Stanislaw Lem: Solaris
#31
Geschrieben 06 Februar 2003 - 22:12
#33
Geschrieben 06 Februar 2003 - 23:24
#34
Geschrieben 07 Februar 2003 - 08:21
#35
Geschrieben 07 Februar 2003 - 10:53
(Georg Christoph Lichtenberg)
#36
Geschrieben 08 Februar 2003 - 00:47
Pirx
- • (Buch) gerade am lesen:Asprin: Tambu
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#37
Geschrieben 08 Februar 2003 - 09:29
Ich glaube nicht, dass es Abweichungen zwischen der dt. und der polnischen ungekürzten Fassung gibt. Ich frage mich nur, warum sollte man im ursprünglichen Manuskript Handlungsstränge streichen, und die Solaristik-Abschnitte beibehalten?
Ich sehe das als "Indiz" dafür, dass es keine Einkürzung des Manuskriptes gab.
Aber genau das könnten wir ja mal den Meister fragen, oder?
Mich würde auch mal interessieren, ob jemand hier mal einen Blick in eine gekürzte Ausgabe von Solaris geworfen hat. Gab es da welche, und wenn ja, was fiel da weg?
Ich kann sowieso nicht nachvollziehen, warum manche Verlage solche Titel kürzen (Bastei ist/war da ja ganz groß drin: STARSHIP TROOPERS, RINGWELT, etc.)
(Georg Christoph Lichtenberg)
#38
Geschrieben 08 Februar 2003 - 10:16
#39
Geschrieben 08 Februar 2003 - 18:13
#41
Geschrieben 09 Februar 2003 - 23:25
(Georg Christoph Lichtenberg)
#42
Geschrieben 10 Februar 2003 - 08:38
#43
Geschrieben 10 Februar 2003 - 16:04
#44
Geschrieben 10 Februar 2003 - 19:05
#45
Geschrieben 10 Februar 2003 - 23:17
Mir erscheint der Roman in keinem Fall gekürzt und es ist mir bisher auch keine Info dazu untergekommen.
Es mag die ein oder andere Unzulänglichkeit bei der Übersetzungen gegeben haben, die aber zum Verständnis des Romans nicht relevant sind. Alles, was als fehlend reklamiert wird, wurde für mich weggelassen, um vom eigentlichen Thema des Romans (wie ich es sehe) nicht abzulenken.
Lem ist nicht der typische SF-Schriftsteller, dem es um abenteuerliche Welten, phantastische Technik oder schreckerregende Aliens geht. Er muss auch sein wissenschaftliches Können nicht in einer SF-Story unter Beweis stellen.
Er nutzt das Mittel SF nur um uns Menschen ohne erhobenen Zeigefinger auf die Unzulänglichkeiten unseres Tuns aufmerksam zu machen (und gehört damit zu der Sparte SF, die ich besonders mag).
das ganze Buch erscheint mir wie ein vorweggenommener Abgesang auf die bestehende Art der Wissenschaft und auf die menschliche Fähigkeit zu einem echten Verständnis und Erkennen der eigenen Grenzen.
[quote]... denn die Schuld an einem solchen Beobachtungsergebnis sucht man (immer aus Sorge um das Wohl der Wissenschaft) bald auf bestimme Leute zu schieben, bald auf die Rechenanlagen, derer sie sich bedienen
[/quote]
{QUOTE]Du solltest wissen, dass sich die Wissenschaft sich nur damit beschäftigt, wie etwas geschieht, und nicht warum etwas geschieht.[/QUOTE]
Auch Gieses ganze Beschreibung der Ausprägungen/Skulpturen, die Solaris generiert, zeigt unter dem akribischen Aufzählen und Beschreiben deutlich die Hilflosigkeit der Wissenschaft, das Nichtwissen und Nichtverstehen.
Alles was Wissenschaftler auf Solaris tun, ist letztendlich sinnlos, weil sie alles nur aus der menschlichen Sicht tun und keinen „Sinn" dafür haben, dass es auch eine ganz andere Sicht geben könnte.
Alles was die Wissenschaft an Kontaktversuchen mit Ozean versucht erscheint mir so, als würde uns Menschen die Küchenschaben einen Waffenstillstand anbieten wollen. Ganz vorsichtig und wohl präpariert taucht der ausgewählte Schabenabgeordnete unter dem Küchenschrank auf, als sich ein Mensch dem Kühlschrank nähert. Plötzlich macht es „Knack" und der Mensch „Uuups, was war denn das?"
