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Übersetzungen - Wie nah bleibt ein Übersetzer am Original?


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35 Antworten in diesem Thema

#1 † Christian Weis

† Christian Weis

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Geschrieben 17 Februar 2010 - 17:59

Was mich interessiert: Wie nah bleibt ein Übersetzer am Original bzw. wie weit weicht er davon ab, wenn er an eine Schwachstelle (Begriff / Formulierung / Satzbau / inhaltlicher Fehler etc.) im Originaltext kommt. Würde mich freuen, wenn die Übersetzer hier im Forum mal ein wenig aus dem Nähkästchen plaudern würden.

Bearbeitet von ChristianW, 17 Februar 2010 - 18:00.


#2 Jakob

Jakob

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Geschrieben 17 Februar 2010 - 18:41

Was mich interessiert: Wie nah bleibt ein Übersetzer am Original bzw. wie weit weicht er davon ab, wenn er an eine Schwachstelle (Begriff / Formulierung / Satzbau / inhaltlicher Fehler etc.) im Originaltext kommt.

Würde mich freuen, wenn die Übersetzer hier im Forum mal ein wenig aus dem Nähkästchen plaudern würden.


Finde ich etwas schwierig, das so allgemein zu beantworten. Ich übersetze für Gewöhnlich Satz für Satz und überprüfe dann beim zweiten Durchgang die Anschlüsse und mögliche Wiederholungen im Text. es ist ja häufig so, dass Wortwiederholungen und unschöne Anschlüsse erst beim Übersetzen entstehen (mir fällt jetzt wieder nur das dumme beispiel mit "pork" und "pig", also "Schweinefleisch" und "Schwein" ein, und schon hast du auf deutsch eine störende Wortwiederholung drin ...). Und um die zu beheben, weicht man dann z.B. weiter vom Original ab, auch wenn das bei mir vor allem den Satzbau betrifft.
Andererseits: Satzbau übersetzt man ja eh nicht, sondern Sätze. Schon von Deutsch nach Englisch braucht man oft einen ganz anderen Satzbau, um das Gleiche auszudrücken (z.B. muss man viele Englische Passivsätze ins Aktiv sätzen, wenn man nicht megaumständliche Sätze bauen will. Dafür hat man in Deutsch das schöne, flexibel einsetzbare "man"). Ich will gar nicht erst wissen, wie das bei Russisch, Chinesisch oder Hebräisch ist ...

Und klar: Wenn ich finde, dass ein Satz im Original holperig klingt und es keinen guten Grund dafür gibt (z.B. einen inkompetenten Sprecher, eine parodistische Absicht ...), dann versuche ich natürlich nicht, auf Deutsch auch einen holprigen Satz hinzuschreiben, sondern nehme die eleganteste Formulierung, die mir einfällt.

Einmal habe ich auch schon eine inhaltliche Korrektur vorgenommen, da habe ich aber sehr mit mir gerungen. Letztlich waren damit aber alle glücklicher.
"If the ideology you read is invisible to you, it usually means that it’s your ideology, by and large."

R. Scott Bakker

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#3 simifilm

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Geschrieben 17 Februar 2010 - 18:59

Ich bin zwar kein Übersetzer, aber dennoch eine Verständnisfrage: geht es Dir nur vermeintliche Fehler des Originals oder generell um die Treue der Übersetzung? Denn was eine Schwäche ist, muss durchaus nicht immer eindeutig sein. Ich habe gerade Stendhals Le rouge et le noir beendet und da hatte es diesbezüglich interessante Anmerkungen zur Übersetzung: Stendhals Stil galt bei Erscheinen als unelegant, abrupt, brutal (Flaubert bezeichnete das Buch als "einfach schlecht geschrieben") und die deutschen Übersetzungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren alle um Glättungen bemüht und veränderten den Text teilweise recht stark. Dagegen ist die Übersetzerin der Ausgabe, die ich gelesen habe, der Ansicht, dass die Qualität von Stendhals Sprache gerade in dieser Abruptheit liegt, und war deshalb darum bemüht, diese wiederzugeben. Man sieht also: was als Schwäche wahrgenommen wird, kann sich durchaus ändern.

