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Sascha Mamczak


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16 Antworten in diesem Thema

#1 Dave

Dave

    Hamannaut

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Geschrieben 06 Oktober 2002 - 17:36

Seit 1960 läuft das SF-Programm des Heyne Verlags, mit etwa 3000 Titeln die größte europäische SF-Reihe. Herausgeber und Lektor dieses Programms ist seit dem Ausscheiden von Wolfgang Jeschke im Januar 2002 Sascha Mamczak (geb. 1970) - was ist seine Lieblingsdefinition für Science Fiction?

"Science Fiction ist nicht nur Laserschwertgerassel"

Mamczak dazu pragmatisch: "Science Fiction ist das, wo Science Fiction draufsteht. Literaturwissenschaftlich ambitionierter ist allerdings wohl die Definition von Christopher Priest: Science Fiction ist die Literatur des visionären Realismus - was übrigens nicht nur eine Definition ist, sondern auch eine programmatische Erklärung." Und warum sollte man SF lesen? "Weil man dort Themen und literarische Herangehensweisen entdecken kann, von denen sich die gutbürgerliche Literatur längst verabschiedet hat: der Einfluss der Naturwissenschaften auf die Gesellschaft, die Ökologie, der Blick auf - räumlich wie zeitlich - größere Zusammenhänge, die Art und Weise, wie wir auf dieser Welt eigentlich zusammenleben wollen."

Gesellschaft und Ökologie - das sind nun nicht unbedingt die zentralen Themen der kommerziell erfolgreichsten SF-Produkte der letzten Jahrzehnte, von "Star Trek" und "Star Wars". Wo finden sich diese Motive also - wo findet sich diese spannendere SF? "Neben den Klassikern (zu denen man inzwischen ja schon William Gibson und Iain M. Banks zählen muss) würde ich derzeit ganz besonders Ken MacLeod, Connie Willis und Robert Charles Wilson empfehlen. Und wer Philip K. Dick nicht gelesen hat, hat etwas versäumt. Science Fiction ist eben nicht nur Laserschwertgerassel." Das Heyne-Programm widmet sich überwiegend der englischsprachigen SF-Literatur, aber auch deutsche Autoren sind zunehmend von Interesse - besonders populär ist derzeit Andreas Eschbach. Mamczak über seine Pläne bei Heyne: "Wir wollen neben den Serientiteln weiterhin ganz gezielt herausragende junge Autoren aufbauen und fördern und gleichzeitig die klassischen SF-Meister pflegen. Neu ist dabei vielleicht die Art der Präsentation - so nämlich, dass auch jemand zugreifen kann, der gegenüber Texten, in denen womöglich Raumschiffe vorkommen könnten, eine grundsätzliche Skepsis pflegt."

...

Hartmut Kasper, Kontakt: autor@unicum.de



#2 smuf

smuf

    Limonaut

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Geschrieben 07 Oktober 2002 - 18:26

Ein schönes Interview mit Mamczak ist übrigens im neuen PHANTASTISCH! No.8 zu lesen. Übrigens ein Heft wie ich mir ein vernünftiges SF-Magazin vorstelle. Hoffentlich halten die durch.Gruzz,smuf

#3 Holger

Holger

    Temponaut

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Geschrieben 08 Oktober 2002 - 18:26

Wir wollen neben den Serientiteln weiterhin ganz gezielt herausragende junge Autoren aufbauen und fördern ...

Diese Aussage möchte ich doch stark in Zweifel stellen. Bis jetzt ist nichts davon zu spüren, dass man bemüht ist junge Autoren zu fördern. Es sei denn, man geht von den Superstars der anglo-amerikanischen SF aus  :conf:

Neu ist dabei vielleicht die Art der Präsentation - so nämlich, dass auch jemand zugreifen kann, der gegenüber Texten, in denen womöglich Raumschiffe vorkommen könnten, eine grundsätzliche Skepsis pflegt.

