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Stanislaw Lem: Solaris


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56 Antworten in diesem Thema

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#31 Dave

Dave

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Geschrieben 06 Februar 2003 - 22:12

Es wäre natürlich fantastisch, wenn man diese Besprechung noch mit einem Statement des Autors krönen könnte. So spontan fällt mir allerdings keine originelle Frage ein.Ich möchte nicht behaupten, dass ich mit dem Roman rundum zufrieden bin. Ich werde mir Mühe geben, nicht schon wieder nur den hervorragenden Beginn des Romans in Erinnerung zu behalten.Es ist ein sehr guter Gedanke, um den ein ganzer Roman gebastelt wurde, für meinen Geschmack eine Idee zu wenig für einen Klassiker. Die Umstände des Todes Gibarian†™s sind mir zu nebulös. Was war mit seiner Projektion? Das gleiche mit Sartorius. Nun werde ich nie erfahren, was es mit den trippelnden Schritten im Labor auf sich hatte.Wenn man den Schluss betrachtet, dann könnte man daraus vielleicht einen Tipp für die Nachwuchsautoren ableiten: Wenn dir partout nichts einfällt, dann wechsle einfach rasant die Örtlichkeit und beglücke den Leser mit einem neuen finalen Rätsel.Oder hat jemand in dem Mimoid eine Antwort gefunden? Würde mich schon interessieren.   Ich bin übrigens sicher, dass sich die Neuverfilmung nicht präzise an die Vorlage halten wird.

#32 Joe Chip

Joe Chip

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Geschrieben 06 Februar 2003 - 22:35

bestimmt nicht ich rechne bei der neuverfilmung sogar mit einem happy-end :)
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#33 Dave

Dave

    Hamannaut

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Geschrieben 06 Februar 2003 - 23:24

Das war mein Gedanke... :)

#34 Joe Chip

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Geschrieben 07 Februar 2003 - 08:21

was haltet ihr von dem bereits geäusserten verdacht, dass SOLARIS eventuell ein viel umfangreicheres manuskript hatte und von LEM oder wem auch sonst gekürzt wurde vor dem erscheinen...das würde einige offen gelassene fragen erklären -- und wäre eventuell auch eine frage welche man stanilaw lem stellen könnte :) joe chip
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#35 Holger

Holger

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Geschrieben 07 Februar 2003 - 10:53

Das wäre in der Tat eine sehr interessante Frage. Ich hatte die "offenen" Enden (Getrippel, Basthüte, Gibarians Tod) eigentlich für ein Stilmittel gehalten, um dem Leser etwas zum Grübeln zu geben. Ich mag so etwas eigentlich recht gerne: etwas nicht zu (be)schreiben hat manchmal mehr Effekt auf den Leser als es auszuformulieren.Zu der Hypothese: wenn an dem ursprünglichen Skript Einkürzungen vorgenommen wurden, warum dann ausgerechnet an tragenden Storyelementen, und nicht an den kapitelumspannenden Abhandlungen über die Solaristik und ihre gegensätzlichen Standpunkte?Ich nehme mal an, dass diese Passagen in den gekürzten Übersetzungen dem Lektoriat zum Opfer fielen.
"Rezensionen: eine Art von Kinderkrankheit, die die neugeborenen Bücher befällt."
(Georg Christoph Lichtenberg)

#36 Pirx

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Geschrieben 08 Februar 2003 - 00:47

@ HolgerAlso gehst Du davon aus, daß in der polnischen Ausgabe, die "vermeintlich" fehlenden Passagen vorkommen, richtig?Ich schaue mal, ob ich an eine Originalausgabe kommen kann.
Gruß

Pirx
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#37 Holger

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Geschrieben 08 Februar 2003 - 09:29

Hi Pirx!

Ich glaube nicht, dass es Abweichungen zwischen der dt. und der polnischen ungekürzten Fassung gibt. Ich frage mich nur, warum sollte man im ursprünglichen Manuskript Handlungsstränge streichen, und die Solaristik-Abschnitte beibehalten?

Ich sehe das als "Indiz" dafür, dass es keine Einkürzung des Manuskriptes gab.

Aber genau das könnten wir ja mal den Meister fragen, oder?