Ein ganz extremer Fall ist Joyce: Ulysses ist voll von Wortspielen, Sprachneuschöpfungen und anderen verrückten Dingen. Zugleich war Joyce aber anscheinend auch ein unsorgfältiger Schreiber und Korrekturleser, so dass an vielen Stellen nicht eindeutig ist, ob eine ungewöhnliche oder "falsche" Schreibweise gewollt oder nur das Ergebnis von Schlamperei ist.

Eine übersetzerische Grosstat, die derzeit bejubelt wird, ist Ulrich Blumenbachs Übertragung von David Foster Wallaces Infinite Jest. Zum Thema Originaltreue erwähnt diese Rezension ein interessantes Detail:

Hin und wieder nutzte er [Blumenbach] auch seine literarische Freiheit, etwa wenn ein irischer Immigrant vor seinen Anonymen Alkoholikerfreunden vom Glück des ersten festen Stuhlgangs schwärmt. Blumenbach übertrug die Beichte - nach einem ersten, misslungenen Versuch mit einem norddeutschen Slang - mit Hilfe eines Freundes ins Baseldeutsche: Das erste «richtig Wirschtli, gar nimme verspritzt» klingt und riecht jetzt tatsächlich «graad eso, als ob dr liebi Gott s gmacht haig».


Bearbeitet von simifilm, 17 Februar 2010 - 19:07.

Signatures sagen nie die Wahrheit.

Filmkritiken und anderes gibt es auf simifilm.ch.

Gedanken rund um Utopie und Film gibt's auf utopia2016.ch.

Alles Wissenswerte zur Utopie im nichtfiktionalen Film gibt es in diesem Buch, alles zum SF-Film in diesem Buch und alles zur literarischen Phantastik in diesem.
 

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#4 † Christian Weis

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Geschrieben 17 Februar 2010 - 19:04

Finde ich etwas schwierig, das so allgemein zu beantworten.

Pauschale Aussagen sind nicht möglich, schon klar. Aber du hast ja schon einige Verfahrensweisen genannt, auch Fallkonstellationen, wo du was änderst bzw. wie viel du dann änderst. So war es gedacht. ;)
Und besten Dank schon mal für die Einblicke!

überprüfe dann beim zweiten Durchgang die Anschlüsse und mögliche Wiederholungen im Text. es ist ja häufig so, dass Wortwiederholungen und unschöne Anschlüsse erst beim Übersetzen entstehen

Und wie verfährst du, wenn schon das Original vor Wiederholungen strotzt? Belässt du es dann bei den Wiederholungen (und gibst so den Stil den Autors möglichst originalgetreu wieder) oder wählst du bewusst ein anderes Wort, wenn es ein passendes gibt?

Andererseits: Satzbau übersetzt man ja eh nicht, sondern Sätze. Schon von Deutsch nach Englisch braucht man oft einen ganz anderen Satzbau, um das Gleiche auszudrücken

Wenn du schwer lesbare bzw. schwer verständliche Endlossätze vorfindest - machst du dann auch schon mal zwei Sätze daraus?

Einmal habe ich auch schon eine inhaltliche Korrektur vorgenommen, da habe ich aber sehr mit mir gerungen. Letztlich waren damit aber alle glücklicher.

Ah ja, das heißt also, wenn ein grober Schnitzer drin ist, bügelst du ihn notfalls aus. Wenn du sagst, damit waren alle glücklicher - hast du das dann mit dem Autor und dem Verlag abgestimmt?

#5 † Christian Weis

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Geschrieben 17 Februar 2010 - 19:11

Ich bin zwar kein Übersetzer, aber dennoch eine Verständnisfrage: geht es Dir nur vermeintliche Fehler des Originals oder generell um die Treue der Übersetzung?

Beides - mich interessiert einfach, wie Übersetzer vorgehen, wie intensiv sie am Originaltext bleiben oder wie weit sie sich auch mal davon entfernen, wenn sie es für richtig halten.

Mir ist klar, dass es dazu keine allgemeingültigen Aussagen geben kann, und vermutlich hat jeder Übersetzer seine eigene Verfahrensweise.

waren alle um Glättungen bemüht und veränderten den Text teilweise recht stark.