Dieses Bemühen ist mir bereits positiv ins Auge gestochen. Ein lohnenswerter Versuch, der vielleicht sogar die Verkaufszahlen ein wenig anleiern könnte. @Dave: Wo hast Du das Interview gefunden?
"Rezensionen: eine Art von Kinderkrankheit, die die neugeborenen Bücher befällt."
(Georg Christoph Lichtenberg)

#4 Dave

Dave

    Hamannaut

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Geschrieben 08 Oktober 2002 - 21:06

Mamczek meint, es ist ein guter Zeitpunkt für Nachwuchsautoren, und sie sollen ihre Sachen mal vorlegen. Klingt doch gut. Mal sehen, was passiert. Seine favorisierten Autoren sagen mir aber nicht so zu. Wenn Banks und McLeod die neue Marschrichtung angeben, dann gute Nacht. Ich bin eben altmodisch und mag Raumschiffe... Hier noch die ganze Story http://www.unicum.de.../lit6-10-02.htm

#5 Holger

Holger

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Geschrieben 09 Oktober 2002 - 10:56

Danke für den Link. Der Text gefällt mir sehr gut und die Fußnoten Mamczaks in Bezug auf "Marktlücke" und Autorenermutigung lassen Hoffnung aufkeimen.In Bezug auf den Argumente-Verlag ist mir wieder eingefallen, dass ich unbedingt einmal was von Hammerschmitt lesen wollte ... Ich finde bloß, dass die Roman des Argumente-Verlags für TB deutlich zu teuer sind. Da stimmt das Preis/Leistungs-Verhältnis nicht so recht.Ansonsten gibt Laudan interessante Lesetipps. Autoren und Romane, die mir gänzlich unbekannt sind. Das ist niederschmetternd und gleichzeitig Hoffnung erweckend, zeigt es doch, dass ich in der SF im Prinzip bis jetzt nur an der kommerziellen Oberfläche kratze.
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#6 Robert Kerber

Robert Kerber

    Ufonaut

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Geschrieben 09 Oktober 2002 - 12:29

Holger -
Bezüglich des Preisarguments: Je kleiner der Verlag und/oder die Auflage, desto knapper muss das Einnahme-/Ausgabe-Verhältnis kalkuliert werden. Ich veröffentliche Mitte/Ende dieses Monats ein Buch im Selbstverlag, das bei 120 Seiten ca. 12 Euro kosten wird (im günstigen Fall etwas darunter). Das mag horrend erscheinen, aber berücksichtige Posten wie

†¢ Lektorat
†¢ Korrektorat
†¢ Recherche über Agentur (oder Juristen), ob der Buchtitel ("Das ganzheitliche System") noch nicht reserviert ist
†¢ Reservierung des Buchtitels über Anzeigen in der Fachpresse
†¢ Erwerb einer ISDN-Nummer
†¢ Eintragung beim "Verzeichnis lieferbarer Bücher"
†¢ Druckvorstufe (Satz etc., die ich als Layouter gottlob selbst übernehmen konnte)
†¢ Proof (farbverbindlicher Probe-Andruck des Titels)
†¢ Druck, Bindung etc.
†¢ Werbemittel (z.B. Postkarten)
†¢ Pflichtexemplare an Bibliotheken, Rezensionsexemplare an Magazine (wiegen schwer bei einer Auflage von 350 Stück)
†¢ Versand (wird in der Regel vom Verlag getragen)
†¢ Marge (Buchhändler verlangen i.d.R. 40% Nachlass vom Verkaufspreis, Grossisten wie Libri, KNO, Amazon 50%! Wegen der gesetzlichen Buchpreisbindung ist es nicht gestattet, Direktbestellern einen Nachlass zu gewähren - was schnell deutlich macht, wer von dieser Regelung in erster Linie profitiert, die Grossisten nämlich, die auch am lautesten nach dieser Novellierung geschrien haben!)

Nicht zu reden von der Zeit, die man allein in die Produktionsvorbereitung steckt. (Und Fremdautoren wollen, was wenig überraschend kommt, ein Honorar.)

Ich will kein Gejammer anstimmen - die Verlegerarbeit, gerade am eigenen Buch, macht auch Spaß, aber die Kosten sind ein nicht enden wollender Rattenschwanz. Übrigens bin ich trotz der Preise dankbar für Verlage wie Argument, Edition Phantasia etc. - sonst gäbe es womöglich eines Tages nur noch Terry Pratchett-Romane auf dem Markt.

