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Was ist Queer*SF? Mehr als nur Science Fiction!


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151 Antworten in diesem Thema

#1 Mammut

Mammut

    DerErnstFall Michael Schmidt

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Geschrieben 17 August 2022 - 16:45

Das schreibt Aiki Mira auf Tor Online:

https://www.tor-onli...cience-fiction/



#2 Zack

Zack

    Illuminaut

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Geschrieben 17 August 2022 - 17:57

Cooler Artikel :)
“Die Farben sind der Ort, wo unser Gehirn und das Universum sich begegnen.” (Paul Cézanne)


http://www.literatopia.de

#3 Peter-in-Space

Peter-in-Space

    Kenonaut

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Geschrieben 17 August 2022 - 18:18

gerade überflogen.

 

Aiki Mira geht also davon aus, dass das Leben für queere Mensche in der Zukunft reibungsloser verläuft.

 

Das ist durchaus möglich.


Wenn es eine Krisensituation gibt, sucht der intelligente Mensch nach einer Lösung,

der dumme Mensch nach Schuldigen.

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#4 Liza

Liza

    Ufonaut

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Geschrieben 18 August 2022 - 20:41

Es lohnt sich durchaus, den ganzen Artikel zu lesen, und nicht nur zu überfliegen. Spannender Text mit wichtigen Ideen

#5 Rezensionsnerdista

Rezensionsnerdista

    Yvonne

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Geschrieben 18 August 2022 - 20:54

Grins, ja, ich finde den Artikel auch toll!

Podcast: Literatunnat

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#6 Peter-in-Space

Peter-in-Space

    Kenonaut

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Geschrieben 18 August 2022 - 23:20

Es lohnt sich durchaus, den ganzen Artikel zu lesen, und nicht nur zu überfliegen. Spannender Text mit wichtigen Ideen

Ich bin durchaus fähig, bei komplexen Texten querzulesen und die relevanten Stellen zu registrieren. Zerbrecht Euch mal nicht Eure Köpfe, wo es nicht zu zerbrechen lohnt.

 

Nur bei meinem Hobby lese ich wörtlich. Das nehme ich mir raus: ist ja auch schließlich mein Hobby, Leute! Immer diese feinen Unterschiede.

 

Momentan erscheint mir der gesellschaftliche Diskurs durch Identitätsbehauptungen durchsetzt. Im Extremfall widerspricht das dem Gedanken der (Ver-)Einigung der Gesellschaft, die diese so dringend benötigt.

 

Es hat den Anschein, als ob interessierte Kreise diesen genuin linken Diskurs okkupiert hätten und den Sieg davontragen würden, eben weil sich die Echoräume gegen Andere dermaßen abschotten.

 

Diesem "divide-et-impera"-Gedanken setze ich gelebte Toleranz entgegen.


Bearbeitet von Peter-in-Space, 18 August 2022 - 23:47.

Wenn es eine Krisensituation gibt, sucht der intelligente Mensch nach einer Lösung,

der dumme Mensch nach Schuldigen.

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#7 My.

My.

    Temponaut

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Geschrieben 19 August 2022 - 05:34

[...] Im Extremfall widerspricht das dem Gedanken der (Ver-)Einigung der Gesellschaft, die diese so dringend benötigt.

 

Ja. Aus meiner Sicht geht es um Entsolidarisierung der Gesellschaft. Je kleiner die Grüppchen sind, die (vermeintliche) Gemeinsamkeiten (über das reine Menschsein hinaus) aufweisen, umso leichter sind sie zu kontrollieren.

 

Und ich lese keine sonderzeichenverseuchten Texte.

 

My.



#8 Dyrnberg

Dyrnberg

    Giganaut

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Geschrieben 19 August 2022 - 09:27

"Casual Queerness" - da habe ich einen neuen Begriff gelernt, der im Grunde einer meiner Vorlieben als Leser gut auf den Punkt bringt. Ich interessiere mich für sexuelle Orientierungen oder geschlechtliche Identitäten zu wenig, als dass ich unbedingt viele Romane lesen wollen würde, die das zum Hauptthema ihrer Geschichte machen. Das stimmt in meinem Fall für queere Identitäten genauso wie für cis-heterosexuelle Identitäten. (Na gut... queere Identitäten haben den dramaturgischen Vorteil, dass man bislang kaum über sie gelesen hat.)

 

Aber "casual"? Let's go for it.

 

(Wobei sich hier die peinliche Frage meinerseits anschließt: Würde ich mir bei einer Kurzgeschichte so ohne weiteres zutrauen, eine solche Figur als Hauptfigur zu wählen? Oder hätte ich zu großen Respekt davor, etwas völlig unauthentisch zu erzählen? Ich weiß, dass diese Frage nicht neu ist. Im Grunde wissen wir nur, wie es ist, ich zu sein. Jede Figur, die man erschafft, ist insofern tricky. Ich habe keine Ahnung, wie es ist, ein anderer Mann zu sein. Oder ein homosexueller Arbeiter in einem Bergwerk Chinas. Oder eine Start-Up-Gründerin, die es zur Millionärin bringt. Literarisch zu arbeiten bedeutet wohl immer, sich neue Perspektiven zu erarbeiten und vorzustellen. However... da ich die ganze Debatte um sexuelle Idenitäten so wenig verfolge, hätte ich da schon Respekt. Gerade wenn man sich die Grabenkämpfe auf Twitter ansieht: Ein falsches Wort, und man ist schon ***irgendeine Beschimpfung, die ich auch nicht verstehe***)

 

 

 



#9 Amtranik

Amtranik

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Geschrieben 19 August 2022 - 09:43

Respekt Peter, Du schaffst es immer wieder mich zu überraschen.