Interessant wäre hier z. B. auch, inwieweit Verlage Vorgaben machen - wollen die Verlage, dass die Übersetzung möglichst originalgetreu vorgenommen wird oder geht es ihnen vornehmlich um leichte/gute Lesbarkeit (wird dann möglicherweise einschwerer verdaulicher Text vereinfacht)?

#6 Joe Chip

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Geschrieben 17 Februar 2010 - 19:26

Super Thread - endlich mal was Sinnvolles! wir haben zB bei der Cortázar Erzählung Fantomas einen Schreibfehler korrigiert und nicht grossartig ein Tratra daraus gemacht Im Original ist ein Schreibfehler - Cortázar schrieb die Zeitung "Vorwärts" falsch - dort stand "Vorwärst" wir entschieden uns für die Korrektur 2. Möglichkeit wäre Vorwärst (SIC) gewesen - aber es ging aus der Erzählung klar heraus dass es nur ein Tippfehler war und keinen Sinn ergibt ---- weiters - ein schöner Übersetzungsfehler - in Sachen wörtlich Übersetzen ich las erst kürlich in einem aus dem Englischen übersetzten Buch "französischer Champagner" vermutlich für "french champagne" nur dass das nur im E eine Rolle spielt wo der her kommt auf Deutsch ist der immer aus der Champagne in F also hätte man mit "echtem Champagner" übersetzen können -------- Gerücht: Ephraim Kishons Werk ist (so hörte ich) nur aus dem Grund so ein Knüller bei uns weil es von Friedrich Torberg (Der Schüler Gerber) in der Übersetzung "zurecht geschliffen" wurde. -------------------- Kurt Vonnegut und Harry Rowohlt Hier ist für mich interessant dass HR angeblich der beste Vonegut Übersetzer ist nun ja - ich lass ca 50% von Vonnegut Werk - von (ich glaube) 5-6 verschiedenen Übersetzern: Kein Unterschied ------------ ich glaube es is wichtiger die Stimmung eines Satzes / Absatzes rüberzubringen als diese unter Umständen durch eine wort für Wort Übersetzung unterm Tisch fallen zu lassen --- ein echt wichtiges Thema Joe PS: noch zum Schluss - ich finde auch gut dass den Übersetzern endlich mehr Ehre und Respekt gegenüber deren Arbeit zu gute kommt - das war schon sehr notwendig

Bearbeitet von Joe Chip, 17 Februar 2010 - 19:30.

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#7 Jakob

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Geschrieben 18 Februar 2010 - 12:17

Und wie verfährst du, wenn schon das Original vor Wiederholungen strotzt? Belässt du es dann bei den Wiederholungen (und gibst so den Stil den Autors möglichst originalgetreu wieder) oder wählst du bewusst ein anderes Wort, wenn es ein passendes gibt?


Das hängt natürlich sehr von meiner Einschätzung des Buchs ab - wenn ich das Gefühl habe, dass im Original einfach nur hastig gearbeitet wurde und das Lektorat geschludert hat, dann glätte ich. Wenn ich den Verdacht habe, dass das vielleicht seinen Sinn hat, bleibe ich vorsichtshalber lieber mitsamt Wiederholungen dicht am Original.
Insgesamt stören viele Wiederholungen auf Englisch aber nicht so, weil die Sprache eher zu Kurzformen und lautlichen Reduzierungen neigt, während in Deutsch ja nur sehr wenig reduziert wird. D.h. auf deutsch fällt es viel mehr auf, wenn 3x "hatte" in einem Satz steht.

Wenn du schwer lesbare bzw. schwer verständliche Endlossätze vorfindest - machst du dann auch schon mal zwei Sätze daraus?


Englische Endlossätze sind wegen der unterschiedlichen Verbstellung tendenziell viel leichter Verständlich. Auf deutsch hast du diese ärgerliche Endstellung des finiten Verbs, die dem Satz eine Klammer gibt, ihn aber dafür erst am Ende "auflöst". Auf Englisch kann man viel leichter Teilsätze als Sinneinheiten einfach hintereinander reihen, auf Deutsch werden die Sinneinheiten meistens erst am Satzende geschlossen. Es gibt also Bandwurmsätze, die auf englisch immer noch hervorragend verständlich sind, auf Deutsch dagegen unlesbar. Dann muss man schon mal trennen - andernfalls läuft man Gefahr, ein völlig unidiomatisches und unelegantes Deutsch zu produzieren, indem man komische Und-Reihungen produziert.