Mich würde auch mal interessieren, ob jemand hier mal einen Blick in eine gekürzte Ausgabe von Solaris geworfen hat. Gab es da welche, und wenn ja, was fiel da weg?
Ich kann sowieso nicht nachvollziehen, warum manche Verlage solche Titel kürzen (Bastei ist/war da ja ganz groß drin: STARSHIP TROOPERS, RINGWELT, etc.)
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#38 Dave

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Geschrieben 08 Februar 2003 - 10:16

Bei RINGWELT hieß es ja Neubearbeitung oder so. Ich dachte, es geht um eine Neuübersetzung oder Aktualisierung. Kürzungen finde ich immer etwas unangenehm. IMAGON erscheint ja auch demnächst bei Bastei, und es soll eine Kürzung geben. Ob das dann wirklich die Idee des Autors war?Es bedeutet wohl auch etwas Detektivarbeit, denn das einzige Buch, an das ich mich entsinne, und in dem etwas über eine Kürzung vermerkt war, ist "1984".Warum sollte man bei einem schmalen Buch wie SOLARIS etwas kürzen?Wer weiß, vielleicht haben wir sogar unterschiedliche Versionen (sprich Längen) gelesen.Suhrkamp ist ja ziemlich bieder, vielleicht wurde man um die eine oder andere Blutpfütze erleichtert. Oder vielleicht eine heiße Sexszene? Kürzungen sind auch oftmals ein Machtbeweis und überhaupt nicht mehr nachvollziehbar.Es gibt übrigens auch Bücher, in denen der Übersetzer Szenen dazugedichtet oder "korrigiert" hat.Unangenehmes Thema...

#39 Joe Chip

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Geschrieben 08 Februar 2003 - 18:13

so ist es - es gibt nichts traurigers als einem krativ tätigen menschen derasrt ins handwerk zu pfuschennoch schlimmer wird es wenn man nur durch eine übersetzung eines schreibwütigen literaten vom ursprünglichen autor im ganzen deutschsprachigen raum (ca 100.000.000) eine falsche meinung hatjoe chip
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#40 Joe Chip

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Geschrieben 09 Februar 2003 - 14:03

@alleich sehe dass, das thema ein wenig einschläftvorschlag - treffen wir uns alle hier wenn wir uns den film angeschaut habenwisst ihr wann der startetjoe chip :D
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#41 Holger

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Geschrieben 09 Februar 2003 - 23:25

Vielleicht gibt's ja noch ein bisschen was über das Buch zu besprechen. Zum Beispiel würde mich interessieren, ob ihr eine "Lieblingsszene" habt!Zum Film:Habe just in der ARD-Sendung KULTURREPORT Ausschnitte aus dem neuen Soderbergh-Streifen gesehen. Diese wurden der ursprünglichen russischen Fassung gegenübergestellt. Dazwischen war ein leicht frustrierter Soderbergh im Kreise seiner Stars zu sehen, der feststellen muss, dass sein Film für Amerikaner zu europäisch und für Europäer zu amerikanisch sei.Soderbergh arbeitet viel mit Blautönen und kalten, schnittigen Aufbauten. Die Station sieht ein bisschen nach Captain Futures Raumschiff Comet aus! Seltsamerweise entsprachen die kurzen Ausschnitte aus der russ. Fassung ziemlich meiner Vorstellung beim Lesen - diese Version würde mich nun fast noch mehr interessieren als das "Remake".
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#42 Sullivan

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Geschrieben 10 Februar 2003 - 08:38

Hallo,ein guter Freund von mir meint, dass der russische Film nur sehr wenig mit dem Buch zu tun hat, ansonsten aber klasse ist (was bei ihm aber nichts heißt, er hat einen sehr schrägen Geschmack). Welcher Sender hat z.Zt. die Rechte - ARD? Wäre doch die passende Gelegenheit, den Film im Fernsehen zu zeigen.Sullivan

#43 Dave

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Geschrieben 10 Februar 2003 - 16:04

Meine Lieblingsszene ist eindeutig schon ganz zu Beginn des Romans, nämlich Kelvin†™s Ankunft auf Solaris, die Begegnung mit Snaut und die Erkundung der Station. Aus meiner Sicht ist diese Stimmung im Roman nie wieder erreicht worden. Dann noch der Selbstmordversuch von Harey und die sich darum rankenden Dialoge. Auch haben mir die Berichte früherer Expeditionen gefallen.Was den Film angeht, so kann ich nicht behaupten, dass ich mich magisch angezogen fühle. Da habe ich schon ganz andere Werke verpasst...

#44 Joe Chip

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Geschrieben 10 Februar 2003 - 19:05

meine lieblingsszenen waren1. kelvins gedankengänge ob er sich in einer realen welt befindet (das liebe ich auch an PKD´s geschichten)2. die szenen mit harey als sich kelvin mit ihrem dasein abfand3. als kelvin erfuhr dass harey fort ist (punkt 2 + 3: wie erwähnt halte ich solaris auch für einen wunderschönen liebesroman)4. als kelvin am ende mit dem ozean komuniziert ( ich konnte mir diese szene bildlich vorstellen und bin davon überzeugt dass es in der verfilmung eine rührende szene wäre)joe chip  ;)
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#45 dyke

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Geschrieben 10 Februar 2003 - 23:17

Ich bin immer noch nicht ganz durch, noch ca. 60 Seiten. Die Abende verlaufen einfach anders, als ich es möchte. Aber vielleicht kann ich die Diskussion nochmal ein bisschen anstubsen

Mir erscheint der Roman in keinem Fall gekürzt und es ist mir bisher auch keine Info dazu untergekommen.
Es mag die ein oder andere Unzulänglichkeit bei der Übersetzungen gegeben haben, die aber zum Verständnis des Romans nicht relevant sind. Alles, was als fehlend reklamiert wird, wurde für mich weggelassen, um vom eigentlichen Thema des Romans (wie ich es sehe) nicht abzulenken.

