Andrade - Leseprobe Kapitel 1 (3/7)
VERÖFFENTLICHUNGEN
Der Riker peitschte das Tropfenschiff weiter vorwärts. „Wie sieht es aus, Bain?“
Niko begriff, dass die Unterhaltung beendet war. Jetzt begann der Einsatz für ihn wirklich. Er warf einen schnellen Blick auf die Anzeigen. Die zwei anderen Riker hatten völlig unterschiedliche Routen gewählt. Gemeinsam war allen dreien nur der exakt zeitgleiche Start vom Raumhafen am Rand von Basis-2.
„In Ehmigs Weg lagen bislang noch keine Militärschiffe“, sagte er.
„Er hat die Spitze?“
Niko verstand: keine Ausreden, um Monterubin zu besänftigen. Er musste sofort auf den Punkt kommen, mit allem, was er sagte.
„Er liegt derzeit sogar ordentlich in Front. Scorner dagegen ist deutlich abgeschlagen. Er wird uns nicht mehr gefährlich werden. Zu viel Verkehr, zu wenig Maschinenkraft, so wie ich das sehe.“
„Ehmigs Route?“
„Er hat Glück. Das einzige Wachschiff, das ihm normal im Weg wäre, verspätet sich deutlich. Darauf muss er keine Rücksicht mehr nehmen.“
„Mistkerl. Hat es doch tatsächlich geschafft, einen Soldaten zu bestechen.“ Monterubin knurrte wütend. Dann sagte er: „Respekt.“
Es war keine gute Empfehlung für Nikos Zukunft, wenn ausgerechnet er bei Monterubins erster Niederlage assistierte. „Was können wir tun?“, fragte er, während er auf den Anzeigen sah, dass der Tropfen bereits mit Vollschub durchs All raste.
Monterubins Finger trommelten einen quälend langsamen Rhythmus aufs Instrumentenpult. „Keine Idee, Bursche?“
Niko überlegte krampfhaft, doch ihm wollte nichts einfallen. Und langsam wurde es eng. Es war nicht unbedingt das Ziel des Wettbewerbs, als Erster den Todesmond zu erreichen. Stattdessen wurde peinlich genau angemessen, welches Schiff dem Mond am nächsten kommen konnte, ohne dabei selbst die tödliche Welle auszulösen. Genau das war das entscheidende Kriterium. Natürlich musste man auch den Rückweg heil überstehen. Ohne wieder bei Basis-2 gelandet zu sein, wurde man nicht zum Gewinner des Duells.
Niko starrte ratlos auf sein Pult. Folgte dem Kurs von Ehmigs Tropfen, der dieses Rennen zu gewinnen schien. Verlängerte ihn im Geist. Sah etwas. Machte sich hektisch an den Instrumenten zu schaffen.
Das blieb Monterubin nicht verborgen. „Was tust du?“, wollte er wissen.
Niko quetschte nur ein „Moment“ zwischen den Zähnen hervor.
Die kleine Boje schwebte mitten im Raum. Gut, dass er sich immer ordentlich auf die Flüge vorbereitete. So wusste er, dass das nur zwei Meter durchmessende Objekt Teil eines alten, inzwischen außer Betrieb genommenen Warnsystems war, mit dem man einst versucht hatte, die Vorwarnzeiten vor den Angriffen vom Todesmond zu verkürzen. Niko hatte doppelt Glück: Es gelang ihm mühelos, die Steuerung des primitiven Computers zu übernehmen. Und kurz darauf stellte er fest, dass die Kommunikationseinrichtungen der Boje noch funktionierten.
„Nicht erschrecken“, sagte er. „Gleich wird die Hölle los sein. Einfach weiterfliegen, alles ignorieren.“ Er aktivierte den Funkspruch, der in derselben Sekunde die Boje verließ. Ein Grinsen schlich sich auf sein Gesicht. Im ganzen System würden in diesem Moment die Alarmsirenen schrillen. Er stellte sich Ehmigs Zorn vor, wenn ihm ausgerechnet jetzt, in dem Moment, in dem er dem Triumph so nahe war, die Warnung entgegenschallte.
„Hast du das ausgelöst?“, fragte Monterubin nur.
Niko konnte sehen, dass Ehmigs Tropfenschiff im gleichen Augenblick langsamer wurde. Die Anzeigen verrieten, dass er heftig Gegenschub gab. Er war auf den Trick hereingefallen. Monterubin hatte nicht abgebremst. „Du bist wirklich ein schlauer Bursche“, sagte er. Ihrem Sieg stand nun nichts mehr im Wege.
Sie erreichten die kritische Grenze zum Todesmond als Erste - weit vor den beiden anderen Tropfen, kurz bevor die tödliche Welle ausgelöst wurde. Damit wurde es für die Konkurrenten unmöglich, noch näher heranzukommen. Niko konnte die Welle selbstverständlich nicht sehen, aber er las die Gefahr am Ausschlagen seiner Instrumente ab. Wie immer lief ihm in diesem Moment ein Schauer über den Rücken. Jetzt ein Defekt des Triebwerks. Ein unvorhergesehenes Ereignis. Etwas †¦
Monterubin flog wie der Teufel persönlich. Und die Welle jagte ihnen hinterher.