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P.K. Dick: Die drei Stigmata des Palmer Eldritch


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87 Antworten in diesem Thema

#1 Holger

Holger

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Geschrieben 02 Januar 2003 - 21:02

Für die zweite Runde des beliebten Lesezirkels haben wir uns auf den Titel Die drei Stigmata des Palmer Eldritch von Philip K. Dick verständigt. Wer also Lust hat, sich an dieser Runde zu beteiligen möge sich schlicht den Titel zulegen und lesen, bzw. anlesen. Ab Mitte Januar wird dieser Thread freigeschaltet, und jeder kann seine Eindrücke schildern. Ziel ist es, das Werk auf Herz und Nieren zu prüfen und gemütlich von vorn nach hinten durchzusprechen. Bin sehr gespannt und freue mich auf rege Beteiligung. Grüße, Holger
"Rezensionen: eine Art von Kinderkrankheit, die die neugeborenen Bücher befällt."
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#2 Holger

Holger

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Geschrieben 10 Januar 2003 - 18:59

So, der Countdown läuft. Montag starten wir durch  :P
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#3 Holger

Holger

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Geschrieben 12 Januar 2003 - 19:48

Wie weit seit ihr mit dem Büchlein? Habe etwa die Hälfte ...
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#4 Dave

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Geschrieben 12 Januar 2003 - 21:42

Da bin ich schleppend hinten dran...

#5 dyke

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Geschrieben 13 Januar 2003 - 00:18

habe noch etwa hundert Seiten.Liest eigentlich jemand das Original??Ich habe neben der Haffmanns-Ausgabe nämlich noch die 71er Ausgabe des Insel-Verlages "LSD-Astronauten" und bin zwischen den beiden Übersetzungen hin und hergerissen.Da würden mich einige Original-Passagen bzw. Wörter interessieren.LG Dyke

#6 Holger

Holger

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Geschrieben 13 Januar 2003 - 10:17

Ich lese die Heyne-Neuausgabe mit einer Übersetzung von Thomas Mohr."LSD-Astronauten"? Du lieber Himmel, diese redaktionelle Freizügigkeit  :P Zu meinem Erschrecken muss ich feststellen, dass mich das Buch bis in meine Träume verfolgt. So stellte ich mir heute Nacht mehrfach die Frage: Can-D oder Chew-Z ? Unglaublich!Wie ist denn so Euer Eindruck von, sagen wir mal, den ersten drei Kapiteln? Wir lernen etwas über den Klimawandel auf Erden, Pre-Fash-Präkogs, Perky-Pat-Layouts und geminnte Töpferwaren. Dann sind da noch der geheimnisvolle Palmer Eldritch, dessen Raumschiff auf Pluto bruchlanded, Zwangsdeportationen der Erdenbürger auf lausig terrageformte Kolonien, und die hiesigen Kolonisten, die sich mit einer Droge vollpumpen, um sich auf die Erde rückzuversetzen ...
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#7 elvis

elvis

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Geschrieben 13 Januar 2003 - 12:41

Hi!Bin erst im Kapitel 5, brauche mindestens noch das nächste Wochenende.Insgesamt wüsste ich gerne mehr über P.K.Dicks Hintergrund.Das Buch ist ja vermutlich in den 60ern enstanden - war da nicht die Geburtstunde von LSD?-elvis (*der Präkogs für die Diplomprüfungsfragen sucht*)

#8 Sullivan

Sullivan

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Geschrieben 13 Januar 2003 - 14:13

Ich lese das Original - und parallel dazu überfliege ich die Übersetzung "LSD Astronauten", ich brauche aber auch noch ein oder zwei Tage. Soweit ich das beurteilen kann ist die Übersetzung sehr gelungen, da braucht sich keiner Gedanken zu machen. Interessant ist, dass Dr. Denkmal aus München im Original immer mal ein paar deutsche Wörter benutzt, u.a. spricht er von Mr Hnatt und "Frau" Hnatt. :P Über Dick kann man eine ganze Menge schreiben, ein Interview gibt es z.B. hier: http://www.philipkdi...nk/vertexin.htm. Dort antwortet er auf die Frage, welchen Einfluss LSD auf sein Schreiben hat:

I don't know of any. It's always possible that it's had an effect I don't know about. Take my novel The Three Stigmata of Palmer Eldritch, which deals with a tremendous bad acid trip, so to speak. I wrote that before I had ever seen LSD. I wrote that from just reading a description of the discovery of it and the kind of effect it had. So if that, which is my major novel of a hallucinogenic kind, came without my ever having taken LSD, then I would say even my work following LSD which had hallucinations in it could easily have been written without taking acid.

Zusammengefasst, Dick hat über die Effekte von LSD gelesen, selber aber (damals) noch keins genommen, als der Roman "Die drei Stigmata des Palmer Eldritch" entstand. Es gibt auch eine gute deutsche Philip K. Dick Homepage. Sullivan

#9 Dave

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Geschrieben 13 Januar 2003 - 15:39