Ich sehe auch eine Gefahr darin, dass hier wieder in Kategorien/Gruppen/Stämmen gedacht wird, anstatt sich darauf zu besinnen, dass wir alle Menschen sind, da stimme ich Dir und auch Michael zu. Man sollte sich auf die Fälle beschränken, wo laut unserem Grundgesetz Menschen wegen ihrer ethnischen Herkunft, Religion oder weltanschaulichen Ansichten diskriminiert werden. Ansonsten sollten die Unterschiede keine Rolle spielen. Leider scheitert man hier schon regelmäßig auf breiter Front, auch und gerade hier im Netzwerk.

Ich schätze Texte, in denen die Diversität des Lebens in natürlicher Weise eingeflochten ist, und nicht als Monstranz, Auszeichnung oder gar Kainsmal vor sich hergetragen wird. Insofern habe ich Aiki Miras Essay bezogen auf ihre wunderbaren Beispiele von SF-Literatur sehr gut gefunden und viele Gemeinsamkeiten und gleiche Einschätzungen entdeckt. Was ich aber nicht richtig finde ist, diese wunderbaren Entwicklungen jetzt für die Queer, LGBTQ+, Transgender Gruppe zu kapern und das Etikett queer auf etwas zu kleben, dass es schon vorher gab.

Ich nehme doch mal stark an, die meisten von uns schätzen interessante und abwechslungsreiche Charaktere und haben die weiße männliche Heldenfigur der 40er und 50er Jahr des letzten Jahrhunderts schon lange hinter uns gelassen, was natürlich keinesfalls bedeuten soll, dass diese keinen Platz mehr haben sollte. Doch warum soll das ein Verdienst oder auch nur ursächlich etwas mit den Leuten zu tun haben, die sich selber heute als Queer etc. bezeichnen?


Bearbeitet von Amtranik, 19 August 2022 - 09:45.


#10 Rezensionsnerdista

Rezensionsnerdista

    Yvonne

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Geschrieben 19 August 2022 - 11:20

"Casual Queerness" - da habe ich einen neuen Begriff gelernt, der im Grunde einer meiner Vorlieben als Leser gut auf den Punkt bringt. Ich interessiere mich für sexuelle Orientierungen oder geschlechtliche Identitäten zu wenig, als dass ich unbedingt viele Romane lesen wollen würde, die das zum Hauptthema ihrer Geschichte machen. Das stimmt in meinem Fall für queere Identitäten genauso wie für cis-heterosexuelle Identitäten. (Na gut... queere Identitäten haben den dramaturgischen Vorteil, dass man bislang kaum über sie gelesen hat.)

 

Aber "casual"? Let's go for it.

 

(Wobei sich hier die peinliche Frage meinerseits anschließt: Würde ich mir bei einer Kurzgeschichte so ohne weiteres zutrauen, eine solche Figur als Hauptfigur zu wählen? Oder hätte ich zu großen Respekt davor, etwas völlig unauthentisch zu erzählen? Ich weiß, dass diese Frage nicht neu ist. Im Grunde wissen wir nur, wie es ist, ich zu sein. Jede Figur, die man erschafft, ist insofern tricky. Ich habe keine Ahnung, wie es ist, ein anderer Mann zu sein. Oder ein homosexueller Arbeiter in einem Bergwerk Chinas. Oder eine Start-Up-Gründerin, die es zur Millionärin bringt. Literarisch zu arbeiten bedeutet wohl immer, sich neue Perspektiven zu erarbeiten und vorzustellen. However... da ich die ganze Debatte um sexuelle Idenitäten so wenig verfolge, hätte ich da schon Respekt. Gerade wenn man sich die Grabenkämpfe auf Twitter ansieht: Ein falsches Wort, und man ist schon ***irgendeine Beschimpfung, die ich auch nicht verstehe***)

 

Hey,

 

"writing the other"! Ich verstehe total, was du meinst. Wir sprachen darüber auch mit Podcast (Aiki, Jol und ich, hast du vielleicht längst gehört). Da kam eben heraus, dass es unterschiedliche Ansätze gibt, mit Queerness umzugehen (oder auch mit behinderten Figuren, PoC Figuren usw.). Wenn es in dem Text direkt um die Queerness geht, ist Own Voice hilfreich, oder zumindest ein Sensitivity Reading.

Ich hatte beispielsweise eine Geschichte aus Sicht eines taubblinden Mannes (Taubheit und Blindheit erworben durch Krankheit), er war auch das erzählende Ich. Hier habe ich dann ewig nach einem Sensitivity Reader gesucht, was nicht ganz einfach war und am Ende dann eine ganze Gruppe gefunden, die sich mit dem Text beschäftigt hatten, ein, zwei Stellen korrigiert haben und sich danach noch ein wenig mit mir über das Thema kulturelle Aneignung unterhalten haben. Letztendlich waren sie aber einverstanden damit, dass ich den Text einreiche, sofern ich einen Nachsatz einfüge, dass ich selbst nicht betroffen bin und es ein Sensitivity Reading gegeben hat.

Die Herausgeberin hat die Geschichte angenommen und auch gedruckt (Magret Kindermann: "Darum", Ende der Werbeeinblendung), und betont, dass sie die Story auch nicht gedruckt hätte, wenn kein Sensitivity Reading stattgefunden hätte. 

 

In all meinen anderen Texten gibt es queere oder auch behinderte Figuren eher auf die "casual" Art, die Aiki im Artikel beschreibt. Da habe ich dann kein Sensitivity Reading machen lassen. Das fällt oft in einem Nebensatz und ist manchmal so subtil, dass Testlesende es nicht einmal merken (vor allem Nonbinärität wird gern übersehen). 

