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Juli Zeh lehnt Nominierung für Kurd-Laßwitz-Preis ab


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57 Antworten in diesem Thema

#1 Uwe Post

Uwe Post

    FutureFictionMagazin'o'naut

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Geschrieben 08 Mai 2010 - 00:08

Laut einer mir vorliegenden Information des Treuhänders des Kurd-Laßwitz-Preises hat die Autorin Juli Zeh die Nominierung ihres Romans "Corpus Delicti" in der Kategorie "Bester Roman" abgelehnt. Die Sache ist keineswegs geheim, daher bringe ich sie hiermit der Öffentlichkeit zur Kenntnis.

Ursprünglich war der Roman nominiert wurden, aber der Treuhänder informiert bekanntlich die Nominierten immer, bevor er sie Nominierungen veröffentlicht. In diesem Fall führte das dazu, dass Juli Zeh die Nominierung ablehnte und ihr Roman von der Nominierungsliste verschwand, bevor diese öffentlich gemacht wurde.

Die Autorin sieht laut ihrer Aussage ihren Roman nicht als SF an und möchte daher nicht für einen SF-Preis nominiert werden.

Interessanterweise ist der Roman ja auch für den DSFP nominiert, hierzu gab es bisher offenbar noch kein Veto.

Ich erlaube mir zu diesem Thema nur einen kurzen Kommentar: Es ist schon interessant, dass offenbar eine Menge Leute "Corpus Delicti" nicht nur für einen SF-Roman hält, sondern auch noch für einen guten - bloß die Autorin nicht. Natürlich gibt es recht unterschiedliche Vorstellungen vom Begriff der SF - und Juli Zeh hält möglicherweise Raumschiffe, Zeitreisen und Aliens für obligatorisch. Vielleicht gibt ihr die doppelte Nominierung nun ja zu denken, so dass sie sich mal ein bisschen darüber informiert, was heutzutage gemeinhin unter SF verstanden wird, wenngleich es meist nicht unter diesem Label verkauft wird.

SF ist nicht pfui, liebe Frau Zeh, sondern ein vielfältiges Genre, in dem verdammt gute Bücher erscheinen.

Ihres zum Beispiel.
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#2 molosovsky

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Geschrieben 08 Mai 2010 - 05:29

Ist Zeh nicht noch derzeit bei einem anderem SF/Phantastik-Preis auf der Shortlist? Sei†™sdrum †¦ aus verschiedenen Gründen finde ich die Autorin untam (auch wenn sie alle heiligen Zeiten mal eine kluge Meinung z.B. im »Cicero« oder einem gleichartigen Medium äußert) und der, den ich äußern kann ist, dass sie eine überschätzte Autorin ist. Ihre Ideen sind ganz okey, aber ihre Bücher gehören ordentlich um ca. 15 bis 20 % gekürzt und ihr Stil ist alles andere als feine Prosa. Mit ihrer Absage stellt sie nur klar, dass sie durch und durch eine HochLit-Prätorianerin ist. Dass sie einen Atwood-Salto vorführt, macht sie mir aber fast schon wieder sympathisch und ich erlaube mir, vorsorgliches Mitleid zu empfinden für den Fall, der es der HochLit-Peer-Gruppendruck von Frau Zehs Umfeld war, der die Autorin dazu beweg sich vom KLP streichen zu lassen. Grüße Alex / molo

Bearbeitet von molosovsky, 08 Mai 2010 - 05:29.

MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.

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#3 HMP †

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Geschrieben 08 Mai 2010 - 06:11

Möglicherweise spekuliert sie auf den "Friedenspreis des Deutschen Buchhandels" oder gar den "Nobelpreis" und denkt vielleicht, es könnte schaden, wenn sie da schon für einen Genrepreis nominiert war. Sie hat aber nichts dagegen, wenn man sie als "Autorin" oder "Schriftstellerin" bezeichnet? Oder legt sie auch Wert darauf, "Literatin" genannt zu werden? @ Molo: Ja. Beim DPP ist sie auch auf der Vorschlagsliste ...
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#4 Tennessee