Ich bin auch noch nicht durch, aber man kann ja schon einmal erste Eindrücke sammeln.(Ich habe nämlich den Eindruck, das mein Langzeitgedächnis bei dem Werk streiken könnte...)Der Anfang ist mehr als das Ergebnis einer durchzechten Nacht. Barney Mayerson wacht mit einem kapitalen Gedächtnisverlust auf. Irritation.Wir erfahren, dass Barney und seine Assistenten über Präkog-Fähigkeiten verfügen.Nun gut, wenig später aber eine erneute Verwirrung:...Und seine Präkog-Fähigkeiten halfen ihm in diesem Fall nicht weiter: Wie es ausgehen würde, hing alleine von Ursache und Wirkung in der Zukunft ab... (S.11)Was denn nun?Etwas später die Vermutung, es könnte verschieden Zukünfte geben. Das macht die Angelegenheit nicht gerade einfacher.Der Stil des Autors erinnert mich an ein klassische Kurzgeschichte. Einfache Worte, keine Energieverschwendung für die Erklärung von Begebenheiten und Sachverhalten. Kindlich naiv torkelt man in die Geschichte, allein die seltsamen Namen der Personen fordern mir nicht den nötigen ernst ab, der nötig ist, um der ungewöhnlichen Story folgen zu können.Bezahlt wird in Trüffelschalen (Banknoten). An solchen Stellen habe ich Schwierigkeiten, mich noch auf den Text zu konzentrieren, müsste Absätze nachlesen- und verkneife es mir.Sogar für eines der wichtigsten Elemente der Geschichte muss ein Wortspiel her, Can-D.Eine weitere Droge scheint die Grenzen des eigenen Körpers zu sprengen, man schlüpft sozusagen in den Körper einer anderen Person.Ich kann nicht behaupten, dass ich dies wirklich verstanden habe. Hilfestellung erbeten.So, nun wede ich mich einmal den Links zuwenden.

#10 elvis

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Geschrieben 13 Januar 2003 - 17:18

Ich lese das Original - und parallel dazu überfliege ich die Übersetzung "LSD Astronauten", ich brauche aber auch noch ein oder zwei Tage. Soweit ich das beurteilen kann ist die Übersetzung sehr gelungen, da braucht sich keiner Gedanken zu machen. Interessant ist, dass Dr. Denkmal aus München im Original immer mal ein paar deutsche Wörter benutzt, u.a. spricht er von Mr Hnatt und "Frau" Hnatt. :P Über Dick kann man eine ganze Menge schreiben, ein Interview gibt es z.B. hier: http://www.philipkdi...nk/vertexin.htm. Dort antwortet er auf die Frage, welchen Einfluss LSD auf sein Schreiben hat:

I don't know of any. It's always possible that it's had an effect I don't know about. Take my novel The Three Stigmata of Palmer Eldritch, which deals with a tremendous bad acid trip, so to speak. I wrote that before I had ever seen LSD. I wrote that from just reading a description of the discovery of it and the kind of effect it had. So if that, which is my major novel of a hallucinogenic kind, came without my ever having taken LSD, then I would say even my work following LSD which had hallucinations in it could easily have been written without taking acid.

Zusammengefasst, Dick hat über die Effekte von LSD gelesen, selber aber (damals) noch keins genommen, als der Roman "Die drei Stigmata des Palmer Eldritch" entstand. Es gibt auch eine gute deutsche Philip K. Dick Homepage. Sullivan

Hi! Danke für die Links, hätte ich selber drauf kommen können... Ich fand den Auszug aus einer Diplomarbeit über PKD ganz interessant. -elvis

#11 Sullivan

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Geschrieben 13 Januar 2003 - 17:57

Hallo Dave,mit den Präkogs begibt sich Dick auf gefährliches Eis, denn wenn man die Zukunft vorhersehen kann, könnte man sie auch ändern. Die Lösung im Buch ist eigentlich recht logisch: die Zukunft lässt sich noch beeinflussen, es gibt verschiedene Möglichkeiten.Das Zahlungsmittel sind im Original "Skins", ein besonderes Material das sich nicht kopieren lässt - "Trüffelschalen" ist wirklich ein komisches Wort. Mehr vielleicht morgen, wenn ich das Buch zu Ende gelesen habe.Sullivan

#12 Holger

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Geschrieben 13 Januar 2003 - 18:05

Huhu zusammen! Warum die Hetze? Wir haben doch Zeit  :D Ich denke, es ist viel lustiger, wenn wir das Buch durchsprechen WÄHREND wir es lesen ... oder?

Der Stil des Autors erinnert mich an ein klassische Kurzgeschichte. Einfache Worte, keine Energieverschwendung für die Erklärung von Begebenheiten und Sachverhalten. Kindlich naiv torkelt man in die Geschichte...

Besser kann man die Leseatmosphäre wohl nicht charakterisieren. Dick geht recht locker und ungezwungen an seinen Roman, so sieht er auch zu keinem Zeitpunkt die Notwendigkeit seinen Handlungsrahmen wissenschaftlich abzusegnen. Kein Ton über die Ursachen der Warmzeit oder Antriebstechnologien, die einem Geschäftsmann an einem Tag Hin- und Rückflug zu Ganymed ermöglichen. Strange. Dick schickt den Leser in eine Geschichte, in der stur bestimmte Parameter festgelegt sind, und am besten fragt der Leser nicht weiter danach, sondern konzentriert sich einzig auf die Story. Eigentlich nicht schlecht, aber meilenweit entfernt von der zeitgenössischen Hard-SF. Ob da ein Vergleich überhaupt angemessen ist?

Eine weitere Droge scheint die Grenzen des eigenen Körpers zu sprengen, man schlüpft sozusagen in den Körper einer anderen Person. Ich kann nicht behaupten, dass ich dies wirklich verstanden habe. Hilfestellung erbeten.