Nur sind wir Menschen in diesem Fall die Küchenschaben.
Auch die Gäste zeigen auf, dass es unter Menschen keine ehrliches Verständnis gibt. Snaut und Satorius trauen keinem anderen und halten daher ihr Gäste versteckt, aus Scham, aus Angst ihr Schwächen zu zeigen.
Snaut begeht einen Mord nach dem anderen, Satorius schließt sich vollkommen ab, versteckt sich hinter seiner Wissenschaft und denkt nur über die ultimative Vernichtungsmöglichkeit nach.
Einzig Kelvin akzeptiert letztendlich seinen Gast, wird aber auch hier mit seinem Unvermögen in der Vergangenheit
konfrontiert. Er versucht Harey als ein neues Wesen zu sehen. Das muss aber in die Hose gehen, die sie nur ein „Teil" von ihm ist, aus seinen Gedanken und Emotionen „produziert" wird.
Die „Love Story" ist nicht um der Love Story im Roman, sondern will etwas aufzeigen.
Zusammenfassend könnte ich fast sagen, der Roman fordert von Menschen und Wissenschaft mehr „Demut" für den Mensch selbst und seine Umgebung in weitestem Sinne ein.
Zu Dave (zwar spät, aber...)
[quote] Dyke meinte ja, das die Personen auch mit ihrer Vergangenheit geklont werden. Allerdings kam Harey ja ums Leben in der "Wirklichkeit". Wie passt das jetzt zusammen? [/quote]
Da hast Du mich mißverstanden. Geklont ist vielleicht auch nicht der richtige Begriff. Dies Gäste werden nach Informationen in den Gehirn-Gedächtnisspeichern von Kelvin, Snaut oder Satorius geschaffen. Sie haben zum Zeitpunkt der Erschaffung keine eigene Vergangenheit. Wird bei Harey immer wieder ganz deutlich; sie will sich erinnern, aber sie findet keine eigene Erinnerung, bzw. hat sie Erinnerungen, die sie gar nicht haben kann (an Pelvis, den Kelvin erst 3 Jahre nach ihrem Tod kennenlernt.
Den Film werde ich mir frühestens im TV anschauen, es sei denn jemand von Euch macht mir den Mund zu wäßrig.
Dyke
#46
Geschrieben 11 Februar 2003 - 17:27
#47
Geschrieben 11 Februar 2003 - 19:49
#48
Geschrieben 12 Februar 2003 - 00:34
(Georg Christoph Lichtenberg)
#49
Geschrieben 14 Februar 2003 - 20:51
#50
Geschrieben 14 Februar 2003 - 23:11
Kann ich Dir nur recht geben. Soderbergh betrachtet die Buchvorlage aus einer ganz anderen Perspektive als wir das hier getan haben.... aber wenn der grund für diesen film sonderberghs interesse am menschlichen gehirn war - dann ist das für mich ein schwacher grund
SOLARIS aus der Perspektive eines Nicht-Science-Fiction-Lesers? Fast kommt es mir so vor! Ich stelle mich langsam darauf ein, den Film als seperates Werk "frei nach Lem" zu verstehen. Bin aber weiterhin sehr gespannt! Premiere ist am 6. März.In meinen Filmen beschäftige ich mich gerne mit der Bedeutung von Erinnerungen. Normalerweise nehmen sie Einfluss auf die Gegenwart, aber in diesem Fall haben sie konkrete Gestalt angenommen und sind selbst Gegenwart geworden. Genauer gesagt, sie haben sich eine menschliche Person verwandelt. Und jetzt lauten die Fragen: Sind diese Erinnerungen das gleiche wie ein Mensch? Was bedeutet es überhaupt Mensch zu sein?
