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Eine Autorenfrage


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7 Antworten in diesem Thema

#1 Dave

Dave

    Hamannaut

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Geschrieben 17 August 2002 - 18:26

Es gibt die These, das die Mojorität anspruchsloser Leser die Majorität anspruchsloser Autoren Autoren bevorzugt und der Markt folglich Wegwerfprodukte vor Wertarbeit favorisiert. Daher auch eine kategorielle Absonderung der SF von der allgemeinen Literatur.Ich bin mir nicht sicher, ob ich wirklich gute (SF) Literatur überhaupt erkenne, wenn ich mit der Nase darüber hänge. Denn was macht gute Literatur eigentlich aus? Einige Kritiker sprechen von der Aussagekraft des ersten Satzes, aber seien wir nicht so pingelig, kann man sich ein wirkliches Bild durch einen Absatz oder vielleicht eine Seite bilden?Im Internet trifft man mehr oder weniger freiwillig auf Kostproben ambitionierter Nachsuchsautoren. Da heisst es zunächst einmal sein Vorurteil zu überwinden: Wird schon seinen Grund haben, dass du noch nichts veröffentlicht hast! Bei den größeren Verlagen kämpft man womöglich mit einem anderen Vorurteil. So ertappe ich mich des öfteren bei dem Gedanken: Dies ist absolut nicht mein Fall! Nie aber mit dem Urteil: Das ist Schrott! Wenn ich ähnliche Zeilen allerdings auf der HP eines motivierten Abiturienten lese, könnte ich mich schon eher zu letzterem Urteil hinreißen lassen. Das kann mit meiner Naivität zusammen hängen, könnte aber auch mit der Manipulierbarkeit der Leserschaft zu tun haben. Dies ist eine Frage es Stils und der Technik, die über den Inhalt steht, vergleichbar dem Musiker, dessen Handwerk und Ausdruck über der eigentlichen Komposition steht bzw ein unverzichtbares Fundament darstellt.

#2 Holger

Holger

    Temponaut

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Geschrieben 18 August 2002 - 11:01

Dave, dieser Beitrag liefert eine Menge Diskussionsstoff. Ich gehe jetzt erst mal auf den Teil ein, zu dem mir spontan am meisten einfällt. Vielleicht kommt später noch mehr dazu (nach dem zweiten oder dritten Lesen ;) ).

Denn was macht gute Literatur eigentlich aus?

Diese Frage habe ich mir des öfteren auch schon gestellt. In der Tat ist es eine ähnliche Frage wie: was macht gute Musik aus, oder ein gutes Essen? Da gibt es auf der einen die wissenschaftliche Betrachtung, die einen Katalog von Kriterien aufstellen kann, anhand dessen sich die Qualität einer Sache messen lässt. Das betrifft dann dass handwerkliche Können des Künstlers, sein Ausdruck, sein Einfallsreichtum, etc. Da gibt's aber noch eine ganze Menge mehr, was über diese Kriterien hinausgeht. Der ganze Funduns an subjektiven Einschätzungen von Seiten des Lesers, also z.B. der Geschmack. Ein Buch in dem formal alles stimmt, kann völlig am geneigten Leser vorbeigehen, wenn es keinem gefällt. Letztendlich ist es ein Cocktail aus allen Faktoren, die uns über eine Sache urteilen lassen. Ich bin mir sicher, dass Du auf jeden Fall in der Lage bist, gute SF (und Romane im Allgemeinen) von Schlechter zu unterscheiden. Man muss sich letztendlich wohl einfach soviel Selbstvertrauen gönnen, ein Urteil abzugeben. Ich lasse einem Buch meistens 100 Seiten. Wenn's dann nicht gefunkt hat, wird's vorerst in die Warteschleife zurückgestellt. [Das blödeste SF-Buch das ich jeh in der Hand hatte: Aldiss/Penrose WEISSER MARS war allerdings schon nach ca. 60 Seiten fällig!] Das war's [aber nur] zunächst  :D
"Rezensionen: eine Art von Kinderkrankheit, die die neugeborenen Bücher befällt."
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#3 Dave

Dave

    Hamannaut

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Geschrieben 18 August 2002 - 12:12

