Andrade - Leseprobe Kapitel 1 (2/7)
VERÖFFENTLICHUNGEN
Niko Bain nickte, was der andere Riker vor ihm natürlich nicht sehen konnte. „Ja“, fügte er deshalb hastig an. „Vollkommen bereit.“
„Nicht dein erster Flug, oder?“, fragte Monterubin, während er das tropfenförmige kleine Schiff hart beschleunigen ließ. Selbstverständlich wusste Monterubin, der ungekrönte König aller Riker, die sich in diesem System herumtrieben, dass Niko trotz seiner Jugend bereits über ausreichend Erfahrung verfügte. Sonst hätte er ihn garantiert nicht als Ersatz für seinen Co-Piloten an Bord genommen.
Niko vermutete, dass ihn der Mann nur ablenken wollte. „Ich habe keine Angst“, sagte er entschieden. „Es ist nicht notwendig †¦“
„Was notwendig ist, entscheide hier ich“, brummte Monterubin. In seinem schwarzen, ledernen Overall, den seine massige Statur eindrucksvoll ausfüllte, und dem Paar gleichfalls schwarzer Schaftstiefel machte er einen beinahe bedrohlichen Eindruck. Aber Niko besaß Mut. Er hatte tatsächlich keine Angst. Weder vor dem Flug zum Todesmond noch vor Monterubin persönlich.
Der Riker steuerte das Schiff schweigend vom Planeten weg. Er vermied es geschickt, den Militäreinheiten, die vereinzelt im System kreuzten, in die Quere zu kommen. Ihre Macht war lächerlich gering, bedingt durch ihre bescheidene Anzahl, die sich obendrein von Jahr zu Jahr weiter verringerte. Aber auch die Gesetzeslage gab dem Militär kaum eine Handhabe, die Riker an ihrem Tun zu hindern. Dazu hätte schon ein Unglück geschehen müssen, bei dem Unbeteiligte zu Schaden kamen. Doch das war bislang nicht passiert. Niko wusste, dass sie das hauptsächlich, vielleicht sogar ausschließlich den Ments zu verdanken hatten, die in der Station darüber wachten, dass die Strahlen des Todesmondes nicht bis zum Planeten durchdrangen. Um die waghalsigen Riker kümmerten sich die Ments dagegen nicht: Seit vor zehn Jahren die ersten Riker hier aufgetaucht waren, hatte es einhundertvierundachtzig Tote gegeben. Allerdings nicht unter der Bevölkerung des Planeten. Damit waren den Militärs die Hände gebunden. Einen Selbstmord konnten sie niemandem verbieten.
„Bist ein vorlauter Bursche, Bain“, unterbrach Monterubin seine Gedanken. Niko erwiderte lieber nichts. Er hatte sich mit seinen letzten Worten schon weit genug aus dem Fenster gelehnt.
„Allerdings nicht untalentiert, wie ich höre.“
Niko nickte nur, gab aber immer noch keine Antwort.
Das Schiff schoss jetzt mit Maximalgeschwindigkeit in Richtung Todesmond. Es war nur zehn Meter lang und an seiner höchsten Stelle vier Meter hoch. Fast der gesamte Platz im Inneren wurde vom Antrieb ausgefüllt. Es gab keine Waffen und lediglich Raum für zwei Mann Besatzung, die sich auf ihren Sitzen eng hintereinander drängten, von unzähligen Instrumenten umgeben, die sie für den Flug benötigten.
„Es ist natürlich etwas anderes“, sagte Monterubin wie zu sich selbst, „ob man nur der zweite Mann an Bord ist oder selbst auf dem Pilotensitz die wichtigen Entscheidungen trifft. Ich will deine Leistungen nicht zu gering einschätzen, Bain, aber noch hast du dich nicht wirklich bewährt.“
Niko atmete tief durch. Was wollte ihm Monterubin damit sagen?
„Ich könnte mir vorstellen, dich einmal fliegen zu lassen.“
Er war sprachlos. Das hatte er nicht erwartet.
„Nicht heute natürlich“, schränkte Monterubin sofort ein. „Heute geht es um zu viel.“
Niko wusste um den Einsatz, der im Topf lag. Die beiden Riker, die Monterubin zu diesem Flug herausgefordert hatten, waren bereit gewesen, eine Unsumme aufs Spiel zu setzen. Umso verwunderlicher, dass ausgerechnet er als Ersatz für Monterubins Co-Piloten einspringen durfte. Für ihn selbst war das ein kaum fassbarer Glücksfall - wenn alles glatt ging.
„Mach deine Sache gut“, sagte der Riker. Es war vermutlich als Aufmunterung gemeint, aber es klang gleichzeitig wie eine Drohung. Denn Versagen konnte den Tod bedeuten.
„Ich werde mein Bestes geben.“ Er versuchte, seiner Stimme einen festen Klang zu verleihen, obwohl er jetzt doch innerlich vor Aufregung zitterte.
„Wollen wir hoffen, dass es ausreicht, Bain. Nach dem Flug sehen wir weiter.“