Tennessee

    Cybernaut

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Geschrieben 08 Mai 2010 - 08:29

Salut, ich glaube nicht, dass Julie Zeh SF als ein "Pfui-Genre" versteht und deshalb nicht nominiert werden möchte. "Corpus Delicti" war nun früher ein Theaterstück, das m.E. auch ganz hervorragend war. Und dass es ein Text ist - ob als Roman oder als Theaterstück -, der in der Zukunft spielt, bedeutet nicht, dass er automatisch als ein SF-Text verstanden werden muss, auch wenn's naheliegt. Mich persönlich verwundert es, dass "Corpus delicti" für den KL-Preis nominiert werden sollte - ein gemeiner Umkehrschluss könnte nämlich auch bedeuten, dass das Nominierungskomittee den Preis inhaltlich aufzuwerten versucht, indem man eine eher literarich schreibende Autorin der Nominierungsliste hinzufügt. :fun: Ich selber halte Julie Zeh für eine der interessantesten Gegenwartsautorinnen derzeit, die mich seit "Spieltrieb" jedes Mal aufs neue fasziniert. Sicher, nicht alle ihre Bücher sind gleich gut. Aber sie gehört schon zu den Autoren, die - auch mit "Corpus delicti" - in ihren Büchern etwas verhandelt wissen wollen. Sei es z.B. die Frage, ob der Mensch tasächlich ein freies Individum ist, wenn er doch ständig gebunden ist an moralisch-bindende Konventionen oder die Frage eines "gesinnungstotalitären Staates", der seinen Bürgern eine spezifische Form von "Lebenshygiene" auferlegt und jegliche Abweichung verurteilt. So gut kenne ich Julie Zeh nun nicht, aber so ich das weiß, betrachtet sie sich nicht als Autorin, die mit ihren Werken in bestimmten Genres "verschubladet" werden möchte. Es ist also kein Affront gegen SF, sondern ein Affront gegen die ...mh... Kategorisierung von Texten, eine Haltung, die letztendlich auch besagt, dass "nur" weil etwas SF ist, es nicht bedeutet, dass es schlecht ist. lg Ten.
"Mit meiner Frau in 'Romeo und Julia'. Das schlechteste Stück, das ich je gesehen habe, und dazu schauderhaft gespielt. Habe beschlossen, nie wieder in eine Premiere zu gehen, weil die Schauspieler dauernd ihren Text vergessen." (Samuel Pepys, 23.02.1633)

#5 ShockWaveRider

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Geschrieben 08 Mai 2010 - 08:48

Nur mal so ins Formale gefragt: Wie kann man denn eine Nominierung zu einem Preis ablehnen, der dezidiert publizierte Werke auszeichnet? Das fällt für mich unter freie Meinungsäußerung. Autoren können ja auch keine unliebsamen Rezensionen ablehnen. Man kann die Nominierung nicht mögen, damit nicht einverstanden sein etc. Aber ablehnen? Gruß Ralf

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#6 Tennessee

Tennessee

    Cybernaut

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Geschrieben 08 Mai 2010 - 08:59

Nur mal so ins Formale gefragt:
Wie kann man denn eine Nominierung zu einem Preis ablehnen, der dezidiert publizierte Werke auszeichnet?
Das fällt für mich unter freie Meinungsäußerung. Autoren können ja auch keine unliebsamen Rezensionen ablehnen.

Man kann die Nominierung nicht mögen, damit nicht einverstanden sein etc. Aber ablehnen?

Gruß
Ralf


Salut Ralf,

ich denke, dass das Nomierungskomitee auch sehr gut den Wunsch von Frau Zeh hätte ignorieren können (sollen!). Wenn ich das Buch auszeichnen oder nominieren möchte, dann würde ich das tun wollen. Wenn die Autorin das letztendlich ablehnt - bon, dann ist das ihre Entscheidung.

lg
Ten.
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#7 Diboo

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Geschrieben 08 Mai 2010 - 09:08

Exakt meine Ansicht. Wer ein Werk veröffentlicht, muss damit rechnen, dass er auch entsprechend wahrgenommen wird. Man kann sicher einen Preis, der einem verliehen wird, ablehnen. D.h. wenn Frau Zeh den DPP bekommen würde, könnte sie ihn selbstredend ablehnen. Da würden wir uns kaum aufdrängen wollen. Wenn sie aber mit ihrer Nominierung nicht einverstanden wäre, sollte es dazu kommen, dann ist das, ehrlich gesagt, ihr Problem. Nicht unseres.