Wieder so eine Sache. Was steckt dahinter? Keinen Schimmer. Und wozu braucht der gemeinsame Tripp maßstabsgetreu verkleinerte Tonvasen? Wieso geht's nicht ohne Layout? Kann ich das als analoges Equivalent zu einer digitalen "virtuellen Realität" begreifen, die damals noch nicht abzusehen war ? Ich brauche auch Hilfe! ;)
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(Georg Christoph Lichtenberg)

#13 Dave

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Geschrieben 13 Januar 2003 - 18:33

Dick gehört doch nicht mehr zur Beat-Generation, wenn ich nicht irre. Ansonsten würde es ja Sinn machen, wenn es keinen Sinn macht.Dank Sullivan bekommen wir den Bogen hin zum Original. Skins klingt doch nun wirklich wesentlich besser als Trüffelschalen. Eigentlich sollte man da einen stirnrunzelnden Blick auf den Übersetzer werfen.Ich dränge auch nicht zur Eile, werde mich wohl eher gemächlich dem Ende nähern.

#14 Havzhiva

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Geschrieben 13 Januar 2003 - 20:18

Tja, ich bin schon durch...Es wird zum Ende hin immer besser, obwohl es mich dann doch nicht ganz vom Hocker gerissen hat. @ Dave: Was du meinst ist das Problem der Transsubstituation ( ich hoffe ich habs richtig geschrieben) und es taucht später auch noch mal auf. Es ist im Prinzip wie in der Kirche, wenn der Pfarrer sagt "...das ist mein Blut und mein Fleisch das für euch hingegeben wird...". Ist nun das Brot noch Brot oder doch der Leib Christi? Auf unseren Fall Bezogen heißt die Frage dann, ob man Pat ist, oder nur sich vorstellt sie zu sein. Für den modernen Leser ist diese Frage wohl nicht ganz nachzuvollziehen, aber Antike Mystiker und Gnostiker ( siehe Valistrilogie von P.D.) haben sich viel mit solchen Fragen beschäftigt. In dem antiken Denken spielt Körperlichkeit eine extrem wichtige Rolle. Für die Griechen war nur das real, was Körper hatte ( siehe platonische Körper,...). Sie hätten unsere Vorstellung von Raum einfach nur Aberwitzig gefunden ( das wiederum passt zu Solaris ). @ Sullivan Er benutzt auch in Die Wiedergeburt des T.A. viel Deutsch. Teilweise zitiert er ganze Sätze aus Wagners Parsival auf deutsch. Ich vermute mal, das es daran liegt, dass sein Name auf deutsch eine Bedeutung hat (siehe auch Valis). Aber generell gibt es im Amerikanischen dank der vielen Einwanderer aus Deutschland mehr "Germanismen" als in der englischen Hochsprache.

#15 elvis

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Geschrieben 14 Januar 2003 - 10:52

So, jetzt hats mich doch gepackt und ich habs fertig gelesen.
Am wenigsten kann ich die beiden "Nachworte" meiner Ausgabe (siehe Holgers Posting: Heyne, übersetzt von T.Mohr)
von Williams und Dick selber nachvollziehen. Aber ich will nichts vorweg nehmen...
Was mich an der englischen Version interessiert:
Wie werden die "Gruben" im Original genannt?
-elvis

#16 Sullivan

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Geschrieben 14 Januar 2003 - 11:58

Ich bin auch durch. Ich hatte das Buch vor einigen Jahren schon mal gelesen und muss sagen, dass nur wenige Sachen hängen geblieben waren...@elvis: Wenn du die Wohnungen auf dem Mars meinst, das sind "hovels". Ein Wortspiel gibt es noch, dass sich schlecht übersetzen ließ: "That's my gift to you, and remember: in German Gift means poison."Dick gehört nicht zur Hard SF Fraktion, deswegen sollte man keine technischen Einzelheiten erwarten. Der Eindruck mit der Kurzgeschichte ist durchaus richtig, soweit ich weiß ist der Roman nach der Geschichte "The Days Of Perky Pat" entstanden bzw. wurde von ihr inspiriert.Kommen wir zu Can-D. Es ist schon interessant, was für eine Miniaturwelt erschaffen wurde, in die man eintauchen kann: zwei gut gebaute Menschen, ein tolles Auto, Strand, Meer - und alles scheint auf Sex hinauszulaufen. Dieses "Layout" ist zu Beginn ziemlich verlockend, aber kein Wunder, dass es irgendwann langweilig wird. Auf Dauer würde ich es auch ziemlich öde finden, immer die gleiche künstliche Welt vorzufinden, in der die Zeit stillzustehen scheint. Die Drogen lassen sich wahrscheinlich mit Legosteinen vergleichen. Can-D ist die Ritterburg (oder das Piratenschiff) mit allen Extras, Chew-Z dagegen ist eine große Kiste mit allen möglichen Steinen, aus denen man alles zusammenbauen kann.Wieso man für Can-D ein Layout braucht wird nirgendwo erklärt, wahrscheinlich braucht das Gehirn diese Stimula, um sich von der Wirklichkeit lösen zu können. Der Begriff "virtuelle Realität" bringt es ziemlich genau auf den Punkt, Holger! Man muss zwar nicht alles exakt simulieren wie in einer digitalen Welt, aber damit lässt es sich am besten vergleichen. Sullivan

#17 dyke

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Geschrieben 14 Januar 2003 - 13:36

