In sfcd:intern 6 findet sich ein Brief von Ralf Neukirchen (Berliner SF-Club Andymon). Er hatte ihn an Herbert Thiery geschrieben und ausdrücklich hinzugefügt, "Wenn du willst, kannst du meinen Brief auch im nächsten SFCDintern veröffentlichen" - was dann auch geschah. Herbert Thierys Bericht über seinen Besuch in der Villa Galactica war übrigens sehr freundlich gehalten und endete mit den Worten: "Ich kann nur an alle appellieren: Unterstützt Marianne, wenn es irgendwie möglich ist. Es hilft der Erhaltung einer einmaligen Sammlung." Nun: Ralf Neukirchen knüpft daran an - allerdings mit einer ganz eigenen Sichtweise.
Wenn einer der angeblich engsten und besten Freunde meines Mannes meine Arbeit so verächtlich, schadenfroh, fast gehässig kommentiert, ist das für mich nicht leicht zu ertragen. Zuerst wollte ich trotzdem gar nicht darauf eingehen. Aber warum sollte ich schweigen? Es gibt ein wunderbares Lied von den Bots, in dem es heißt: "... doch wer hat gewollt, daß du nach der Weise entmündigter Greise nur heimlich und leise das Unrecht verfluchst. Denn schweigst du nur immer, wird alles noch schlimmer, siehst nie einen Schimmer vom Recht, das du suchst. ... Wer schweigt, stimmt zu!"
(Ich zitiere Ralf Neukirchens Brief, soweit er sich auf mich bezieht, so gut es geht orthographisch originalgetreu.)
"gestern trafen die neuen Andros ein und ich habe gleich deinen Kommentar zum Besuch bei Marianne Ehrig gelesen. Ich stimme ihm vollständig zu. Wir (d.h. einige ANDYMONer) hatten ja damals Heinz-Jürgen beim Aufbau seiner Sammlung geholfen und so kenne ich die Örtlichkeiten auch etwas. (Ralf Neukirchen war am 15.6.2003 bei uns (und zwar allein) und "half" meinem Mann, den Teppichboden im Saal zu verlegen - eine Arbeit, die für diesen Tag nicht geplant war. Mein Mann wollte nichts als seine Ruhe, denn er war gesundheitlich schlecht drauf. Ralfs Arbeitstempo überforderte meinen Mann (der sich dummerweise keine Blöße geben wollte und sich hetzen ließ) so sehr, daß ich ihn mehrere Tage lang pflegen mußte, damit er wieder auf die Beine kam. Im übrigen klemmte sich Ralf mehere Regalteile unter den Arm, verlor die Herrschaft über diese Ladung, ein Brett rutschte ihm weg, und er zerrte es so heftig hinter sich her, daß es einen meterlangen Riß in der Auslegeware hinterließ, was meinen Mann natürlich zusätzlich sehr erfreute. Mit anderen Worten: er war meinem Mann an diesem Tag keine große Hilfe. - Mehrere (nämlich drei) Andymon-Mitglieder waren am 8.11.2003, eine Woche vor der Beisetzung meines Mannes, im Saal, bauten ein paar Regale auf, zerschmissen mir die Glastür eines alten Bücherschranks und ließen die Scherben an Ort und Stelle, ohne mich zu warnen. Beim "Aufbau der Sammlung geholfen" - naja. (Und ja: die Daten stimmen - das ist der Vorteil an einem Tagebuch.)
Ich habe für mich schon damit begonnen von dieser großen Sammlung Abschied zu nehmen. Sie ist in meinen Augen nur zu erhalten, wenn ein großer finanzstarker Mäzen sich ihrer annehmen würde (z.B. im Rahmen einer Stiftung) oder aber sich eine große öffentliche Einrichtung (z.B. eine große öffentliche Bibliothek) für sie interessieren würde (Gemeint ist die Zentral- und Landesbibliothek Berlin, die mir die Sammlung schon vor Jahren abknöpfen wollte)
(für diesen Fall könnte z.B. eine kleine finanzschwache Stiftung, in die der SFCD involviert wäre, Unterstützung geben).
Voraussetzung ist in beiden Fällen, daß Marianne die Sammlung (ihr Eigentum!) sozusagen kostenlos verschenkt mit dem (aus ihrer Sicht) weiteren Manko, daß sie keine oder nur sehr geringe Einflußmöglichkeiten auf die nachfolgende Arbeit mit der Sammlung hat. (Mit anderen Worten: ich soll enteignet werden. Ganz nebenbei wird auch gleich mein Sohn enterbt. Mehr dazu unten, in meiner Antwort an Ralf Neukirchen)
Wenn man die (von dir geschilderten) derzeitigen Lebensumstände von Marianne berücksichtigt (Herbert Thiery hatte gar nichts Negatives über meine Lebensumstände geschrieben),
ist das alles nicht so wahrscheinlich und ich akzeptiere, das Marianne mit den von ihr gefundenen Mitteln und Wegen versucht alles trotzdem irgendwie zu retten. Aber das wird ihr wohl leider nur zeitlich befristet gelingen können. (Klar - biologisch bedingt ist alles "zeitlich befristet".)
Zwar könnte ich auch "ABONAUT" werden, aber wozu soll ich mir eine Bibliographie in den Schrank stellen, mit der ich wohl nie richtig arbeiten würde (Arbeiten? Was denn arbeiten, bitte schön?)
- nur damit ich sie habe? die Zeiten sind längst vorbei.