"Alles, was es wert ist, getan zu werden, ist es auch wert, für Geld getan zu werden."
(13. Erwerbsregel)

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#8 Armin

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Geschrieben 08 Mai 2010 - 09:26

Nur mal so ins Formale gefragt:
Wie kann man denn eine Nominierung zu einem Preis ablehnen, der dezidiert publizierte Werke auszeichnet?


Beim KLP ist es so, dass der Teuhänder die nominierten Autoren anschreibt und sie fragt, ob sie die Nominierung annehmen bzw. ablehnen. Und dann kann man die Nomineirung natürlich ablehnen, wenn man das Bedürfnis hat.

#9 ShockWaveRider

ShockWaveRider

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Geschrieben 08 Mai 2010 - 09:29

Beim KLP ist es so, dass der Teuhänder die nominierten Autoren anschreibt und sie fragt, ob sie die Nominierung annehmen bzw. ablehnen. Und dann kann man die Nomineirung natürlich ablehnen, wenn man das Bedürfnis hat.

Danke für die Aufklärung!
(Das stand ja schon in Uwes Eingangsposting. Wer lesen kann, ...)
Dann ist das ein Problem des KLP.
Das DSFP-Komitee nominiert für gut befundene Werke ohne vorherige Rücksprache mit den Nominierungs-GefährdetenKandidaten. Wir kommen gut damit zurecht, wenn die Autoren unsere Wertschätzung ihrerseits nicht wertschätzen. Da gab es bereits einen Präzedenzfall. Mindestens.

Wer ein Werk veröffentlicht, muss damit rechnen, dass er auch entsprechend wahrgenommen wird.
Man kann sicher einen Preis, der einem verliehen wird, ablehnen. D.h. wenn Frau Zeh den DPP bekommen würde, könnte sie ihn selbstredend ablehnen. Da würden wir uns kaum aufdrängen wollen.
Wenn sie aber mit ihrer Nominierung nicht einverstanden wäre, sollte es dazu kommen, dann ist das, ehrlich gesagt, ihr Problem. Nicht unseres.

Dem Statement schließe ich mich vollumfänglich an.
(Für das DSFP-Komitee als Ganzes mag ich nicht abschließend sprechen, aber da scheint sich die gleiche Meinung abzuzeichnen.)
Zumal ich weder den KLP noch den DPP und erst recht nicht den mit einem Preisgeld dotierten DSFP als Häme-Preis der Kategorie "Goldene Himbeere" ansehe. Ganz im Gegenteil!

Gruß
Ralf

Bearbeitet von ShockWaveRider, 08 Mai 2010 - 09:57.

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#10 Anno

Anno

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Geschrieben 08 Mai 2010 - 10:41

Moin! Als Mitglied des DSFP-Komitees schließe ich mich meinen Vorrednern an. Im Hinblick auf die Nominierungen und die Preisvergabe agieren wir unabhängig von den Wünschen der Autoren/innen. Natürlich kann Frau Zeh den Preis ablehnen, wenn sie ihn denn tatsächlich gewinnen sollte. Damit dürften die Komitee-Mitglieder gar kein Problem haben. Interessant stelle ich mir die Diskussion innerhalb des SFCD vor, der schließlich den Preis auch verleiht, falls denn eine Diskussion clubintern zu Stande käme. Der Gewinn des DSFP und die gleichzeitige Ablehnung des Preises durch Frau Zeh würde dem Roman sicherlich mehr Aufmerksamkeit bescheren als dies normalerweise der Fall gewesen wäre. Dies sieht man ja nun schon anhand der Diskussion um diesen Umstand. Gruß Andreas Nordiek

