Die Nadir-Variante in der Rhein-Neckar-Zeitung
Weltraum-Action mit Verstand und Witz
„Die Nadir-Variante“ ist das neuste Buch aus Armin Rößlers „Argona-Universum“
Von Sebastian Lerche
Rauenberg. Langweilig wird es keine Sekunde lang: RNZ-Redakteur und Autor Armin Rößler hat sein neustes Buch vorgelegt, an dem er seinen eigenen Worten nach über acht Jahre gearbeitet hat, „Die Nadir-Variante“. Es spielt in seinem ausgedehnten „Argona-Universum“, das er vor allem mit der Trilogie „Entheete“, „Andrade“ und „Argona“ etabliert hat.
Rasant und actionlastig ist der Einstieg: Unbekannte Aliens greifen das von Menschen besiedelte Elgin-System mit einer großen, unüberwindlichen Raumschiffflotte an. Mittendrin Pilot Paz Nadir, für den damit eine Odyssee beginnt mit lauter seltsamen, bedrohlichen oder auch witzigen Begegnungen. Kann er seine Heimatwelt, seine Mitmenschen retten? Wird er ein Bauernopfer oder schwingt er sich zum souveränen Spieler auf? Flott und spannend liest sich der auf Nadir konzentrierte erste Teil.
Im zweiten begegnet der Leser Ville Sterndaal, Herrscher des Cheros-Systems, der sich einer ähnlich großen, bedrohlichen Flotte gegenübersieht. Der Leser lernt diese Figur mit ihren Eigenarten, etwa der sensiblen Nase, gut kennen. Die Aliens stellen Sterndaal vor dem Vernichtungsfeldzug wenigstens erst ein Ultimatum. Wie sich herausstellt, gehören sie einer anderen Rasse als die im Elgin-System an und mit diesem Wissen reift in einer zwielichtigen Gestalt, die als weiser, spiritueller Führer auftritt, ein Plan. Einer, der massive Kollateralschäden verursachen könnte - also setzt unser Held dem die „Nadir-Variante“ entgegen. Im dritten Teil naht die Entscheidungsschlacht.
Die fremden Lebensformen, Kulturen, Technologien und Fähigkeiten, denen der Leser begegnet, sind enorm vielfältig und faszinierend. Wurmlöcher und „Aufriss-Antriebe“ zum überlichtschnellen Reisen gehören zwar durchaus zum Standardrepertoire heutiger Science Fiction, erhalten aber einen eigenen Dreh. Dank Details zu Essen, Musik, Kleidung oder Berufen werden die Personen und Schauplätze plastisch. Vor allem die Wesen wirken originell, die von Wesen und Gestalt her frisch wirken, deren Verhalten aber etwas Urmenschliches hat, etwa von Bürokratieverliebtheit, Neugierde oder Spitzbübigkeit geprägt ist. So ist ein „Bomuske“ der perfekte Zuhörer, auch wenn sein Äußeres vom einen, riesenhaften Auge dominiert wird - dieses Alien lässt sich mit Geschichten bezahlen, ob wahr oder erdacht, Hauptsache spannend.
Das Buch ist clever und mitreißend konstruiert: Rößler nimmt den Leser mit auf ein Abenteuer mit einem klaren Roten Faden und daher ordentlicher Sogwirkung. Der junge Held ist sympathisch, ein Kampfpilot, dessen „Top Gun“-Ausstrahlung ironisch gebrochen wird, weil er statt mit seinem schnittigen Jäger hauptsächlich mit der plumpen, aber unverwüstlichen „Kiste“ unterwegs ist. Statt auf Rache und Vernichtung abzuzielen, sucht er einen Weg, möglichst viele Leben zu retten.
Seine Erlebnisse gleichen einer Odyssee, droht Nadir doch, zum Spielball überwältigender, launenhafter Mächte zu werden. Außerdem muss er auch der Verführung einer Sirene widerstehen: Die entwickelt der Autor übrigens dankenswerterweise zu einem vielschichtigen Charakter, anstatt zur platten Bösewichtin oder schlimmer noch zur hohlen Gespielin. Man könnte auch von Nadirs Reise in die Unterwelt sprechen - wobei Vergil auf sich warten lässt und am Ende eher Alberich ähnelt -, denn die Atmosphäre ist entschieden unheimlich.
Über das Wissenschaftliche in „Science Fiction“ hinaus legt Rößler nämlich Wert auf Schauriges, Mysteriöses und Übersinnliches, das meist in unscheinbarer Gestalt daherkommt. In anderen Romanen und Erzählungen aus dem Argona-Universum richten Wesen mit paranormalen Fähigkeiten wie Telepathie oder Psychokinese unvorstellbare Verwüstungen an, das hält sich in der „Nadir-Variante“ in Grenzen. Aber Rößler scheint der beinah hoffnungsvolle Gedanke wichtig zu sein, dass bei allen technischen Fortschritten, trotz aller beantworteter Fragen, das Rätseln, Fürchten und Staunen für uns kein Ende nehmen.
Info: Armin Rößler. Die Nadir-Variante. Wurdack Verlag; ISBN: 978-3-95556-100-0 (auch als E-Book erhältlich).
Mehr:
"Eine sehr gelungene Geschichte"
Armin Rößler: Die Nadir-Variante
Weltraum-Action mit Verstand und Witz (Rhein-Neckar-Zeitung)
Nadir in der RNZ (www.rnz.de)