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Klassische Erzählweise vs Postmoderne in der SF


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214 Antworten in diesem Thema

#121 simifilm

simifilm

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Geschrieben 16 Dezember 2010 - 18:37

Ich halte die Verwendung von Texas als beispielhafte Region für genauso fragwürdig, wie wenn ich Appenzell Ausserrhoden als repräsentativ für die Schweiz angeben würde.


Wenn man die letzte Abstimmung hier anschaut, ist Appenzell Ausserrhoden leider in der Tat repräsentativ. ;)

Bearbeitet von simifilm, 16 Dezember 2010 - 18:38.

Signatures sagen nie die Wahrheit.

Filmkritiken und anderes gibt es auf simifilm.ch.

Gedanken rund um Utopie und Film gibt's auf utopia2016.ch.

Alles Wissenswerte zur Utopie im nichtfiktionalen Film gibt es in diesem Buch, alles zum SF-Film in diesem Buch und alles zur literarischen Phantastik in diesem.
 

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#122 Lucardus

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Geschrieben 16 Dezember 2010 - 18:54

Später habe ich mich dann in einem Anfall von Grössenwahn am Ulysses versucht und habe da vor allem gemerkt, dass Joyce ganz offensichtlich ein vollkommen anderes Referenzsystem hat als ich (nicht weiter erstaunlich) und ich all die 1000 Anspielungen nicht einmal ansatzweise verstehe.

PS: Beide, Musil und Joyce, sind nicht postmodern. ;)

Ist Joyce nicht der Mensch der gefühlte 1 Million Flussnamen (?) zu einem Text verwurstet und dabei der englischen Sprache ganz neue Wörter der hinzugefügt hat? Hmm, ich meine mich erinnern zu können, dass das in "Finnegans Wake" vorkommt.
Ich habe Achtung vor dieser intellektuellen Leistung, aber das sind Mauern, die ich nicht erklimmen möchte. Wobei mir jetzt wieder Zweifel kommen, ob ich doch wieder alles falsch verstehe, wenn das jetzt nicht "postmodern" ist. *heul* *schluchz*
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#123 simifilm

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Geschrieben 16 Dezember 2010 - 18:57

Wobei mir jetzt wieder Zweifel kommen, ob ich doch wieder alles falsch verstehe, wenn das jetzt nicht "postmodern" ist. *heul* *schluchz*


Einfache Faustregel: Alles, was vor dem Zweiten Weltkrieg erschienen ist, kann nicht postmodern sein, weil diese Epoche eben die Moderne ist. Von postmodern als Epochenbegriff kann man an sich erst so ab den 1950ern sprechen.

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#124 Konrad

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Geschrieben 16 Dezember 2010 - 19:00

Wenn man die letzte Abstimmung hier anschaut, ist Appenzell Ausserrhoden leider in der Tat repräsentativ. ;)

Oder ist das Appenzell Innerrhoden?
Die letzte Bastion für richtige Männer? :D

#125 Lucardus

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Geschrieben 16 Dezember 2010 - 19:03

Einfache Faustregel: Alles, was vor dem Zweiten Weltkrieg erschienen ist, kann nicht postmodern sein, weil diese Epoche eben die Moderne ist. Von postmodern als Epochenbegriff kann man an sich erst so ab den 1950ern sprechen.

Heißt das, dass "Postmodern" überhaupt nichts mit der Form des Textes zu tun hat, sondern nur mit dessen Entstehungszeit? Aber warum vergleichen wir dann im Threadtitel die "klassische Erzählweise (!)" mit der "Postmoderne"? ;)

Bin ich jetzt völlig Banane?
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#126 simifilm

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Geschrieben 16 Dezember 2010 - 19:09

Heißt das, dass "Postmodern" überhaupt nichts mit der Form des Textes zu tun hat, sondern nur mit dessen Entstehungszeit? Aber warum vergleichen wir dann im Threadtitel die "klassische Erzählweise (!)" mit der "Postmoderne"? ;)


Also zumindest ich habe vor allem von "klassischer Erzählweise" vs. moderne Erzählweise gesprochen (und mehrfach versucht, darauf aufmerksam zu machen, dass die Postmoderne für meine Argumentation gar nicht so zentral ist). Aber im Grunde können wir auch einfach von klassischer vs. nicht-klassischer Erzählweise sprechen.

