lamonte, Atomic Scientist (Top of the Food Chain, Can 1999)