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Matt Ruff: Bad Monkeys


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13 Antworten in diesem Thema

#1 simifilm

simifilm

    Cinematonaut

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Geschrieben 17 Mai 2009 - 12:40

Ein weiterer Spinoff meines Todorov-Threads. An dieser Stelle geht es um Matt Ruffs Roman Bad Monkeys, von dem bereits in diesem Thread ausführlicher die Rede war, den ich aber erst jetzt gelesen habe.

Das Buch bringt für Todorovs Theorie ein interessantes Problem; zu Beginn scheint die Sache relativ klar: Der Roman bietet zwei Versionen an: Jane Charlottes Erzählung, die immer wunderbarer wird (Geheimorganisationen, futuristische Waffen und zum Schluss Drogen, die es ermöglichen, die Gesetze der Physik zu verbiegen), und die Rationalisierungsversuche die Arztes, die darauf hinslaufen, dass Charlotte hier nur eine elaborierte Verdrängsphantasie entwickelt hat. Diese beiden Varianten laufen recht lange nebeneinander her, sind bis zu einem gewissen Grad gleichwertig. Allerdings sind Janes Ausführungen schon ziemlich unglaubwürdig, und sie hat sich in bester paranoider Weise schon für jeden Einwand eine Erklärung zurechtgelegt. Ihr Version ist absolut hermetisch, alle Argumente prallen ab, was schon eher auf eine pyschotische Weltsicht hindeutet. Soweit ist alles im Rahmen der Phantastik.

Zum Schluss geschehen dann aber mehrere seltsame Verdrehungen: Plötzlich wird klar, dass es die wunderbare Welt Janes gibt, dass alles, was sie erzählt hat, insofern wahr ist, als es ihr tatsächlich widerfahren ist. Allerdings war ein Teil davon nur Show: «Everything that has happened to since you met Robert Wise has been simulated» (225). Ein Teil der Geschichte ist also nicht wahr; somit gibt es also eine unheimliche Erklärung für Dinge wie die X-Drugs, sie existieren nämlich nicht. Aber diese unheimliche Auflösung ist gewissermassen in eine wunderbare Welt eingebettet, einer Welt, die einfach nicht ganz so wunderbar ist, wie Jane dachte. - Obwohl, die unheimliche Auflösung ist ja eigentlich auch ziemlich war, denn dass man Jane eine so aufwendige Simulation unterjubeln kann, ist ja auch nicht wirklich realistisch ...

Oder?

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#2 Theophagos

Theophagos

    Giganaut

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Geschrieben 17 Mai 2009 - 15:12

Ich denke, Folgendes sind die zentralen Punkte:Die Wunderpistole existiert. Daran kann man überhaupt nicht herumdeuten.Die Geheimgesellschaften existieren. Damit wird Janes Weltsicht relativ klar als zutreffend charakterisiert.Die Dinge haben sich nicht unbedingt so zugetragen, wie Jane sie erlebt hat.Selbst wenn es keine x-Droge geben sollte (etc.), ist sie doch nach Janes Weltbild möglich (sonst hätte sich nicht getäuscht werden können).Damit ist vielleicht im Detail nicht klar, was ist und was nicht ist, aber es sind eindeutig Dinge möglich, die in unserem Weltbild nicht möglich sind.Daher halte ich den Roman ganz eindeutig für eine fantastisch-wunderbare Geschichte.Seltsam ist für mich nur, dass die wunderbare Auflösung für mich so unglaubwürdig ist, dass ich stets versucht bin eine unheimliche Erklärung dafür zu suchen. Gefunden habe ich allerdings keine.Theophagos
"Cool Fusion? What is 'Cool Fusion'?" - "As Cold Fusion is beyond our grasp, we should reach for something ... less ... cold. Cool Fusion."
- Dr. Karel Lamonte, Atomic Scientist (Top of the Food Chain, Can 1999)
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#3 simifilm

simifilm

    Cinematonaut

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Geschrieben 17 Mai 2009 - 15:24