 

Aber ja, ich würde mich jetzt wohl auch davor hüten, ausführlich aus Sicht eines trans Mannes zu schreiben, inklusiver des gesamten Werdegangs - das will ja auch niemand lesen. In einer Kurzgeschichte aber einen trans Mann als Erzähler (oder andere Figur) zu haben, der zwar trans ist, dessen Sexualität aber an sich keine Rolle für die Story spielt, kann ich mir vorstellen. 

Klar, es kann dabei eine Menge schiefgehen. Was soll's. Dann geht es eben schief.

 

Kürzlich habe ich eine asexuelle Person als Erzählerin gewählt, ich vermute sehr stark, dass den meisten das beim Lesen nicht mal auffallen wird. Wir werden ja sehen. 

 

Eigentlich finde ich aber, dass die Art von queeren Texten, die Aiki in ihrem Artikel benennt, die Grüppchen eher einander nahe bringen und nicht weiter voneinander weg. Durch Prosa Queerness (oder auch anderes) verstehen, durch Prosa zeigen, wie bunt die Welt ist. Ist ja schon sehr oft gelungen. 

 

Ich bin gespannt auf die weitere Diskussion.

 

Liebe Grüße, Yvonne


Podcast: Literatunnat

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#11 Dyrnberg

Dyrnberg

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Geschrieben 19 August 2022 - 11:41

Die Herausgeberin hat die Geschichte angenommen und auch gedruckt [...] und betont, dass sie die Story auch nicht gedruckt hätte, wenn kein Sensitivity Reading stattgefunden hätte.

 

 

 

Danke für die ausführliche Antwort. Nein, leider, ich hab den Podcast noch nicht gehört. Muss ich mal nachholen. Habt Ihr auch die Frage diskutiert, wann jemand beispielsweise Sensitivity Reading" für unbedingt notwendig hält und wann nicht? Ich bringe ein Beispiel und man möge es mir nicht als Provokation auslegen, so ist es nämlich nicht gemeint, sondern es gibt bei mir einen beruflichen Hintergrund dazu: Würde die genannte Verlegerin auch bei einem Text über Landwirtschaft darauf bestehen, dass Bauern und Bäuerinnen ihn testgelesen haben? Ich vermute nicht. Aber warum? (Background: Ich mache viele Workshops mit Menschen aus der Landwirtschaft, und diese fühlen sich oft völlig falsch dargestellt, sowohl in Romanen wie in Serien und natürlich vor allem in Zeitungsartikeln.) Warum bringe ich das Beispiel? Weil diese Menschen ihren Beruf nicht bloß als Beruf ansehen, sondern als... Identität. Als eine bestimmte Art der Lebensführung, die andere - "die Stadtmenschen" - nicht verstehen. Gibt es da nicht große Parallelen, aber eine völlig unterschiedliche Handhabung?

 

Wie gesagt: Das soll keine Provokation sein. Ich verstehe es nur nicht. Mir erscheint das oft nur so vollkommen willkürlich.


Bearbeitet von Dyrnberg, 19 August 2022 - 11:42.


#12 Uwe Post

Uwe Post

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Geschrieben 19 August 2022 - 11:41

Die Frage, die ich mir oft stelle, ist: Wenn doch in einer (erfreulichen) Zukunft eine absolute Toleranz herrscht und Geschlechter und Gender und Vorlieben alle gleichermaßen problemlos gelebt werden können, wo ist da die spannende Geschichte? Ist das dann nicht einfach nur ein bunter, plausibler, positiver Hintergrund, vor dem eine ganz andere Geschichte stattfindet? Also ein "diverser Cast" bei einer Serie, der ganz selbstverständlich agiert, wie ihm/ihr/ihnen der Sinn steht, und was eben genau deshalb überhaupt keinen Einfluss auf den Plot hat? (Deshalb, Yvonne, merken Leser manchmal nichtmal was davon) Brauchen wir wirklich ein "Subgenre, bei dem ein diverses Space-Team im Mittelpunkt steht", wenn es doch aufgrund der gelebten Toleranz piepegal ist, wer nun welches Geschlecht usw. hat, und sehr viele Werke schon längst genau so sind?

 

Dass man "R2-D2 und C-3PO aus Star Wars im Nachhinein als Metapher für eine queere Beziehung interpretiert werden" kann, halte ich für ein bisschen übermütig. Hatten Dick und Doof "im Nachhinein" vielleicht eine queere Beziehung, weil sie öfter mal im gleichen Bett geschlafen und einander geneckt haben? Selbst wenn: Was ist da jetzt der Erkenntnisgewinn? Dass manche Menschen ihrer Zeit voraus waren?

 

Aiki nutzt massiv die Gelegenheit, Werbung für "Titans Kinder" zu machen. Man beachte aber diesen Satz: "Rain ist all das zusammen und sie ist queer. Das macht sie zu einem Individuum." Wirklich? Sie ist doch so oder so ein Individuum, in dem Sinne, dass sie keine billige Klischeefigur ist, wie Figuren in anderen Roman auch! Denn umgekehrt kann man wohl schlecht schlecht behaupten, dass eine nicht-queere Figur kein Individuum sein kann. Queerness ist weder eine notwendige noch eine hinreichende Bedingung für ein Individuum (mathematisch ausgedrückt). Mehr noch: Dass, wie es kurz danach heißt, die Queerness eine Figur "menschlicher" macht, finde ich schon eine ziemlich krasse Schlussfolgerung. Das kann man so auffassen, als dass nicht-queere Figuren nicht aus völlig anderen Gründen "menschlich" sein könnten, oder sogar (bitte nicht!) dass nicht-queere Personen unmenschlich sind! Was offensichtlich Unsinn ist. Authentizität macht eine Figur lebendig und menschlich.

