Hm, ich lese mich gerade in
I, Robot (die Urversion) ein, und dachte ich seh mir als begleitende Einstimmung noch mal
AI an. Irgendwie hat er mich schon ein wenig mehr bewegt, als die meisten Beitragenden oben. Insbesonders darf ich meinem Vorgänger widersprechen...
Kleines Vorwort: Ich hatte den Film damals zum 1. Mal gesehen mit der Missinformation, dass er auf einer Idee von Kubrick basiere, der aber unerwartet starb und dass Spielberg die Sache dann übernahm. Seitdem war ich aber in der
Kubrick-Ausstellung und habe die Set-Designs gesehen, die Kubrick für den Film schon fertig hatte, und sehe das jetzt anders: Spielberg hat sich ziemlich genau an die Vorgaben gehalten - von ihm kommen m.E. Einstellungen, Dialog und Schauspieler-Regie, mehr nicht.
Jeder fragt immer was Kubrick aus dem Film gemacht hätte? Ich nicht (mehr). Ich stelle mir lieber folgende Fabel vor: Kubrick hat einen Film entworfen, der zeigen soll dass das Entstehen von Pseudo-Menschen ganz andere Konsequenzen hat, als das war wir uns zur Zeit vorstellen; dann hat er seinen Freund Spielberg gebeten die Bilder in Bewegung zu bringen, und ganz entgegen seiner üblichen Art nahm Kubrick danach überhaupt keinen Einfluss mehr aufs Endprodukt. So komme ich mit dem Film ziemlich gut klar.
Die Geschichte ist ein "secret journey" - der Roboterjunge erlebt "Imprinting" (er ist das hässliche Entlein unter uns Menschen-Enten), Verstoßung, die gängigen Werte der dekadenten Menschheit, die schier unmenschliche Spannung zwischen dem Erlebnis nichts Besonderes (mehr als dies je ein Mensch erleben würde), und dann doch das letzte Refugium menschlichen Wirkens, zu sein. Am Ende ist er auf der Erde völlig allein (d.h. alle Enten sind erfroren).
Die Aussage des Films ist, dass Menschen die eigentlichen Roboter sind und Roboter die besseren Menschen (übrigens auch m.E. der Kern von Asimov's Robotervision), aber mehr noch dass Roboter vielleicht das darstellen werden was wir in uns selber nie sehen (wollen). Und dass Intelligenz eh ein künstliches Konzept ist.
Die Bilder sind großartig (und, wie gesagt, Kubrick's Visionen getreu), die detaillierte Realisierung stimmungsvoll und prägnant umgesetzt. Die Schauspielerei fand ich einfach toll - kein einziges Misscasting - und wahnsinnig gut dirigiert: Während die Menschen alle verklemmt-vernünftig (oder einfach garstig) wirken, sind die Roboter wahre Charaktere; einer sagt am Ende "ich bin - ich war" und das gilt in diesem Film passenderweise für alle Roboter. Und was H.J. Osment angeht: Ich habe selten ein Kind als Schauspieler gesehen, dass mich so sehr beeindruckt hat; diese Rolle passte wie gegossen zu seiner etwas steifen Art, besser noch als in
Sixth Sense. Auch die Mutter (F. O' Connor) wird intelligent und sehr glaubhaft gespielt.
Die Dialoge finde ich o.k., zurückhaltend um die Bilder nicht zu sehr zu dominieren, so wie das Kubrick auch üblicherweise machte. Die Musik lässt m.E. etwas zu wünschen übrig.
Spielberg hat natürlich neben der Regie auch plotmäßig seinen Fingerabdruck sichtbar hinterlassen. Ich spekuliere hier: Die starke Bindung an die Mutter, der Teddybär, überhaupt das Thema "was passiert wenn ein Roboter lernt zu lieben?" und das Ende dass der ganzen Suche einen Sinn gibt, und das treue (metallische) Kinderherz belohnt - das ist alles Spielberg. Vielleicht wollte er ja auch E.T. wiederholen, diesmal aus Sicht des Jungen, wenn er der Fremde ist; vielleicht wurde er ja auch von seinen Geldgebern angehalten, einen Familienfilm aus Kubrick's Mensch-als-Maschine-Vision zu machen. Die letzten 20 Minuten erklären den ganzen Film, und runden ihn aus Spielberg's "es darf nicht so enden"-Sicht ab - der kurz angebundene, immer vernünftige Teddy, der die hilfreiche "Supertoy"-Grille zum mechanischen Pinocchio darstellt, macht's möglich.
Ist diese Erklärung notwendig? Kubrick hätte den Film vielleicht an der Stelle beendet wo der Junge für Jahrtausende am Meeresboden im versunkenen Coney-Island-Zauber gefangen bleibt, und alles Weitere an Interpretation dem Zuschauer überlassen. Aber durch Spielberg's Ende rächt sich das Schicksal auch an den Menschen,
und gibt dem treuen Konstrukt die Aufgabe der Weitergabe der Erinnerung an die Menschheit an die "Engel" der Ewigkeit, als eine Art Anti-Pandora. Das Gute im Menschen setzt sich also (auch nach seiner Selbstausrottung, trotz menschenliebender Roboter) durch. Den Gedanken finde ich nicht schlecht. Und nie hat sich ein Regisseur so sehr bemüht, zu begründen, warum die Liebe zwischen Mutter und Kind eingehend und tränenrührend gezeigt werden darf. (Habe geheult, geb's zu.) Spielberg ist, was Plots angeht, eben kein Provokateur wie Kubrick, sondern ein Vermittler, und das wirkt dann für unseren Geschmack oft zu pathetisch.
Letztendliches Fazit: Hut ab.
P.S.: Der Film
parodiert Disney's
Bicentennial Man, z.B. dadurch dass der o-so-weise "Dr. Know" im Original von R. Williams gesprochen wird. Die Darstellung der Menschen hier (mit Ausnahme der Mutter, und einer Szene auf der "flesh fair") ist wesentlich düsterer als im Disneyfilm.
Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 04 Juli 2004 - 17:47.
/KB
Yay! Fantasy-Reimerei Mitte August...
[..] Verzweiflung beschlich sie im Stillen.
Da ergriff eins der kleinsten das Wort:
"Wenn sich all unsere Wünsche erfüllen,
dann wünschen wir einfach mit Willen
die Wünsche-Erfüllung fort!"
Sie befolgten den Rat und von Stund an war
wieder spannend das Leben und heiter.
Die Kinder war'n froh wie vor Tag und Jahr
und vielleicht gar ein wenig gescheiter.
(BewohnerInnen der Stadt der Kinder, aus der "Geschichte vom Wunsch aller Wünsche", aus Die Zauberschule & andere Geschichten, Neuauflage im Thienemann-Verlag, S. 93, von Ende)