John from Cincinnati
#1
Geschrieben 21 Dezember 2010 - 09:58
... und bin etwas verwirrt, aber auch irgendwie angenehm "high".
Story
Die Surf-Dynastie der Yosts haust in Imperial Beach, Kalifornien, an der Grenze zu Mexiko. Vater Mitch (Bruce Greenwood, Trekkies auch bekannt als der neuste Capt. Pike) meditiert viel und findet jeglichen Surfbetrieb zu kommerziell, Sohn Butchie ist der berühmteste Yost, ist aber schlimm abgestürzt in den Dunst extremen Drogenmissbrauchs als ehemaliger Star, und Shaun, wiederum sein Sohn, den seine Mutter, inzwischen Porno-Sternchen, auf der Haustürschwelle dessen Großeltern liegen ließ am Tag nach seiner Geburt, wonach sie verschwand. Mitchs Frau Cissy (Rebecca de Mornay) hat sich um Enkel Shaun gekümmert, ist nun sehr beschützerisch ggü. allem was einen Teenage-Jungen bedrohen könnte. Damit verdeckt sie aber u.a. ein dunkles Kapitel ihrer eigenen drogenbeeinflussten Mutterschaft als Butchie in dem Alter war, wohl mit ein Grund für Butchies Verzweiflung. Davon wissen aber nur sie und Butchie.
Dann erscheint auf einmal ein junger, hochgewachsener, nicht-blonder Mann in Imperial Beach, der bei Butchie unterkommt, von ihm mal eben "John" getauft wird, und scheinbar immer nur Dinge nachplappert, die er gehört hat (wobei er scheinbar auch Gespräche - und Gedanken! - hören kann, die zu weit weg statt finden). Und es geschehen erstaunliche Dinge: Mitch fängt gelegentlich an zu schweben (s. oben), Shaun kann einen toten Vogel wiederbeleben, alle haben (manchmal brennend heiße) Visionen. Doch dann bricht sich Shaunie bei einem Surf-Unfall das Genick...
Kritik
Das "Schlechte" zuerst: Es kann evtl. sein, dass Milch etwas zu überzeugt von seinen Fähigkeiten als Autor langer bedeutungsschwangerer, in wunderbarem Dialekt vorgetragenen, Monologe aus Deadwood war, und meinte, das jetzt in einem moderneren Setting wiederholen zu können. Auch dem SF-trainierten Zuschauer fehlt es ein wenig am familiären Umfeld, das in der Western-Serie wesentlich lebendiger und mitreißender geschaffen wurde, als in diesem Down-&-Out-Surfer-Städtchen. Für die sprüche-umspielte "faule" Gangart, die Milch hier wiederholt, geschieht einfach zu wenig in der flimmernden Hitze Kaliforniens, um Nicht-Surf-Fans genau so stark zu binden. Es gibt einige sehr schöne Takes, die aus der Serie so eine Art traditioneller zen-buddhistischer "Manga" ggü. den prozedural-langweiligen "Comics" aller anderen Serien machen, aber reicht das? (*HBO offensichtlich nicht - selten ist eine Serie so schnell NICHT fortgesetzt worden.)
Trotzdem ist das Ganze ein erstaunliches Experiment. Wir sehen uns alles ziemlich gespannt - und meist auch entspannt! - bis zum Ende an, genießen die unerwarteten Wendungen - z.B. den etwas abgetretenen Ex-Polizisten Bill, gespielt durch Ed O'Neill (ehem. Al Bundy), der Shaun in all dem Familienchaos ein stabiler Ersatzvater war, und sich sehr um den Jungen bemüht, aber auch lange Dialoge mit seinen Sittichen und Papageien führt. Relativ klar ist auch, dass das Ganze eine Kritik sein soll auf kommerzielle Ausbeutung von allem was Menschen tun, und dass - deswegen? - das "Ende naht", wohl so um den 11. September 2014...
Jedenfalls ein mutiger Versuch mal viele der abgespace'ten Ideen zur Hoch-Zeit des Surfens, also der beginnenden Hippie-Phase in den USA, sowie ihrer Schwächen, auf realitätsverbiegende Weise zu präsentieren. Die 9 Tage im Leben der Yosts wirken wie ein langer "laid back" P.K.-Dick-Trip; nur, dass am Ende keine Aliens landen, sondern einfach ein wichtiger Vertrag unterschrieben wird, und sich alles in Liebe auflöst. Make love before the war, baby!
BTW: Schön, einige der alten Gesichter aus Deadwood hier wieder zu sehen, u.a. Paula Malcomson (ehem. Trixie).
/KB
Yay! Fantasy-Reimerei Mitte August...
[..] Verzweiflung beschlich sie im Stillen.
Da ergriff eins der kleinsten das Wort:
"Wenn sich all unsere Wünsche erfüllen,
dann wünschen wir einfach mit Willen
die Wünsche-Erfüllung fort!"
Sie befolgten den Rat und von Stund an war
wieder spannend das Leben und heiter.
Die Kinder war'n froh wie vor Tag und Jahr
und vielleicht gar ein wenig gescheiter.
(BewohnerInnen der Stadt der Kinder, aus der "Geschichte vom Wunsch aller Wünsche", aus Die Zauberschule & andere Geschichten, Neuauflage im Thienemann-Verlag, S. 93, von Ende)
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