 

Dass "wir keine Heldengeschichten brauchen, sondern „tales of the ongoing“", hat doch nichts mit Queerness zu tun. Diese These kann man völlig unabhängig davon formulieren. Auch, wie kurz danach nachzulesen ist, dass gleichberechtigte Gruppen "auf queere Strukturen hindeuten", ist vielleicht ein bisschen sehr "gewollt", es ist eher ein Kennzeichen liberaler, politisch linker Gruppierungen, und das ist gewiss nicht genau dasselbe. Man kann das Wort "Queerness" doch komplett außen vor lassen und es trotzdem toll finden, dass ein Roman keine klassische Heldenreise ist!

 

Dabei möchte ich es vorerst belassen. Das soll hier ja keine Anklageschrift oder gar Gegenrede sein. Von mir aus kann jeder so queer sein, wie er will, und ich stehe 100% für eine tolerante Gesellschaft ein (nicht nur in der SF), aber davon völlig unabhängige Trends gewissermaßen unter dem Begriff einzuvernehmen, finde ich etwas übertrieben und nur bedingt hilfreich.

 

Genauso übertrieben wie die Häufigkeit der Verweise auf Aikis Roman in dem Text. Das hat schon was von Product Placement ;-)

 

Manchmal ist weniger mehr.


Bearbeitet von Uwe Post, 19 August 2022 - 11:44.

Herausgeber Future Fiction Magazine (deutsche Ausgabe) ||| Aktueller Roman: ERRUNGENSCHAFT FREIGESCHALTET ||| uwepost.de ||| deutsche-science-fiction.de

#13 Peter-in-Space

Peter-in-Space

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Geschrieben 19 August 2022 - 11:49

Ja. Aus meiner Sicht geht es um Entsolidarisierung der Gesellschaft. Je kleiner die Grüppchen sind, die (vermeintliche) Gemeinsamkeiten (über das reine Menschsein hinaus) aufweisen, umso leichter sind sie zu kontrollieren.

 

Und ich lese keine sonderzeichenverseuchten Texte.

 

My.

Bin völlig bei Dir.

 

Mit den Sonderzeichen und der gendergerechten Sprache habe ich im Extrem auch meine Probleme, ansonsten halte ich es mit der eleganten Lösung der Zeitung "Standard" bei der Benutzung des "/". Es scheint mir der erste konkrete und seriöse Beitrag zur Debatte um gendergerechte Schriftsprache zu sein zu sein.

 

Sollte ich in Zukunft von einem "Ärzt" (von Ärzt/in) behandelt werden, stehe ich darüber - als Mann sollte man darüber stehen...

 

...

Ich sehe auch eine Gefahr darin, dass hier wieder in Kategorien/Gruppen/Stämmen gedacht wird, anstatt sich darauf zu besinnen, dass wir alle Menschen sind, da stimme ich Dir und auch Michael zu. Man sollte sich auf die Fälle beschränken, wo laut unserem Grundgesetz Menschen wegen ihrer ethnischen Herkunft, Religion oder weltanschaulichen Ansichten diskriminiert werden. Ansonsten sollten die Unterschiede keine Rolle spielen. Leider scheitert man hier schon regelmäßig auf breiter Front, auch und gerade hier im Netzwerk.

 

Unterschiede sind zumeist nur äußerlich.

Ich schätze Texte, in denen die Diversität des Lebens in natürlicher Weise eingeflochten ist, und nicht als Monstranz, Auszeichnung oder gar Kainsmal vor sich hergetragen wird. Insofern habe ich Aiki Miras Essay bezogen auf ihre wunderbaren Beispiele von SF-Literatur sehr gut gefunden und viele Gemeinsamkeiten und gleiche Einschätzungen entdeckt. Was ich aber nicht richtig finde ist, diese wunderbaren Entwicklungen jetzt für die Queer, LGBTQ+, Transgender Gruppe zu kapern und das Etikett queer auf etwas zu kleben, dass es schon vorher gab.
 

Na ja, es ist eher peinlich und sagt mehr über die Kommunikator aus als über die Rezipienten.

Ich nehme doch mal stark an, die meisten von uns schätzen interessante und abwechslungsreiche Charaktere und haben die weiße männliche Heldenfigur der 40er und 50er Jahr des letzten Jahrhunderts schon lange hinter uns gelassen, was natürlich keinesfalls bedeuten soll, dass diese keinen Platz mehr haben sollte. Doch warum soll das ein Verdienst oder auch nur ursächlich etwas mit den Leuten zu tun haben, die sich selber heute als Queer etc. bezeichnen?

 

... ja ja, früher war alles wie früher, nur heute muß alles wie morgen sein ;)

 

Respekt Peter, Du schaffst es immer wieder mich zu überraschen.

Wir sollten uns begegnen...
 

@Rezensoionsnerdista:

Ich denke, SF-Leser sind da ein wenig weiter als der übrige Literaturbetrieb: wir nehmen neue Entwicklungen eher gegeben hin als der Leser historischer Romane oder des "magischen Realismus" à la Rushdie/Grass/Gorman/Auster, in dem gerade das Anderssein stets als revolutionär, anders, neuartig, bizarr beschrieben und kritisiert werden - ich frage mich des Öfteren, wie oft ich dieselben Phrasen im Feuilleton immer wieder lesen muss.

