Erst eine Woche später bin ich dann endlich nach Heidelberg gekommen, freudestrahlend rein in „den besten Plattenladen der Welt“ (mein Zitat), dort hektisch bei den Neuerscheinungen stöbernd, irritiert zum Fish-Fach marschierend, nur um festzustellen, dass das mangels CDs (die jetzt alle bei den Sonderangeboten stehen, schade, dass ich sie schon habe) leider auch verschwunden war. Von der neuen CD fehlte natürlich ebenfalls jegliche Spur. Was nun? Ich habe flugs meine Prinzipien über Bord geworfen: Doch ein kurzer Abstecher in den „Ich bin doch nicht blöd“-Markt brachte dasselbe niederschmetternde Ergebnis. Auch hier gab†™s keine „Bouillabaisse“. Und das, obwohl der gute Fish doch gehofft hatte, mit der neuen Best of-CD endlich mal wieder verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit zu gelangen, durch die Veröffentlichung auf einem „richtigen“ Label (Snapper) - nach vielen Jahren auf eigenem Label und Versuchen im Direktvertrieb - auch wieder Leute zu erreichen, die gar nicht mehr wissen, dass es ihn überhaupt noch gibt. So wird das natürlich nichts.
Also zurück ins „Crazy Diamond“, wo sich Sarah, die Verkäuferin, bereit erklärte („Wie soll die CD heißen?“), das Teil zu bestellen. Nach einer kleinen Diskussion („Ich mag keinen Fisch.“ - „Essen oder Hören?“ - „Beides.“) wurde sie tatsächlich im Computer fündig. „Sollte diese Woche noch kommen, du kriegst Bescheid.“ Na, also, es geht doch. Aus „diese Woche“ wurden neun Tage, bis der Anruf kam. Und noch mal zwei, bis ich endlich Zeit hatte, wieder nach Heidelberg zu fahren. Dann lief aber nichts mehr schief: Die CD war da, kostete 15,99 (das ist fair für ein Doppelalbum) und wurde feierlich in Empfang genommen. Wohlwollend habe ich später gesehen, dass der „Es lebe billig“-Markt das Teil inzwischen auch hat, es dort aber einen Euro mehr kostet.
Wäre das jetzt kein Best of-Album gewesen, von dem ich eh alle Lieder schon kenne, und ich ein paar Jahre jünger, hätte ich die ganze Sache sicher etwas energischer verfolgt. Blenden wir zurück ins schöne Jahre 1999, zur Geschichte von „vier Konzerten in drei Tagen“, als mit der famosen „Raingods with Zippos“ letztmals eine Fish-CD auf normalem Weg erhältlich war (die beiden folgenden Alben, „Fellini Days“ und „Field of Crows“, waren zunächst nur über Direktvertrieb erhältlich und standen dann erst deutlich später in den Läden). Da gab†™s am Sonntag Abend ein geniales Konzert in Treacy†™s Irish Pub in Karlsruhe (das unter anderem deshalb so denkwürdig war, weil die damalige Background-Sängerin Liz Antwi im Zug eingeschlafen war und erst mitten im Set auftauchte), montags erschien dann die „Raingods“. Die Odyssee war damals ganz ähnlich und führte von Wiesloch über Heidelberg schließlich nach Mannheim, wo ich sowieso hin musste, weil gerade das neue Semester begonnen hatte. Im „Prinz“ sollte außerdem abends ein In-Store-Konzert steigen und der Laden hatte es tatsächlich geschafft, die CD pünktlich zu haben. Das war es mir wert, eine Vorlesung sausen zu lassen (vermutlich über Robert Musils „Der Mann ohne Eigenschaften“, also kein großer Schaden), mich wieder ins Auto zu setzen und erstmal der neuen Platte zu lauschen. Ich war eh noch ziemlich fertig vom Abend zuvor, so dass das definitiv die richtige Entscheidung war. Später ging†™s natürlich zum Konzert im „Prinz“ und am nächsten Tag dann gleich weiter nach Köln: Dort standen ebenfalls ein In-Store-Konzert (im Saturn) und abends ein Irish-Pub-Gig auf dem Programm. Das waren noch Zeiten!
Zurück zu „Bouillabaisse“: Schön schaut sie aus, die limitierte Auflage im Digipack (wobei ich nach meiner kleinen Odyssee so meine Zweifel habe, ob sich jemals mehr als die 20.000 Exemplare verkaufen werden, denen dann irgendwann eine Standardausgabe folgen sollen), das Cover von Mark Wilkinson ist auch gut geworden. Ein echtes Booklet fehlt, was schade ist, da ich gerade bei einer Zusammenstellung alter Songs ein paar nette Geschichten über diese erwartet hätte. Stattdessen gibt†™s ein Faltposter mit den Credits auf der Rückseite und den Covers der Alben, von denen die Songs stammen. Na ja, das hätte man besser lösen können. Die Zusammenstellung selbst ist in Ordnung, allerdings eher marktgerecht als an den Fans orientiert: Es gibt eine „Balladeer“- und eine „Rocketeer“-CD. Bezeichnungen, die nicht immer hundertprozentig passen. So enthält die „Rocketeer“-Scheibe mit Clock Moves Sideways und Plague of Ghosts auch immerhin zwei waschechte Prog-Songs.
Ob es sich wirklich positiv auf die Verkäufe auswirkt, dass mit Kayleigh, Lavender und Incommunicado drei Marillion-Songs in den Original-Versionen enthalten sind? Auch Lady let it lie und Tara hätte ich persönlich weggelassen, dafür fehlen mit Vigil und Sunsets on Empire zwei echte Knaller. Auch die von mir sehr geschätzte Cover-Version von Five Years (im Original von David Bowie; die Fish-Version ist allerdings um Längen besser) ist leider nicht dabei. Dafür gibt†™s mit Caledonia vom Frankie-Miller-Tribute-Album (eingespielt mit der Sensational Alex Harvey Band) ein Schmankerl, das nicht jeder schon haben wird. Und mein Sammler-Herz kann sich daran erfreuen, dass ich die Edits von Shot the Craw, Our Smile, Tara und Raw Meat bisher noch nicht hatte. Also bin ich doch irgendwie zufrieden. Und die nicht so beinharten Fans werden auf den beiden CDs auf einige tolle Nummern stoßen. Versprochen.