Bin noch nicht weiter als ca. Seite 200, aber ein paar Sätze zu meinem bisherigen Eindruck.Dick lässt den Leser direkt in die Gegenwart des Buches springen. Diese Gegenwart wird zur Gegenwart des Lesers. Warum etwas ist wie es ist, wird nicht hinterfragt. Wer hinterfragt heute im Alltag, wie Elektrizität funktioniert, wie ein PC, wie das web? Es funktioniert und das reicht.Damit wird aber die Aufmerksamkeit und Phantasie des Leser sehr stark gefordert. Entweder er nimmt die Dinge hin, wie sie sind und konzentriert sich auf die Handlung oder er bastelt sich seinen eigenen Erklärungsrahmen.Und schon ist er mitten in Dicks Haupt- und Lieblings-Thema: Was ist Realität?? Jeder Leser kann sich seinen eigenen Realitätsrahmen für die Handlung erschaffen. Die Technik scheint sich mehr auf die Nutzung von biologischen Elementen konzentriert zu haben. Damit scheint ein Ressourcen-Problem gelöst zu sein: Züchten und Wachsen statt Gewinnen und Verarbeiten.Menschen werden zur Erschließung der stellaren Planeten und Monde zwangsverpflichtet. Um dieses Schicksal erträglich zu machen, bekommen „Barbie und Ken“ (sind die eigentlich damals 1964 entstanden??) einen besonderen Stellenwert. Mit der Droge Can-D kann man sich in diese Puppen hineinversetzen und seine eigene soap opera erleben und gestalten. Neben der Droge ist für die Kolonisten das Zubehör für ihre persönliche „Barbie-Welt“ (das Layout) das Wichtigste. Es bleibt der Phantasie des Lesers überlassen, was genau und wie es geschieht. Der Effekt ist für die Nutzer von Can-D in Verbindung mit ihrem Layout wichtig: Die Flucht vor ihrer "Realität".Jetzt wird von Palmer Eldritch die neue Droge Chew-Z ins Spiel gebracht. Ich brauche keine Layouts, keine Puppen, keine Hilfsmittel mehr. Ich kann mir meine eigene Welt erschaffen mit allem was ich jemals wollte und begehrte. Ich kann Schöpfer einer eigenen "Realität" sein. Und solange ich mich in dieser "Realität" befinde, vergeht in der anderen, aus der ich komme, keine Zeit. Ich kann so viele Leben leben wie ich will. Allerdings fehlt im Gegensatz zu Can-D das gemeinsame Erlebnis. Die „Traum“-Realität entsteht nur für einen Mensch. Er kann sich zwar alle Menschen erschaffen, aber es bleiben seine Schöpfungen.Dass ist das, was ich bisher aus dem Roman mitgenommen habe. Zwei Storys Analogien (Titel und Autor??)  bzw  Analogien fallen mir dazu ein. Unsere Realität ist nichts anders als ein Kultur-Ansatz in einer Petri-Schale, der von „Wesen“ kritisch beobachtet wird.Bin ich ein schlafender Mensch der träumt ein Schmetterling zu sein , oder bin ich ein schalfender Schmetterling, der der träumt ein Mensch zu sein??Ist unsere Realität wirklich etwas reales oder nur die Verständigung auf eine gemeinsame Deutung. Haben die östlichen Weisheitslehren recht, die behaupten, die mit unseren Sinnen  wahrgenommene Realität ist nichts anderes als maja=Illusion.Ist Materie Realität oder sind es Neutronen, Protonen usw.? Ist Materie nur eine spezielle Wahrnehmung von Neutronen, Protonen usw.?Dick regt mich zum Nachdenken an und zum Gehirnwindungensäubern von „Wahrheiten“. Was kann Science Fiction mehr?? Wobei dieser Roman möglicherweise nichts für die ist, die einfach eine gute Geschichte lesen wollen.Noch ein Wort zur Übersetzung von Thomas Mohr: Ich finde sie nicht besonders. Er scheint an einigen Stellen einfach geglättet zu haben, bzw. sich nicht in die Welt Philip K. Dicks eingefunden zu haben. Siehe das Beispiel mit „skins“. Die „Gruben“ sind hovel = armselige Hütte, Bruchbude f, Loch nt. Die Häuser sind nicht einfach Häuser sondern conapt-Häuser. Es wird nicht angerufen, sondern man vid an. Die Übersetzung von LSD-Astronauten, auch wenn sie hie und da hakelt, scheint mir getreuer zu sein.LG Dyke

#18 elvis

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Geschrieben 14 Januar 2003 - 15:02

Dick gehört nicht zur Hard SF Fraktion, deswegen sollte man keine technischen Einzelheiten erwarten. Der Eindruck mit der Kurzgeschichte ist durchaus richtig, soweit ich weiß ist der Roman nach der Geschichte "The Days Of Perky Pat" entstanden bzw. wurde von ihr inspiriert.

Abdruck: Nachwort von P.Williams, Seite 299 unten Die Idee der Layouts und der Puppen von Perky Pat und ihrem Freund, in die die Kolonisten sich hineinversetzen, entstammt interessanterweise einer Kurzgeschichte namens "Zur Zeit der Perky Pat", die Dick bereits geschrieben hatte, als er mit dem Roman begann. Die Story ist eine Variante der auf S.48 von D3SDPE einsetzenden Szene (die erste Szene auf dem Mars, [elvis]), und einige Passagen dieser Szene sind der Geschichte wortwörtlich entnommen, obwohl die Story eine andere Situation beleuchtet und einen gänzlich anderen Verlauf nimmt. Ende Abdruck Ich finde, das man diesen Sachverhalt dem Buch (leider) anmerkt. Den Mittelteil finde ich sehr spannend, interessant und stimmig. Das Ende wirkt meiner Ansicht nach etwas unstimmig dazugestrickt. Das Leben der Kolonisten, ihre Flucht in die Layouts, die Situation auf der Erde, all das ist relativ klassisch und verständlich und liebevoll ausgedacht. Die Konkurrenz Chew-Z / Can-D passt auch. Mich freut übrigens das Fehlen von technischen Beschreibungen und Umfeld/Historie! Gegen Ende gibt es einen Bruch, es wirkt auf mich so, als hätte PKD im nachhinhein die Kurzgeschichte auf eine vorher nicht geplante Weise durch das Ende umbauen wollen, egal ob Chew-Z in der Original-Story drin war oder nicht. Beinflusst man mit einem solchen Statement die "Unwissenden" :biglaugh: zuviel? Wenn ja, lösche ich das Posting wieder. -elvis