 

Zumindest seit Kroeber LeGuin wissen wir, was gesellschaftlich auf uns zukommen kann.

 

Also was erwartest Du von einem queeren Vorleser eines queeren phantastischen Textes? In anderen Literaturgattungen könntest Du mit Einlassungen aus jeder Richtung rechnen, in der SF/Phantastik hörst Du bestimmt nur ein "und weiter?" als höchstes Lob.

 

@Uwe Post:

hierbei muss man aber auch erwähnen, dass zumindest die "Stan und Ollie"-Filme teilweise sehr lange vor dem "Hays Code" gedreht wurden.


Bearbeitet von Peter-in-Space, 19 August 2022 - 12:17.

Wenn es eine Krisensituation gibt, sucht der intelligente Mensch nach einer Lösung,

der dumme Mensch nach Schuldigen.

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#14 Mammut

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Geschrieben 19 August 2022 - 11:51

Hatten Dick und Doof "im Nachhinein" vielleicht eine queere Beziehung, weil sie öfter mal im gleichen Bett geschlafen und einander geneckt haben? Selbst wenn: Was ist da jetzt der Erkenntnisgewinn? Dass manche Menschen ihrer Zeit voraus waren?

 

Auch wenn es ein Stück weit off-topic ist: Jerry Cotton und Phil Decker haben in der gleichnamigen Krimiserie zusammen gewohnt, die bekamen dann aber recht schnell zwei getrennte Wohnungen, um dem Verdacht vorzubeugen sie wären schwul (zweite Hälfte der 50er).



#15 Mammut

Mammut

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Geschrieben 19 August 2022 - 11:58

Genauso übertrieben wie die Häufigkeit der Verweise auf Aikis Roman in dem Text. Das hat schon was von Product Placement ;-)

 

Das hat sie sich bestimmt bei dir abgeschaut. :bighlaugh:



#16 My.

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Geschrieben 19 August 2022 - 12:08

Es scheint mir der erste konkrete und seriöse Beitrag zur Debatte um gendergerechte Schriftsprache zu sein zu sein.

 

Die deutsche Sprache war nie gender_un_gerecht.

 

Sie wird von Extremisten nur so hinargumentiert. Das sind nur Leute, die nicht in der Lage sind, ihre deutsche (Mutter-) Sprache in ihrer richtigen Form so zu benutzen, dass man am Ende zweifelsfrei (und eben gerecht für alle) versteht, was sie sagen wollen.

 

My.



#17 Mammut

Mammut

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Geschrieben 19 August 2022 - 12:10

Die deutsche Sprache war nie gender_un_gerecht.

 

Sie wird von Extremisten nur so hinargumentiert. Das sind nur Leute, die nicht in der Lage sind, ihre deutsche (Mutter-) Sprache in ihrer richtigen Form so zu benutzen, dass man am Ende zweifelsfrei (und eben gerecht für alle) versteht, was sie sagen wollen.

 

My.

 

Auch wenn es gerade off-topic ist. Aber die deutsche Sprache ist alles andere als eindeutig und logisch. Unabhängig vom hier diskutierten Thema.



#18 My.

My.

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Geschrieben 19 August 2022 - 12:13

Auch wenn es gerade off-topic ist. Aber die deutsche Sprache ist alles andere als eindeutig und logisch. Unabhängig vom hier diskutierten Thema.

 

Das habe ich auch nicht behauptet.

Die deutsche Sprache ist - so wie sie ist - ein Werkzeug, mit dem man eindeutige und logische Aussagen machen kann.

Wenn man damit umgehen kann.

 

My.


Bearbeitet von My., 19 August 2022 - 12:13.


#19 Mammut

Mammut

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Geschrieben 19 August 2022 - 12:15

Das habe ich auch nicht behauptet.

Die deutsche Sprache ist - so wie sie ist - ein Werkzeug, mit dem man eindeutige und logische Aussagen machen kann.

Wenn man damit umgehen kann.

 

My.

 

So wirklich nicht. Man benutzt in der Wissenschaft nicht umsonst Formeln um etwas exakter auszudrücken als es die Sprache kann.



#20 Uwe Post

Uwe Post

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Geschrieben 19 August 2022 - 12:31

Sagen wir mal so: In manchen Fällen ist es schwierig, etwas sprachlich so genau auszudrücken, dass niemand, aber auch wirklich niemand es missverstehen kann, auch besonders empfindliche Personen. Fürwörter bei nichtbinären Geschlechtern zum Beispiel. Die Frage ist halt, ob man die Sprache stark "verbiegen" sollte, um das in jedem Fall einer Minderheit anzupassen - obwohl ja ca. >90% der Leser (generisches Maskulinum!) mit "sie" und "er" erfasst sind und so gut wie kein Autor den generischen Maskulinum verwendet, um nicht-binäre Personen zu diskriminieren oder zu benachteiligen oder auch nur fahrlässig zu ignorieren  :blush:

 

Machen wir doch ruhig nochmal Product Placement: Walpar Tonnraffir, Hauptfigur (nicht "Held"!) meines doppelt preisgekrönten Romans ist bekanntermaßen schwul. Im Roman gibt es verschiedene Perspektiven und gleichberechtigte Gruppen von Personen, die gemeinsam handeln. Queer-SF-Kennzeichen, die Aiki im Artikel aufzählt. Ist der Roman also (im Nachhinein) queere SF? Ich finde: Nein. Weil ich so ein Hashtag nicht brauche, um die genannten Elemente ganz selbstverständlich einzubauen, und weil das viel zu wenig wäre, um eine komplexe, spannende, witzige Geschichte zu erzählen. (Übrigens daher vielleicht auch die Kritik an "Titans Kinder", Inhalt und Komplexität seien etwas dünn)

 

Oder nehmen wir Rain: Sie ist drogenabhängig, nerdig, und bringt sich und die Mission durch Alleingänge in Gefahr. Damit ist sie für mich total menschlich. Wenn ihr den Roman gelesen habt: Angenommen, Rain wäre eine hetero-cis-Frau gewesen, und alle anderen Eigenschaften und Handlungsweisen wären gleich geblieben, was hätte das für euch geändert?