Lem ist nicht der typische SF-Schriftsteller, dem es um abenteuerliche Welten, phantastische Technik oder schreckerregende Aliens geht. Er muss auch sein wissenschaftliches Können nicht in einer SF-Story unter Beweis stellen.
Er nutzt das Mittel SF nur um uns Menschen ohne erhobenen Zeigefinger auf die Unzulänglichkeiten unseres Tuns aufmerksam zu machen (und gehört damit zu der Sparte SF, die ich besonders mag).

das ganze Buch erscheint mir wie ein vorweggenommener Abgesang auf die bestehende Art der Wissenschaft und auf die menschliche Fähigkeit zu einem echten Verständnis und Erkennen der eigenen Grenzen.

[quote]... denn die Schuld an einem solchen Beobachtungsergebnis sucht man (immer aus Sorge um das Wohl der Wissenschaft) bald auf bestimme Leute zu schieben, bald auf die Rechenanlagen, derer sie sich bedienen
[/quote]

{QUOTE]Du solltest wissen, dass sich die Wissenschaft sich nur damit beschäftigt, wie etwas geschieht, und nicht warum etwas geschieht.[/QUOTE]

Auch Gieses ganze Beschreibung der Ausprägungen/Skulpturen, die Solaris generiert, zeigt unter dem akribischen Aufzählen und Beschreiben deutlich die Hilflosigkeit der Wissenschaft, das Nichtwissen und Nichtverstehen.

Alles was Wissenschaftler auf Solaris tun, ist letztendlich sinnlos, weil sie alles nur aus der menschlichen Sicht tun und keinen „Sinn" dafür haben, dass es auch eine ganz andere Sicht geben könnte.

Alles was die Wissenschaft an Kontaktversuchen mit Ozean versucht erscheint mir so, als würde uns Menschen die Küchenschaben einen Waffenstillstand anbieten wollen. Ganz vorsichtig und wohl präpariert taucht der ausgewählte Schabenabgeordnete unter dem Küchenschrank auf, als sich ein Mensch dem Kühlschrank nähert. Plötzlich macht es „Knack" und der Mensch „Uuups, was war denn das?"
Nur sind wir Menschen in diesem Fall die Küchenschaben.

Auch die Gäste zeigen auf, dass es unter Menschen keine ehrliches Verständnis gibt. Snaut und Satorius trauen keinem anderen und halten daher ihr Gäste versteckt, aus Scham, aus Angst ihr Schwächen zu zeigen.
Snaut begeht einen Mord nach dem anderen, Satorius schließt sich vollkommen ab, versteckt sich hinter seiner Wissenschaft und denkt nur über die ultimative Vernichtungsmöglichkeit nach.
Einzig Kelvin akzeptiert letztendlich seinen Gast, wird aber auch hier mit seinem Unvermögen in der Vergangenheit
konfrontiert. Er versucht Harey als ein neues Wesen zu sehen. Das muss aber in die Hose gehen, die sie nur ein „Teil" von ihm ist, aus seinen Gedanken und Emotionen „produziert" wird.
Die „Love Story" ist nicht um der Love Story im Roman, sondern will etwas aufzeigen.

Zusammenfassend könnte ich fast sagen, der Roman fordert von Menschen und Wissenschaft mehr „Demut" für den Mensch selbst und seine Umgebung in weitestem Sinne ein.

Zu Dave (zwar spät, aber...)
[quote] Dyke meinte ja, das die Personen auch mit ihrer Vergangenheit geklont werden. Allerdings kam Harey ja ums Leben in der "Wirklichkeit". Wie passt das jetzt zusammen? [/quote]

Da hast Du mich mißverstanden. Geklont ist vielleicht auch nicht der richtige Begriff. Dies Gäste werden nach Informationen in den Gehirn-Gedächtnisspeichern von Kelvin, Snaut oder Satorius geschaffen. Sie haben zum Zeitpunkt der Erschaffung keine eigene Vergangenheit. Wird bei Harey immer wieder ganz deutlich; sie will sich erinnern, aber sie findet keine eigene Erinnerung, bzw. hat sie Erinnerungen, die sie gar nicht haben kann (an Pelvis, den Kelvin erst 3 Jahre nach ihrem Tod kennenlernt.