#19 Havzhiva

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Geschrieben 14 Januar 2003 - 15:50

@ elvisDie  beiden Kommentare von PKD zu seinem eigenen Buch fand ich auch recht befremdlich@ dykeIch persönlich fand in der Realitätsproblematik die Valistrilogie besser. Mit den Drogen hab ichs nicht so... Außerdem muss mich niemand mehr davon überzeugen das die materielle Welt nicht die Realität ist, das hab ich schon mit anderen Büchern getan, sodass bei mir wohl der Effekt fehlte. Auch bin ich mit einer etwas anderen Erwartung an den Text gegangen. Nach dem Covertext hatte ich mehr so die Gut-Böse Problematik im Sichtfeld gehabt. Die fand ich in diesem Buch nicht völlig zufriedenstellend, manchmal war es dafür dann doch zu verwirrend ( ich fand es z.B. sehr merkwürdig das Leo in seinem ersten Drogentrip nur Palmer/das Mädchen zu erwürgen brauchte, damit er verschwand.). Dennoch waren in dieser Hinsicht ( und in einigen anderen ) mindestens viele gute Ansätze im Text.Ansonsten fand ich die Wortspiele für die beiden Drogennamen sehr passend. Die Charaktere, vorallem Barny und Anne, fand ich sehr gut. Auch die Geschichte/das Szenario fand ich gut, der Mensch liebt ja die Abwechslung...  :D

#20 Dave

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Geschrieben 14 Januar 2003 - 19:54

Ich versuche im Moment die Sache mit dem Gedächtnisverlust zu verstehen, der am Anfang geschildert wird. Der Drogenrausch wäre sozusagen eine perfekte Welt, die wirkliche Welt dagegen nur mittels eines Spickzettels zu erahnen. Bei der Würgeszene mit dem Mädchen scheint  Leo aber einen guten Überblick über Schein- und wirklicher Welt zu haben.Ich kann mich übrigens nicht daran erinnern, einmal solche selbstgestalterischen Freiheiten von einem Autor bekommen zu haben, als bei den „Klucken“. (Was ist ein Spunk? Wie, du weißt nicht, was ein Spunk ist...)Ich bin davon überzeugt, dass PKD in New Age-Kreisen populärer ist, als bei den SF-Anhängern.Ich denke an die Untersuchungen von Stanislav Grof in den Sechzigern, bevor die LSD-Therapie verboten wurde.Grof ist Begründer der „Transpersonalen Psychologie“. Seine Studien haben ergeben, dass es LSD induziert nicht nur möglich ist, die eigene Vergangenheit neu zu erleben, sondern das man auch Zugang zu anderen Persönlichkeiten bekommt.Das verträgt sich mit C.G. Jungs „Seelenkollektiv“, dass unter dem persönlichen Unterbewusstsein ein kollektives Unterbewusstsein vermutet. Das ganze wird vererbt, also nicht ganz so esoterisch, wie man im ersten Moment vermuten möchte.Dennoch sehr umstritten.

#21 Holger

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Geschrieben 14 Januar 2003 - 20:42

@Sullivan:
[quote]mit den Präkogs begibt sich Dick auf gefährliches Eis, denn wenn man die Zukunft vorhersehen kann, könnte man sie auch ändern.[/quote]
Den Gedanke hatte ich auch schon. Sie dazu den Beitrag Zeitreise. Der Beitrag entstand als Reaktion auf MINORITY REPORT. Ich hatte gar nicht damit gerechnet in D3SDPE wieder auf die Präkogs zu treffen. Anscheinend verwendet PKD dieses Motiv häufiger?

@Elvis:
Deine Statements sind nicht von der Hand zu weisen! Ich fand auch, dass die Perky Pat-Szene mit der restlichen Story nicht so recht harmoniert. Ich hatte das aber darauf geschoben, dass sich Fran nicht sicher war, ob sie fremd gehen sollte, und sich deshalb in der Gestalt von Barbie, Ken gegenüber so zierte ...

[/QUOTE]Beinflusst man mit einem solchen Statement die "Unwissenden" zuviel?
Wenn ja, lösche ich das Posting wieder.[QUOTE]
2x mal Nein, auf keinen Fall!
:D
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#22 dyke

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Geschrieben 15 Januar 2003 - 00:30

zu Daves

Bei der Würgeszene mit dem Mädchen scheint  Leo aber einen guten Überblick über Schein- und wirklicher Welt zu haben.

Bist du dir da ganz sicher??

Kind; "...Was spricht dagegen? Wem soll es schaden? Schließlich sind sie allein..." Leo: "Allein. Wollen Sie damit sagen, jeder landet in seiner eigenen, subjektiven Welt? Und nicht in einem gemeinsamen Universum?"