Bearbeitet von Uwe Post, 19 August 2022 - 12:37.

Herausgeber Future Fiction Magazine (deutsche Ausgabe) ||| Aktueller Roman: ERRUNGENSCHAFT FREIGESCHALTET ||| uwepost.de ||| deutsche-science-fiction.de

#21 simifilm

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Geschrieben 19 August 2022 - 13:42

In diesem Zusammenhang vielleicht von Interesse: In der Zeitschrift für Fantastikforschung gab es kürzlich ein ausführliches Interview mit Judith and Christian Vogt zu progressiver Phantastik.


Signatures sagen nie die Wahrheit.

Filmkritiken und anderes gibt es auf simifilm.ch.

Gedanken rund um Utopie und Film gibt's auf utopia2016.ch.

Alles Wissenswerte zur Utopie im nichtfiktionalen Film gibt es in diesem Buch, alles zum SF-Film in diesem Buch und alles zur literarischen Phantastik in diesem.
 

zfs40cover_klein.jpg ZFS16_Coverkleiner.jpg

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#22 Rezensionsnerdista

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Geschrieben 19 August 2022 - 13:43

Danke für die ausführliche Antwort. Nein, leider, ich hab den Podcast noch nicht gehört. Muss ich mal nachholen. Habt Ihr auch die Frage diskutiert, wann jemand beispielsweise Sensitivity Reading" für unbedingt notwendig hält und wann nicht? Ich bringe ein Beispiel und man möge es mir nicht als Provokation auslegen, so ist es nämlich nicht gemeint, sondern es gibt bei mir einen beruflichen Hintergrund dazu: Würde die genannte Verlegerin auch bei einem Text über Landwirtschaft darauf bestehen, dass Bauern und Bäuerinnen ihn testgelesen haben? Ich vermute nicht. Aber warum? (Background: Ich mache viele Workshops mit Menschen aus der Landwirtschaft, und diese fühlen sich oft völlig falsch dargestellt, sowohl in Romanen wie in Serien und natürlich vor allem in Zeitungsartikeln.) Warum bringe ich das Beispiel? Weil diese Menschen ihren Beruf nicht bloß als Beruf ansehen, sondern als... Identität. Als eine bestimmte Art der Lebensführung, die andere - "die Stadtmenschen" - nicht verstehen. Gibt es da nicht große Parallelen, aber eine völlig unterschiedliche Handhabung?

 

Wie gesagt: Das soll keine Provokation sein. Ich verstehe es nur nicht. Mir erscheint das oft nur so vollkommen willkürlich.

 

Ich bin mir gerade unsicher, ob wir das mit dem Sensitivity Reading so klar abgegrenzt haben, ich vermute, nein (weil das auch wohl kaum möglich wäre und es dazu viele Sichtweisen gäbe, aber wir hätten es natürlich diskutieren können).

 

Ich persönlich bin der Meinung, dass es in vielen anderen Bereichen auch nicht schaden würde, so bei der Landwirtschaft. Dein Beispiel ist doch super! Wenn die Leute, die den Job tatsächlich machen, sich in einem Artikel so gar nicht gesehen fühlen, dann ist das ja genauso blöd, wie wenn jemand in seinem Prosatext schwule Leute komplett fern der Wirklichkeit (oder in Klischees) darstellt.

 

In meinem Beruf habe ich gern Testlesende aus den jeweiligen Bereichen und die finden eigentlich immer Stellen, die noch nicht ganz gerade sind. Das lässt sich eigentlich gut vergleichen.

Mir ginge es beim Sensitivity Reading auch um die korrekte Darstellung. Z. B. hatte ich bei dem Beispiel mit dem taubblinden Erzähler mal "Zeichensprache" statt "Gebärdensprache" verwendet, was eben einfach sachlich der falsche Begriff ist. 

Und es war an einigen Stellen fraglich, ob das Erleben der Figur überhaupt glaubwürdig ist, ob er sich so durch den Tag und Alltag bewegen könnte und würde.

Das kann ich als Nichtbetroffene ja echt nur raten.

 

Viel später bin ich über "The Persistence of Vision" von Varley gestolpert und war ziemlich beeindruckt.


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#23 Uwe Post

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Geschrieben 19 August 2022 - 13:55

In diesem Zusammenhang vielleicht von Interesse: In der Zeitschrift für Fantastikforschung gab es kürzlich ein ausführliches Interview mit Judith and Christian Vogt zu progressiver Phantastik.

 

Lars Schmeink (der das Interview gemacht hat) ist mir an einer anderen Stelle auch schon begegnet, wo er im Grunde "progressiv" primär mit "nutzt genderneutrale Sprache" gleichgesetzt hat (und mich und eine Menge anderer "alter, weißer Autoren" faktisch in die konservative Ecke stellt). Finde ich ein bisschen einseitig. Wenn man mal ein bisschen die Augen aufmacht, stellt man sehr schnell fest, dass es eine große Menge deutschsprachiger SF gibt, die man sehr wohl als "progressiv" bezeichnen kann, ohne dass sie zusätzliche persönliche Fürworter verwendet.