Den Film werde ich mir frühestens im TV anschauen, es sei denn jemand von Euch macht mir den Mund zu wäßrig.

Dyke

#46 dyke

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Geschrieben 11 Februar 2003 - 17:27

Nachschlag Intewrview mit Steven Soderbergh zu Solais im Spiegel

#47 Dave

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Geschrieben 11 Februar 2003 - 19:49

Ja, womöglich zeigt uns Solaris, wie wenig wir wissen, bzw wie wenig wir wissen können. Vielleicht ist es wie Platons Höhlengleichnis. Wir sind uns der schemenhaften Schatten bewusst, können  aber den Strick nicht zerreißen, um einen Blick aus der Höhle in die wirkliche Welt zu tun.Ich stelle mir statt der Schaben immer ein Haustier vor, das trotz der unmittelbaren Nähe des Menschen nicht in der Lage ist, die Ebene von Herrchen oder Frauchen zu verstehen. Es wäre wohl anmaßend anzunehmen, dass wir uns auf der höchsten Ebene befinden und alles im Überblick haben. Im Grunde bracht man gar nicht so fern zu reisen, schon Einstein hat sich darüber beklagt, wie naiv wir der Umwelt gegenüber stehen und eigentlich nichts wissen wollen. Und tatsächlich, kaum jemand, der in sein Auto steigt und den Zündschlüssel umlegt, weiß auch nur ungefähr etwas über die Mechanismen, die ihn fortbewegen. Oder die Funktion des Radios, den Wellen, die an unser Ohr dringen.Vielleicht macht uns Solaris die Wunder deutlich, die es ständig um uns herum gibt, nur sind wir zu blind, sie wahrzunehmen.

#48 Holger

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Geschrieben 12 Februar 2003 - 00:34

Zu den SPIEGEL-Interview: gerade in Zusammenhang mit dem Lesezirkel interessiert die Frage: "Es gibt ihn also doch - den Schlüssel für das Verständnis von "Solaris"."Amüsant: "Sie meinen wohl eher "Science Fiction"."Bezieht sich hier allerdings auf Soderberghs Film.
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#49 Joe Chip

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Geschrieben 14 Februar 2003 - 20:51

da interview ist zwar sehr interessant, bestätigt zwar dass auch andere über diesen roman nachdenken - aber wenn der grund für diesen film sonderberghs interesse am menschlichen gehirn war - dann ist das für mich ein schwacher grund........ ich finde auch dass solaris eine verfilmung wert ist aber aus den gründen die in diesem thread angesprocchen wurdenjoe chip ;)
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#50 Holger

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Geschrieben 14 Februar 2003 - 23:11

... aber wenn der grund für diesen film sonderberghs interesse am menschlichen gehirn war - dann ist das für mich ein schwacher grund

Kann ich Dir nur recht geben. Soderbergh betrachtet die Buchvorlage aus einer ganz anderen Perspektive als wir das hier getan haben.

In meinen Filmen beschäftige ich mich gerne mit der Bedeutung von Erinnerungen. Normalerweise nehmen sie Einfluss auf die Gegenwart, aber in diesem Fall haben sie konkrete Gestalt angenommen und sind selbst Gegenwart geworden. Genauer gesagt, sie haben sich eine menschliche Person verwandelt. Und jetzt lauten die Fragen: Sind diese Erinnerungen das gleiche wie ein Mensch? Was bedeutet es überhaupt Mensch zu sein?

SOLARIS aus der Perspektive eines Nicht-Science-Fiction-Lesers? Fast kommt es mir so vor! Ich stelle mich langsam darauf ein, den Film als seperates Werk "frei nach Lem" zu verstehen. Bin aber weiterhin sehr gespannt! Premiere ist am 6. März.
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#51 Pirx

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Geschrieben 15 Februar 2003 - 00:13