Robert Kerber
www.das-ganzheitliche-system.de

#7 Holger

Holger

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Geschrieben 09 Oktober 2002 - 13:59

Hallo Robert!Du hast natürlich recht. Auf der einen Seite beschwere ich mich über die Uniformität des Marktes der von anglo-amerikanischen Starautoren und einem übermächtigen Verlag überschwemmt ist. Auf der anderen Seite mangelt es an Bereitschaft, kleinere Verlage, bzw. heimische Autoren durch zwangsläufig höhere Preise zu unterstützen.Werde mal über meinen ersten Eindruck in Bezug auf Preis/Leistung nachdenken müssen. Der höhere Preis ist wohl eher als eine Investition in die Nachhaltigkeit heimischer Autoren, bzw. Verlagsvielfalt zu betrachten ...
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#8 Dave

Dave

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Geschrieben 09 Oktober 2002 - 19:59

Es besteht ja die Möglichkeit, ein Buch erst dann kurzfristig drucken zu lassen, wenn es tatsächlich bestellt wird.Wenn man mal bedenkt, dass bei uns täglich 300 neue Bücher erscheinen, von denen nur ein winziger Teil überhaupt eine zweite Auflage erreichen, muß man seine Absatzhoffnungen wohl ziemlich pessimistisch ansetzen.12€ für 120 Seiten ist einfach entschieden zu teuer, da muß dem Leser wirklich schon etwas überdurchschnittliches geboten werden. Ansonsten werden sich wohl nur Freunde und Bekannte erbarmen, so tief in die Tasche zu greifen.Ich könnte mir übrigens vorstellen, dass die Verlage nicht schlecht an der Eitelkeit der Nachwuchsautoren profitieren, bzw ganz bewusst dort den Hebel ansetzen.

#9 Robert Kerber

Robert Kerber

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Geschrieben 11 Oktober 2002 - 17:40

Dave -
die von dir erwähnte Methode des Drucks auf Bestellung funktioniert nur beim Digitaldruck, wie ihn z.B. Verlag Nummer 1 und Bejot nutzen. Die Qualität von Umschlagfotos halte ich bei diesem Verfahren aber für ungenügend. Beim klassischen Offset- oder Foliendruck hingegen ist die Druckvorbereitung so teuer, dass eine Mindestanzahl von Büchern gedruckt werden muss, um den Einzelpreis moderat gestalten zu können. Mit dem Verhältnis von Neuerscheinungen und absetzbarer Auflagenzahl hast du natürlich insofern Recht, als eine Überschussproduktion, nur um den Einzelpreis niedrig zu halten, unsinnig ist. Aus diesem Grund halte ich meine Auflage bei 350 statt 1.000 Stück oder mehr. Siehe auch die Praxis der Edition Phantasia.

Die 12 Euro in meinem Falle sind, wie erwähnt, noch nicht endgültig. Hier sind auch die Leser gefragt - wenn man mit genügend Direktbestellungen kalkulieren kann und nicht auf den Buchhandel angewiesen ist, braucht eine Marge für die Händler nicht berücksichtigt werden, was sich in einem günstigeren VK niederschlägt.

"Ich könnte mir übrigens vorstellen, dass die Verlage nicht schlecht an der Eitelkeit der Nachwuchsautoren profitieren, bzw ganz bewusst dort den Hebel ansetzen."
Diesen Satz verstehe ich nicht ganz - beziehst du dich auf die so genannten "Druckkostenzuschuss-Verlage"?

Robert Kerber
www.das-ganzheitliche-system.de

#10 Dave

Dave

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Geschrieben 11 Oktober 2002 - 20:22

Ich wollte nur ein wenig sticheln...Generell fällt bei den nicht so bekannten Verlagen mit den nicht so geläufigen Autoren auf, dass die Produkte schlicht und einfach zu teuer sind.Wenn ich dann noch davon ausgehe, dass es den meisten Nachwuchs-Autoren zunächst gar nicht darum geht, viel Geld zu verdienen, frage ich mich schon, ob dort alles mit rechten Dingen zugeht.Ich finde es aber schön, es einmal aus Deiner Sicht zu sehen, also von jemandem, der sich wirklich mit der Problematik auskennt. Schließlich habe ich ja noch nie etwas veröffentlicht und wüsste auch nicht, wie es anders ginge.Im Grunde ist es mit dem Preis ja auch etwas subjektives, ich denke jeder von uns besitzt Bücher, die einem das mehrfache von dem wert ist, was man ursprünglich bezahlt hat.