Ich sehe es grundsätzlich ähnlich wie Du (nur in einem Punkt sehe ich einen Unterschied: Einen 'Beweis' für die Droge sehe ich nirgends); interessant finde ich, wie hier Todorovs Modell unterlaufen wird. Zu Beginn ist es ja ganz klassisch: Zwei Varianten sind möglich, eine wunderbar, die andere nicht. Dann gibt's am Ende plötzlich den Dreher, dass keine der beiden Varianten richtig ist, dass die wunderbare aber näher dran ist an der Wahrheit.Das Ganze ist besonders pikant, weil ja laufend Signale geliefert werden, dass Jane eine unzuverlässige Erzählerin ist: Sie nimmt Drogen, sie wird mehrmals beim Lügen ertappt, und muss schliesslich sogar zugeben, dass die Gespräche mit ihrem Bruder nie stattgefunden haben. Und dann eben noch dieses paranoide Abblocken jeden Zweifels. Da wird eigentlich sehr deutlich markiert, dass man ihr nicht recht trauen kann. Und dann plötzlich stellt sich heraus, dass ihre Geschichte im Grunde stimmt - sie hat sie im Wesentlichen so erlebt.Etwas, was mir nicht recht klar ist, was allerdings nicht Todorovs Modell, sondern den Roman an sich betrifft: Was meinen die beiden Protagonisten zu Beginn des Gesprächs eigentlich, was sie hier tun? Beide meinen ja, den anderen in eine Falle zu locken. Beide meinen, der andere sei in der "ant farm". Weiss Jane von Anfang an, dass sie Phil gegenübersitzt? Wahrscheinlich ja - deshalb die versteckte Waffe. Wozu also das Gespräch? Oder anders - das ist richtig kompliziert zu formulieren -: Jane meint ja, dass das Gespräch Teil eines Setups ist, mit dem sie Phil liquideren kann. Mit welcher Begründung bringt man sie aber dazu zu glauben, dass ihr Phil innerhalb dieser Falle gegenübersitzen wird?

Bearbeitet von simifilm, 17 Mai 2009 - 15:27.

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#4 Theophagos

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Geschrieben 17 Mai 2009 - 16:17

Zur X-Droge: Eine Sicherheit für ihre Existenz gibt es nicht. Aber es gibt sie möglicherweise.
Das ist ähnlich wie mit dem Satz: "Der König von Frankreich hat 2007 den Atomausstieg gesetzlich geregelt."
Dieser Satz deckt sich aus verschiedenen Gründen nicht mit unserem Weltbild, wenn das also die Prämisse für einen Roman wäre, wäre dieser im Sinne Todorovs wunderbar - eine SF/Alternativwelt-Geschichte. Aber die einzelnen Elemente - König, Frankreich, gesetzlich geregelter Atomausstieg - sind alle möglich. Damit ist der Satz nicht per se wunderbar.
Im Umkehrschluss: Weil die X-Droge prinzipiell möglich ist, ist das Setting ein wunderbares.

Was Jane glaubt, warum Phil ihr gegenübersitzt, muss ich noch mal nachschauen, das habe ich nicht mehr präsent.

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#5 simifilm

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Geschrieben 17 Mai 2009 - 16:26

Zur X-Droge: Eine Sicherheit für ihre Existenz gibt es nicht. Aber es gibt sie möglicherweise.
Das ist ähnlich wie mit dem Satz: "Der König von Frankreich hat 2007 den Atomausstieg gesetzlich geregelt."
Dieser Satz deckt sich aus verschiedenen Gründen nicht mit unserem Weltbild, wenn das also die Prämisse für einen Roman wäre, wäre dieser im Sinne Todorovs wunderbar - eine SF/Alternativwelt-Geschichte. Aber die einzelnen Elemente - König, Frankreich, gesetzlich geregelter Atomausstieg - sind alle möglich. Damit ist der Satz nicht per se wunderbar.
Im Umkehrschluss: Weil die X-Droge prinzipiell möglich ist, ist das Setting ein wunderbares.

Dass das Setting wunderbar ist, bestreite ich nicht. Aber der Satz «Drugs that allow you to stop time and fly around like a martial-arts superhero? No, they dont exist» (225) scheint mir, was die X-drug betrifft, ziemlich eindeutig.

Was Jane glaubt, warum Phil ihr gegenübersitzt, muss ich noch mal nachschauen, das habe ich nicht mehr präsent.

Hier ergibt sich für mich ein Problem in der erzählerischen Logik, aber mit Todorov hat das nichts mehr zu tun.

EDIT: Hier noch zur Ergänzung: Die offizielle Situation ist ja folgende - Jane wurde von der Polizei festgenommen und wird nun von einem Psychologen verhört. Dieser Psychologe ist ihr Bruder. Erkennt sie ihn schon von Anfang an. Wahrscheinlich ja, denn im Boden hat es ja eine Waffe versteckt, um ihn zu töten. Weiss Jane also von Anfang, dass sie ihren Bruder umbringen soll? Meint sie also, dass das Ganze Ding nur eine Falle für ihren Bruder ist? Sehr wahrscheinlich ja. - Wieso aber meint sie das: Wie kann man ihr plausibel machen, dass sich ihr Bruder als Psychologe einschleichen würde, um lange Gespräche mit ihr zu führen, bei der sie mehrheitlich Dinge erzählen wird, die er ohnehin schon weiss.