Hallo,ich habe heute abend mal etwas auf der Seite von Lem gestöbert und eine kurze Stellungnahme zu SOLARIS von ihm  gefunden. Ich füge die Übersetzung bei.S. Lem zu SOLARIS:"Als ich Kelvin auf die Solaris-Station führte und ihn den erschrockenen und betrunkenen Snaut sehen ließ, wußte ich selbst noch nicht, was ihn (Snaut) so erschreckt hatte. Ich hatte nicht den blassen Schimmer, warum er einen gewöhnlichen Besucher fürchtete. In dem Moment wußte ich es nicht, aber schon bald sollte ich es erfahren, denn schließlich schrieb ich weiter ...Es fällt mir schwer, diesem Buch etwas hinzuzufügen. Ich nehme an, daß es mir gelungen ist, alles in diesem Werk zu sagen, was ich wollte. Diese Auffassung erscheint mir ganz passabel zu sein und kann nur anfügen, daß eben diese Ansicht zu einem wahren Schmaus der Kritiker werden sollte. Ich habe Besprechungen gelesen, die so gelehrt waren, daß ich sie fast nicht verstanden hätte. Beginnend mit Deutungen rein freudianischer Art, mit denen jener amerikanischer Kritiker und Anglist, recht häßlich reingefallen ist. Seine psychoanalytische Diagnose basierte auf einem englischen Text. Allerdings ohne zu wissen, daß die andere polnische Idiomatik solche Interpretation nicht zuläßt."Quelle www.lem.pl/main.htm Die Tage schau ich mal nach seiner Meinung zu der neuen Verfilmung. Falls vorhanden.Schönes Wochenende Euch allen!
Gruß

Pirx
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#52 Joe Chip

Joe Chip

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Geschrieben 15 Februar 2003 - 15:57

@pirxmille grazie - das ist ja interessant - möglicherweise zerbricht man sich nun schon jahrzehnte lang den kopf über ein buch welches einfach nur eine geschichte erzählt(das gabs ja schon öfter zB: das cover der LP der beatles - ABBEY ROAD - welches laut den beatles nichts auszusagen hatte aber die fans heute noch verwirrt)@holgerdanke für den termin des filmstartswerde mir den film nat. ansehen - aber bestimmt sehr kritischjoe chip  :D
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#53 dyke

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Geschrieben 19 Februar 2003 - 17:47

Heute in der FAZ dieses Intereview (leicht gekürzt) mit Lem, in dem er auch zu dem Roman SOLARIS Stellung nimmt:

Das Weltall spricht leider englisch "Ich kenne den Herrn Blix" - Gründe für den Krieg und Erkundung des Planeten Solaris: Ein Gespräch mit Stanislaw Lem Auf dem Türschild steht sein Name. Der bekannteste Schriftsteller Polens lebt in einem Einfamilienhaus am Stadtrand von Krakau ohne sichtbare Zeichen seines Weltruhms. Auf dem Schreibtisch, zwischen den neuesten Ausgaben von "Nature" und "Science", steht eine alte Schreibmaschine neben einem selbstgebastelten Funkensprühgerät. Ringsum stapeln sich Übersetzungen seiner Hauptwerke in allen Sprachen: "Solaris", "Der futurologische Kongreß", "Also sprach ,Golem'" und zahllose andere. Stanislaw Lem hat mit seinen Büchern unseren Blick auf die Gattung Mensch verändert. Aber schon beim Eintreten in sein Arbeitszimmer verändert sich unser Blick auf Stanislaw Lem. Hier sitzt kein Geistesfürst, sondern ein Eremit, der mit brüchiger Stimme seine von Erfahrung gehärteten Einsichten verkündet. Er befürwortet, wie die dafür heftig vom französischen Präsidenten Chirac gescholtene Regierung seines Landes, einen raschen Militärschlag gegen Saddam Hussein. Die Mitglieder der Raelianer-Sekte sähe er am liebsten hinter Gittern. Auch über die Verfilmungen seiner Romane hat er wenig Freundliches mitzuteilen. Die amerikanische Kinoproduktion "Solaris", mit welcher der Regisseur Steven Soderbergh soeben auf der Berlinale zu Gast war, will er nicht einmal sehen, obwohl sie überall in Polen mit seinem Namen beworben wird. Lems Aussagen spiegeln die Erfahrung eines geknechteten Volkes, das im zwanzigsten Jahrhundert zahlreiche Unterdrücker erdulden mußte, und den weltumfassenden Blick eines Mannes, der in Natur- wie Geisteswissenschaft gleichermaßen zu Hause ist. Ob Präsident Chirac wohl auch ihm empfehlen würde zu schweigen? F.A.Z. Herr Lem, unsere Zeit ist von Unsicherheit und Angst geprägt. Wovor haben Sie Angst? Ich? Wenn man zweiundachtzig Jahre alt ist, wovor soll man da Angst haben? Wenn Sie meinen, daß ich mich vor dem Tod fürchte, dann irren Sie sich. ................. Sie haben in "Der futurologische Kongreß" einst selbst die Vision eines Weltbürgerkriegs entworfen. In dem Buch gibt es eine pessimistische und eine optimistische Version. Die eine wird von der anderen verdeckt. In diesem Roman wird die positive Sicht der Wirklichkeit mit Hilfe synthetischer Drogen erzeugt. Nach echtem Optimismus klingt das aber nicht. Um in dieser Welt ein Optimist zu sein, darf man erst gestern geboren worden sein. Woher sollte ich um Gottes willen Optimismus nehmen? Am besten war die Welt vor 120 Jahren, als es noch keinen Fernseher gegeben hat, man lebte im kleinen Kreis der Familie, eventuell der Nation, man hatte nicht soviel Informationen. Wovon würden die Zeitungen denn berichten, wenn es nicht pausenlos Kriege geben würde? Wissen Sie, es ist angenehm, jung, reich und gesund zu sein. Man muß sich aber hüten, man soll nicht zuviel vom Leben fordern. Als ich noch ein armer Schriftsteller war, konnte ich mir nichts leisten. Jetzt könnte ich mir vier Autos leisten, aber wozu? Wozu brauche ich zehn Paar Schuhe? Die Biotechnologie zum Beispiel schafft nicht mehr Autos oder Schuhe, sondern essentiellere Dinge, zum Beispiel Ersatzgewebe zur Behandlung von Krankheiten. Ich habe eine sogenannte intelligente Waschmaschine und benutze sie nicht. Je kleiner und verfeinerter die Dinge werden, desto glücklicher sollen wir sein. Aber ich sehe da keine Korrelation. Was halten Sie von dem Versuch, den Menschen zu klonen? Aus "Science" und "Nature" weiß ich, was für entsetzliche Möglichkeiten uns bevorstehen. Es wäre besser, wenn es keine Klone geben würde. Zuerst sollte natürlich diese Schwindlerbande der Raelianer in den Kerker. Doch auch wenn ihre Behauptungen falsch waren, ich glaube, das Klonen wird kommen, nur eben nicht von Montag auf Mittwoch. Alle Tabus verschwinden irgendwann. Als ich Schüler war, wußte ich nicht einmal, was Pädophilie ist. Heute wirft sich jeder dritte Vati auf seine Tochter oder seinen Jungen. Der Mensch ist eine unangenehme Gattung, sehr peinlich, ja. Da sind wir wieder bei "Solaris": Die Hoffnung, daß es auch andere Wesen gibt, und zwar nicht nur Humanoide, ist ein kleiner Trost. Ein Trost könnte auch sein, daß es noch ekelhaftere Kreaturen gibt als den Menschen. Es wäre peinlich zu denken, daß wir die einzigen sind, die das Weltall bewohnen und ständig solche schrecklichen Dinge tun. Na ja, jetzt sehen wir mal zu. Ich warte auf den Angriff Amerikas auf den Irak. Ihr Außenminister Fischer ist übrigens dicker geworden. Zurück zur Bioforschung: Was halten Sie davon, aus menschlichen Embryonen Ersatzgewebe zu züchten? Ich finde das unmöglich. Aber man wird sich daran gewöhnen. Irgendwann wird auch der Papst nicht mehr sagen, das sei schlimm. Ich war vor ein paar Monaten anämisch, da bekam ich fast einen Liter Blut als Transfusion. Es hat mal eine Zeit gegeben, da hätten die Leute die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, wie man nur fremdes Blut bekommen kann. Hätten Sie denn auch künstliches Ersatzgewebe genommen? Um Himmels willen, nein. Erstens funktioniert das heute noch nicht, und zweitens, wozu sollte ich neues Gewebe brauchen? Um meine geistigen Kräfte zu stärken? Ich habe mein Leben gelebt und nichts zu bedauern. Wenn man in meinem Alter ist, sieht man, es ist etwas Alltägliches, daß wir alle kaputtgehen. Fünfunddreißig Jahre nachdem Sie Ihren Roman "Solaris" veröffentlicht haben, hat der amerikanische Regisseur Steven Soderbergh nun eine zweite Verfilmung angefertigt. Was halten Sie davon? Ich habe bisher nur Rezensionen gelesen. Die Streuung zwischen Ablehnung und Bewunderung ist enorm. Man wird daraus nicht klug. Was ich Ihnen sagen kann, ist, wie ich das Buch vor vierzig Jahren konzipiert habe: nämlich nicht als eine Romanze im Weltall. So etwas hätte mich überhaupt nicht interessiert. Was ist das wesentliche an "Solaris"? Ich habe, ausgehend von meinem Interesse an fremden Zivilisationen, mich gegen die von den Amerikanern verbreitete Vorstellung gewandt, daß es entweder humanoide Kulturen gibt oder niemanden. Da wollte ich etwas anderes dagegenstellen. Solaris ist ein Planet, auf dem eine gallertartige, ozeanartige Masse entstanden ist, die von einem Teil der Wissenschaft als lebendig und vom anderen Teil als etwas anderes angesehen wird. Es sollte nicht zu einem Kontakt kommen, weil dieser gar nicht möglich ist. Das Problem im amerikanischen Science-fiction ist, daß das ganze Weltall Englisch spricht. Schauen Sie sich "Star Trek" und diesen ganzen Schwachsinn mit langen Nasen und