Ah ja, das heißt also, wenn ein grober Schnitzer drin ist, bügelst du ihn notfalls aus. Wenn du sagst, damit waren alle glücklicher - hast du das dann mit dem Autor und dem Verlag abgestimmt?


Ich hatte keinen direkten Autorenkontakt, also habe ich das mit dem Lektorat und dem Verlag abgeklärt - ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob die sich an den Autor gewandt haben.
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R. Scott Bakker

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#8 Lucardus

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Geschrieben 18 Februar 2010 - 16:56

Eine über weite Strecken ziemlich interessante Abhandlung über das Übersetzen gibt es von Umberto
Eco. Allerdings zitiert er naturgemäß viel aus dem Italienischen und verwandten Sprachen, so dass
man dort eigentlich nur "aha" sagen kann und weiter blättert. Trotzdem sehr empfehlenswert.

Er gibt einiges von den Problemen wieder, die ein Übersetzer zu bewältigen hat und er zeigt
anhand vieler Vergleiche bei den Übersetzungen seiner eigenen Werke, wie unterschiedlich
diese in verschiedene Sprachen übertragen werden. Als normaler Leser käme man nicht im Leben
darauf, welche Hürden ein Übersetzer zuweilen erstürmen muss.

http://www.dtv.de/bu...rten_34556.html

Wer dieses Buch gelesen hat, wird wahrscheinlich nie mehr ohne schlechtes Gewissen
leichtfertig von einer schlechten Übersetzung reden.

Übrigens besudelt sich Gene Wolfe (oder der Verlag) in seinem Book of Days nicht
gerade mit sorgfältig recherchierten deutschen Worten: "Stutzkampfbomber" und
"Oberursel Worke" sind nur zwei Beispiele für "Tippfehler". Das würde man im Original
als Übersetzer natürlich beheben, wobei natürlich deutsche Einschübe in
einer deutschen Übersetzung gar nicht mehr auffallen. ;)
Goodreads: Ich lese gerade" (sorry, nur für "Mitglieder" sichtbar)
Wer mal reinschauen will: http://www.goodreads.com/

#9 † Christian Weis

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Geschrieben 17 April 2010 - 09:01

Als normaler Leser käme man nicht im Leben
darauf, welche Hürden ein Übersetzer zuweilen erstürmen muss.

Stimmt, und wie weiter oben schon angemerkt, könnten die Leistungen der Übersetzer durchaus mehr gewürdigt werden - ebenso wie die der Lektoren übrigens. ;)

#10 derbenutzer

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Geschrieben 14 Oktober 2014 - 02:30

Was mich (unter vielen anderen Dingen) beim Handwerk des Übersetzen interessiert, ist: Wie frei darf/soll man sprachlich mit bestimmten Vergleichen umgehen, die von der Formulierung her sehr intensive Bezüge zu der Kultur eines Landes haben? 

 

Damit meine ich (nur ein Beispiel) Redensarten, Phrasen, Beschreibungen, die eine Person der Handlung mit einer prominenten Person der "wirklichen" Welt oder einer fiktiven Figur (aus Literatur, Medien aller Arten) vergleichen.

 

Problem: Der Bekanntheitsgrad einer Person kann sehr wohl ein lokales Phänomen sein.

 

Zur Verdeutlichung:

 

In James Morrows Roman Das Gottesmahl (Towing Jehovah) wird (ziemlich am Anfang des Kapitels "Sturm") eine der Personen der Handlung in der deutschen Übersetzung so vorgestellt:

 

"... Lou Chickering, sein Maschinenassistent, ist ein gutaussehender, blonder Schauspieler - unser Thomas Gottschalk der Meere ..."

 

Im Original: "

 

"... blond and handsome first assistant engineer - our very own Billy Budd ..."

 

Wohlgemerkt: mir geht es hier absolut nicht um das Zerpflücken einer spezifischen Übersetzung (die deutsche von Horst Pukallus liest sich prima!), sondern nur um die Behandlung solcher Textteile beim Übersetzen.