Bearbeitet von simifilm, 17 Mai 2009 - 16:38.

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#6 Theophagos

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Geschrieben 17 Mai 2009 - 17:52

Aber der Satz «Drugs that allow you to stop time and fly around like a martial-arts superhero? No, they dont exist» (225) scheint mir, was die X-drug betrifft, ziemlich eindeutig.

Richtig, aber Jane musste erst gesagt werden, dass sie nicht existiert. Da Janes Weltsicht eben keine Wahnvorstellung ist, sondern (in der Erzähllogik) eine reale, heißt das, dass eine solche Droge nach den Gesetzen des Settings existieren könnte. Und meiner Meinung nach macht schon dieses "könnte" das Setting zu einem Wunderbaren. Edit: Ich habe noch mal drüber nachgedacht. Man könnte vielleicht ein Beispiel konstruieren, wo die Weltsicht eine Rolle spielt, ob die Geschichte Unheimlich, Fantastisch oder Wunderbar ist, das wäre aber schon sehr weit hergeholt. Letztlich ist der Punkt wohl einfach egal. Jane wusst, dass sie Phil gegenübersitzt. Auf Seite 245 der deutschen Ausgabe (das ist das letzte Kapitel, Phil will den Raum verlassen, Jane nimmt die Waffe aus dem Versteck): "Phil", sagt sie. Er blinzelt. "Soll das ein Scherz sein? Hat ... hat Dr. Chiang Sie dazu angestiftet?" "Das ist kein Scherz, Phil. Ich wünschte, es wär einer." [...] "Da draußen ist niemand, der dir helfen könnte, Phil. Das hier ist nicht das Country-Gefängnis. Du bist in einem Formikarium in der Wüste." Daraus geht eindeutig hervor, dass sie glaubte, einem Bandenmitglied ein Falle zu stellen. Es wäre zwar denkbar, dass sie nicht wusste um wen es ging und Phil erst im letzten Moment erkannte, doch das scheint mir ziemlich unwahrscheinlich. Und es ändert nichts an der Fragestellung. Warum erzählt Jane nun all das Zeug einem Mann, der das alles eh' schon weiß. Weil das ein kompliziertes Theaterstück ist. Jane glaubt, sie habe sich erfolgreich in die Organisation eingeschlichen. Sie erledigt eine Reihe von Aufträgen für die Organisation (von denen einige simuliert sind, was Jane aber nicht weiß). Schließlich wird sie geschnappt. (Hier ist mir unklar, ob sie das für Realität oder Simulation hält.) Sie wird in eine Simulation für ein Bandenmitglied - Phil - eingeschleust, das auf die Probe gestellt werden soll. Sie geht davon aus, dass das Bandenmitglied glaubt, sich ins Country-Gefängnis geschmuggelt zu haben um ein Organisationsmitglied zu töten. Entsprechend spielt sie ihre Rolle. Sieht man von der Verhaftung ab, scheint mir das klar zu gehen. Theophagos

Bearbeitet von Theophagos, 17 Mai 2009 - 18:04.

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#7 simifilm

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Geschrieben 17 Mai 2009 - 22:13

Richtig, aber Jane musste erst gesagt werden, dass sie nicht existiert. Da Janes Weltsicht eben keine Wahnvorstellung ist, sondern (in der Erzähllogik) eine reale, heißt das, dass eine solche Droge nach den Gesetzen des Settings existieren könnte. Und meiner Meinung nach macht schon dieses "könnte" das Setting zu einem Wunderbaren.

Aber Janes Weltsicht, wie Du es nennst, ist teilweise entwertet. Relativ lange ist sie mehr oder weniger gleichwertig mit Phils Rationalisierungsversuchen, am Ende ist sie es aber nicht mehr. Der schon zitierte Satz «Everything that has happened to you since you met Robert Wise has been simulated» (225) hat innerhalb der Erzähllogik definitiv einen höheren Wahrheitswert als Janes subjektive Erlebnisse. Jane ist einem Schwindel aufgesessen, alles, was sie nach dem Treffen mit Wise erlebt hat, war eine Charade. Es war zwar keine Wahnvorstellung, sondern ein Schwindel, aber deswegen dennoch nicht wahr. NC guns gibt es definitiv, X-Drugs gibt es nicht.

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#8 Theophagos

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    Giganaut

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Geschrieben 18 Mai 2009 - 01:23

Es war zwar keine Wahnvorstellung, sondern ein Schwindel, aber deswegen dennoch nicht wahr.