spitzen Ohren an, das konnte ich nie ertragen. Dieser Ozean mußte also Verhaltensweisen aufzeigen, weil er keine tote Materie ist. Deshalb habe ich Muster erfunden, die Mimoide, Symmetriaden, Längichte und so weiter. Wie der Ozean sie herstellt, das können die Menschen nicht begreifen. Sie interessieren den Ozean sowieso nur so viel, wie uns Ameisen interessieren. Die Ameisenmenschen versuchen in "Solaris" aber trotzdem Kontakt aufzunehmen, doch der Ozean reagiert nicht, denn er kennt keine Sprache. Er versucht aber, auf seine Weise an die Menschen zu gelangen, an die verdrängten Inhalte menschlicher Seelen, an sehr peinliche Erlebnisse, die tief vor der Welt verborgen sind. Bei Sartorius ist das ein Kind. Und in Kelvin verbirgt sich seine Frau, die Selbstmord begangen hat. Das ist alles. In früheren Interviews haben Sie Ihr Mißfallen an Andrej Tarkowskis Verfilmung von 1972 geäußert. Warum mochten Sie Tarkowskis Film nicht? Bei der Arbeit mit Tarkowski habe ich mit dem Kerl mächtig gestritten, denn er wollte eine große Familie in dem Film haben, mit Babuschkas und Tanten und allem Drum und Dran - er war eben ein Russe. Ich habe eine Figur nach der anderen rausgeschmissen, aber es ist trotzdem ein ziemlich langer Film geblieben, dem es an den technischen Möglichkeiten fehlte, den Ozean visuell auszugestalten. Es mußte also ein psychologisches Drama bleiben. Ich muß bekennen, daß ich nicht die Ausdauer hatte, den Film zu Ende anzusehen. Als ich gelesen habe, daß Soderbergh ein Mittelding zwischen "Der letzte Tango" und "Odyssee im Weltraum" gemacht hat, war ich sehr erstaunt, denn ich sehe da keine Wahlverwandtschaft. Ich erhoffte mir, daß Soderbergh gewisse Möglichkeiten des modernen Films nutzen würde, um den Planeten zu animieren, also das, was Tarkowski nicht machen konnte. Ich höre aber, daß das nicht geschieht. Bei Soderbergh ist der Planet eigentlich nur eine Art Bildschirmschoner, der keine eigene Rolle spielt . . . Einige amerikanische Regisseure hat es wohl enttäuscht, daß aus Harey kein Wurm oder Monster kriecht, das ist ja typisch. Bei mir gab es keine Monster. Der Film ist eigentlich eher ein Kammerspiel. Er zeigt drei, vier Personen auf engstem Raum, die sich mehr oder minder über Dialoge verständigen. Und draußen schwebt die Masse des Planeten Solaris . . . Aus meinem Roman sind erstaunliche Dinge gemacht worden, ein Ballett zum Beispiel, das hielt ich für absoluten Unsinn, aber ich hatte keine Chance, das zu verhindern. Ich habe einmal einen Kurzfilm für unseren bekannten Regisseur Andrzej Wajda geschrieben. Der Mann hat dann versucht, die Geschichte umzubauen. Es ist ihm nicht gelungen, weil man meine Stücke nicht zerhacken kann, um den Rest als Brei mit Mayonnaise zu servieren. Eigentlich war ich immer ein Gegner von Verfilmungen. Wenn ich etwas schreibe, dann verantworte ich jedes Wort und Komma, aber im Film bin ich als Autor ohnmächtig. Haben Sie schon von einem Romanautor gehört, der mit seiner Verfilmung zufrieden war? Wissen Sie, was Thomas Mann über den "Zauberberg"-Film gesagt hat? In "Solaris" gibt es ein ganzes Kapitel darüber, was sich die Menschen als philosophische und andere hypothetische Annahmen über die Natur des Planeten zurechtgelegt haben. Aber das ist kein Stoff für einen Film, kein Motiv. Kinobilder haben eben ganz andere Begrenzungen als Prosa. Wie ist es dann zu Soderberghs Verfilmung gekommen? Ich habe mich lange Zeit gegen das Projekt gewehrt. Aber dann habe ich mir gesagt, Mensch, du bist über 80 Jahre alt, du warst mit Tarkowski unzufrieden, Soderbergh gehört der neuen Generation amerikanischer Regisseure an, er ist nicht durch Hollywood vergiftet. So hatte es mir zumindest sein Agent erzählt. Ansonsten war mir nur bekannt, daß der Film erfreulicherweise erheblich kürzer als der von Tarkowski sein würde, daß man mir erhebliche Summen zahlen würde und daß ich allerlei Versprechen abgeben mußte, niemandem etwas zu erzählen, nichts gegen die politisch korrekte Besetzung mit einer Schwarzen zu sagen, also das Maul zu halten. Ich dachte mir also, was soll das, einmal ist keinmal, nicht wahr. Gibt es überhaupt Science-fiction-Filme, die Ihnen gefallen? Das ist eine delikate Frage. Einzelne Stücke der "Odyssee im Weltraum" von Stanley Kubrick haben mir gefallen, allerdings nicht das unsinnige Ende. Aber nein, beglückt hat mich kein solcher Film. Science-fiction-Filme sind modisch geworden, aber sie enden immer mit Prügeleien und Laserkanonen, und das ist alles sehr langweilig. Auch "Herr der Ringe" und dergleichen läßt mich kalt. Unter welchen Umständen ist Ihnen die Idee zu "Solaris" gekommen? Damals wußte ich nicht, was ich schreiben würde, es war nichts konzipiert. Die Idee des Planeten ist auf dem Papier vor mir erschienen. Ich war allein und ziemlich erstaunt. Das ist wie mit dem Träumen. Man weiß auch nicht, woher ein Traum kommt, warum man dieses Thema anpackt und nicht ein anderes. Hat es die Idee eines intelligenten Planeten vorher irgendwo anders gegeben? Davon wüßte ich nichts. Ich bin aber kein fleißiger Mann, der jede Zeile Science-fiction studiert hätte. Mögen Sie die Filme von Kieslowski? Nein, überhaupt nicht. Und die jüngsten Filme von Wajda? Im Kommunismus war man froh, wenn man einigermaßen gute Filme sehen konnte. Diese Zeiten sind vorbei. Ich schirme mich von soviel wie möglich ab, auch von dieser Flut von E-Mails und dem Informationsmüll im Internet. Mein Sohn in Amerika und mein Assistent hier in Krakau wählen die wichtigsten Dinge für mich aus. Ich brauche meine Ruhe, warum sollte ich mich diesem Wahnsinn aussetzen? Ich sehe nicht fern, meine Herren, außer Nachrichten in deutscher Sprache, denn die lassen mich am ehesten kalt. Wie sieht Ihr Tagesablauf aus? Ich versuche Interessantes zu suchen, Dinge, die sich nicht ewig und ewig wiederholen. Das ist ziemlich schwer, selbst in Magazinen wie "Science", "Nature" und "New Scientist". Einen interessanten Roman aufzuspüren ist eine Seltenheit, vielleicht ist die Zeit des Fabulierens vorbei. Es ist einfacher, eine große Perle auf dem Trottoir zu finden als einen guten Roman von einem Fünfundzwanzigjährigen. Was lesen Sie am liebsten? An erster Stelle meine Dichter, Rilke, Celan. Rilke habe ich noch während der deutschen Besatzung entdeckt. Wenn Sie "Solaris" heute noch einmal schrieben, würden Sie das Buch dann anders konzipieren? Das größte Rätsel ist doch: Wo soll man intelligente Leser finden? Das Gespräch führten Andreas Kilb und Christian Schwägerl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.02.2003, Nr. 42 / Seite 37



