Der Bürgersaal füllt sich anfangs eher schleppend, letztes Jahr, so mein Eindruck, war ein bisschen mehr los. Möglicherweise hielten sich die Leute aber auch alle nur versteckt, um pünktlich zu unserer Lesung in wahren Heerscharen aufzutauchen. Fleißige Helfer mussten sogar noch zusätzliche Stühle ankarren, damit auch jeder einen Sitzplatz bekam. Das war natürlich erfreulich - offensichtlich hat es sich rumgesprochen, dass schon unsere letztjährige Lesung nicht von schlechten Eltern war und dass unsere Bücher lesenswert sind. Vielleicht war†™s aber auch das gleichzeitig stattfindende Bastei-Meeting, das uns alle Maddrax- und Sternenfaust-Geschädigten in die offenen Arme getrieben hat †¦ Rund 40 Zuhörer werden†™s gewesen sein - wer schon auf dem BuCon gelesen hat, weiß, dass das ein echtes Traumergebnis ist. Stefan Wogawa („Golem & Goethe“), Ines Bauer („Ewigkeit“), Thorsten Küper („Das Festtagsprogramm“) und Andrea Tillmanns („Träume“) haben ihre Sache dann auch sehr gut gemacht, die Reaktionen des Publikums sprachen Bände. Obwohl ich alle Storys fast schon auswendig kenne, hat auch mir persönlich das Zuhören sehr viel Spaß gemacht. Und sie haben alle vier so diszipliniert gelesen, dass ich zum Abschluss auch noch ein paar Zeilen aus meiner neuen Story „Der Gravo-Dom“ vortragen konnte. Eine runde Sache, so dürften ruhig alle Lesungen ablaufen.
Die Zeit bis zur Verleihung des Deutschen Phantastik Preises war dann gefüllt mit vielen, vielen, natürlich immer zu kurzen Gesprächen, einem Interview fürs Fernsehen (plötzlicher Reichtum und Ruhm sind aber nicht zu erwarten - es war nur ein Offener Kanal, nicht etwa RTL) und einem Bierchen mit Ralf Bodemann, seines Zeichens leidgeplagter Marathon-Leser für das DSFP-Komitee. Dann war†™s auch schon 19 Uhr und die von Dirk van den Boom gewohnt nüchtern und sachlich moderierte Preisverleihung konnte starten. Mein Roman „Das vergessene Portal“ ist in der Kategorie „Bestes Roman-Debüt 2004“ auf dem dritten Platz gelandet - auch wenn ich natürlich noch lieber gewonnen hätte, ist das ein gutes Ergebnis, mit dem ich zufrieden bin. Immerhin hat der Erstplatzierte Christoph Marzi (Glückwunsch übrigens) seinen Roman „Lycidas“ im Heyne-Verlag veröffentlicht; den werden vermutlich doch ein oder zwei Leute mehr gelesen haben als mein Buch. Das tröstet mich. Den Preis an Christoph Marzi durfte übrigens Markus Heitz überreichen, der zuvor selbst schon in der Kategorie „Bester Roman 2004“ mit „Der Krieg der Zwerge“ als Sieger gekürt worden war. Bei den Kurzgeschichten landete Stefan Wogawas Story „Ein Alien kommt selten allein“ (aus „Walfred Goreng“) leider nur auf dem fünften Platz. Kein Grund, den Kopf hängen zu lassen. Immerhin Platz zwei gab†™s für Nina Horvath, die extra aus Österreich angereist war, für ihre Story „Hell dunkel, dunkel hell“ (aus „Schattenseiten“). Nina ist auch in den letzten beiden Wurdack-SF-Anthologien („Golem & Goethe“ und „Überschuss“) vertreten - nicht nur deshalb: Glückwunsch Nina. Das Rennen hat Andreas Eschbach mit „Quantenmüll“ gemacht. Da der Sieger nicht anwesend war, durfte Helmuth Mommers, der Herausgeber der „Visionen 2004“ den Preis stellvertretend entgegennehmen - überreicht von keinem geringeren als Ernst Wurdack, der diese Aufgabe mit bayrischem Charme souverän erledigt hat. Helmuth durfte gleich noch mal auf die Bühne, da seine „Visionen“ auch in der Anthologie-Sparte den ersten Platz belegten, und aus den Händen von Udo Mörsch vom Kleinbuch-Verlag, der mit entwaffnender Ehrlichkeit zugab, das Buch nicht gelesen zu haben, den nächsten Award einsammeln konnte. Für „Walfred Goreng“ blieb Platz vier - damit ist wenigstens noch ein bisschen Luft nach oben für nächstes Jahr.
