Ist das was du machst nicht auch Meckerkultur?
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Gibt es wirklich keine aktive Szene? ... Es sind eine Vielzahl an Blasen, die sich hier und da berühren, aber es gibt denke ich zu wenig verbindendes.
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Und dieser europäische SF Preis, das ist doch wirklich eine Lachnummer. Aus jedem Land stimmt irgendwer für seine Werke ab und am Ende gibt es eine gemeinsame Liste von Literatur, da kann der eine das andere nicht lesen.
Wenn das Thema des Ausgangspostings die Frage ist, wieso die deutschsprachige SF international praktisch nicht stattfindet, dann sind die Begründungen dafür naturgemäß keine Lobeshymnen auf den Status quo.
Zur aktiven Szene schrieb ich: "kaum", nicht "keine". Ich sehe dir von Dir aufgeführten Preise und Aktivitäten durchaus und finde sie auch alle gut.
Für einen Buchmarkt dieser Größe sind sie aber verschwindend gering und - bedauerlicherweise - auch von geringer Relevanz. Da Du meine Videos zum Kurd-Laßwitz-Preis angesprochen hast:
- Mein Angebot steht, jedes andere YouTube-Video zu verlinken, das die entsprechenden Werke ebenfalls bespricht. Es ist mir egal, ob man zum selben oder zu einem anderen Schluss kommt wie ich. Es ist mir egal, ob nur als "Eintagsfliege" ein einzelner Roman besprochen wird oder ob es eine Reihe ist wie bei mir. Rücklauf: Null.
- Aufrufzahlen meiner KLP-Besprechungsvideos: hängen vom besprochenen Buch ab, aber im Vergleich zu anderen Videos auf meinem Kanal in der Regel eher gering.
- Diskussion meiner ausführlich vorgetragenen Analysen: verhalten.
Ich nehme an, dass die meisten, die ähnliche Aktivitäten entfalten, vergleichbare Erfahrungen machen.
In einer lebendigen Szene sähe (und sieht - wenn man in andere Länder blickt) das anders aus, da würden die Gewinner des wichtigsten Szene-Preises rauf und runter besprochen - gerne auch professioneller und gehaltvoller, als ich das zu tun vermag, ebenso gern aber auch "fannischer" mit launigen Beiträgen zu diesen Büchern.
Eine tragfähige Szene entwickelt auch einen Kanon, womit ich schlicht meine: Wenn ich auf einen Con fahre, kann ich davon ausgehen, dass nahezu jeder, den ich dort treffe, bestimmte aktuelle Werke kennt und eine (in der Regel grundsätzlich positive - das zeichnet einen Fan aus) Meinung dazu hat. Das klappt eben, wie Du beschreibst, in den Blasen. Auf einem RHODAN-Con kann ich davon ausgehen, dass die aktuelle Handlung der Erstauflage bekannt ist. Aber die übergreifende Szene, die die gesamte deutschsprachige SF bündelt - und damit auch die Kraft und Zielstrebigkeit aufbrächte, diese international bekannt zu machen -, die sehe ich nicht.
Den ESFP würde ich nicht als "Lachnummer" bezeichnen, schon allein, um die Leute, die so viel Mühe dort hineinstecken, nicht zu kränken.
Dass er Schwächen hat: keine Frage. Die könnte man - wenn es eine aktive Szene nennenswerter Kraft gäbe - durch aktive Beteiligung beheben.
Wenn der SFCD nicht 300, sondern 30.000 Mitglieder hätte, und diese 30.000 aktiv den ESFP verfolgen würden - dann würde das auch rein kommerziell eine solche Größe darstellen, dass sich Verlage fänden, die den Preis beobachten und sich die Rechte an den Siegertiteln sichern würden. Und wenn diese Siegertitel ab und zu mal aus dem deutschsprachigen Raum kämen - umso besser. Bei 30.000 Leuten, die den Preis verfolgen würden, wäre das ein Grund, einen entsprechenden Aufkleber auf das Buch zu machen. (Erfahrungswert: Als Bernhard und ich mit der Phileasson-Saga den DPP gewonnen haben, hat Heyne auch Aufkleber auf die Bücher gemacht.) De facto hat der SFCD aber nur einen Bruchteil der Mitglieder, die die PERRY RHODAN Fanzentrale aufbringt.
Ich hoffe, meine Überlegungen kommen nicht als Vorwurf rüber, denn so sind sie nicht gemeint. Fandom ist Hobby, und niemand ist verpflichtet, da auch nur eine Minute Lebenszeit reinzustecken. Wenn die Frage aber so ist, wie zu Beginn dieses Diskussionsfadens gestellt, dann ist das meine Antwort. Und eben nicht - was ja auch sein könnte -, dass es schlicht zu wenig SF im deutschsprachigen Raum gäbe oder dass diese qualitativ nicht auf internationalem Parkett mithalten könnte.
Aber da es ist, wie es ist, wächst der internationale Erfolg für deutschsprachige Autorinnen und Autoren nicht aus der deutschsprachigen Szene heraus, sondern wird eher - wenn überhaupt - über internationale Kontakte erreicht.