Ich bin Star-Trek-TV-"Fänrich" - also kein harter Fan, der sich ALLE TV-Folgen ansah sobald es ging, der ST immer ernst nimmt. Meine Lieblings-Phase war STTNG, obwohl ich STTOS oft interessant/sehenswert fand, u.a. weil bei letzterer namhafte SF-Autoren wie Ellison, Sturgeon und Spinrad die ein oder andere Folge geschrieben hatten. (Auf David Gerrold wurde das SF-Fandom erst durch die "Tribbles"-Folge aufmerksam - vielleicht wäre er sonst heute eher unbekannt?) STDS9 fand ich oft anspruchsvoll, aber es war im G&G eine Raumstationsserie und traf für mich damit das nomadisch-ewig-reisende Wesen der Vorgängerserien oft nicht. STVOY wiederum war zwar wieder nomadisch, aber mir dann doch einen Tick zu politisch korrekt und lahm; einige Folgen mit Seven sind sehenswert, wie auch die ein oder andere ohne sie (z.B. die in der Chakotay auf die Erd-Dino-Kultur trifft, die seit Jahrmillionen weg von der Erde unterwegs ist). Von STVOY und nun Enterprise habe ich also noch nicht alle Folgen gesehen...
Evtl. ist mein Problem mit "Enterprise" eine Flotte kleinerer Mulmigkeiten:
[*] STTOS hatte seine eigene Optik & Flair, die ich nicht einfach weggewischt haben will. Ein Prequel sollte dies berücksichtigen, finde ich.
[*] Inzwischen nervt mich einiges an der "Pseudoscience" der ST-SF immer mehr: Z.B. ist diese öde Story mit den "Rassen" im Weltraum (jede "humanoide" außerirdische Spezies kann mit jeder - es gibt Halbklingonen, Halbbetazoiden, Halbvulkanier) m.E. einfach nur der Transport einer Säule der typischen exotischen Reisegeschichte (wie bei Marco Polo, E.R. Burroughs oder Karl May) seit Jahrhunderten - nämlich die des Reizes des fremden "Blutes" und allem was da zu gehört; nur erscheint mir das mit zunehmenden Alter wie Pseudo-SF, weil ST seine "storyline" angeblich so ernst nimmt. Sorry, das hat bei mir wenig mit dem Kopf zu tun, eher mit Übelkeit irgendwo in der Bauchgegend.
[*] Mir ist wohl diese Storyline auch relativ wichtig - das "fannigste" ST-Gen in mir. Ich witterte - und sah beim Konsumieren der 1. Staffel - mehrfachen Kontinuitätsbruch, schlimmer als bisher. (Bisher? Z.B.: Das Borg-Kollektiv hat auf einmal eine Königin!

[/list]Wie misst sich Enterprise in der 1. Staffel an dieser Liste?
Nun, zu (1) gibt es ein ziemlich gutes Gegenbeispiel:

Das Marvel-Comic Early Voyages veröffentlichte Ende der 90er 17 Hefte mit den Abenteuern des Vorgänger-Kapitäns zu Kirk, Capt. Pike, inkl. einem blutjungen Spock und einer lang aufgebauten Geschichte durch mehrere Hefte, die in den Geschehnissen von Ur-ST-Pilot-Folge "The Cage" (ohne Kirk, aber MIT einem weiblichen 1. Offizier!) kulminierte. Es fällt auf, wie stark die Macher sich an das Design von STTOS hielten; ich habe auch keine Kontinuitätsprobleme (3) erkennen können. Leider war die Comic-Serie wohl nicht sehr erfolgreich bei den Fans, denen sie evtl. nicht "bewegt" genug war; jedenfalls wurde sie mitten im Geschehen gekappt. (Ich hab in meiner Aufzählung oben ja auch alle Bücher und die Zeichentrickserie ausgelassen, merke ich gerade.)
Bei Enterprise aber ist so ziemlich jedem klar, dass DANACH STTOS neu gefilmt werden müsste, um den gleichen "Look" zu haben. Und evtl. müsste dann auch STTNG erneut heran? (Ein wenig zu "70ish", die ersten Folgen, ne? Und das CGI war einfach noch nicht ganz da...