Der eigentliche Höhepunkt des Abends sollte aber noch folgen: Nach der Preisverleihung trotzten wir dem allgemeinen Aufbruch; während ein Teil schon in den Keller marschierte, um beim Thailänder einen Tisch in Beschlag zu nehmen, schleppten Dieter und ich noch ein paar Kisten zum Auto. Auf dem Parkplatz trafen wir Udo Mörsch, so dass wir auch noch die traditionelle Parkplatz-Transaktion über die Bühne bringen konnten (bevor sich jemand wundert: es wechselte nur ein brandneues „Golem & Goethe“ den Besitzer). Wir quatschten uns ein bisschen fest, so dass wir eine runde halbe Stunde nach den anderen im Lokal ankamen. Ines und Armin, Ernst sowie Michael Baumgartner vom SFCBW hatten schon bestellt und scharrten bereits hungrig mit dem Besteck. Wir brachten Helmuth mit nach unten, wunderten uns über die Speisekarte (von thailändischem Essen keine Spur mehr, stattdessen gab es gutbürgerliche deutsche Küche) und gaben bei dem netten Mädchen unsere Bestellungen auf. Böser Fehler! Das bestätigte uns auch die Chefin des Ladens, die sich keine drei Minuten später unsere Wünsche noch einmal diktieren ließ. Da hätten wir schon misstrauisch werden können, zumal wir schon letztes Jahr einige skurrile Erlebnisse in dem Laden hatten. Doch wir warteten weiter vertrauensselig - immerhin: mit den Getränken ging alles klar - auf unser wohlverdientes Abendessen. Das kam dann auch, nur in einer etwas verwirrenden Reihenfolge: Armin (Bauer) beäugte den vor ihm abgestellten Teller kritisch, nur um festzustellen, dass das keinesfalls ein Zigeunerschnitzel war, was er da vor sich hatte, sondern ein Jägerschnitzel. Das hatte ich bestellt, allerdings nicht mit den servierten Pommes, sondern mit Kroketten. Eine erste Rückfrage verlief ergebnislos: Die junge Bedienung, die offensichtlich nicht nur ihren nicht besten, sondern auch den ersten und letzten Tag hatte, verschwand kommentarlos. Währenddessen wurden Dieters Salat und Helmuths Eintopf gebracht. Die vier, die zuerst bestellt hatten, warteten mit knurrenden Mägen und finsterem Blick. Die Chefin brachte nach einer weiteren Rückfrage Licht ins Dunkel: Ja, das sei ein Jägerschnitzel - also meins. Und Kroketten seien aus, schon den halben Tag. Aha. Was denn mit den anderen Bestellungen los sei? Dafür musste sie in der Küche nachfragen - was Ralf Bodemann, der sich inzwischen zu uns gesellt hatte, kühn zu einer zusätzlichen Bestellung nutzte. Aus der Küche kam derweilen die Meldung, dass man jetzt dann langsam mit der Zubereitung der anderen Essen beginnen werde - die erste Bestellung war wohl nicht wirklich bis in die Küche vorgedrungen. Alles käme bald, hieß es, mit Ausnahme der Schupfnudeln von Ines und Ernst; die seien auch aus. Zu dem Zeitpunkt hatten die beiden schon ein knappes Stündchen auf ihr Essen gewartet †¦
Danach ging dann aber alles glatt - viel mehr hätte wohl ohnehin nicht schief laufen können. Die versammelten Herausgeber konnten Ralf, der gerne jammert, weil er alles lesen muss, was so erscheint, im Gespräch davon überzeugen, dass es dazu noch eine Steigerung gibt: Wir müssen auch die Sachen lesen, die nicht veröffentlicht werden. Und auch Michael Baumgartner konnten wir noch pünktlich - obwohl wir natürlich auch auf dem Rückweg wieder ewig lange an der Schranke warten mussten - zum letzten Zug nach Schifferstadt am Heidelberger Hauptbahnhof abliefern, so dass letztlich doch alle zufrieden waren. Nächstes Jahr bin ich wieder dabei - nur das mit dem Abendessen werde ich mir bei allem Event-Charakter schon noch mal überlegen †¦