(Gebundene Haffmanns-Ausgabe S. 119) Das Kreter-Prinzip. Wer ist nun der Erschaffer dieser Welt? Eldritch oder Leo? Wenn Eldritch, dann ist es nicht der echte Leo. Macht erstmal keinen Sinn. Ist es aber Leo, gibt es dann Eldritch überhaupt? Zumindest in dieser "Welt" wäre Eldritch Leos Schöpfung. Es gibt kein Angebot von Eldritch. Die Angst Leos wäre unbegründet. Oder ist die ganze Geschichte nur Eldritchs Chew-Z-Welt oder doch die von Leo oder vielleicht die von Barney?? Oder Deine Dave, oder meine? Auch wenn mich der Roman nicht mehr ganz so begeistert wie in den 70igern (man hat halt inzwischen zu viel gelesen) immernoch ganz oben auf der All-time-Skala. Und eine wunderbare Vorbereitung auf die Welt von "Solaris".

Ich bin davon überzeugt, dass PKD in New Age-Kreisen populärer ist, als bei den SF-Anhängern

Dave, was verstehst Du unter New Age-Kreisen? Damals, 1964, war New Age noch ein Fremdwort (fasste erst in den 80igern in Old Germany Fuß). Aber es bestand eine allgemeine Aufbruchsstimmung in der Kultur, weg von der Technik, hin zu dem Menschen, hin zu der Innenwelt des Menschen. In der SF zeichnete sich das in der "New Wave" ab. Man schrieb nicht mehr über "Outer space" sondern über "Inner space". Es ging noch nicht um ein "spirituelles Bewußtsein" sondern um die "Erforschung + Erweiterung des Bewußtseins". Capra schrieb sein "The Tao of Physics" erst 1975 (auf Deutsch 1983), Castaneda erstes Buch erschien 1968 (Deutsch 1971). In Deutschland kam natürlich alles mit einiger Verspätung an. Diese "New Wave" schaffte es sogar in Deutschland etwas "Feuilleton"-fähig zu werden, zwar nur in kleinem Ausmaß, aber immerhin. Sie wurde literarisch zur Kenntnis genommen und ließ den "Heftchen"-Nimbus etwas verblassen. Von der Innovation für mich nur mit Gibsons "Neuromancer" zu vergleichen. Und ist es nicht gerade das Problem der SF: Der Leser will altgewohntes und keine Experimente, keine Innovation.  Neues heißt sich umstellen, auf unbekanntes Gebiet vorwagen, selbst ein Urteil bilden, ohne auf bekannte  Fakten zurückgreifen zu können. Dick fordert aber in seinen besten Werken genau das. Also meidet ihn der "normale" SF-Leser. Nicht falsch verstehen. Jeden Tag Dick, Ballard, Aldiss, Brunner mag ich auch nicht. Aber auf einen Shadowrun und zwei bis drei Alltags-SF-Romane darf es für mich schon etwas Anspruchvolleres sein. LG Dyke

#23 Sullivan

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Geschrieben 15 Januar 2003 - 10:30

Was mich an Leos Chew-Z Erfahrung wundert: er gelangt über eine Treppe zurück nach New York und ist der festen Überzeugung, dass es die wirkliche Welt ist. Erst, als unter seinem Schreibtisch plötzlich ein Käfer ("Bug") ist, wird er stutzig. Eindeutig geklärt ist auch nicht, ob jemand in der Traumwelt wirklich sterben kann. Es wird zwar davon gesprochen, aber bewiesen ist es nicht (z.B. wird Leo von Palmer Eldritch gerettet und ebenfalls rechtzeitig von einem Taxi aufgenommen). @Holger:Soweit ich weiß treten die Präkogs in anderen Romanen nicht weiter auf, evtl. in Kurzgeschichten, von denen habe ich nicht soviele gelesen.@Dave:Der Drogentrip ist wohl so ähnlich wie ein Traum: wenn man träumt ist man sich auch nicht bewusst, dass man träumt. (Interessierte können im Web nach "Lucid Dreaming" suchen - vielleicht lassen sich Träume doch kontrollieren...) Weil der Übergang in die Fantasiewelt erst mit Hilfe eines Miniaturmodells möglich ist, kann man natürlich Hinweise platzieren und somit die Verbindung zur eigenen Persönlichkeit herstellen und sein Gedächtnis "wiedererlangen".

#24 Holger

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Geschrieben 15 Januar 2003 - 13:20

Nicht falsch verstehen. Jeden Tag Dick, Ballard, Aldiss, Brunner mag ich auch nicht. Aber auf einen Shadowrun und zwei bis drei Alltags-SF-Romane darf es für mich schon etwas Anspruchvolleres sein.