#11 † Christian Weis

† Christian Weis

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Geschrieben 08 Mai 2010 - 11:09

Und dass es ein Text ist - ob als Roman oder als Theaterstück -, der in der Zukunft spielt, bedeutet nicht, dass er automatisch als ein SF-Text verstanden werden muss, auch wenn's naheliegt. Mich persönlich verwundert es, dass "Corpus delicti" für den KL-Preis nominiert werden sollte - ein gemeiner Umkehrschluss könnte nämlich auch bedeuten, dass das Nominierungskomittee den Preis inhaltlich aufzuwerten versucht, indem man eine eher literarich schreibende Autorin der Nominierungsliste hinzufügt. ;)

Da dieses "Komitee" potentiell aus mehreren hundert Leuten besteht, ist diese Annahme ein wenig abenteuerlich. Und wenn der Roman der SF zugeordnet werden kann (es geht ja nicht um ein "Muss"), weshalb soll es dann keine SF sein? Weil SF bäh ist?

Zumal ich weder den KLP noch den DPP und erst recht nicht den mit einem Preisgeld dotierten DSFP als Häme-Preis der Kategorie "Goldene Himbeere" ansehe. Ganz im Gegenteil!

Sie sieht das ganz offensichtlich anders. Wobei sich die Frage stellt, wie es sich bei der echten Goldenen Himbeere verhält - dürfen dort Nominierte die Nominierung ablehnen? :fun:

#12 ShockWaveRider

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Geschrieben 08 Mai 2010 - 11:22

Sie sieht das ganz offensichtlich anders.

Das ist die Frage. Zumindest ich weiß bislang nicht, aus welchen Gründen sie die KLP-Nominierung abgelehnt hat.
Ich habe auch auf die Schnelle keine Stelle im Netz gefunden, wo Frau Zeh von sich aus die Ablehnung thematisiert. (Soviel zum Thema Aufmerksamkeits-Produktion.)

Wobei sich die Frage stellt, wie es sich bei der echten Goldenen Himbeere verhält - dürfen dort Nominierte die Nominierung ablehnen? :fun:

Eben. Ich denke nein. Auch das fällt unter freie Meinungsäußerung.
Sandra Bullock hat in diesem Jahr übrigens demonstriert, wie man mit solch einer "Ehrung" offensiv umgeht: Klick!

Gruß
Ralf

Bearbeitet von ShockWaveRider, 08 Mai 2010 - 11:38.

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#13 † Christian Weis

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Geschrieben 08 Mai 2010 - 11:39

Das ist die Frage. Zumindest ich weiß bislang nicht, aus welchen Gründen sie die KLP-Nominierung abgelehnt hat.
Ich habe auch auf die Schnelle keine Stelle im Netz gefunden, wo Frau Zeh von sich aus die Ablehnung thematisiert.

Ich hab den Roman (noch) nicht gelesen, deshalb ist es etwas schwierig, das tatsächlich einschätzen zu können.

Nur - wenn sie den Inhalt in der Zukunft angesiedelt hat, wird sie sich etwas dabei gedacht haben. Wenn es nicht auch um ein zukünftiges Szenario geht - egal, wie nah es sich an der Gegenwart orientiert -, dann bräuchte man den Roman nicht ins Jahr 2057 zu verlegen. Und wenn die Aussage bei Amazon (Zitat: "Juli Zeh entwirft in Corpus Delicti das spannende Science-Fiction-Szenario einer Gesundheitsdiktatur im Jahr 2057. Sie zeichnet ein System, das alle und alles kontrolliert. Gesundheit ist zur höchsten Bürgerspflicht geworden. Die "Methode" verlangt ein festes Sportpensum ebenso wie die Abgabe von Schlaf- und Ernährungsberichten. Buchstäblich über jeden Schritt seiner Bürger ist dieser Staat informiert.") nicht aus der Luft gegriffen ist, dann ist es meines Erachtens eindeutig SF. Eindeutiger geht es nicht. Also kann der Grund für die Ablehnung der Nominierung eigentlich nicht darin liegen, es handele sich nicht um SF.

