Zur Abwechslung mal kein Ziegelstein von Alastair Reynolds, sondern was Handlicheres, eine Novelle, die allerdings gut noch ein paar Seiten mehr vertragen hätte. Inhaltlich geht es um zeitreisende Wissenschaftler, die in der Vergangenheit (ihrer Vergangenheit, unserer Zukunft) eine Klimakatastrophe verhindern möchten. Liest sich gut, wenn man nicht zu lange über die (Zeitreise-typischen) Logikfallen nachdenkt.
Veronika Bicker/Stefan Cernohuby/Alessandra Reß: D9E - Der Loganische Krieg - Sammelband 2: Episoden 4-6 (Wurdack, 2018)
Zunächst einmal habe ich mich gefreut, nach längerer Zeit mal wieder etwas von Veronika Bicker zu lesen. Ist „Tabula rasa“ (mit ihrer Story „Regenmacher“) wirklich schon 13 Jahre her? Du meine Güte †¦ Nicht nur Veronika Bicker (ihr vierter Teil der D9E-Ablegergeschichte um den „Loganischen Krieg“ trägt den Titel „Falsches Spiel“), sondern auch Stefan Cernohuby („Blutige Monde“) und Alessandra Reß („Eine Ahnung von Freiheit“) treiben den Konflikt zwischen Loganern und den einst von ihnen gezüchteten Kreaturen flott und für den Leser unterhaltsam voran. Jetzt sind das auch nicht mehr nur Einzelgeschichten wie im ersten Band, es gibt mehr und mehr verbindende Elemente und Figuren, der rote Faden wird sichtbar - das weckt die Vorfreude auf das finale Buch. Das liegt glücklicherweise schon hier und ist demnächst an der Reihe.
Charles Sheffield - Gezeitensturm (Bastei-Lübbe, 2007)
Im Original als „Summertide“ schon 1990 erschienen, wurde der Auftaktband von Charles Sheffields (1935-2002) fünfteiligem „Heritage“-Zyklus auf Deutsch erst nach seinem Tod veröffentlicht. Der Hard-SF-Weltenentwurf mit teils planetengroßen Relikten einer längst untergegangenen außerirdischen Zivilisation ist klasse, Sheffield kann und will da seinen wissenschaftlichen Hintergrund als Mathematiker und Physiker nicht verleugnen. Seine Figuren wirken nicht immer ähnlich ausgefeilt, trotzdem ist der Roman unterm Strich eine spannende Angelegenheit und macht Lust, mit „Die Reliktjäger“ bald den nächsten Teil folgen zu lassen.
Andreas Brandhorst - Ewiges Leben (Piper, 2018)
Vor Kurzem habe ich in meinem Kommentar zu „Die Tiefe der Zeit“ noch erwähnt, dass ich mit Andreas Brandhorsts Thrillern (konkret mit „Erwachen“ in diesem Fall) nicht so recht warm werde. Prompt widerlegt mich der Autor, was mich dann doch ehrlich freut. „Ewiges Leben“ hat mir deutlich besser gefallen als „Erwachen“, sprachlich und inhaltlich. Die Figuren wirken lebendiger und „echter“, die Handlung spannender - ein Roman, der mich ausgesprochen positiv überrascht hat. Gerne mehr davon.
Dirk van den Boom - Canopus - Der Kalte Krieg 1 (Atlantis, 2018)
Auftakt zu einem Dreiteiler, bei dem ich mich nicht gedulden konnte, bis zum Erscheinen des dritten Bands zu warten. Vermutlich werde ich das bereuen, denn angesichts der Vielzahl an Figuren werde ich mich vermutlich schwer tun, den Überblick zu behalten, wenn der Abschlussroman nächstes Jahr (?) erscheint. Denn: Teil zwei werde ich definitiv nicht so lange liegen lassen, dafür ist „Canopus“ zu spannend gewesen und es wird am Ende auch vieles schön zusammengeführt, sodass ich einfach weiterlesen muss ...
Andreas Eschbach - Perry Rhodan - Das größte Abenteuer (Fischer Tor, 2019)
Noch ein Buch, das mir richtig Spaß gemacht hat. Nicht, weil es furchtbar innovativ wäre, das ist es nicht. Sondern weil Andreas Eschbach das einfach gut gemacht hat. Er verknüpft Teile der realen neueren amerikanischen Geschichte, vor allem aber der Raumfahrtgeschichte mit dem fiktiven Leben Perry Rhodans - und es ist dann doch irgendwie überraschend, wie wenig er die Wahrheit manipulieren muss, um sie der 1961 (acht Jahre vor Apollo 11, zehn vor der Stardust) von K.H. Scheer und Clark Darlton ersonnenen Serienhandlung anzupassen. Zwar kein mega-spannender Roman, aber definitiv auch kein trockenes Geschichtsbuch: wie gesagt, richtig gut gemacht, schön geschrieben, gut zu lesen. Am Ende weckt das tatsächlich Lust, die frühe Geschichte der „Dritten Macht“ noch mal in den Originalen von Scheer, Darlton, Mahr & Co. nachzulesen.
H.J. Alpers - Kopernikus 2 (Moewig, 1981)
Grundsätzlich gilt: Ich liebe diese alten Anthologien aus den siebziger und achtziger Jahren und entdecke darin immer wieder viele, viele lesenswerte Storys und Erzählungen. Im konkreten Fall entpuppt sich „Kopernikus 2“ (die Reihe hat es zwischen 1980 und 1986 auf 15 Bände gebracht, die ich längst nicht alle gelesen habe) allerdings als eher unterdurchschnittliche Sammlung. Höhepunkt ist „Die Expedition der Nachtfee“ (Nightflyers) von George R.R. Martin in der kürzeren Fassung von 1980. Vor Ewigkeiten mal auf Englisch, jetzt erstmals auf Deutsch macht die Kurznovelle Lust, auch die längere Version mal noch nachzuziehen. Schade, dass die TV-Version (SyFy, 2019) der Story nicht annähernd das Wasser reichen kann - die Zutaten sind da, man hätte sie vernünftig zusammenrühren müssen, vielleicht auch nicht in zehn, sondern eher nur in vier oder fünf Folgen. „Nightflyers“ reißt diese Anthologie also heraus, daneben sind auch „Die Gebote des Hagakure“ (Time and Hagakure) von Steven Utley und „Die Brille des Jorge Luis Borges“ (The Spectacles of Jorge Luis Borges) von Arthur Jean Cox gut zu lesen. Der Rest schwankt zwischen albern - „Der Mann, der nicht fernsehen durfte“ (Invisible Stripes) von Ron Goulart - schwerfällig - „Drachenzähne“ (Dragon's Teeth) von Karl Hansen - und dämlich - „Dickschädel“ (Stubborn) von Stephen Goldin. Völlig aus der Zeit gefallen kommt dann ein Interview daher, dass Darrell Schweitzer mit Clifford D. Simak (1904-1988) geführt hat. Der wusste es damals natürlich nicht besser, sinniert aber unter anderem darüber, dass es heutzutage (also 1980, als das Interview für die Februar-Ausgabe von Amazing geführt wurde) „keine zwei großen Religionen“ mehr gebe, „die sich gegenseitig zerfleischen“ und dass wir „mittlerweile vielleicht den Mitgliedern unserer eigenen Rasse gegenüber etwas zivilisierter geworden“ seien. Tja †¦ Der Grund dafür, so Mr. Simak, „liegt im Zeitalter hochentwickelter Technologien“. Hm †¦ Was er und der Interviewer dann zum Thema SF-Filme loslassen („Star Wars“!) ist aus heutiger Sicht geradezu köstlich.
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