 

Im Beispiel kann man sich die geschilderte Figur in der deutschen Fassung zwar sofort vorstellen, allerdings wird man schon etwas aus der Illusion (Willentliche Aussetzung der Ungläubigkeit etc ...) gerissen, wenn der Ich-Erzähler ein Amerikaner an Bord eines US-Supertankers ist.

 

Wie geht man am besten mit so etwas um? Anmerkung (Fußnote) im Text? Ganz frei übersetzen? 

 

(Anm.: Billy Budd ist die titelgebende Hauptfigur in einem Roman von Herman Melville) 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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#11 lapismont

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Geschrieben 14 Oktober 2014 - 06:28

Auch für Muttersprachler dürfte Billy Budd und sein Aussehen weitgehend unbekannt sein. Ich merke mir die Haarfarbe von Figuren eigentlich nie.

 

Aber ein Vergleich mit Thomas Gottschalk tut weh. Wenn es wenigstens eine vergleichbare literarische Figur gewesen wäre. Thomas Gottschalk steht ja für sehr viele Dinge. Genialer Radio-Moderator, frischer Wind im ZDF, Dauernerver, Reißer dummer Witze, Improvisationstalent, Dödelfilmschausspieler und Supernase, Familienvater, Werbeträger etc.

 

So viele verschiedene Dinge und bestimmt hat jeder von uns eine oder mehrere Komponenten des Menschen Thomas Gottschalk, mit der er ihn am ehesten verbindet.

Eine Figur wie Billy Budd steht aber genau für eine Konstellation.


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#12 Valerie J. Long

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Geschrieben 14 Oktober 2014 - 07:14

Mir begegnen solche Situationen zum Glück selten, aber bei der Übersetzung kommt es mir dann vor allem darauf an, welche Wirkung die Worte beim Leser erzeugen sollen, welche Assoziationen ich anstoßen möchte. Darin liegt die Werktreue, nicht in der möglichst wörtlichen Übersetzung.

 

Besser wäre natürlich, schon beim Schreiben auf zu speziellen Lokalkolorit zu verzichten, wenn ich einen internationalen Markt anstrebe, aber diesen Filter im Kopf mag ich eigentlich nicht installieren.



#13 Pogopuschel

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Geschrieben 14 Oktober 2014 - 10:36

Mich hat es als Kind schon gestört, wenn bei "Alf" oder Al Bundy von Thomas Gottschalk oder Dieter Thomas Heck die Rede ware. Ich finde, so etwas geht gar nicht. Da fragt man sich doch sofort, woher zum Teufel kennen die Amis den Gottschalk. Und es passt ja auch inhaltlich vermutlich nicht. Da Billy Budd ja gar kein Showmaster ist. Deutsche Namen einsetzen macht man inzwischen auch nicht mehr bei Übersetzungen. Bei Redewendungen usw. kann man sich durchaus etwas Deutsches einfallen lassen (wenn es nicht zu lokalspezifisch ist), aber Namen sollten meiner Meinung nach bleiben. Wenn der Leser wissen will, wer das ist, kann er ihn ja schnell googeln und hat dann noch etwas gelernt. Ist doch super, wenn man auf die Art noch etwas über die Kultur eines anderen Landes lernt.



#14 Valerie J. Long

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Geschrieben 14 Oktober 2014 - 13:10

Je nach Situation kann man sich ja durchaus mal Anspielungen auf Clinton und Lewinsky erlauben. Das wird auf beiden Seiten des Teichs verstanden. Nur so als Beispiel. :bighlaugh:



#15 yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 14 Oktober 2014 - 13:18

Wenn der Leser wissen will, wer das ist, kann er ihn ja schnell googeln

Bei Alf damals ging das aber nicht. Da gab's Google noch nicht, kann ich bezeugen. ;)


/KB

Yay! Fantasy-Reimerei Mitte August...
[..] Verzweiflung beschlich sie im Stillen.

Da ergriff eins der kleinsten das Wort:

"Wenn sich all unsere Wünsche erfüllen,

dann wünschen wir einfach mit Willen

die Wünsche-Erfüllung fort!"

Sie befolgten den Rat und von Stund an war

wieder spannend das Leben und heiter.

Die Kinder war'n froh wie vor Tag und Jahr

und vielleicht gar ein wenig gescheiter.

