Wenn dem so ist, dann erfüllen wir diese hohen Kriterien für Demokratie selbst nicht - denn auch zum Einbürgerungsverfahren, das man durchlaufen muss, wenn man nicht "von Geburt an" deutscher Staatsbürger ist, zählen Kriterien, die nicht jeder erfüllen kann. Die Hindernisse sind dann eher geistiger als körperlicher Natur - aber auch da kommt ein Faktor hinzu, der in einer Demokratie eigentlich gar nichts verloren hat.Wenn es ein Verfahren ist, bei dem von vorneherein klar ist, dass gewisse Leute es nicht bestehen können, weil sie beispielsweise körperlich nicht dazu in der Lage sind, würde ich das schon für einen prinzipiellen Unterschied halten, der dem Egalitätsgedanken, der eben durchaus Teil moderner Demokratien ist, widerspricht.
Ich erinnere mich da nämlich an eine Bekannte, die als Italienerin hier in Deutschland geboren ist, hier gelebt und gearbeitet hat und mit Italien nichts weiter zu tun hatte - die aber bis zu ihrer Heirat trotzdem nicht die deutsche Staatsbürgerschaft beantragt hat, weil die finanzielle Hürde ihr schlicht zu hoch lag
Körperliche, geistige oder finanzielle Hürden ... ist für mich kein prinzipieller Unterschied. Dabei darf man nicht vergessen, dass selbst das Frauenwahlrecht bis in die Moderne hinein in vielen Demokratien nicht vorhanden war, ohne dass dadurch die Einordnung des Systems als Demokratie in Frage gestellt wurde. Es fällt mir schwer, einen prinzipiellen Unterschied im Ausschluss durch Geschlecht oder durch körperliche Eignung zu erkennen - außer dass die körperliche Eignung egalitären Prinzipien noch mehr gerecht wird, weil das "von vornherein klar" nicht gar so klar ist wie das Geschlecht und innerhalb gewisser Grenzen durchaus beeinflussbar.
Beides erscheint uns heute vermutlich "undemokratisch". Aber wenn man den Details der Ausgestaltung von Demokratie einen gewissen zeitlichen Wandel zubilligt, muss man auch feststellen, dass Starship Troopers keine zeitgenössische Demokratie schilderte. Demokratien waren mal anders, als wir es uns heute vorstellen. Sie werden in Zukunft anders sein. Wenn ich mir den zeitlichen Wandel demokratischer Systeme vor Augen halte, finde ich nicht, dass ST herausfällt. Jedenfalls nicht zwangsläufig wegen der Kriterien der Bürgerrechtsvergabe.
Wenn man das Ganze vor dem Hintergrund der "politischen Gesinnung Heinleins" betrachtet und das dargestellte System dementsprechend als Kommentar eines Zeitgenossen zum gegenwärtigen Demokratieverständnis betrachtet, dann bekommt der Vorgang womöglich eine pikante und zweifelhafte Note. Aber, wie gesagt, dass will ich eigentlich nicht. Den Bonus gebe ich der SF gerne, dass ich den Büchern zubillige, dass sie Gesellschaften beschreiben, die von den unseren so weit entfernt sind wie die attische Demokratie in die andere Richtung. Das verhindert nicht, dass ich mir Gedanken mache, was ich von den dargestellten Dingen halte; es sorgt aber zumindest dafür, dass ich das, was dargestellt wird, nicht automatisch in unseren zeitgenössischen Bezugsrahmen einordne, sondern in die komplette Bandbreite historischer Vorbilder.
Das sei dir unbenommen. Aber da muss man immer noch unterscheiden zwischen dem Wert, dem man der Zeit für die persönliche Entwicklung zumisst, und dem ideellen Wert für die Gesellschaft an sich - das persönliche Erleben ist da also gewiss nicht das einzige Kriterium relevante Kriterium für die Wertschätzung.Ich hatte auch das zweifelhafte Vergnügen, Militärdienst zu leisten, und halte diese Zeit für die grösste Verschwendung von Zeit und Energie, die ich bislang erleben durfte.
Aber gut, ich für meinen Teil kann auch keine persönlich schlechten Erfahrungen beisteuern, außer dem gelegentlichen Gefühl bei Geländeübungen, dass ich eigentlich schon zu alt bin für solche "Liverollenspiele" in der freien Natur (nur dass ich damals noch gar keine LARPs kannte). Aber dafür habe ich jede Schulung mitgenommen, die ich kriegen konnte, und da waren eine Menge Sachen dabei, von denen ich nicht wüsste, wie man so was sonst lernen sollte .
Ob das jetzt allerdings wichtig war für die staatsbürgerliche Eignung, darüber mag man dann streiten. Aber es beeinflusst womöglich die persönliche Wertung literarischer Darstellungen.