Natürlich wäre es schön wenn es eine solche "zentrale phantastische Bibliothek" geben würde (Gibt es bereits: Wetzlar),
an die man vielleicht auch etwas spenden kann (Wie gesagt: Wetzlar)
was in ihr noch nicht enthalten ist, denn es gibt natürlich immer einmalige Sammlerstücke, die auch Heinz-Jürgen nicht hatte und die in einer dauerhaften Sammlung gut aufgehoben wären. (Und nochmal: Wetzlar).
Deshalb finde ich die Idee der Stiftungsgründung gar nicht mal so schlecht habe aber Zweifel an der Realisierbarkeit wegen des notwendigen Kapitals, das erforderlich wäre, um zu einer wirklich effektiven Erhaltung der Sammlung Ehrig zu kommen (1 Mio Euro Stiftungskapital werfen jährlich wohl nur 5000 Euro ab). (Hm - naja, wenn man das Geld natürlich in Telekom-Aktien anlegt... Abgesehen davon: was soll der Unsinn mit der Stiftung "zu einer wirklich effektiven Erhaltung der Sammlung Ehrig"? Vielleicht sollte Ralf da noch mal nachlesen)
- aber ich schweife ab - In zehn oder zwanzig Jahren (Da bin ich 85...)
oder früher, wenn z.B. das Dach über der Bibliothek undicht/reparaturbedürftig wird (Liest sich, als würde er sich das vorm Einschlafen vorstellen - so richtig plastisch und in Technikolor läßt er mir dann die Decke auf den Schädel krachen)
wird es dann wohl vorbei sein und die guten Sammlerstücke werden schnell ihren Weg zu anderen Sammlern finden und der große Rest (auch meine private Sammlung hat bestimmt 80 Prozent Schrott) (Nanu? Wo sind denn die einmaligen Sammlerstücke geblieben, die er so gerne spenden würde!)
wird auf dem Müllhaufen der Literaturgeschichte (im besten Fall Papier-Recycling) landen. (Das könnte ihm so passen!)
Schade, aber so ist der Lauf der Dinge.
Ich hab ihm an 17.5. folgende mail geschrieben:
Hallo Ralf,
ich habe erst heute sfcd:intern6 bekommen - den Text kannte ich schon früher, wollte es aber erstmal auch im Druck haben.
Ich danke Dir sehr für Deine "aufmunternden" Worte. Du zeigst Dich als wahrer Freund - ich weiß zwar nicht, von wem (mein Freund bist Du ganz sicher nicht), aber irgendeinen Zweck wird das Ganze wohl haben. Wie Du allerdings auf die Idee kommst, daß mir über kurz oder lang nichts anderes übrigbliebe, als meine Sammlung zu
verschenken, entzieht sich meinem Verständnis. Gerade wenn ich mal pleite sein sollte, werde ich nichts verschenken, sondern verkaufen!
Zu meiner Sammlung: sie
ist meine Sammlung, und das nicht nur wegen des Testaments, das Heinz und ich damals gemacht haben, sondern auch aus ganz einfachen materiellen Gründen: jeder Pfennig, den ich mir seit 1979 erschrieben habe (und das war nicht wenig), ist in die Bücher geflossen. All mein Geld ist da drin verschwunden. Und nicht nur mein gesamtes Geld steckt da drin: ich alleine habe in unermüdlicher Tag- und Nachtarbeit die riesige Video-Sammlung aufgebaut, auf die Heinz so stolz war. Ohne meine Hilfe wäre die Sammlung insgesamt niemals so groß geworden. Das wußte Heinz auch sehr genau.
Mittlerweile stecken 31 Jahre meines Lebens da drin. Ich habe Heinzens Schulden beglichen und die ganze Sache aufrecht erhalten, was für mich mit vielen Opfern verbunden war und ist. Ich arbeite 12 bis 16 Stunden am Tag, Weihnachten, Pfingsten und eigener Geburtstag inbegriffen.
Ich bin die rechtmäßige Eigentümerin dieser Sammlung, und das lasse ich mir von einem wie DIR ganz bestimmt nicht absprechen, ebensowenig das Recht, zu bestimmen, daß all das nach mir auf meinen Sohn übergeht.
Ich kenne die Pläne, die Heinz für die Zeit nach meinem (von ihm baldigst erwarteten) Tode hatte. Mir kann niemand mehr was über meinen verstorbenen Ehemann erzählen!
Die Sammlung ist und bleibt - das habe ich immer wieder gesagt und wiederhole es gerne noch mal - Privatbesitz, mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen. Nach mir wird mein Sohn die ganze Sache übernehmen und in seinem Sinne weiterführen. Und würdest Du die Sammlung so gut kennen, wie Du in diesem netten Schreiben vorgibst, so wüßtest Du auch, daß ich hier kein
Altpapier hüte. In dieser Sammlung gibt es keinen "Schrott".- wenn Du das glaubst, hast Du Heinzens Intentionen sowieso nie verstanden!
Lustig finde ich das, was Du mit Deinem Schreiben erreicht hast: vielen Leuten wird offenbar jetzt erst so richtig bewußt, welchen Kampf ich hier führe und was mein Sohn und ich hier leisten. Wir haben noch nie so viele wirklich liebe, aufmunternde, freundliche Zustimmung erhalten wie gerade jetzt.
Aber ich rechne nicht damit daß Du das verstehst.
Mit freundlichen Grüßen
Marianne
Bearbeitet von Marianne Sydow, 19 Mai 2010 - 02:08.