(Georg Christoph Lichtenberg)
#51
Geschrieben 15 Februar 2003 - 00:13
Pirx
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#52
Geschrieben 15 Februar 2003 - 15:57
#53
Geschrieben 19 Februar 2003 - 17:47
Das Weltall spricht leider englisch "Ich kenne den Herrn Blix" - Gründe für den Krieg und Erkundung des Planeten Solaris: Ein Gespräch mit Stanislaw Lem Auf dem Türschild steht sein Name. Der bekannteste Schriftsteller Polens lebt in einem Einfamilienhaus am Stadtrand von Krakau ohne sichtbare Zeichen seines Weltruhms. Auf dem Schreibtisch, zwischen den neuesten Ausgaben von "Nature" und "Science", steht eine alte Schreibmaschine neben einem selbstgebastelten Funkensprühgerät. Ringsum stapeln sich Übersetzungen seiner Hauptwerke in allen Sprachen: "Solaris", "Der futurologische Kongreß", "Also sprach ,Golem'" und zahllose andere. Stanislaw Lem hat mit seinen Büchern unseren Blick auf die Gattung Mensch verändert. Aber schon beim Eintreten in sein Arbeitszimmer verändert sich unser Blick auf Stanislaw Lem. Hier sitzt kein Geistesfürst, sondern ein Eremit, der mit brüchiger Stimme seine von Erfahrung gehärteten Einsichten verkündet. Er befürwortet, wie die dafür heftig vom französischen Präsidenten Chirac gescholtene Regierung seines Landes, einen raschen Militärschlag gegen Saddam Hussein. Die Mitglieder der Raelianer-Sekte sähe er am liebsten hinter Gittern. Auch über die Verfilmungen seiner Romane hat er wenig Freundliches mitzuteilen. Die amerikanische Kinoproduktion "Solaris", mit welcher der Regisseur Steven Soderbergh soeben auf der Berlinale zu Gast war, will er nicht einmal sehen, obwohl sie überall in Polen mit seinem Namen beworben wird. Lems Aussagen spiegeln die Erfahrung eines geknechteten Volkes, das im zwanzigsten Jahrhundert zahlreiche Unterdrücker erdulden mußte, und den weltumfassenden Blick eines Mannes, der in Natur- wie Geisteswissenschaft gleichermaßen zu Hause ist. Ob Präsident Chirac wohl auch ihm empfehlen würde zu schweigen? F.A.Z. Herr Lem, unsere Zeit ist von Unsicherheit und Angst geprägt. Wovor haben Sie Angst? Ich? Wenn man zweiundachtzig Jahre alt ist, wovor soll man da Angst haben? Wenn Sie meinen, daß ich mich vor dem Tod fürchte, dann irren Sie sich. ................. Sie haben in "Der futurologische Kongreß" einst selbst die Vision eines Weltbürgerkriegs entworfen. In dem Buch gibt es eine pessimistische und eine optimistische Version. Die eine wird von der anderen verdeckt. In diesem Roman wird die positive Sicht der Wirklichkeit mit Hilfe synthetischer Drogen erzeugt. Nach echtem Optimismus klingt das aber nicht. Um in dieser Welt ein Optimist zu sein, darf man erst gestern geboren worden sein. Woher sollte ich um Gottes willen Optimismus nehmen? Am besten war die Welt vor 120 Jahren, als es noch keinen Fernseher gegeben hat, man lebte im kleinen Kreis der Familie, eventuell der Nation, man hatte nicht soviel Informationen. Wovon würden die Zeitungen denn berichten, wenn es nicht pausenlos Kriege geben würde? Wissen Sie, es ist angenehm, jung, reich und gesund zu sein. Man muß sich aber hüten, man soll nicht zuviel vom Leben fordern. Als ich noch ein armer Schriftsteller war, konnte ich mir nichts leisten. Jetzt könnte ich mir vier Autos leisten, aber wozu? Wozu brauche ich zehn Paar Schuhe? Die Biotechnologie zum Beispiel schafft nicht mehr Autos oder Schuhe, sondern essentiellere Dinge, zum Beispiel Ersatzgewebe zur Behandlung von Krankheiten. Ich habe eine sogenannte intelligente Waschmaschine und benutze sie nicht. Je kleiner und verfeinerter die Dinge werden, desto glücklicher sollen wir sein. Aber ich sehe da keine Korrelation. Was halten Sie von dem Versuch, den Menschen zu klonen? Aus "Science" und "Nature" weiß ich, was für entsetzliche Möglichkeiten uns bevorstehen. Es wäre