Verstehe ich schon nicht falsch. Ich muss aber auch sagen (bitte nicht böse werden), bei allem nötigen Respekt, unter Anspruch verstehe ich etwas anderes. Ich weiß, ich gehöre zu der technophilen Sorte der SF-Leserschaft. Ich möchte innovative Ideen in eine spannende Story verwebt lesen, die heutige Erkenntnisse der Wissenschaft als Fundament für einen zukünftigen glaubhaften Rahmen extrapoliert. Soweit fühle ich mich also in der "Hard-SF" (ein eitles Wort) zuhaus. Nun gefällt mit grundsätzlich alles was spekulativ ist, und beim Lesen die grauen Zellen beansprucht. Je mühsamer, desto besser. Bei D3SDPE nun, sehe ich mich mit einer unterhaltsamen Geschichte konfrontiert, die mir sehr gut gefällt, keine Frage. Auch die Frage, was denn nun die Realität ist, finde ich überaus faszinierend. Bloß geht mir PKD da ein bisschen zu weit. Das ganze verliert (ich bin gerade in Kapitel 11, Barney's zweiter Chew-Z-Trip) einfach die Bodenhaftung. Will sagen, Dick lässt seine Protagonisten Dinge phantasieren, die mir einfach nichts sagen wollen, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass diese Trips tatsächlich in irgendeiner Weise stattfinden könnten. Und dann sind da immer wieder solche Einlagen, wo Dick davon spricht "Phantasmen mit Betastrahlen zu beschießen, um die Proteinbasen zu zerstören" (S.255, Heyne 2002) oder auch die Skins oder Trüffelschalen-Biochemie... Das ist, gelinde gesagt Quat... und kommt mir einfach ein wenig infantil vor. Klar, dann ist es eben keine SCIENCE Fiction, sondern NEW WAVE, oder was auch immer. Ich würde immer wieder ein Buch von Dick lesen, aber nicht wegen eines gewissen Anspruchs, sondern einfach der Abwechslung wegen. Jetzt bin ich ja mal gespannt ...  :D
"Rezensionen: eine Art von Kinderkrankheit, die die neugeborenen Bücher befällt."
(Georg Christoph Lichtenberg)

#25 Dave

Dave

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Geschrieben 15 Januar 2003 - 14:31

Hallo Sullivan,mit einem Traum ist es wohl ähnlich.Weiß man nicht auch manchmal das man träumt?Ich glaube bei PKD ist das nicht eindeutig, am Anfang des Buches hatte ich ein ganz anderes Gefühl. Muss mich wohl erste bis zum Schluss durchkämpfen...Hallo Dyke,ich habe ja nun etwas weiter gelesen und bin wirklich nicht mehr ganz sicher, ob ich irgend etwas richtig verstehe.Ich schon gespannt auf die Schlussbeleuchtung des Romans.Im „Tao der Physik“ von Capra wird es ziemlich deutlich, ebenso in Ken Wilber†™s „Spektrum des Bewusstseins“, dass nämlich die östliche und die westliche Weltansicht eigentlich zwei Seiten derselben Medaille sind, nur keiner hat†™s bemerkt. Wir hängen immer noch in der Tradition von Newton und Descartes fest, sind völlig im Materiellem verfangen, obwohl ein ganzheitliches Denken gefragt wäre. In dem Roman von PKD verschwimmen diese Grenzen und man begegnet sich auf einer nächst höheren Ebene. Es ist von einer E-Therapie die Rede, die den künstlichen Evolutionsprozess beschleunigen soll. Die New Age-Bewegung glaubt, wir befinden uns in einem Übergang zu einer neuen Bewusstseinsform, in der sich die Grenzen zwischen Innen- und Außenwelt aufzulösen beginnt.Ich glaube, ich gehöre auch zu den Lesern, die altgewohntes wollen. Dennoch scheint sich etwas zu ändern, Stephen Baxter oder Greg Egan führen die Tradition fort, aber entwickeln sie auch weiter; auf jeder ihrer Seiten ist praktisch das Pulsieren einer neueren Generation zu spüren.Ich persönlich mag keinen Witz, keine Ironie oder eine krampfhaft abgefahren Story.Das entstellt für mich den Geist der SF, lässt es zu dem verkommen, was die meisten eh schon unter diesem Genre verstehen: Schund.(Richtig, mir gefällt dieser Roman nicht besonders)

#26 Havzhiva

Havzhiva

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Geschrieben 15 Januar 2003 - 20:32

@ Sullivan/HolgerDie Präkogs kommen auch in Minorityreport vor. ( Der Film basierte auf einer Geschichte von Ihm )@ HolgerVieleicht sollte man S-F in Sience-Fiction und Social-Fiction aufteilen. Ich mag beide, vor allem wenn sie zusammenfallen, wie z.B. in Amboss der Sterne. D3SDPE ist wohl in der Mitte anzusiedeln, er hat ja doch zumindest vom setting und Szenario her einen deutlichen SF-Einschlag. Ich würd das Buch nicht der NEW WAVE zuordnen, dafür ist es zu komplex und PKD ist auch zu gebildet dafür. Natürlich nimmt er viele für euch wahrscheinlich unnachvollziebare Standpunkte ein, aber das passiert sicher nicht im Drogenrausch, sondern aufgrund guter Kunde von philosophisch-mystischen Texten aus China, Indien und der Antike, was besonders in der Valistrilogie deutlich wird ( bevor ich dauernd auf sie verweise, hat die eigentlich jemand außer mir gelesen, sonst kann ich ja mal was von ihr berichten. ). Da kommt man ohne viel Vorwissen nicht weit.@ DaveDeine abneigung gegen die zu abgefahrenen Storys teile ich ja, aber was hast du gegen Witz und Ironie?

#27 Dave

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Geschrieben 15 Januar 2003 - 21:56

Hallo Havzhiva, ich habe mich vielleicht etwas ungenau ausgedrückt.Ich habe natürlich nichts dagegen, wenn eine Person oder eine Situation witzig oder ironisch ist. Was ich auf den Tod nicht ausstehen kann, wenn die Geschichte selbst durch Bemerkungen des Autors zum Witz gemacht wird. Das trifft auf einige Romane von Iain Banks zu, oder als neuestes Beispiel das unheimlich "witzige" QUEST von Andreas Eschbach.