Kann sein, dass der Autorin - oder ihrem Umfeld, wie Molo gemutmaßt hat - schon Formulierungen wie "spannendes Science-Fiction-Szenario" sauer aufstoßen, weil spannend und SF möglichweise doppelt bäh ist. Aber das ist natürlich auch nur eine Mutmaßung.

#14 † Christian Weis

† Christian Weis

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Geschrieben 08 Mai 2010 - 11:41

Ich habe auch auf die Schnelle keine Stelle im Netz gefunden, wo Frau Zeh von sich aus die Ablehnung thematisiert. (Soviel zum Thema Aufmerksamkeits-Produktion.)

Wenn sie sich nicht dazu äußert, kann das natürlich verschiedene Gründe haben. Sollte sie den KLP als "Goldene Himbeere" für Hochliteraten ansehen, dann wäre es nachvollziehbar, dass sie das Thema am liebsten gar nicht behandelt wissen möchte.

#15 ShockWaveRider

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Geschrieben 08 Mai 2010 - 11:46

Ich habe das Buch gelesen und kann deshalb die Genre-Zugehörigkeit einschätzen.

Und wenn die Aussage bei Amazon (Zitat: "Juli Zeh entwirft in Corpus Delicti das spannende Science-Fiction-Szenario einer Gesundheitsdiktatur im Jahr 2057. Sie zeichnet ein System, das alle und alles kontrolliert. Gesundheit ist zur höchsten Bürgerspflicht geworden. Die "Methode" verlangt ein festes Sportpensum ebenso wie die Abgabe von Schlaf- und Ernährungsberichten. Buchstäblich über jeden Schritt seiner Bürger ist dieser Staat informiert.") nicht aus der Luft gegriffen ist, dann ist es meines Erachtens eindeutig SF.

Die Amazon-Beschreibung ist völlig zutreffend, und Deine Schlussfolgerung ("das ist eindeutig SF") teilt das gesamte DSFP-Komitee.

Aber das ist natürlich auch nur eine Mutmaßung.

Eben. Kann auch sein, dass der Autorin Preise grundsätzlich zuwider sind. (Habe noch nicht gecheckt, ob sie in der Vergangenheit welche angenommen hat. Aber selbst solche Präferenzen können sich ändern.)
Kann auch sein, dass sich die Autorin an den KLP-Regularien stört.
Es kann alles mögliche sein, was ihre Entscheidung in einem anderen Licht erscheinen lassen könnte.

Gruß
Ralf

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#16 † Christian Weis

† Christian Weis

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Geschrieben 08 Mai 2010 - 11:54

Eben. Kann auch sein, dass der Autorin Preise grundsätzlich zuwider sind. (Habe noch nicht gecheckt, ob sie in der Vergangenheit welche angenommen hat. Aber selbst solche Präferenzen können sich ändern.)

Schau mal hier:
http://www.juli-zeh.de/autorin.php

Unter "Preise" sind von 1999 bis 2009 ganze 13 aufgeführt, die sie angenommen hat und mit denen sie sich gern (und warum auch nicht - das ist völlig in Ordnung) schmückt. Wenn sie den KLP ablehnt, kann es eigentlich nur am KLP liegen (möglicherweise an den Regularien, aber bei den 13 anderen Preisen gibt es sicher völlig unterschiedliche Regularien, die nicht gestört haben).

Aber du hast Recht: Es sind alles Mutmaßungen, daher halt ich mich jetzt zurück. Ich möchte der Autorin keinesfalls Unrecht tun, nur hat es schon einen Beigeschmack, wenn die anderen 13 Preise akzeptiert wurden, diese Nominierung aber abgelehnt wurde.

#17 yiyippeeyippeeyay

yiyippeeyippeeyay

    Interstellargestein

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Geschrieben 08 Mai 2010 - 11:57

Es ist, wie John Clute schon sagte: "We won." SF-Elemente sind heutzutage im Mainstream völlig normal. Nur die Altherrenriege im dt. Feuilleton hat das in der Mehrheit noch nicht begriffen (und sie werden es auch nie - da muss man m.E. eher auf den Nachwuchs hoffen). Vielleicht wollte Frau Zeh es sich ja mit denen nicht verscherzen...

