Simi bringt es eigentlich perfekt auf den Punkt. Insbesondere, warum ich eher von einem "symmetrischen Konflikt" sprechen würde statt von einer Wertefrage.
Manchmal schießen die Anti-Rauchergesetze übers Ziel hinaus - Raucherabteile in Zügen haben mich noch nie gestört, so wenig wie getrennte Raucherbereiche in Gaststätten, so lange die Trennung auch funktioniert. Aber wenn deren vollständige Abschaffung der Preis ist, den ich dafür bezahlen muss, dass ich überall zumindest eine rauchfreie Ecke vorfinde, dann bin ich bereit, das zu ertragen.
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Raucher sehen das naturgemäß oft anders, aber ich glaub halt nicht, dass hinter dieser Haltung ein tieferer, werteorientierter Sinn steckt als gleichfalls die persönliche Betroffenheit.
a3kHH schrieb am 05.12.2010, 21:00:
Komisch, alle Raucher die ich kenne, haben bisher Rücksicht auf Raucher genommen.
Alle Raucher in meinem persönlichen Bekanntenkreis nehmen gleichfalls Rücksicht. Sogar auf Nichtraucher!

Aber das eine bedingt vermutlich das andere. Aber, wie festgestellt, schon im weiteren Familienkreis, den man ja nicht handverlesen zusammenstellt, sieht es anders aus.
Und, wie oben festgestellt: Ich glaube durchaus gern, dass nur eine kleine Minderheit der Raucher offen rücksichtslos ist. Aber die Verhältnisse sind halt trotzdem so, dass Freiwilligkeit nicht funktioniert, solange auch nur 5% keine Rücksicht nimmt. Die Zahl reicht aus, um in der Öffentlichkeit quasi für Dauerbelästigung zu sorgen. Die, die Rücksicht nehmen, fallen logischerweise nicht auf.
Und die Zahlen sind weit schlechter als 5%, wenn man nicht nur die aktive, sondern auch passive Rücksichtslosigkeit berücksichtigt. Was ich sehr oft gesehen habe in Lokalen sind Raucher, die konsequent die Zigarette aus lassen, solange jemand aus ihrer Gemeinschaft noch isst. Sobald der letzte am Tisch fertig ist, zünden sie sich dann die Zigarette an - selbst wenn am Nebentisch das Essen gerade erst aufgetragen wurde und der Fremde dort näher bei ihnen sitzt als der letzte an ihrem Tisch, auf den sie Rücksicht genommen haben.
Man kann also nicht sagen, dass diese Leute rücksichtslos sind. In ihrer eigenen Gemeinschaft fallen sie vermutlich nicht so auf, aber sie nehmen halt auch nur Rücksicht auf die Leute, die sie gerade bewusst vor Augen haben - und dieser Blick reicht mitunter nicht sehr weit. Und ich habe auch schon oft erlebt, dass diese Leute dann doch sehr grantig reagieren, wenn man sie dann vom Nebentisch aus anspricht. Sie sind rücksichtsvoll, klar, und sie machen dann auch die Zigarette aus, wenn man sie ausdrücklich daran erinnert, dass noch andere Leute im Raum sind. Aber halt nur mit Gegrummel, Grimassen, dummen Sprüchen zu ihren Bekannten - also mit dem deutlich gezeigten Bekenntnis, dass sie es als Zumutung empfunden, ihre Rücksichtnahme so weit ausdehnen zu müssen, weil sie das Gefühl bekommen, dass sie ja nie zum Rauchen kommen, wenn sie auch noch auf den letzten Anwesenden in Reichweite achten müssten.
Und so eine schlechte Stimmung vermiest einem den Abend schon fast so sehr wie das Rauchen selbst, und das braucht man dann auch nicht.
Und Prohibition ... noch nicht. Noch ist das Rauchen ja erlaubt. Wenn es denn verboten wäre, gäbe es aber tatsächlich wenig grundsätzliche Angriffspunkte. Immerhin ist auch Cannabis verboten, was erwiesenermaßen weniger schädlich ist als Rauchen. Ich würde also sagen, Prohibitionsgesetze kann man durchaus angreifen im Sinne von ändern - sonst gäb's in den USA ja immer noch keinen Alkohol. Aber ein wirklicher nie gekannter Freiheitsverlust wäre selbst ein völliges Rauchverbot in Deutschland nicht, sondern nichts weiter als eine weitere Droge auf der Verbotsliste mit quantitativ weiteren vom Verbot Betroffenen, aber nicht mit einem qualitativen Unterschied in Berechtigung des Verbots.
Und lustigerweise sind die Zustimmungsraten, bisher verbotene Rauschgifte freizugeben, bei den freiheitsliebenden Rauchern auch nicht höher als bei Nichtrauchern. Was auch wiederum daran zweifeln lässt, dass es den Rauchverbots-Gegnern tatsächlich um individuelle Freiheitsrechte und nicht nur ums eigene ungestörte Rauchen geht. Auch hier könnte die liberale Raucherfraktion also ein wenig mehr für ihre Glaubwürdigkeit tun, wenn sie sich zur anderen Seite nicht wieder ebenso stark von anderen Verbotsopfern abgrenzen täte und ein wenig mehr auch im Bereich "Freiheit ist auch die Freiheit der Andersedenkenden" auffallen würde ... also selbst nicht nur bei den eigenen Interessen jammern würde.
"Modern Economics differs mainly from old Political Economy in having produced no Adam Smith. The old 'Political Economy' made certain generalisations, and they were mostly wrong; new Economics evades generalisations, and seems to lack the intellectual power to make them." (H.G. Wells: Modern Utopia)