Es ist, wie gesagt, letztlich wohl ziemlich egal, aber gerade weil es ein funktionierender Schwindel ist, ist das Setting wunderbar. Wenn der Schwindel nicht funktionieren würde, dann wäre es ein Hinweis darauf, dass das Setting 'bloß' unheimlich ist. Angenommen, du bist auf der Suche nach einem bestimmten Buch. Du willst es wirklich gerne haben, du musst es haben, du bist nicht sonderlich wählerisch was den Ursprung angeht. Nun findest du ein Angebot, das recht niedrig ist. Jetzt kannst du dich fragen: Ist das ein Fake oder Real? Man weiß es letztlich nicht so genau - du könntest einem Schwindler aufsitzen. Angenommen, der Händler würde dir einen Flaschengeist anbieten. Würdest du dich da ernsthaft fragen, ob das ein Schwindel sein könnte? Ich wäre felsenfest davon überzeugt, dass hier naive Menschen über den Tisch gezogen werden sollen. Ein Schwindel funktioniert nur dann, wenn prinzipiell Mögliches angeboten wird. Weil Janes Weltsicht (wenn auch nicht die Details) eine reale ist (im Rahmen der Geschichte), zeigt der funktionierende Schwindel, dass Dinge wie die X-Droge nicht prinzipiell ausgeschlossen sind, auch wenn es zufälligerweise keine X-Droge gibt. Das Setting insgesamt ist daher wunderbar. Aber wie gesagt: Da mit der Existenz der Pistolen das Setting schon eindeutig wunderbar ist, ändert die Sache nichts mehr. Theophagos
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#9 simifilm

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Geschrieben 18 Mai 2009 - 06:19

Es ist, wie gesagt, letztlich wohl ziemlich egal, aber gerade weil es ein funktionierender Schwindel ist, ist das Setting wunderbar. Wenn der Schwindel nicht funktionieren würde, dann wäre es ein Hinweis darauf, dass das Setting 'bloß' unheimlich ist.
Angenommen, du bist auf der Suche nach einem bestimmten Buch. Du willst es wirklich gerne haben, du musst es haben, du bist nicht sonderlich wählerisch was den Ursprung angeht. Nun findest du ein Angebot, das recht niedrig ist. Jetzt kannst du dich fragen: Ist das ein Fake oder Real? Man weiß es letztlich nicht so genau - du könntest einem Schwindler aufsitzen.
Angenommen, der Händler würde dir einen Flaschengeist anbieten. Würdest du dich da ernsthaft fragen, ob das ein Schwindel sein könnte? Ich wäre felsenfest davon überzeugt, dass hier naive Menschen über den Tisch gezogen werden sollen.
Ein Schwindel funktioniert nur dann, wenn prinzipiell Mögliches angeboten wird.
Weil Janes Weltsicht (wenn auch nicht die Details) eine reale ist (im Rahmen der Geschichte), zeigt der funktionierende Schwindel, dass Dinge wie die X-Droge nicht prinzipiell ausgeschlossen sind, auch wenn es zufälligerweise keine X-Droge gibt. Das Setting insgesamt ist daher wunderbar.
Aber wie gesagt: Da mit der Existenz der Pistolen das Setting schon eindeutig wunderbar ist, ändert die Sache nichts mehr.

Ja, das Setting ist wunderbar, aber dadurch wird noch nicht alles möglich. Es gibt in der Welt von Bad Monkeys, nach allem, was wir wissen, ja auch keine Ausseriridschen, Vampire oder Menschen, die den Kreis quadrieren können. Wenn Dixon sagt, dass es keine X-drugs gibt, haben wir an diesem Punkt keinen Grund dazu, das nicht zu glauben.

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#10 Theophagos

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Geschrieben 18 Mai 2009 - 15:02