/KB

Yay! Fantasy-Reimerei Mitte August...
[..] Verzweiflung beschlich sie im Stillen.

Da ergriff eins der kleinsten das Wort:

"Wenn sich all unsere Wünsche erfüllen,

dann wünschen wir einfach mit Willen

die Wünsche-Erfüllung fort!"

Sie befolgten den Rat und von Stund an war

wieder spannend das Leben und heiter.

Die Kinder war'n froh wie vor Tag und Jahr

und vielleicht gar ein wenig gescheiter.

(BewohnerInnen der Stadt der Kinder, aus der "Geschichte vom Wunsch aller Wünsche", aus Die Zauberschule & andere Geschichten, Neuauflage im Thienemann-Verlag, S. 93, von Ende)


#18 raps

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Geschrieben 08 Mai 2010 - 13:20

Kurz zu Margaret Atwood (weil die oben im Thread erwähnt wurde): Die hat mal in einem Artikel ganz gelassen geschrieben, sie könne durchaus verstehen, wenn andere Leute manche ihrer Werke SF nennen. Sie selbst tue es halt nicht. Gar so schrecklich kann sie die Etikettierung im Übrigen auch nicht finden. Immerhin hat sie dieses Jahr ihren britischen Verlag nicht davon abgehalten, "Das Jahr der Flut" für den Arthur C. Clarke Award einzureichen.

Was Juli Zehs Einstellung zur SF und Genre-SF-Preisen angeht: Wir kennen sie nicht.
Womöglich ist sie ja die Selbstlosigkeit in Person und dachte sich: "Hm, es gibt kein Geld, da kann ich den Preis auch jemandem gönnen, der die Publicity braucht." Das wäre ja ein lobenswerter Gedanke. :fun:
Grüße, Rainer

#19 Gast_Frank Böhmert_*

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Geschrieben 08 Mai 2010 - 14:04

Gut, dass so viele das tief hängen. Es gab auch schon Leute unmittelbar aus der Szene, die aus diversen Gründen für irgendwas nicht nominiert werden wollten. Ich finde es ehrlich gesagt gar keinen guten Zug, Frau Zeh hier zu outen. Was soll denn das werden, Uwe, das Komitee für anti-sf-ige Umtriebe?

#20 molosovsky

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Geschrieben 08 Mai 2010 - 14:10

Hmmmm. Vielleicht kommt ja noch die Absage von Frau Zeh gegen den DSFP. Wenn nicht, dann würde sich meine neueste Vermutung verfestigen, dass Frau Zeh vielleicht nichts gegen SF-Preise an sich hat, sondern nur etwas gegen den Kurt Laßwitz-Preis selber, also gegen den Autor Laßwitz. <Blasphemie>Vielleicht will sie nicht für einen Preis nominiert werden, dessen Namenspatron so schlechte Prosa schrieb.</Blasphemie> Grüße Alex / molo

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#21 simifilm

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Geschrieben 08 Mai 2010 - 14:15

Kurz zu Margaret Atwood (weil die oben im Thread erwähnt wurde): Die hat mal in einem Artikel ganz gelassen geschrieben, sie könne durchaus verstehen, wenn andere Leute manche ihrer Werke SF nennen. Sie selbst tue es halt nicht. Gar so schrecklich kann sie die Etikettierung im Übrigen auch nicht finden. Immerhin hat sie dieses Jahr ihren britischen Verlag nicht davon abgehalten, "Das Jahr der Flut" für den Arthur C. Clarke Award einzureichen.


Ich habe Atwood vor nicht allzu langer Zeit bei einer Lesung erlebt und da machte sie recht deutlich, dass sie nichts gegen SF hat. Sie unterschied zwischen "Science Fiction", "where alien beings suck out human brains through a straw" (aus dem Gedächtnis zitiert) und "speculative fiction", die mehr oder weniger mögliche Ereignisse auf unserer Erde extrapoliert. Letzteres sei das, was sie schreibe; gegen Ersteres habe sie nichts, sie könne es aber nicht schreiben. Und sie möchte nicht den Eindruck erwecken, dass sie Ersteres schreibe.

