WUNSCH-Beitrag...
Obwohl ich mich in diesem Thread hauptsächlich mit mir selbst (über die Bonus-Bisson-Stories) unterhalte, folge ich dem Wunsch meines Moderators und stelle für den verlängerten weiteren Monat (der ab ca. heute beginnt) eine weitere Bisson-KG in den Raum, eine der aktuellsten, die ich on-line finden konnte (vom Vorjahr), wieder von Scifi.com:
Scout's Honor
Sie fängt vielversprechend geheimnisvoll an! (NT = Neanderthals?
) Bin gespannt was er aktuell so schreibt (
Ich habe das Licht gesehen war ja auch erst 2 Jahre alt).
So, und jetzt noch einige Wahrnehmungen zur 1. Bonus-KG (ganz oben)...
Kritik zu Bissons England Underway (mit milden
Spoilern!)
Bisson serviert (wie man das inzwischen bei ihm gewohnt ist) mal wieder eine sehr untypische phantastische Geschichte. Ich bin mir uneins darüber ob es eine SF-Geschichte ist, denn obwohl es sich um ein angebliches tektonisches Ereignis handelt, könnte es auch einfach ein Fantasy-Trip sein. Bisson "fährt" (mit der ganzen britischen Insel!) gekonnt am Rande zwischen Fantasy und SF, so gut, dass man sich mal wieder fragt wozu man eigentlich persönlich beim Lesen von Phantastik diese Kategorien braucht.
Es geht in der KG um einen Gentleman, wie er britischer nicht sein könnte. Er wohnt in einer geerbten Dachwohnung in Brighton, einem der bekanntesten Erholungsorte am Meer, direkt südlich von London. Der Herr hat viele verdeckte Sehnsüchte, u.a. auch nach einem Leben ohne Überraschungen, und irgendwie nach dem abtrünnigen Ast der Familie - die die nach Amerika in einen unzivilisiert klingenden Ort namens Babylon zogen. Aber er reist sehr ungerne. Aber was sich dieser Herr wünscht, kann jolly well nicht einfach ignorieren werden, what? Also kommt eben zusammen was zusammen kommen muss...
Am Ende unterliegt man fast dem starken Drang die Hände hoch zu werfen und zu sagen, "Und das soll eine SF-Geschichte sein?!" Ja, aber nicht auf direkt offensichtliche Art. Ähnlich wie bei einigen von Cadigans KGen, die wir letztens im Lesezirkel durchkauten, ist nämlich m.E. diese KG eine, die die Wahrnehmung der eigenen Position thematisiert: D.h., die von mir, dem Leser, in Relation zu den Welten in die wir hinein tauchen, wenn wir SF lesen.
Die Geschichte spannt einen Bogen von ihrer Welt in meine.
Der Protagonist, Mr. Fox, ist ein Pfeil ins lesende Gehirn, mit der daran fest gebundenen Nachricht "phantastische Welten sind doch so viel realer als die traurige Wirklichkeit". Einen ähnlichen Satz lässt Bisson sogar den Protagonisten gegen Anfang aussprechen (oder war es denken - egal!). Er lässt Fox sogar den Leser karikieren - denn die ganze Zeit ist Mr. Fox so eingefangen in die Geschichte von Ms. Lizzie und ihren Abenteuern in der Großstadt, die er jeden Tag ein wenig weiter liest, dass er die verwunderlichen Gegebenheiten um ihn herum mit erstaunlicher, natürlich sehr britischer steif-oberlippiger, Hölzernheit hin nimmt. Dauerschmunzelwarnung!
Ein weiterer Hinweis auf diese Lesart ist das ständige "you wish!" von der Freundin des großen Afrikaners, der gelegentlich mit Fox ein Wort wechselt. Dieser britische Slang-Ausdruck bedeutet normalerweise so etwas wie "sehr unwahrscheinlich!"; aber hier ist es fast auch als die Antwort der Welt in der Mr. Fox lebt auf seine Wünsche zu verstehen - "du wünschst es und ich gewähre es dir!"
Überhaupt ist der "command of language" bei Bisson erstaunlich. Die ganze Story ist in einem britischen Ton und Vokabular geschrieben wie er es bei den anderen Geschichten bisher nie benutzte. Bisson, der Zauberer, schnipst den Schreibefinger, und, zack, bekommen wir einen viktorianisch (oder eher eduardisch?) angehauchten Bericht über außerordentliche Erlebnisse im Leben eines gedienten englischen Gentleman.
Nebenbei beweist Bisson auch wieder viel Einsicht in das Verhalten von Hunden beim Beschreiben vom Hund von Mr. Fox (der den selben Vornamen hat
); nach dieser KG und
Licht gesehen bin ich mir sicher, dass Bisson ein Hundeliebhaber ist!
Fazit: Der Text ist (anscheinend) nichts Besonderes, aber je mehr man ihn hinter sich lässt, je erstaunlich filigraner wird dieser kleine Seestern vom Brightonschen Strand. Empfehlenswert!
P.S. (zufällig entdeckt!): Ein ganz besonderes Erlebnis ist es diese KG zu den Klängen von
Close to the Edit und
Opus 4 des britischen Experimentalgesamtkunstwerks "Art of Noise" im Hintergrund zu lesen!
Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 05 Februar 2005 - 08:42.
/KB
Yay! Fantasy-Reimerei Mitte August...
[..] Verzweiflung beschlich sie im Stillen.
Da ergriff eins der kleinsten das Wort:
"Wenn sich all unsere Wünsche erfüllen,
dann wünschen wir einfach mit Willen
die Wünsche-Erfüllung fort!"
Sie befolgten den Rat und von Stund an war
wieder spannend das Leben und heiter.
Die Kinder war'n froh wie vor Tag und Jahr
und vielleicht gar ein wenig gescheiter.
(BewohnerInnen der Stadt der Kinder, aus der "Geschichte vom Wunsch aller Wünsche", aus Die Zauberschule & andere Geschichten, Neuauflage im Thienemann-Verlag, S. 93, von Ende)