#11 MartinHoyer

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Geschrieben 12 Oktober 2002 - 10:32

Da das Meiste schon gesagt wurde, bleibt nur zu hoffen, daß Sascha Mamczak eine Lagerhalle angemietet und eine halbe Hundertschaft Literaturstudenten auf Praktikum organisiert hat, bevor er öffentlich dazu aufforderte, doch Manuskripte einzusenden. ;)Hm, was ich von von seiner Orientierung halten soll, weiß ich noch nicht; seine Auffassung von SF sagt mir zu, seine Beispiele weniger. Mir erscheint das beinahe als Hyperkompensation: Da man viel 08/15-SF - die sich gut verkauft - im Programm hat, baut man den Gegenpol aus experimentellen und/oder staubtrockenen Werken auf. Mir fehlt in diesem Konzept irgendwo die Goldene Mitte.
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#12 Dave

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Geschrieben 12 Oktober 2002 - 16:45

Ich muss sagen, ich bin mit Heyne doch recht zufrieden. Ich hoffe, wir können uns darauf einigen, dass Autoren wie Gregory Benford, Stephen Baxter, Greg Egan etc nicht zu der 08/15-SF zu zählen sind.Vielleicht ist es dann eine Frage des Geschmacks, vielleicht sogar des Sub-Genres, aber Qualität ist da schon zu finden.

#13 Holger

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Geschrieben 12 Oktober 2002 - 17:48

Ich hoffe, wir können uns darauf einigen, dass Autoren wie Gregory Benford, Stephen Baxter, Greg Egan etc nicht zu der 08/15-SF zu zählen sind.

Auf jeden Fall. Sonst können wir dieses Forum dicht machen ... Aber vielleicht bezog sich 08/15 ja auf die Tatsache, daß oben genannte Autoren mittlerweile zur Stammbelegschaft gehören und nur wenig neue (deutsche) Autoren nachkommen ?
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#14 MartinHoyer

MartinHoyer

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Geschrieben 12 Oktober 2002 - 18:07

Mein Kommentar bezog sich auf die Bipolarität, die ich aus den Worten von Mamczak herauszulesen glaube: Auf der einen Seite hätten wir dann Reihen-SF der Marke "Battletech" und auf der anderen Seite die Sprachspiele von Banks und die (zumindest auf Dauer) wissenschaftlich-trockenen Arbeiten von McLeod. Autoren wie Greg Egan, Gregory Benford und Stephen Baxter - die ich eher zur "Ära Jeschke" bei Heyne zähle - könnten u.U. zu den wenigen Vertretern zählen, die nach dem angekündigtem Hausputz der SF/F-Reihe bei Heyne irgendwie die Kurve im Verlag kriegen.Wo zwischen den Space Operas (damit die Kasse stimmt) und der Hard-SF (damit der Anspruch gegeben ist) die Chancen für neue Autoren liegen sollen, ist mir schleierhaft: Die Wenigsten haben das Vitamin B für das Eine und den akademischen Background für das Andere; das betrifft sowohl neue Importtitel als auch inländischen Nachwuchs. Von der Abwechslung für den leser möchte ich in dem Zusammenhang gar nicht reden ... Aber natürlich beschreibe ich damit nur das denkbar ungünstigste Szenario.
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#15 Beverly

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Geschrieben 14 Oktober 2002 - 20:03