Hallo Holger!Bei der Musik heißt es ja meistens: Darüber kann man nicht streiten, das ist Geschmackssache. Ich kann da nicht so recht zustimmen. Man kann zwar nicht darüber streiten, was eine Person an Musik hören sollte, weil dies eben ein Entscheidung aus dem Gefühl heraus ist, aber was die Musik an sich betrifft, kann man schon ein objektives Urteil fällen, denke ich. So behaupte ich einfach mal, dass die Kompositionen von J.S.Bach besser sind als die von Paul Mccartney. Das ist nun mal so, Geschmack hin oder her.Bei einem Buch könnte es ähnlich sein.Ein lustiges Phänomen ist, dass ich mit den meisten Kritiken einverstanden bin, die ich lese. Wenn ein Rezensent einem bestimmten Autor zugeneigt ist, den ich auch mag, dann gleichen sich unsere Urteile der  diversen Werke  eben dieses Autors auf verblüffende Weise. Wenn ich einen Verriss auf den ersten Blick nicht nachvollziehen kann, stellt sich nicht selten heraus, das der Kritiker mehr das Genre meint als das Buch selbst. Die Mischung aus Objektivem und Subjektivem ist  womöglich schuld daran, dass es keine Formel gibt, mit der man einen Bestseller produzieren kann.

#4 MartinHoyer

MartinHoyer

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Geschrieben 18 August 2002 - 14:16

Im Grunde gibt es keine schlechten Bücher, sondern nur unzufriedene Leser. Aus diesem Grunde mag (und schreibe) ich Rezensionen, die auf Folgendes hinauslaufen: "Wenn Du so oder so ein Leser bist, wirst Du meines Dafürhaltens (keine) Freude an dem Buch haben." - Und wenn der Adressat der Rezension überzeugt ist, daß sich sein Geschmack als Leser mit dem des Rezensenten gleicht oder dieser in der Lage war, das Buch auch aus Adressaten-Perspektive zu lesen und zu beurteilen, hat er eine Orientierung.Ein guter Kritiker/Rezensent wird versuchen, möglichst vielen Rezensenten eine Orientierung zu liefern, ansonsten folgt er einem Missionsgedanken: Er hat das Wesen der Welt erkannt und nur wer dieses oder jenes Buch liest, wird es auch erkennen. Aus diesem Grunde ist beispielsweise Ranicki zwar höchst unterhaltsam anzuhören, aber als Ratgeber völlig wertlos, denn er käme nie auf den Gedanken zu sagen: "Dieses Buch folgt dem Pfad großer Klassiker, aber wenn Sie bei leichter Kost entspannen möchten, kann ich es Ihnen nicht empfehlen."
Though my soul may set in darkness, it will rise in perfect light;
I have loved the stars too fondly to be fearful of the night.
(Sarah Williams: The Old Astronomer To His Pupil)

#5 Markus

Markus

    Shiningonaut

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Geschrieben 18 August 2002 - 15:38

Bei Kritiken (nicht nur bei Büchern) orientiere ich mich immer daran, wie mir Sachen selber gefallen haben, die der entsprechende Kritiker vorher einmal positiv bewertete. Ich suche mir also Kritiker die entweder so ziemlich meinen "Geschmack" oder meine "Wellenlänge" haben, oder genau im Gegenteil. Die Romane/Musik, die ich gut finde immer schlecht bewerten. So bekomme ich meine Orientierung. Was ist anspruchslose Literatur ? Bei SF müssen die Autoren ein hohes Mass an Phantasie an den Tag legen und auch den Leser zum Denken anregen, damit sich dieser das ein oder andere selber vorstellen kann. Es werden meisst keine alltäglichen, nomalen Situationen beschrieben, sondern etwas, was es nicht gibt (fiction). Ich finde das prädikat "Anspruchslos" wird von jedem Leser selbst definiert/vergeben. So sucht der eine Romane mit tiefem psyschologischen Sinn, ein anderer Romane mit gut dargebrachter pseudowissenschaftlicher Technik. Romane, die von den bekanntesten Literaturkritikern als "anspruchslos" dargestellt werden, müssen dies nicht für jedermann sein. Ich denke mal dass dort auch ein gewisses mass an Vitamin B (wie überall) zu tragen kommt. Genauso mit neuen Autoren. Die einen haben gute connections zu einem Verlag, die anderen schreiben tolle Romane, haben aber keinen Verleger. Gute Namen verkaufen sich halt besser.Nach "Anspruchslos" gibt es aber auch noch "Schund". Ich würde Romane als Schund bezeichnen, wenn dort jeglicher Bezug zu Realität verloren geht. Oder wenn in einem SF- Roman Dinge anders dargestellt werden, als heute schon bewiesen ist.
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SHINING

#6 MartinHoyer

MartinHoyer

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Geschrieben 18 August 2002 - 15:45

Ich würde Romane als Schund bezeichnen, wenn dort jeglicher Bezug zu Realität verloren geht. Oder wenn in einem SF- Roman Dinge anders dargestellt werden, als heute schon bewiesen ist.