Die Moderne ist als Epoche plus/minus zwischen 1900 und dem Zweiten Weltkriege anzusiedeln und in dieser Zeit haben sich zahlreiche nicht-klassische Erzählweisen herausgebildet. Die Postmoderne als Epoche setzt so ab 1950, 1960 an und zeichnet sich teilweise durch eine Radikalisierung gewisser moderne Stile aus, aber auch durch einige neue Zutaten (wie eben das ironisch-spielerische Zitieren).

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#127 Pogopuschel

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Geschrieben 16 Dezember 2010 - 19:14

war jetzt auch etwas überspitzt formuliert ... konkret geht das natürlich wenn überhaupt nur am Einzelwerk, und da auch nur begrenzt. Ich verstehe ja auch oft genug nicht, was andere Leute an einem Buch finden. Oder, um das Medium zu wechseln: Ich kenne einen Haufen schlaue leute, die "True Blood" toll finden, ich finde, die serie ist eine Schande für HBO. Aber irgendwas wird wohl dran sein.


OT:
Ich finde die Serie auch klasse, obwohl komplexe Geschichten wie "The Wire" mein Highlight der letzten Jahre sind. Wobei ich mir nicht anmaßen würde, mich als schlau zu bezeichnen. ;)
Was meinst du denn mit Schande? (fragt jemand, der HBO-Fan ist)

Gruß Markus

#128 molosovsky

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Geschrieben 16 Dezember 2010 - 19:33

Da ein gewisses Durcheinander der Begriffen herrscht †¦ Klassisch, Moderne, Postmoderne †¦ schlage ich vor, dass man erstmal zwischen ›konventionellem‹ und ›unkonventionellem‹ Erzählen unterscheidet. Die Sache mit der Moderne und der Postmoderne ist so verfranzt, das ich da selten wirklich sicher bin, wohin man ein Werk sortieren soll †¦ wobei Simis Vorschlag, hierbei zuerst mal auf die Entstehungszeit zu gucken sicherlich hilft. Ist »Tristram Shandy« von Sterne oder der Werther vom Goethe dann Prä-(Post-)Moderne? ;) Grüße Alex / molo

MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.

Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.

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#129 simifilm

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Geschrieben 16 Dezember 2010 - 20:00

Da ein gewisses Durcheinander der Begriffen herrscht †¦ Klassisch, Moderne, Postmoderne †¦ schlage ich vor, dass man erstmal zwischen ›konventionellem‹ und ›unkonventionellem‹ Erzählen unterscheidet.



He, was ist denn das? Ein Nomenklutar-Vorschlag von molo, dem ich zustimmen kann! ;) Für die Diskussion sind die Bezeichnung sicher einfacher (wobei mir der von mir skizzierte Zusammenhang zwischen philosophisch-geistesgeschichtlicher Entwicklung und literarischen Stilen aber dennoch wichtig scheint).

Ist »Tristram Shandy« von Sterne oder der Werther vom Goethe dann Prä-(Post-)Moderne? :D


Wo siehst Du das (Post)Moderne beim Werther? Der ist doch Sturm und Drang pur.

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#130 Konrad

Konrad

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Geschrieben 16 Dezember 2010 - 20:08

Vielleicht wäre es nützlich, mal ein paar SF-Beispiele für moderne literarische Ausdrucksformen aufzulisten. Mir fällt zur Collage-Technik nur zwei Beispiele ein: John Brunners "Morgenwelt" und Joe Haldemans "Die Denkbrücke" Für Stream-of-Consciousness vielleicht: Robert Silverbergs "Es stirbt in mir" und Brian Aldiss "Barfuss im Kopf"

Bearbeitet von Konrad, 16 Dezember 2010 - 20:11.


#131 molosovsky

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Geschrieben 16 Dezember 2010 - 20:08

Sturm & Drang †¦ ist doch nur so eine Bezeichnung die dazu dienen soll, einen deutschen Sonderweg zu postulieren. Werther ist sprachlich aber bis heute ziemlich modern, vor allem zum Ende hin. Grüße Alex / molo

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#132 simifilm

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Geschrieben 16 Dezember 2010 - 20:13

Vielleicht wäre es nützlich, man mal ein paar SF-Beispiele für moderne literarische Ausdrucksformen aufzulisten.

Mir fällt zur Collage-Technik nur zwei Beispiele ein:
John Brunners "Morgenwelt" und
Joe Haldemans "Die Denkbrücke"

Für Stream-of-Conciousness vielleicht:
Robert Silverbergs "Es stirbt in mir" und
Brian Aldiss "Barfuss im Kopf"


Camp Concentration von Thomas M. Disch: Partien mit wilden Collage und eine Art Stream-of-Conciousness.