Herausgeber Future Fiction Magazine (deutsche Ausgabe) ||| Aktueller Roman: ERRUNGENSCHAFT FREIGESCHALTET ||| uwepost.de ||| deutsche-science-fiction.de

#24 simifilm

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Geschrieben 19 August 2022 - 13:58

Lars Schmeink (der das Interview gemacht hat) ist mir an einer anderen Stelle auch schon begegnet, wo er im Grunde "progressiv" primär mit "nutzt genderneutrale Sprache" gleichgesetzt hat (und mich und eine Menge anderer "alter, weißer Autoren" faktisch in die konservative Ecke stellt). Finde ich ein bisschen einseitig. Wenn man mal ein bisschen die Augen aufmacht, stellt man sehr schnell fest, dass es eine große Menge deutschsprachiger SF gibt, die man sehr wohl als "progressiv" bezeichnen kann, ohne dass sie zusätzliche persönliche Fürworter verwendet.

 

Ich kann nicht für Lars sprechen, aber das scheint mir dann doch ein bisschen eine sehr reduzierte Darstellung von Lars' Anliegen (ganz abgesehen davon, dass er hier der Interviewer ist und entsprechend wenig sagt).


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#25 Uwe Post

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Geschrieben 19 August 2022 - 14:02

Na ja, aber die Fragen (und auch die Anmerkungen weiter unten) fokussieren stark auf die Sache mit den Neopronomen. Er ist halt m.W. Sprachwissenschaftler, aber ich finde, dann sollte er auch von einer "progressiven Sprache" sprechen, und nicht von einer "progressiven Phantastik", die, wie im Interview leider nur aufblitzt, auch ein paar andere Aspekte hat.

 

Weißte, im Grunde wollen wir alle das gleiche: Eine tolerante Welt, in der jeder sich entfalten kann und niemand diskriminiert wird. Bloß sind ein paar Leute halt der Ansicht, dass das zwingend Neopronomen und/oder Gendersternchen erfordert. Andere - übrigens auch "Betroffene"! - halten das für unnötig. Eigentlich stehen wir auf der gleichen Seite.


Bearbeitet von Uwe Post, 19 August 2022 - 14:07.

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#26 Amtranik

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Geschrieben 19 August 2022 - 14:23

und ich stehe 100% für eine tolerante Gesellschaft ein (nicht nur in der SF),

Lieber Uwe,

meinst Du mit einer 100 % toleranten Gesellschaft eine, in der sagen wir mal Autor P beim Verleger von Autor H interveniert, um diesen davon zu überzeugen, dass Autor H auf keinen Fall mehr verlegt werden sollte, und das nicht etwa, weil der schlechte Geschichten schreibt, um die geht es gar nicht, sondern weil Autor H ein übler Bursche ist, der unangenehm ist, den Du menschlich und politisch total ablehnst. Etwa so tolerant?

Ansonsten stimme ich Deinem Beitrag ziemlich weitgehend zu, na bis auf die Werbung die Aiki für Ihr Buch macht. Das darf die ruhig. Tut doch niemandem weh.



#27 simifilm

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Geschrieben 19 August 2022 - 14:30

 

Weißte, im Grunde wollen wir alle das gleiche: Eine tolerante Welt, in der jeder sich entfalten kann und niemand diskriminiert wird. Bloß sind ein paar Leute halt der Ansicht, dass das zwingend Neopronomen und/oder Gendersternchen erfordert. Andere - übrigens auch "Betroffene"! - halten das für unnötig. Eigentlich stehen wir auf der gleichen Seite.

 

Wie gesagt: Ich kann nicht für Lars sprechen. Was die Diskussion um Gendersternchen u.ä. betrifft, ist mein Eindruck, dass der Lärm, den jene veranstalten, die sich über Gendersternchen aufregen, meist sehr grösser ist als der der Befürworter. Aber das ist derzeit ja bei einer Reihe von gesellschaftlichen Fragen zu beobachten. Oft wäre es gar nicht nötig, sich aufzuregen, vieles könnte man, da es einen nicht betrifft, einfach ignorieren. Aber der Wutbürger zeichnet sich nun einmal dadurch aus, dass er sich aufregen will. 


Bearbeitet von simifilm, 19 August 2022 - 14:30.

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#28 ChristophGrimm

ChristophGrimm

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Geschrieben 19 August 2022 - 15:40

Ein paar Gedanken zu Aikis Statements:

"Queer*SF steht weniger für eine Coming-Out-Literatur, bei der queere Identität zum dramatischen Plot-Element wird. Stattdessen greift Queer*SF auf casual Queerness zurück. Das bedeutet, der Plot dreht sich nicht darum, ob jemand queer ist. Queer zu sein, wird zu einer Eigenschaft von vielen. Wie jede Eigenschaft macht sie Figuren komplexer und stattet sie mit einer individuellen Perspektive aus."

"Queer*SF kann einen ähnlichen Wandel bewirken und dabei zu mehr und komplexerer Repräsentation von Queerness sowie zu kollektiveren Formen von Protagonist*innen führen."

In diesem Forum habe ich grundsätzlich das Gefühl, dass die Vielfalt des menschlichen Daseins positiv und tolerant betrachtet wird.
Gesamtgesellschaftlich sind wir allerdings bei weitem nicht so liberal eingestellt. Damit meine ich nicht einmal die Erzkonservativen oder blaubraune Auswüchse, sondern die s. g. "Mitte der Gesellschaft". Beispielhaft erscheinen mir die Diskussionen aus der "Raucherecke" meiner Firma, in denen offen queere Kolleg:innen zwar individuell geschätzt (oder auch nicht geschätzt) werden, deren Identität aber, freundlich formuliert, viele irritiert.