(BewohnerInnen der Stadt der Kinder, aus der "Geschichte vom Wunsch aller Wünsche", aus Die Zauberschule & andere Geschichten, Neuauflage im Thienemann-Verlag, S. 93, von Ende)


#16 Pogopuschel

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Geschrieben 14 Oktober 2014 - 13:38

Je nach Situation kann man sich ja durchaus mal Anspielungen auf Clinton und Lewinsky erlauben. Das wird auf beiden Seiten des Teichs verstanden. Nur so als Beispiel. :bighlaugh:

 

Eventuell könnte man einen anderen amerikanischen Namen wählen, den hiesige Leser eher kennen.

Bei Alf damals ging das aber nicht. Da gab's Google noch nicht, kann ich bezeugen. ;)

 

Nee, aber ich fand es auch damals schon grausam, dass Lynn nach ihrem Schulabschluss! trotzdem noch aufs "Internat" musste. ;)



#17 †  a3kHH

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Geschrieben 18 Oktober 2014 - 16:38

Deutsche Namen einsetzen macht man inzwischen auch nicht mehr bei Übersetzungen.

Was durchaus nicht richtig sein muß. Siehe dazu etwa die Phule-Romane von Asprin.



#18 Pogopuschel

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Geschrieben 18 Oktober 2014 - 23:29

Was durchaus nicht richtig sein muß. Siehe dazu etwa die Phule-Romane von Asprin.

 

Kommen denn da Namen von realen Prominenten vor? Bei sprechenden Namen (in einer Fantasywelt oder einem fiktiven Universum) ist das natürlich was anderes. Bilbo Beggins würde ich auch heute noch als Bilbo Beutlin machen.



#19 lapismont

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Geschrieben 18 Oktober 2014 - 23:33

Kommen denn da Namen von realen Prominenten vor? Bei sprechenden Namen (in einer Fantasywelt oder einem fiktiven Universum) ist das natürlich was anderes. Bilbo Beggins würde ich auch heute noch als Bilbo Beutlin machen.

Das ist etwas, was über Handwerk hinausgeht. Meine Frau hat sich gerade beschwert, dass in der deutschen Übersetung des neuen Gabaldon-Bandes, eine gälische Anrede übersetzt wurde und jede Frau mit "mein Herz" angeredet wird. Was in den vorherigen Bänden bisher, zu Recht, meint sie, unterlassen wurde. Das wäre so, als wenn wir Madame aus jeden französischen Roman in Meine Dame ummünzen würden.

Bearbeitet von lapismont, 18 Oktober 2014 - 23:35.

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#20 derbenutzer

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Geschrieben 19 Oktober 2014 - 00:58

Alfred wird die Sache schon aufklären.

 

Allerdings könnte ein Wortspiel mit "Phule" und "Fool" gemeint sein, das unmöglich wortwörtlich zu übersetzen ist

 

Die Leseprobe:

 

http://www.amazon.co...n/dp/044166251X

 

S. 7 f.

 

Die deutsche Übersetzung hat leider keine Leseprobe. Aber es sticht gleich bei der ersten Rezension ein merkwürdiger Name hervor: "Willard Narrisch". Jede Wette: Das ist nie und nimmer aus der Originalfassung

 

http://www.amazon.de...n/dp/3404231147

 

Kann natürlich sein, dass ich vollkommen daneben liege. Wenn ja, bitte um Nachsicht ... :)


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#21 Valerie J. Long

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Geschrieben 19 Oktober 2014 - 11:23

Bei Phule musste ich grübeln, bei Narrisch hat's Klick gemacht. Ach die!



#22 †  a3kHH

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Geschrieben 19 Oktober 2014 - 11:36

Genau die.

Das amerikanische Wortspiel Phule / Fool wurde im Deutschen mit Narrisch / Narr übersetzt. Die Legionsnamen wurden dann ebenso elegant mit Joker & Scaramouche übersetzt.

Ebenso wie die Sackville-Bagginses als Sackheim-Beutlins bezeichnet wurden.

Es ist also nicht unbedingt immer richtig, die Originalnamen unübersetzt stehen zu lassen. Wirklich gute Übersetzer vermeiden zwar so etwas wie Billy Budd --> Thomas Gottschalk, versuchen aber trotzdem, die Namen "ins Deutsche" zu übersetzen, soweit es machbar ist.