Ich habe meinen 29. Geburtstag schon zu oft gefeiert, um Aufforderungen wie denen von Sascha Manczak, junge Autoren sollen an die Verlage "rangehen", weil die so auf ihre Manuskripte scharf sind, noch viel Glauben zu schenken. Anfang der 90er Jahre fing ich mit dem Schreiben an, da enststanden drei Erzählungen. Die habe ich an ungefähr 80 grössere und kleinere Verlage geschickt: eine Leseprobe von ca. 10 Seiten und ein kurzes Schreiben, wo ich unter anderem schrieb "meine Erzählungen spielen in einer Zukunftswelt ohne Krieg und Gewalt". Im Hinterkopf hatte ich die Hoffnung, dass wenigstens eine der Erzählungen z. B. in einem Sammlband mit anderen Nachwuchsautoren veröffentlicht wurde. Dreimal dürft ihr raten, wieviele Erzählungen die angeschriebenen Verlage veröffentlichten - Antwort: keine Sie wurden dann von Hardy Kettlitz (Edition Avalon, Shayol) unter dem Titel "Völker der Sonne" und meinem "bürgerlichem" Namen in einer längst vergriffenen  Kleinauflage veröffentlicht. Nochmal Danke an Hardy und alle, die wenigstens das möglich machten."Nachwuchsförderung" lief doch bisher nicht über die grossen, etablierten Verlage, sondern neue Autoren fingen im Selbstverlag oder bei kleinen bis sehr kleinen Verlagen an. Wenn sie da Erfolg hatten, aber erst dann, wurden die Grossen auf sie aufmerksam ...An die grossen Verlage kommt frau nicht ran, Print ist zu teuer, so habe ich mich dazu entschlossen, meine Erzählungen wenigstens über meine Website zu vermarkten. Lange Zeit waren sie frei zugänglich, doch die Resonanz war so minimal, dass ich nun einen kleinen Obulus verlage: 49 Cent für sieben Tage lesen. Vielleicht bringt das ja deshalb was, weil die Menschen in einer knallharten Geldökonomie nur Dingen dann einen Wert beimessen, wenn sie auch dafür bezahlen müssen. Dankbarkeit oder nicht-monetäre Gegenleistungen für kostenlosen Content hat im Web jedenfalls nicht funktioniert. Stattdessen hört man nur Sprüche wie "ich bezahle nichts, das gibt es woanders ja umsonst".Das kann ich sogar verstehen, weil die Surfer für ihren Computer und den Internet-Zugang schon zur Kasse gebeten werden. Aber haben sie mal darüber nachgedacht, wie viel von dem Kostenlos-Content im Web, im Radio oder im Fernsehen Müll ist oder zumindest auf den kleinsten gemeinsamen Nenner eines Massenpublikums zurecht gestutzte seichte Unterhaltung.Für Literatur, die mich interessiert, habe ich jedenfalls immer mehr oder weniger tief in die Tasche greifen müssen. Wer dazu nicht bereit ist, sollte bittschön nicht über die Krise einer SF jammern, die ohne zahlenden Leser da nicht rauskann.Ich habe mich und meine Erfahrungen hier deshalb so ausgebreitet, weil andere von den Verlagen frustrierte Autoren vielleicht auch das Internet als Medium und Vermarktungshilfe nutzen wollen. Daraus ergeben sich langfristig Konsequenzen für die Verlage, über welche deren Geschäftsleitungen vielleicht noch nicht nachgedacht haben.Wo ist in 5 ode 10 Jahren die Existenzberechtigung für Heyne und co., wenn man keine gedruckten Bücher mehr braucht, weil Lesen auch am Computer gut geht? Autoren, die "veröffentlichen" wollen, rutschen dann nicht mehr vor Verlagslektoren auf dem Bauch, sondern geben ihr Manuskript bei der nächsten Web-Agentur ab, die daraus eine Website macht.

#16 MartinHoyer

MartinHoyer

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Geschrieben 27 Oktober 2002 - 14:46

Auf www.phantastik.de ist ein neues/weiteres Interview mit Herrn Mamczak erschienen. Reumütig muß ich einräumen, daß sich meine Meinung zum "neuen Mann" für das Genre bei Heyne gerade in einer Kehrtwende befindet ... Notiz an mich selbst: Vorsichtig mit einzelnen Interviews umgehen.
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#17 Holger

Holger

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Geschrieben 14 November 2002 - 13:56

Ich habe hier nochmal den direkten Link ausgegraben. Das Interview ist wirklich sehr aufschlußreich und lesenswert: http://www.phantasti...0210/sascha.htm Besonders interessiert mich die Frage, wie es mit den internationalen Anthologien weitergeht. Die trage ich gerade antiquarisch zusammen und hoffe auf eine Fortsetzung. Sehr interessant finde ich auch die folgende Aussage:

... was zur Zeit so an unser Lektorat geschickt wird, ist in der übergroßen Mehrzahl leider nicht zu veröffentlichen, von keinem seriösen Verlag.

Das deckt sich mit den Eindrücken, die ich bisher aus Book On Demand-Erfahrungen sammeln musste. Viele Schreiber sind mit zu viel Mut und zu wenig Talent beseelt. Andererseits würde es mich doch schon sehr wundern, in den nächsten Monaten ein Heyne-SF-Titel von einem deutschen Newcomer in der Hand zu halten. Damit niedmand beleidigt ist: das Interview mit allen Frames liegt auf http://www.phantastik.de
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(Georg Christoph Lichtenberg)


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