Zu (2): Man merkt eine Grundtendenz in Enterprise die STTOS-Gadgets zu "begründen" bzw. es gibt sie noch gar nicht. Das ist ganz angenehm. Der Technobabble ums ständige Übersetzen-oder-nicht allerdings nervt auf Dauer; ich hätte ja gerne endlich mal "verstanden" wie der Universaltranslator genau funktioniert - is it messing with their brains? Keine Chance. Auf einer der letzten Folgen der Staffel "entdeckt" die Archer-Crew den VergnügungsPLANETEN Risa, lernt Hoshi in einem TAG die dortige Sprache, während Archer mit einer nach allen erkennbar wesentlichen Merkmalen zu urteilenden Terranerin flirtet, die aber natürlich eine Außerirdische sein muss, weil sie eine leichte Giraffenkennzeichnung auf der Brust vorweist. Das war mal 100%ig der "Lost World"-Modus der frühen Reisephantasten vor 100 Jahren: Fremde, die sexuell reizen, und natürlich auch in kürzester Zeit kommunizieren können.
In dieser neusten Serie wird auch der typische Dimensionierungs-Fauxpas wie früher anderswo bei ST wiederholt: Ein Planet ist immer organisiert bzw. so homogen wie auf der Erde ein LAND, oft spezialisiert auf ein Produkt, oft mit nur einer Sprache, die alle dort sprechen. Öfter sprechen die Drehbuchautoren der Einfachheit halber von der "Hauptstadt" des Planeten, oder von seiner "Regierung". Ich halte es für unwahrscheinlich dass die Mehrheit der Planeten, die vorm zufällig durch den Raum wandernden Bullauge erscheinen, Weltregierungen usw. haben. Die komplexe Vielfalt allen Lebens, auch theoretischem, wird von ST-Autoren einfach so gut wie NIE erfasst...
Oder diese halten sich Jahrzehnte später im 21. Jahrhundert auch hier noch immer an das Jahrhundert(e) alte "exotischer Reisejournal"-Schema?!

Ein paar Pluspunkte: Weltraumanzüge! Maschinen an Bord, die dauerhaft Krach machen! Ein schießfreudiger Waffenoffizier! Ein Computer, der weder allwissend noch sprachfähig ist, noch ständig crasht oder überspielt/infiziert wird. Eine kleine Crew.
Zu (3): Wie können Archer und die Seinen schon mal derart nahen Kontakt mit den Ferengi gehabt haben, und später Picard & Co. nichts über diese wissen? Wieso sind Kirk & Co. erstaunt über die Tarntechnik der Romulaner, wenn diese frühere Crew schon derart ausgiebig mit einer ähnlichen Technik zu tun hatte, und sogar eine Gegen-Technik in die Hände bekam, getarnte Objekte sichtbar zu machen? Wieso reden Tucker & T'Pol über "EM-Signaturen" wenn es diesen Begriff bei STTOS nie gab? Wieso (lese ich hier im Netzwerk) kommen später die Borg vor, und Picard & die Seinen haben von ihnen keine Vorkenntnisse als Q den angeblichen Erstkontakt arrangiert?
M.E. ist also Enterprise ein ziemlich rücksichtsloser "Rewrite" eigentlich der ganzen Storyline, so wie es den Herren Berman und Braga gerade passte. Das wäre auch gar nicht so schlimm^ wenn Paramount das mal offiziell zugeben würde, oder? Von Rücksichtsnahme auf die Kontinuität, wie von Berman im Special auf der letzten DVD der 1. Staffel beschworen, merke ich jedenfalls wenig. Eine Prequel-Serie passend zur existierenden Historie hin zu kriegen, ist eben kein Pappenstiel. Da hat der neue Film es leichter (weil einfach kürzer).
Ich werde mir ganz oder zum Teil noch die 2. Staffel antun. Aber ich merke jetzt schon, dass ich keine Lust habe die restliche ST-Welt (insofern das eh nicht alles einfach Klamauk ist, und das nehme ich in diesem ganzen Post eben nicht an) von dieser eigentlich sympathisch-gemachten Serie "überschreiben" zu lassen.
Bin eben nicht voller Fan genug das einfach zu schlucken. Wie sehen denn die ST-Fans im Netzwerk das? (5 Ypsilons schielen dabei insbes. auf Mike!) Könnt ihr mich überzeugen alle Enterprise-Staffeln zu sehen?

(^ Neue #1-Ausgaben sind im Comicgewerbe bei bekannten Titeln inzwischen leider normal. Angeblich zur Modernisierung oder Zurschaustellung der Talente eines comicgestaltenden Genies - wie John Byrne - wird dann die ganze Serie neu "erfunden"; Grundmerkmale bleiben, aber wie es dazu kam, und evtl. der Fokus, werden verschoben. In Wahrheit lässt sich im Printbereich eine Menge Zaster scheffeln, wenn man immer wieder neue Erstausgaben verlegt... Auch das Marketing schwärmt von sowas - neue Figuren, neue Kostüme, neue Verfilmungsmöglichkeiten, neue Gadgets für die ganze Welt!)
Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 03 März 2011 - 19:03.