#54 Sullivan

Sullivan

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Geschrieben 19 Februar 2003 - 19:26

Hey, super - danke, Dyke! Hast du alles abgetippt???

#55 dyke

dyke

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Geschrieben 19 Februar 2003 - 22:54

@SullivanBist Du des Wahnsinns fette Beute??  Ich bin FAZ-Abonnent, aber auch nur weil diese Zeitung den größten Teil ihrer Online-Ausgabe nur für Abonnenten freigibt.@ALLWer in dem Artikel jetzt etwas vermisst: Ich habe ihn etwas gekürzt um dem Urheberrecht und Copyright gerecht zu werden (vor lauter Freude mal wieder nicht daran gedacht. Da ist das web sehr verführerisch :jumpgrin: ) . Und uns geht es dabei ja mehr um den SF-Anteil und Solaris.LG Dyke

#56 Joe Chip

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Geschrieben 20 Februar 2003 - 17:39

@dykedanke für den artikelsehr interessant was lem so denkt - ein wenig entäuschend an manchen stellen - doch spricht er mir - was amerikas filme angeht aus der seele....... doch die breite masse kauft die filme also werden sie gemacht....lem erinnert mich ansatzweise an marcel reich-ranickyjoe chip  :jumpgrin:
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#57 Dave

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Geschrieben 20 Februar 2003 - 18:06

Bei dem Interview muss ich wirklich an das Klischee der wunderlichen älteren Menschen denken, aber Herr Lem soll ja immer schon etwas schwierig gewesen sein. Diese ständigen Pauschalabrechnungen finde ich schon etwas infantil...


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