#28 Dave

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Geschrieben 17 Januar 2003 - 16:08

Es ist doch einigermaßen beruhigend, wenn PKD später in einem Brief schreibt:„Nicht nur, dass ich den Roman beim besten Willen nicht verstehe, ich kann ihn noch nicht mal lesen (...) Ich habe nicht den leisesten Schimmer, worum es darin geht (...)“Warum soll es dem Leser besser gehen.Ich stutzte, als es hieß, es ginge in dem Buch um das absolute Böse. Wo sind denn dann die bösen Taten? Ja nicht einmal der mysteriöse Mord tritt wirklich als ein solcher in Erscheinung. Alle Begebenheiten, ob nun real oder drogeninduziert, sind wohl eher trivial als böse.In einem weiteren Brief von PKD ist dann zu lesen, dass die Formschöpfung für ihn das wahre Göttliche ist. So ist dann die Veränderung oder Auflösung unserer Sinneseindrücke als das wahre Böse anzusehen. Warum PKD dann den Schritt in die wirkliche Drogenwelt getan hat, überrascht ein wenig. War nicht schon Palmer Eldritch sein Exorzismus? Wahrscheinlich ist es der einzig mögliche Schritt zur Bekämpfung der Neurose, nämlich sich dem Schrecken selbst zu stellen, Feuer mit Feuer zu bekämpfen. Wenn Barney an sich herabblickt und die drei Stigmata an sich entdeckt, dann ist es wohl PKD†™s Alter Ego, und nicht zuletzt auch der des Lesers.Es ist wohl wie in der Bibel, wo es heißt: „Äh...wo ist es denn nun, dieses Königreich, wo kann ich es finden?“ Jesus antwortet: „Du brauchst es nicht zu suchen, es ist schon da. Innwendig in dir selbst.“

#29 Havzhiva

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Geschrieben 17 Januar 2003 - 17:50

Ich war auch erst ein wenig entäuscht mit der darstellung des Bösen. Vor allem hat mich lange genervt nicht zu wissen, wer oder was PE ist ( obwohl das ja auch ne Aussage sein könnte ). Aber ein bisschen war ja doch drinne. Da ist z.B. die Szene wo PE Barney dazu überreden will, immer weiter zu versuchen, seine Ex doch noch rumzukriegen. Das könnte heißen, das das Böse unsere mithilfe brauch, um zu wirken, oder, das wir uns selbst viel Schmerz zufügen aus z.B Schuldgefühlen ( Barney wirft sich ja vor, seine Frau verlassen zu haben ). Oder wo PE sich mit Barney austauschen will, was ja bedeuten kann, dass das Böse nur sich selbst respektiert und alles andere nur Spielzeug zum vernichten ist ( Gegensatz zu Jesus: er starb am Kreuz, das Böse lässt die anderen für sich sterben ). Das Böse ist nicht durch seine Taten böse, sondern in sich selbst ( als Substanz ) böse, und dadurch, dass es andere damit ansteckt. Ich glaube nicht das die Stigmata das Böse in uns ist, für ihn kommt das Böse von außen, von Proxi, und er bezeichnet es am Ende ja auch als unsterbliche Substanz, die nicht auf uns angewiesen ist, um zu "überleben" ( wieder griechische Philosophie, wesshalb es für uns so schwer ist, das Buch zu verstehen ).@ dave Quest war wirklich lausig. Es war mein erstes und letztes SF-Buch von einem deutschen Autor

#30 Holger

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Geschrieben 17 Januar 2003 - 19:11

Quest war wirklich lausig. Es war mein erstes und letztes SF-Buch von einem deutschen Autor

Ooch. Man soll niemals nie sagen. Vielleicht wird's ja nochmal was ... In die Debatte um das "absolut Böse" werde ich mich nicht einklinken. Die Sache macht mir Schwierigkeiten - der Gedanke Dicks dahinter wird mir nicht greifbar. Ich habe den (sehr nützlichen und lobenswerten) Anhang der Heyne-Ausgabe nun gelesen und stelle fest, dass ich zu naiv an das Buch und den Autoren rangegangen bin. Nie hätte ich erwartet über einen emotional so zerütteten SF-Autoren zu lesen. PKD habe das Buch nach Fertigstellung nicht mehr lesen KÖNNEN, das Gesicht PEs habe wochenlang vor ihm am Himmel gebrangt, sein Heil habe er in der anglokatholischen Kirche (ohne Erfolg) gesucht. Mit einem solchen Autorenprofil habe ich nicht gerechnet. PKD war einfach ein beliebiger Name von respektierten und verehrten Autoren ... Unter diesen Umständen ist es natürlich Quatsch die wissenschaftlichen Aspekte des Story-Rahmens zu analysieren. Das ganze läuft auf einen spirituellen Kern hinaus, und das hat der Leser zu schlucken oder nicht. Ich möchte auf Paul Williams Analyse des Buches (S. 306, Heyne) verweisen:

[...] Haben Sie bemerkt, wie schnell und glaubhaft er sich widerspricht? [...] ... was uns einerseits zwar immer noch im unklaren darüber lässt, welche Realität denn nun die echte ist, andererseits aber durchaus der Richtung entspricht, die das Buch (urplötzlich) eingeschlagen hat. Manche Leser werden an dieser Stelle natürlich entsetzt die Hände ringen und diesem wirren Mischmasch aus Sinn und Unsinn den Rücken kehren. [...]

So weit ging es bei mir selbstverständlich nicht. Williams hat aber schön den Knackpunkt herausgearbeitet, der mir, in Erwartung eines SF-Buchs, die Lektüre anstrengend machte. Na gut, wieder eine Menge gelernt  :biglaugh:
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