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#133 Konrad

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Geschrieben 16 Dezember 2010 - 20:37

Dan Simmons "Hyperion" für Intertextualität.

#134 simifilm

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Geschrieben 16 Dezember 2010 - 21:19

Slaughterhouse-Five von Kurt Vonnegut: Völlig nicht-lineares Erzählen, unklarer Realitätsstatus der Tralfamadore-Szenen, Metafiktionalität (der Roman ist als Roman kennbar gemacht, der Autor tritt selber innerhalb der Fiktion auf).

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#135 Konrad

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Geschrieben 16 Dezember 2010 - 22:08

Slaughterhouse-Five von Kurt Vonnegut: Völlig nicht-lineares Erzählen, unklarer Realitätsstatus der Tralfamadore-Szenen, Metafiktionalität (der Roman ist als Roman kennbar gemacht, der Autor tritt selber innerhalb der Fiktion auf).

Ja richtig, in "Schlachthof 5" findet man viele Techniken.

Mehrere Beispiele für Metafiktion findet man auch bei Philip K. Dick.
"Das Orakel vom Berge"
"Valis"
"Irrgarten des Todes"

Bearbeitet von Konrad, 16 Dezember 2010 - 23:03.


#136 Jakob

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Geschrieben 17 Dezember 2010 - 00:37

Alfred Besters "The Stars My Destination" für Arbeit mit dem Sprachmaterial.
"If the ideology you read is invisible to you, it usually means that it’s your ideology, by and large."

R. Scott Bakker

"We have failed to uphold Brannigan's Law. However I did make it with a hot alien babe. And in the end, is that not what man has dreamt of since first he looked up at the stars?" - Zapp Brannigan in Futurama

Verlag das Beben
Otherland-Buchhandlung
Schlotzen & Kloben
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#137 Naut

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Geschrieben 17 Dezember 2010 - 08:27

Vielleicht wäre es nützlich, mal ein paar SF-Beispiele für moderne literarische Ausdrucksformen aufzulisten.

Mir fällt zur Collage-Technik nur zwei Beispiele ein:
John Brunners "Morgenwelt" und
Joe Haldemans "Die Denkbrücke"

Von John Brunner könnte man aber noch mehr nennen, u.a. "Schafe blicken auf", "Der Schockwellenreiter", "Ein irrer Orbit", "Am falschen Ende der Zeit", alles Collagen.

Echt nebenläufige Handlungen, also Sachen, die parallel ablaufen und auch so abgedruckt wurden, habe ich in der SF bisher nur in Walter John Williams "Aristoi" gesehen (und bei Nadine Boos, und *räusper* bei mir ;) Na ja, Imitation ist die höchste Form der Anerkennung, sagt man).

Für Spielereien mit Layout, Typographie und auch Collagetechnik möchte ich noch Douglas Coupland nennen. "Microslaves" und "JPod" sind schon abgefahrene Dinger, wo sonst findet man seitenlang Programmlistings oder Binärcodes abgedruckt und es hat auch noch etwas mit der Geschichte zu tun?

Arno Schmidt bewundere ich für seine Spielereien mit der Interpunktion - auch wieder ein Stilmittel, das ich gern geklaut habe.

Elisabeth Moon schreibt in "Die Geschwindigkeit des Dunkels" ein Kapitel aus der Innensicht eines (heilenden) Autisten. Ich habe selten etwas so fremdartiges gelesen.

Tobias O. Meißners toller Rollenspiel-Roman "Das Paradies der Schwerter" ändert in vielen Kapiteln die Erzählweise abhängig vom Protagonisten. Das geht so weit, dass ein Kapitel als Lyrik abgefasst ist. Fand ich sehr passend, und geht einen Schritt weiter als Tolkien, der ja "nur" Hintergrundinfos als Lyrik liefert. (Ah, Mist. das ist ja gar keine SF. Dabei wollte ich gerade Reif Larsen erwähnen.)
Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#138 lapismont

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Geschrieben 17 Dezember 2010 - 09:03

Ah, das mit den Beispielen finde ich gut, wenn ich auch (wieder einmal) nur ein Werk davon kenne.
;)

Vermutlich gingen "unkonventionell erzählte" Geschichte an mir getarnt vorüber.