Um aus einem Artikel von 2004 von Atwood zu zitieren (aus: Atwood, Margaret: „The Handmaid's Tale and Oryx and Crake in Context“. In: PMLA. Jg. 119, Nr. 3, 2004, 513-517. DOI: 10.1632/003081204X20578):

I said I liked to make a distinction between science fiction proper†” for me, this label denotes books with things in them we can†™t yet do or begin to do, talking beings we can never meet, and places we can†™t go†” and speculative fiction, which employs the means already more or less to hand, and takes place on Planet Earth.

I said I made this distinction, not out of meanness, but out of a wish to avoid false advertising: I didn†™t want to raise people†™s hopes. I did not wish to promise†”for instance†”the talking squid of Saturn if I couldn†™t deliver them. But some people use both terms interchangeably, and some employ one of them as an umbrella term, under which subgenres may cluster. Speculative fiction may be used as the tree, for which science fiction, science fiction fantasy, and fantasy are the branches. The beast has at least nine heads, and the ability to eat all other fictional forms in sight, and to turn them into its own substance. (In this way it†™s like every other form of literature: genres may look hard and fast from a distance, but up close it†™s nailing jelly to a wall.)


Signatures sagen nie die Wahrheit.

Filmkritiken und anderes gibt es auf simifilm.ch.

Gedanken rund um Utopie und Film gibt's auf utopia2016.ch.

Alles Wissenswerte zur Utopie im nichtfiktionalen Film gibt es in diesem Buch, alles zum SF-Film in diesem Buch und alles zur literarischen Phantastik in diesem.
 

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#22 Uwe Post

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Geschrieben 08 Mai 2010 - 14:42

Ich finde es ehrlich gesagt gar keinen guten Zug, Frau Zeh hier zu outen. Was soll denn das werden, Uwe, das Komitee für anti-sf-ige Umtriebe?


Quatsch.

Es handelt sich schlicht und ergreifend um ein Ereignis, das aus journalistischer Perspektive interessant genug ist, um der Öffentlichkeit bekannt gemacht zu werden.

Wenn sich ein Politiker kaufen lässt, verschweigt man's ja auch nicht, bloß weil es jemandem unangenehm sein könnte :P

Der Vollständigkeit halber gebe ich zu Protokoll, dass ich die Veröffentlichung dieser Nachricht mit Udo Klotz abgestimmt habe.
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#23 Rusch

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Geschrieben 08 Mai 2010 - 15:27

Ich würde mal so sagen: Frau Zeh kann eine Nominierung eigentlich nicht ablehen. Sie kann höchstens den Preis ablehnen.

Möglicherweise spekuliert sie auf den "Friedenspreis des Deutschen Buchhandels" oder gar den "Nobelpreis" und denkt vielleicht, es könnte schaden, wenn sie da schon für einen Genrepreis nominiert war.


Na so toll ist der Roman auch wieder nicht...

Bearbeitet von Rusch, 08 Mai 2010 - 17:49.


#24 HMP †

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#25 Naut

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Geschrieben 08 Mai 2010 - 18:08

Vielleicht sollte man den Preis in "Superbegabten-Preis" oder so umbenennen, damit Frau Zeh sich damit besser anfreunden kann. Molo hat meine bisherige Einschätzung von Zehs literarischem Output schon ganz gut zusammengefasst. Allerdings ist es müßig, über ihre Gründe zu spekulieren, da sie uns (und dem Preis) sicher kaum den Gefallen tut, ihre Motivation zur Ablehnung darzulegen, würde sie damit ja mithin die ganze Aktion der Ablehnung sabotieren. Schade. Mich interessiert das nämlich durchaus. Und ich werde das Buch trotzdem lesen, wenn es als Taschenbuch erscheint, obwohl ich "Schilf" wirklich in manchen Teilen grottenschlecht fand.
Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#26 valgard

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Geschrieben 08 Mai 2010 - 19:02

Der Gewinn des DSFP und die gleichzeitige Ablehnung des Preises durch Frau Zeh würde dem Roman sicherlich mehr Aufmerksamkeit bescheren als dies normalerweise der Fall gewesen wäre. Dies sieht man ja nun schon anhand der Diskussion um diesen Umstand.