#23 derbenutzer

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Geschrieben 19 Oktober 2014 - 12:05

Alles klar, Danke Alfred.

 

Vielleicht stellen humoristische Texte besondere Anforderungen an den Übersetzer. Ich nehme an, dass dabei kleinere Schnitzer schlimmere Auswirkungen haben, als das bei meinetwegen einen 08/15-Action-Roman der Fall ist ...

 

Off topic: Sind diese Phule-Romane von Asprin eher Brachialhumor oder (evtl. geistreich) witzig?

 

LG

 

Jakob


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#24 Pirx

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Geschrieben 19 Oktober 2014 - 14:37

Kommen denn da Namen von realen Prominenten vor? Bei sprechenden Namen (in einer Fantasywelt oder einem fiktiven Universum) ist das natürlich was anderes. Bilbo Beggins würde ich auch heute noch als Bilbo Beutlin machen.

 

Dann begrüßt du wahrscheinlich auch die (äußerst) umstrittene Neuübersetzung von "Das Lied von Eis und Feuer", oder? Ich persönlich finde es nur insofern unglücklich, als dass meine Erstbegegnung mit Westeros noch mit der alten Übersetzung statt gefunden hat. 


Gruß

Pirx
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#25 Pogopuschel

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Geschrieben 19 Oktober 2014 - 14:45

Dann begrüßt du wahrscheinlich auch die (äußerst) umstrittene Neuübersetzung von "Das Lied von Eis und Feuer", oder? Ich persönlich finde es nur insofern unglücklich, als dass meine Erstbegegnung mit Westeros noch mit der alten Übersetzung statt gefunden hat. 

 

Die Namen hätten von Anfang an eingedeutscht werden sollen. Da ist man damals inkonsequent gemacht geworden. Leider auch bei der Neuüberarbeitung, die wohl sehr auf die Schnelle und überstürzt geschehen sein soll (wie ich hörte).

 

Da ich den ersten Roman von "Das Lied von Eis und Feuer" in deutschen Fassung als Teenager gelesen, konnte ich mich auch nicht an die nachträgliche Änderung gewöhnen und bin deshalb auf die englische Fassung umgestiegen.



#26 derbenutzer

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Geschrieben 19 Oktober 2014 - 15:14

Da Ihr schon Fantasy-Ziegel ansprecht. ;)

 

Da gab es ja bei einem Werk mit dem Titel "The Lord of the Rings" auch eine heftige Diskussion ... wegen einer Neuübersetzung ... :wub:

Welche Fassung ist da besser? 

 

 

LG

 

Jakob


Austriae Est Imperare Orbi Universo


#27 Gen. Bully

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Geschrieben 19 Oktober 2014 - 16:02

Leider auch bei der Neuüberarbeitung, die wohl sehr auf die Schnelle und überstürzt geschehen sein soll (wie ich hörte).

Hm, ich kenne jetzt die englischen Fassungen nicht, da halten sich meine Englischkenntnisse doch zu sehr in Grenzen, aber die Eindeutschungen finde ich jetzt nicht schlimm und im großen und ganzen auch stimmig. Aber der Lektor gehört gesteinigt. Was da in manchen Bänden für Wortverstümmelungen, falsche Wörter und Rechtschreibfehler drin sind geht auf keine Kuhhaut.

Bearbeitet von Gen. Bully, 19 Oktober 2014 - 16:04.
Der Editor spinnt total *Zorn*

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Geschrieben 19 Oktober 2014 - 20:44

Off topic: Sind diese Phule-Romane von Asprin eher Brachialhumor oder (evtl. geistreich) witzig?

Witzige, machmal auch nicht unintelligente MilSF : http://a3khh.blogspo...s-kompanie.html

#29 derbenutzer

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Geschrieben 19 Oktober 2014 - 21:12

Witzige, machmal auch nicht unintelligente MilSF : http://a3khh.blogspo...s-kompanie.html

Vielen Dank für die Info, ich muss mir mal den ersten Band besorgen ...

 

LG

 

Jakob


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#30 Valerie J. Long

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Geschrieben 19 Oktober 2014 - 21:47

@Bully: Deshalb lese ich gern im Original...


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