Wenn es einen Autor gibt, der unbestritten postmodern ist, dann wohl Pynchon.


Wenigstens das kann ich nun einordnen, da ich "Gegen den Tag" immer noch als Langzeitprojekt nebenher lese (bin auch schon auf S. 1168!).
Und wahrscheinlich ist diese Art des Lesens auch eine unbewusste reaktion auf das Unkonventionelle. Bei Vellum etwa bemerkte ich, dass Rotwein und späte Nachtstunden das Verständnis erhöhten, bzw. das Lesen assoziativer machten. Klingt blöd, aber ich empfand das so. Man musste da vielmehr selbst Verbindungen herstellen, während man bei Pynchon hochwach und aufmerksam bleiben muss.

Was ich sagen will ist, dass auch der Leser selbst eine Art von Unkonventionalität besitzen muss.

Apropos Beispiele: Ich würde auch die beiden Canopus-Romane die kenne dazu zählen, also "Shikasta" und "Die Entstehung des Repräsentanten" von Planet 8 von Doris Lessing.

Überlicht und Beamen wird von Elfen verhindert.

Moderator im Unterforum Fantasyguide
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#139 Susanne11

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Geschrieben 17 Dezember 2010 - 09:35

Slaughterhouse-Five von Kurt Vonnegut: Völlig nicht-lineares Erzählen, unklarer Realitätsstatus der Tralfamadore-Szenen, Metafiktionalität (der Roman ist als Roman kennbar gemacht, der Autor tritt selber innerhalb der Fiktion auf).

Ich wollte mir gerade die deutsche Ausgabe bestellen und fand einen Hinweis von wegen sehr schlechter Übersetzung.
Ist die Übersetzung wirklich so übel, dass es sich nicht lohnen würde die deutsche Ausgabe zu lesen?

#140 simifilm

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Geschrieben 17 Dezember 2010 - 09:40

Ich wollte mir gerade die deutsche Ausgabe bestellen und fand einen Hinweis von wegen sehr schlechter Übersetzung.
Ist die Übersetzung wirklich so übel, dass es sich nicht lohnen würde die deutsche Ausgabe zu lesen?


Weiss ich nicht, ich kenne nur das englische Original. Ich kann mir aber vorstellen, dass es nicht ganz einfach sein dürfte, den speziellen Sound des Buchs zu treffen.

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#141 Konrad

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Geschrieben 17 Dezember 2010 - 09:53

Von John Brunner könnte man aber noch mehr nennen, u.a. "Schafe blicken auf", "Der Schockwellenreiter", "Ein irrer Orbit", "Am falschen Ende der Zeit", alles Collagen.

Ja, du hast recht, Schande über mich. :o
Es ist schlimm, wieviel man vergißt (naja, nach doch immerhin über 30 Jahren, als ich die gelesen habe).
"Morgenwelt" überstrahlt als "die ultimative Collage" alles andere.

Für Spielereien mit Layout, Typographie und auch Collagetechnik möchte ich noch Douglas Coupland nennen. "Microslaves" und "JPod" sind schon abgefahrene Dinger, wo sonst findet man seitenlang Programmlistings oder Binärcodes abgedruckt und es hat auch noch etwas mit der Geschichte zu tun?

Mir sind auch ein paar Werke eingefallen, die man auf Grund der eingestreuten Informationselemente (Briefe/Fernschreiben/Fax, Computerausdrucke, Werbebotschaften) eingeschränkt Collage nennen könnte; eingeschränkt deshalb, weil der Plot oft eher lineare Züge trägt. Collagen findet man doch häufiger, wenn man länger darüber nachdenkt.
Michael Crichtons "Andromeda"
Herbert W. Frankes "Ypsilon minus"
Frederik Pohls "Gateway"

Wo du das mit den Programmlistings erwähnst, kann ich mich erinnern, vor ewigen Zeiten mal einen SF-Roman gelesen zu haben, in dem Fortran-Listings vorkamen.
Ich fand das damals allerdings ziemlich dämlich.
Was für ein Roman das war, kann bestimmt Jorge beantworten.

PS: Es war Pohls "Gateway", eine Art Pseudo-Fortran. ;)

Bearbeitet von Konrad, 17 Dezember 2010 - 12:01.