Demnach wären Douglas Adams' "Per Anhalter durch die Galaxis" und George Orwells "1984" Schund? ;)
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#7 Thomas Sebesta

Thomas Sebesta

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Geschrieben 04 September 2002 - 20:43

Demnach wären Douglas Adams' "Per Anhalter durch die Galaxis" und George Orwells "1984" Schund?

Ich denke nicht, da man Bücher/Romane ja nach der Zeit des Entstehens beurteilen muß und nicht aus der Jetzt-Zeit. Ich denke Asimov hätte heute auch manch Roboter-Roman anders geschrieben und so mancher Weltuntergangsroman würde heute im Lichte des schwindenden Kommunismus umgeschrieben. Über Kritiker denke ich nicht viel nach. Ich lasse mich vielleicht darüber informieren ob ein Roman handwerklich in Ordnung ist oder Schwächen aufweist - und selbst da kann man manchmal geteilter Meinung sein. Aber in Hinblick auf den Inhalt versuche ich mir immer eine eigene Meinung zu bilden.(Was mach ich sonst wenn ein mir ein verrissener Roman gefällt?- Geb ich das Buch zurück?) Dies macht es mir aber schwer neue Bücher zu kaufen - ohne Empfehlung? Andererseits gehe ich vielleicht gerade dadurch unvoreingenommerner an vieles heran - z.B. an Greg Egan (in diesem Fall hat's aber auch nicht geholfen). Ich unterhalte mich aber gerne mit Lesern über Ihre Eindrücke. Nicht als Kritiker sondern als Konsumenten, als Fans. Es kommt mir mehr auf das Gefühl aus dem Bauch an. Es ist doch oft so, dass man sich in einem Buch rundherum Heimisch fühlt und eigentlich gar nicht begründen kann warum das so ist. Es ist einfach heimelig. Ich mag keine Kritiker die in dem Stil "man hat und muß" kritisieren. Ich mag Buchbesprechungen, die Fragen aufwerfen und sie den Leser selbst beantworten lassen (für sich). Kritiker die dies zusammenbringen bewundere ich, denn dazu gehört eine Menge Sachwissen und Einfühlungsvermögen. Im Grund geht es bei Büchern, wie in der Musik und Malerei, doch auch darum, dass Bedürfnisse erfüllt werden. Manchmal ist es das Bedürfnis nach Raumschlachten in Spacoperas und manchmal tiefsinnige Weltbetrachtungsszenarien. Was mich zu Buchbeurteilung überhaupt führt. Natürlich gibt es "schlechte" Bücher. Diese sind für mich aber immer solche, welche einfach in sich nicht geschlossen und schlüssig sind. Die "handwerklich" nicht entsprechen. Ich habe aber oft Zweifel, ob dieses Nicht-schlüssig sein, am Autor liegt weil er es einfach nicht verstanden hat seine Romanidee umzusetzten (oder überhaupt eine hatte), oder ob es an mir liegt, weil ich dem Autor, auf Grund mangelnder Bildung, schlechter Laune, Unaufmeksamkeit, etc. nicht zu folgen vermag.

Thomas Sebesta/Neunkirchen/Austria

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#8 Holger

Holger

    Temponaut

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Geschrieben 05 September 2002 - 16:07

Demnach wären Douglas Adams' "Per Anhalter durch die Galaxis" und George Orwells "1984" Schund?

Klar, weiss doch jeder  :biglaugh:  :biglaugh:  :biglaugh: Ist schwer der Diskussion etwas hinzuzufügen, da die einzelnen Beiträge sehr vielschichtig sind. Ich staune nur darüber, wie sehr wir hier bemüht sind, unsere Definitionen und Ansichten zu formulieren. Dabei funken wir alle (nahezu) auf der gleichen Wellenlänge. Ich habe Freunde, die sich regelmäßig [quasi in Form des berüchtigten Running Gags] über meine Vorliebe zu SF-Romanen lustig machen. Für die ist von Egan bis Orwell ALLES Schund. Ich wiederhole: Schund. Im Gegenzug versichere ich ihnen dann, dass ich ihre Aufgeschlossenheit nur bewundern kann ...  :jumpgrin: ... und mache mich darüber lustig, dass sie ein John Grisham-Buch ganz durchgelesen haben. Es hängt also auch massiv von der Einstellung des Lesers ab, wie er einen Titel lesen will. Oder ob er ihn überhaupt in die Finger nehmen würde.
"Rezensionen: eine Art von Kinderkrankheit, die die neugeborenen Bücher befällt."
(Georg Christoph Lichtenberg)


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