Simon, du verstehst nicht, worauf ich hinaus will.Ich versuche mal das so eindeutig wie möglich zu formulieren.Nehmen wir einmal zwei Sätze.A) "2007 war Gerhard Schröder der Kanzler der BRD."undB) "Drinnen saßen stehend Leute, schweigend im Gespräch vertieft."Beide Sätze sind falsch, aber Logiker finden, dass die Qualität ihrer Falschheit eine andere ist.Satz A hätte ohne weiteres Wahr sein können - hätte Schröder sich am Wahlabend nicht wie ein besoffener Großkotz aufgeführt, wäre Westerwelle aus der Möllemann-Affäre schwächer herausgegangen, etc. pp., dann hätte es vielleicht eine Große Koalition unter Schröder oder eine Ampel gegeben.Satz B dagegen kann nicht wahr sein: Es ist unmöglich stehend zu sitzen.Sätze wie A sind möglicherweise wahr/falsch, Sätze wie B sind notwendigerweise wahr/falsch.Je nach Weltsicht - du nennst es in deinem Text "Realitätsbegriff" - sind die Sätze, die wir für notwendigerweise bzw. möglicherweise wahr oder falsch halten unterschiedliche.Wie du schon feststelltest, wird gerade bei fantastischen Werken oftmals auf wunderbare Elemente in der Erzählerrede verzichtet. Für die Frage, ob ein Setting wunderbar oder unheimlich ist, ist also wichtig, ob die Weltsicht der Figur, die etwas Wunderbares erfuhr, eine reale oder eine irreale ist. Ist sie irreal, dann wird der Wahrheitsgehalt der Wahrnehmungen massiv in Zweifel gezogen - vielleicht ist die Figur wahnsinnig oder stand unter Drogen etc. pp. Ist die Weltsicht eine reale, dann können wir ihre Schilderungen üblicherweise als zutreffend hinnehmen.Schwindel funktionieren nun nur dann, wenn das Ergebnis des Schwindels nach der Weltsicht der beschwindelten Figur möglicherweise wahr/falsch ist. Ist das Ergebnis notwendigerweise falsch, wird die Beschwindelte nicht darauf eingehen, ist das Ergebnis notwendigerweise wahr, ist ein Schwindel bei einer realen Weltsicht nicht möglich, da ein Schwindel Wahrheit vortäuscht.Janes Weltsicht ist eine reale und sie wird in puncto X-Droge beschwindelt.Daraus folgt, dass es zwar de facto keine X-Droge gibt (zumindest weiß Dixon nichts darüber und der scheint für die Organisation bestens informiert zu sein), in der literarischen Welt Janes aber Dinge wie diese Droge möglich sind. Da die X-Droge klar wunderbar ist, ist ein Setting, in dem Dinge wie die X-Droge möglich sind, ebenfalls wunderbar.Der Witz geht natürlich an der Stelle verloren, an der etabliert wird, ob die Weltsicht real ist oder nicht, denn eine wunderbare Weltsicht kann nur dann als real etabliert werden, wenn ein wunderbares Element aus Janes Weltsicht als real etabliert wird - das ist eben die Pistole. Aber schon die Existenz der Pistole allein reicht um das Setting zu einem Wunderbaren zu machen.Ob Aliens oder Vampire etc. pp. möglich sind oder nicht, darüber erfahren wir nichts. Da aber höchst bizarre Dinge möglich sind, würde ich nicht sagen, dass nur die im Roman erwähnten wunderbaren Elemente im Setting denkbar sind. (Auch das Umgekehrte würde ich nicht behaupten.) Für unsere Frage ist das aber wiederum völlig egal.Theophagos
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#11 simifilm

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Geschrieben 18 Mai 2009 - 15:22

Was der Roman über weite Strecken aufbaut, ist die Alternative zwischen Welt A ("realistisch") und Welt B ("wunderbar"). In Welt B gibt es X-drugs und NC guns. Die Welt, die am Ende aber als die 'wahre' etabliert wird, entpuppt sich als Welt C. Diese Welt C enthält NC guns - ist somit ebenfalls wunderbar-, aber keine X-drugs.

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#12 Theophagos

Theophagos

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Geschrieben 18 Mai 2009 - 19:09

Das ist vollkommen richtig & 100% kompatibel mit dem, was ich gesagt habe; von mir gibt es also keinerlei Widerspruch.Theophagos
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#13 molosovsky

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Geschrieben 07 November 2009 - 15:22

So.
Nun ist es so weit.
Nach einem Jahr Exklusivität als Beitrag für »Magira 2008« habe ich nun meinen Beitrag »Die wilden Welten von Matt Ruff« in mein Blog eingepflegt. Aufgrund der Länge aufgeteilt in †¦

†¦ Teil eins: ein persönlich gefärbter Werküberblick;
†¦ Teil zwei: Gespräch mit Matt Ruff, Februar 2008.

Viel Vergnügen.

Alex / molo

MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.

Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.

Mehr Gesabbel von mir gibts in der molochronik

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#14 LordMund

LordMund

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Geschrieben 25 Januar 2010 - 12:41

Ich fand "Bad Monkeys" die meiste Zeit über gut, doch am Ende wurde mir die Handlung zu wirr. Da hat mein Kopf irgendwie aus Trotz ausgeklingt. Aber vielleicht versuche ich es nochmal. Hatte das Hörbuch gehört.
Geht ein Mann um die Ecke...
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