“Aber um uns zu reflektieren und auszutauschen sind Begriffe nützlich. Dinge zu benennen, bedeutet sie zu begreifen oder zumindest über sie nachzudenken, Missstände aufzudecken und daran zu arbeiten.”

Ich denke, Aiki trifft es damit auf den Punkt.
Natürlich kann die berechtigte Frage gestellt werden, ob das die SF nicht allgemein leisten kann.
Meine Gegenfrage wäre: Kann SF dann überhaupt nicht-queer bzw. nicht vielfältig sein?

“Ich verstehe Queer*SF daher als Queer*feministisch und bin überzeugt, dass sie das feministische Projekt nicht nur weiterführen, sondern auch erneuern und bereichern kann. Durch das Hinterfragen von Genrekonventionen kann Queer*SF wie damals feministische SF zum Systemupdate für das gesamte Genre werden.”

Hier sehe ich eine gewisse Übertreibung. Das Hinterfragen von allgemeinen Konventionen und Genrekonventionen ist nun nichts, was ich hauptsächlich oder ausschließlich mit "feministisch" oder "queer" verbinde. Das hat Impulse gesetzt bzw. setzt Impulse und trägt zum Wandel bei. Veränderungen sind nach meiner Auffassungen jedoch umfangreicher und ganzheitlicher zu betrachten, weil sie sich aus verschiedenen Entwicklungen zusammensetzen (Technik, Politik, Demographie, gesellschaftliche Entwicklungen allgemein etc.).

“Fazit bleibt, dass in Queer*SF nicht nur Menschen queer sind, sondern, dass diese Eigenschaft sie auch menschlicher macht.”

Ich bin mir nicht ganz sicher, was Aiki damit ausdrücken möchte. Was ist mit nicht-queeren Menschen? Ich "oute" mich mal selbst als "cis, hetero" – macht das mich oder einen so gestalteten, fiktiven Charakter weniger menschlich?

Mein Fazit wäre eher, dass Details einen fiktionalen Charakter vielschichtiger machen. Die Identität sehe ich eher so, wie es Aiki eigentlich auch selbst im Essay schrieb: "eine Eigenschaft von vielen". Für mich ist es eher das Zusammenspiel bzw. die Komposition der Details, die Charaktere greifbar machen.

Und was die Eigenwerbung betrifft: Darf Aiki bei dem Roman machen :D

 - Onlinepause -

 

„Alien Contagium: Erstkontakt-Geschichten“: https://eridanusverlag.de | "En passant - Die Reisen des Sherlock Holmes": https://burgenweltverlag.de
Kostenloses SF/Fantasy-Literatur-Webzine: https://weltenportalmagazin.de


#29 My.

My.

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Geschrieben 19 August 2022 - 15:53

In diesem Zusammenhang vielleicht von Interesse: In der Zeitschrift für Fantastikforschung gab es kürzlich ein ausführliches Interview mit Judith and Christian Vogt zu progressiver Phantastik.

 

Wow.

Was ist denn regressive Fantastik?

 

My.

 

https://www.beckinsale.de/archive/7314



#30 Amtranik

Amtranik

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Geschrieben 19 August 2022 - 16:00

 Oft wäre es gar nicht nötig, sich aufzuregen, vieles könnte man, da es einen nicht betrifft, einfach ignorieren. Aber der Wutbürger zeichnet sich nun einmal dadurch aus, dass er sich aufregen will. 

 

Da bin ich im Grunde bei Dir. Und lange Zeit wurde Gendern ja auch von der breiten Masse ignoriert. Es hört aber da auf unwichtig zu sein bzw. einen nicht zu stören, wo es von oben aufgezwungen wird und man dem ganzen nicht mehr ausweichen kann, also im Fernsehen, das ja von den Gebühren aller bezahlt ist, übrigens auch der deutlichen Mehrheit derer, die das Gendern ablehnen oder wenn staatliche Institutionen oder Arbeitgeber Ihren Beamten und Angestellten das Gendern vorschreiben. Mittlerweile ist Gendern überall und bei jedem präsent und es ist schlicht nicht mehr möglich es zu ignorieren, weshalb der Widerstand dagegen wächst. Es ist eben doch ein Unterschied, ob einige Aktivisten sich eine bessere Welt erträumen, indem sie sich untereinander eine neue Kunstsprache ausdenken, was Ihnen vergönnt sei, oder ob nun die ganze Gesellschaft diese neue Sprache übernehmen soll. Zum hier völlig deplatzierten Wutbürger nur Folgendes. Jährlich finden hunderte von Demonstrationen alleine in Berlin statt. Egal ob Black Lives Matter, Palästinenser, LGBTQ, was auch immer. Den Begriff Wutbürger sucht man hier vergebens. Aber Menschen, die sich wegen der Kaperung ihrer Sprache durch Aktivisten aufregen und bisher jedenfalls, nicht mal auf der Straße demonstrieren sind doch schon Wutbürger. Die bunte Welt des Spiegelframings ist doch was Feines.

Wutbürger ist ein mediales Schlagwort, das 2010 als Neologismus in Deutschland aufkam. Der zuvor kaum verwendete Begriff wurde durch das Essay Der Wutbürger des Journalisten Dirk Kurbjuweit in der Ausgabe der Zeitschrift Der Spiegel vom 11. Oktober 2010 geprägt. Sagt Wikipedia.


Bearbeitet von Amtranik, 19 August 2022 - 16:04.



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