Gruß
Andreas Nordiek


Das Buch würde ich mir aber nicht kaufen weil es durch solche umstände mehr Aufmerksamkeit eringen sollte!
Da habe ich andere Kriterien.

valgard
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#27 Jakob

Jakob

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Geschrieben 08 Mai 2010 - 19:06

Ehrlich gesagt finde ich, die Spekulation über Motive für die Ablehnung gehört sich eigentlich nicht. Wenn Juli Zeh öffentlich was Dummes zum Thema SF sagt, dann kann man ihr das ankreiden, aber wenn man nur vermutet, dass etwas Dummes zum Thema SF in ihrem Kopf vorgeht - dann vermutet man eben nur, und das kann und sollte man im Stillen tun. Vielleicht hat sie ja tatsächlich gute Gründe (und sei es nur, dass sie nichts für Laßwitz übrig hat). Dem KLP bricht dadurch jedenfalls kein Zacken aus der Krone.
"If the ideology you read is invisible to you, it usually means that it’s your ideology, by and large."

R. Scott Bakker

"We have failed to uphold Brannigan's Law. However I did make it with a hot alien babe. And in the end, is that not what man has dreamt of since first he looked up at the stars?" - Zapp Brannigan in Futurama

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#28 Gast_Frank Böhmert_*

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Geschrieben 08 Mai 2010 - 20:26

Der Vollständigkeit halber gebe ich zu Protokoll, dass ich die Veröffentlichung dieser Nachricht mit Udo Klotz abgestimmt habe.

Tja, entweder schafft man so eine dezente Möglichkeit der Ablehnung einer Nominierung im Vorfeld und hält dann sein Maul, oder man vergibt so einen Preis öffentlich und er muss dann öffentlich abgelehnt werden.

Aber die Kombi finde ich, mit Verlaub, scheiße.

Und feige.

Und "interessant" finde ich das höchstens schmierenjournalistisch.

#29 Gast_Jorge_*

Gast_Jorge_*
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Geschrieben 08 Mai 2010 - 20:39

Was Juli Zehs Einstellung zur SF und Genre-SF-Preisen angeht: Wir kennen sie nicht.


Ganz genau!

Würde sich die hier versammelte Verschwörungsriege also bitte mit wirren Theorien und Vorwürfen zurückhalten...ihr macht euch nämlich absolut lächerlich :P !

#30 Martin Stricker

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Geschrieben 08 Mai 2010 - 21:56

Es ist das gute Recht eines jeden Autors und einer jeden Autorin, in einem bestimmten Genre schreiben oder eben nicht schreiben zu wollen. Allerdings obliegt es dieser Person dann auch, sich über die Definition des betreffenden Genres zu informieren und die Genregrenzen dann einzuhalten. Tut diese Person das nicht, muß sie damit rechnen, daß ihre Leser ihr Werk anders einsortieren als erwünscht, mit allen sich daraus ergebenden Folgen, denn dies ist das gute Recht der Leser. :P Es ist auch das gute Recht einer für einen Preis gekürten Person, diesen Preis abzulehnen, genau wie es das gute Recht der Preisverleiher ist, die vorgesehene Ehrung dennoch zu publizieren. Wenn der Fall eintreten sollte, daß ein Preisträger des DSFP den Preis ablehnt, werde ich das akzeptieren (auch wenn es mir nicht gefallen wird). Ich werde mich bei der Endbewertung auch nicht davon beeinflussen lassen (was im vorliegenden Fall sowieso keinen Unterschied gemacht hätte, da mir "Corpus Delicti" nicht besonders zusagt, da stimme ich mit Alex/molosovsky überein). Über die Öffentlichmachung der Nominierungsablehnung bin ich nicht besonders glücklich (ich wußte bereits davon), da dies die in den KLP-Statuten vorgesehene Ablehnungsmöglichkeit ad absurdum führt...


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