#142 simifilm

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Geschrieben 17 Dezember 2010 - 10:12

Mir sind auch ein paar Werke eingefallen, die man auf Grund der eingestreuten Informationselemente (Briefe/Fernschreiben/Fax, Computerausdrucke, Werbebotschaften) eingeschränkt Collage nennen könnte; eingeschränkt deshalb, weil der Plot oft eher lineare Züge trägt. Collagen findet man doch häufiger, wenn man länger darüber nachdenkt.
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Herbert W. Frankes "Ypsilon minus"
Frederik Pohls "Gateway"


Ich kenne alle drei Beispiele nicht, aber hin und wieder eingestreute andere Texte machen in meinen Augen noch nicht Collage resp. Montage aus. Der klassische Briefroman fällt nicht wirklich unter Montage. Charakteristisch für die Montagetechnik ist, dass scheinbar ganz disparate Texte aufeinander stossen, die nicht durch eine Rahmung klar eingeführt sind.

Weil ich's gerade bei der Hand habe, hier ein Abschnitt aus dem Beginn von Döblins Berlin Alexanderplatz, wohl einer der bekanntesten deutschen Montageromane:

Er wanderte die Rosenthaler Straße am Warenhaus Tietz vorbei, nach rechts bog er ein, in die schmale Sophienstraße. Er dachte, diese Straße ist dunkler, wo es dunkel ist, wird es besser sein. Die Gefangenen werden in Einzelhaft, Zellenhaft und Gemeinschaftshaft untergebracht. Bei Einzelhaft wird der Gefangene bei Tag und Nacht unausgesetzt von anderen Gefangenen gesondert gehalten. Bei Zellenhaft wird der Gefangene in einer Zelle untergebracht, jedoch bei Bewegung im Freien, beim Unterricht, Gottesdienst mit anderen zusammengebracht. Die Wagen tobten und klingelten weiter, es rann Häuserfront neben Häuserfront ohne Aufhören hin. Und Dächer waren auf den Häusern, die schwebten auf den Häusern, seine Augen irrten nach oben: wenn die Dächer nur nicht abrutschten, aber die Häuser standen grade. Wo soll ick armer Deibel hin, er latschte an der Häuserwand entlang, es nahm kein Ende damit. Ich bin ein ganz großer Dussel, man wird sich hier doch noch durchschlängeln können, fünf Minuten, zehn Minuten, dann trinkt man einen Kognak und setzt sich. Auf entsprechendes Glockenzeichen ist sofort mit der Arbeit zu beginnen. Sie darf nur unterbrochen werden in der zum Essen, Spaziergang, Unterricht bestimmten Zeit Beim Spaziergang haben die Gefangenen die Arme ausgestreckt zu halten und sie vor- und rückwärts zu bewegen.


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#143 Konrad

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Geschrieben 17 Dezember 2010 - 10:36

Ich kenne alle drei Beispiele nicht, aber hin und wieder eingestreute andere Texte machen in meinen Augen noch nicht Collage resp. Montage aus. Der klassische Briefroman fällt nicht wirklich unter Montage. Charakteristisch für die Montagetechnik ist, dass scheinbar ganz disparate Texte aufeinander stossen, die nicht durch eine Rahmung klar eingeführt sind.

Sehe ich auch so, es gibt aber einen schleichenden Übergang zur richtigen Collage.
Mir fiel nur keine passende Bezeichnung dafür ein; vielleicht sollte man es "Pseudo-Collage" nennen.
Es unterscheidet sich vom Briefroman dadurch, daß die Texte nicht immer als Zitate in die Erzählung eingebunden sind, sondern ein unabhängiges eingeschobenes Element darstellen.

#144 Gast_Frank Böhmert_*

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Geschrieben 17 Dezember 2010 - 10:48

Randbemerkungen. Fast schon PNs:

Aber die Frage, wie Texte funktionieren sollte eigentlich beide - Schriftsteller und Wissenschaftler - interessieren.

Das ist richtig. Drum schätze ich dich hier ja auch als Mitforist. Du hast gerade in diesem Thread sehr schöne Zusammenfassungen und Einordnungshilfen geboten; danke dafür.

Ich empfinde bei in meinen Augen guten "postmodernen" Werken sehr oft erst mal eher ein verblüfftes: "Wahnsinn! was ist denn DAS jetzt?"

Ja, Mann. Genau so!

#145 Susanne11

Susanne11

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Geschrieben 17 Dezember 2010 - 10:51

Was auch interessant ist, wenn zwei Autoren (klassisch und postmodern) über diesselben Erlebnisse schreiben und gegenseitig in ihren Büchern auch auftreten. Beispiel: Jack Kerouac als klassischen Erzähler und William Burroughs als postmodernen Autor.

