Wolfgang Hohlbein : Thor
Lübbe-Verlag 2010, 736 Seiten
Hardcover
Ein Mann erwacht in einem tobenden Schneesturm. Er weiss nicht, wo er ist, erinnert sich nicht an seinen Namen. Umgeben von reißenden Wölfen kämpft er um sein Leben. Bis der Fenriswolf auftaucht und ihn rettet. Fenrir scheint ihn auch zu kennen und er, der noch namenlose Protagonist, kennt Fenrir - irgendwie. Auf der Suche nach einem Unterschlupf trifft er eine Frau namens Urd, benannt nach der Norne der Vergangenheit. Zusammen mit ihren beiden Kindern erreichen sie ein geschütztes Tal namens Midgard.
In diesem Tal erinnert sich der Protagonist langsam daran, wer er ist. Nämlich der germanische Donnergott Thor. Zusammen mit den Menschen von Midgard kämpft er dann heroisch gegen das Böse und den fiesen Fimbulwinter ... So geht es einerseits nicht weiter. Andererseits aber doch. Irgendwie. In jedem Fall gelingt Wolfgang Hohlbein hier ein Verwirrspiel mit den Identitäten, das ich nur als gelungen bezeichnen kann. Niemand ist das, was er auf den ersten Blick zu sein scheint. Das Hohlbein die Protagonisten nur auf den ersten Blick als typisierte Klischees auftreten lässt, war das für mich ein sehr gelungener Aspekt des Buches. Jeder ist deutlich tiefer charakterisiert als der Typus, den er darstellt.
Eine weitere angenehme Erfahrung war die überlieferungsgetreue Schilderung der germanischen Szenerie und Protagonisten. Als Junge habe ich neben Odyssee und den griechischen Götter- und Heldensagen mir ebenfalls die deutschen und germanischen Götter- und Heldensagen mit Begeisterung reingezogen, später sogar einmal in der Edda geblättert. Und mit diesem Backgroundwissen fand ich es sehr schön, daß Hohlbein sich hier nah an das "Original" gehalten hat, ohne sich von diesem einengen zu lassen.
Auffallend fand ich auch die karge Charakterisierung der Protagonisten. Hohlbein ist nun nicht der Schriftsteller, der seitenlang das Innenleben seiner HeldInnen vor dem Leser ausbreitet. Tatsächlich wird in "Thor" alles aus der Perspektive des Hauptdarstellers erzählt, was die anderen Handlungsträger zunächst etwas blaß aussehen lässt. Doch im Laufe des Romans werden die anderen Protagonisten durch die Handlung immer plastischer, am Ende hat der geneigte Leser auch von allen Nebenfiguren ein ziemlich deutliches Bild. Dieses handlungsgetriebene Feeling empfinde ich auch als das herausragendste Merkmal dieses Romans, ich fühlte mich stark an Michael Moorcocks Corum erinnert.
Insgesamt ein spannender Roman, weitab vom Mainstream. Keine Zwerge, keine Elfen, keine Vampire. Ich habe Thor genossen und kann ihn nur weiterempfehlen.
Lübbe-Verlag 2010, 736 Seiten
Hardcover
Ein Mann erwacht in einem tobenden Schneesturm. Er weiss nicht, wo er ist, erinnert sich nicht an seinen Namen. Umgeben von reißenden Wölfen kämpft er um sein Leben. Bis der Fenriswolf auftaucht und ihn rettet. Fenrir scheint ihn auch zu kennen und er, der noch namenlose Protagonist, kennt Fenrir - irgendwie. Auf der Suche nach einem Unterschlupf trifft er eine Frau namens Urd, benannt nach der Norne der Vergangenheit. Zusammen mit ihren beiden Kindern erreichen sie ein geschütztes Tal namens Midgard.
In diesem Tal erinnert sich der Protagonist langsam daran, wer er ist. Nämlich der germanische Donnergott Thor. Zusammen mit den Menschen von Midgard kämpft er dann heroisch gegen das Böse und den fiesen Fimbulwinter ... So geht es einerseits nicht weiter. Andererseits aber doch. Irgendwie. In jedem Fall gelingt Wolfgang Hohlbein hier ein Verwirrspiel mit den Identitäten, das ich nur als gelungen bezeichnen kann. Niemand ist das, was er auf den ersten Blick zu sein scheint. Das Hohlbein die Protagonisten nur auf den ersten Blick als typisierte Klischees auftreten lässt, war das für mich ein sehr gelungener Aspekt des Buches. Jeder ist deutlich tiefer charakterisiert als der Typus, den er darstellt.
Eine weitere angenehme Erfahrung war die überlieferungsgetreue Schilderung der germanischen Szenerie und Protagonisten. Als Junge habe ich neben Odyssee und den griechischen Götter- und Heldensagen mir ebenfalls die deutschen und germanischen Götter- und Heldensagen mit Begeisterung reingezogen, später sogar einmal in der Edda geblättert. Und mit diesem Backgroundwissen fand ich es sehr schön, daß Hohlbein sich hier nah an das "Original" gehalten hat, ohne sich von diesem einengen zu lassen.
Auffallend fand ich auch die karge Charakterisierung der Protagonisten. Hohlbein ist nun nicht der Schriftsteller, der seitenlang das Innenleben seiner HeldInnen vor dem Leser ausbreitet. Tatsächlich wird in "Thor" alles aus der Perspektive des Hauptdarstellers erzählt, was die anderen Handlungsträger zunächst etwas blaß aussehen lässt. Doch im Laufe des Romans werden die anderen Protagonisten durch die Handlung immer plastischer, am Ende hat der geneigte Leser auch von allen Nebenfiguren ein ziemlich deutliches Bild. Dieses handlungsgetriebene Feeling empfinde ich auch als das herausragendste Merkmal dieses Romans, ich fühlte mich stark an Michael Moorcocks Corum erinnert.
Insgesamt ein spannender Roman, weitab vom Mainstream. Keine Zwerge, keine Elfen, keine Vampire. Ich habe Thor genossen und kann ihn nur weiterempfehlen.