#146 simifilm

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Geschrieben 17 Dezember 2010 - 11:02

Was auch interessant ist, wenn zwei Autoren (klassisch und postmodern) über diesselben Erlebnisse schreiben und gegenseitig in ihren Büchern auch auftreten.

Beispiel: Jack Kerouac als klassischen Erzähler und William Burroughs als postmodernen Autor.


Hmm, also wirklich klassisch ist Kerouac ja nicht, zumindest nicht in On the Road.

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#147 Morn

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Geschrieben 17 Dezember 2010 - 11:03

Die oben genannten literarischen Techniken, sind die modern oder postmodern? Das Spiel mit Realitaeten scheint auch ein (post)modernes Stilmittel zu sein. Wie sind dann Philip K. Dicks Romane und virtuelle Realitaeten einzuordnen? Wie sieht es mit "Sternentanz" von John Clute aus? Ist das postmodern?

#148 simifilm

simifilm

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Geschrieben 17 Dezember 2010 - 11:13

Die oben genannten literarischen Techniken, sind die modern oder postmodern?

Das Spiel mit Realitaeten scheint auch ein (post)modernes Stilmittel zu sein. Wie sind dann Philip K. Dicks Romane und virtuelle Realitaeten einzuordnen?

Wie sieht es mit "Sternentanz" von John Clute aus? Ist das postmodern?


Stream of consciousness und Montage sind wohl zwei der typischen Techniken, die in der Moderne entstanden sind. Metafiktionalität und Intertextualität sind eher typisch postmodern.

Grundsätzlich zeichnet sich die Postmoderne in vielem durch eine Radikalisierung moderner Tendenzen aus; wirklich 100% trennscharf sind die Begriffe also nicht.

Bearbeitet von simifilm, 17 Dezember 2010 - 11:13.

Signatures sagen nie die Wahrheit.

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Gedanken rund um Utopie und Film gibt's auf utopia2016.ch.

Alles Wissenswerte zur Utopie im nichtfiktionalen Film gibt es in diesem Buch, alles zum SF-Film in diesem Buch und alles zur literarischen Phantastik in diesem.
 

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#149 Konrad

Konrad

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Geschrieben 18 Dezember 2010 - 11:42

Wenn man schräge Literatur liebt, dann sind die Thursday-Next-Romane von Jasper Fforde gute Beispiele für Intertextualität und Metafiktionalität: "Der Fall Jane Eyre" "In einem anderen Buch" "Im Brunnen der Manuskripte" "Es ist etwas faul" "Irgendwo ganz anders" Allerdings sollte man englische Literatur etwas kennen. Da wird u.a. Bronte, Dickens, Austen, Beckett, Shakespeare, Kafka, Poe verwurstet. Wahrscheinlich wird das Aufspüren der ganzen Anspielungen die Sekundärliteratur noch einige Zeit beschäftigen.

#150 Lucardus

Lucardus

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Geschrieben 18 Dezember 2010 - 11:54

Wenn man schräge Literatur liebt, dann sind die Thursday-Next-Romane von Jasper Fforde gute Beispiele für Intertextualität und Metafiktionalität:

Wenn ich die hier aufgeführten Beispiele verfolge, lese ich ja viel mehr postmoderne Erzähltechniken als mir bewusst war.

Jetzt stelle ich mir die Frage, ob wir denn damit nicht eigentlich schon dabei sind, festzustellen, dass die SF/F Leser nicht doch weitaus mehr postmoderne Erzähltechniken lesen, auch (weil?) man es bloß als Leser oft nicht weiß bzw. so einordnet. Insofern relativiert sich dann vielleicht die Feststellung, dass SF-Leser postmoderne Erzähltechniken eher ablehnen. Für mich stand das zunächst außer Zweifel, da ich darunter fast ausschließlich die extremeren Beispiele verstanden habe (Döblin liegt, für mich persönlich, an der Grenze, Dahlgren dürfte vielleicht auch zu den extremeren zählen), ich aber schon längst "unklassisch" erzählte Werke gelesen habe, ohne dass es mir negativ aufgefallen wäre.
Goodreads: Ich lese gerade" (sorry, nur für "Mitglieder" sichtbar)
Wer mal reinschauen will: http://www.goodreads.com/


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