besser, wenn es keine Klone geben würde. Zuerst sollte natürlich diese Schwindlerbande der Raelianer in den Kerker. Doch auch wenn ihre Behauptungen falsch waren, ich glaube, das Klonen wird kommen, nur eben nicht von Montag auf Mittwoch. Alle Tabus verschwinden irgendwann. Als ich Schüler war, wußte ich nicht einmal, was Pädophilie ist. Heute wirft sich jeder dritte Vati auf seine Tochter oder seinen Jungen. Der Mensch ist eine unangenehme Gattung, sehr peinlich, ja. Da sind wir wieder bei "Solaris": Die Hoffnung, daß es auch andere Wesen gibt, und zwar nicht nur Humanoide, ist ein kleiner Trost. Ein Trost könnte auch sein, daß es noch ekelhaftere Kreaturen gibt als den Menschen. Es wäre peinlich zu denken, daß wir die einzigen sind, die das Weltall bewohnen und ständig solche schrecklichen Dinge tun. Na ja, jetzt sehen wir mal zu. Ich warte auf den Angriff Amerikas auf den Irak. Ihr Außenminister Fischer ist übrigens dicker geworden. Zurück zur Bioforschung: Was halten Sie davon, aus menschlichen Embryonen Ersatzgewebe zu züchten? Ich finde das unmöglich. Aber man wird sich daran gewöhnen. Irgendwann wird auch der Papst nicht mehr sagen, das sei schlimm. Ich war vor ein paar Monaten anämisch, da bekam ich fast einen Liter Blut als Transfusion. Es hat mal eine Zeit gegeben, da hätten die Leute die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, wie man nur fremdes Blut bekommen kann. Hätten Sie denn auch künstliches Ersatzgewebe genommen? Um Himmels willen, nein. Erstens funktioniert das heute noch nicht, und zweitens, wozu sollte ich neues Gewebe brauchen? Um meine geistigen Kräfte zu stärken? Ich habe mein Leben gelebt und nichts zu bedauern. Wenn man in meinem Alter ist, sieht man, es ist etwas Alltägliches, daß wir alle kaputtgehen. Fünfunddreißig Jahre nachdem Sie Ihren Roman "Solaris" veröffentlicht haben, hat der amerikanische Regisseur Steven Soderbergh nun eine zweite Verfilmung angefertigt. Was halten Sie davon? Ich habe bisher nur Rezensionen gelesen. Die Streuung zwischen Ablehnung und Bewunderung ist enorm. Man wird daraus nicht klug. Was ich Ihnen sagen kann, ist, wie ich das Buch vor vierzig Jahren konzipiert habe: nämlich nicht als eine Romanze im Weltall. So etwas hätte mich überhaupt nicht interessiert. Was ist das wesentliche an "Solaris"? Ich habe, ausgehend von meinem Interesse an fremden Zivilisationen, mich gegen die von den Amerikanern verbreitete Vorstellung gewandt, daß es entweder humanoide Kulturen gibt oder niemanden. Da wollte ich etwas anderes dagegenstellen. Solaris ist ein Planet, auf dem eine gallertartige, ozeanartige Masse entstanden ist, die von einem Teil der Wissenschaft als lebendig und vom anderen Teil als etwas anderes angesehen wird. Es sollte nicht zu einem Kontakt kommen, weil dieser gar nicht möglich ist. Das Problem im amerikanischen Science-fiction ist, daß das ganze Weltall Englisch spricht. Schauen Sie sich "Star Trek" und diesen ganzen Schwachsinn mit langen Nasen und spitzen Ohren an, das konnte ich nie ertragen. Dieser Ozean mußte also Verhaltensweisen aufzeigen, weil er keine tote Materie ist. Deshalb habe ich Muster erfunden, die Mimoide, Symmetriaden, Längichte und so weiter. Wie der Ozean sie herstellt, das können die Menschen nicht begreifen. Sie interessieren den Ozean sowieso nur so viel, wie uns Ameisen interessieren. Die Ameisenmenschen versuchen in "Solaris" aber trotzdem Kontakt aufzunehmen, doch der Ozean reagiert nicht, denn er kennt keine Sprache. Er versucht aber, auf seine Weise an die Menschen zu gelangen, an die verdrängten Inhalte menschlicher Seelen, an sehr peinliche Erlebnisse, die tief vor der Welt verborgen sind. Bei Sartorius ist das ein Kind. Und in Kelvin verbirgt sich seine Frau, die Selbstmord begangen hat. Das ist alles. In früheren Interviews haben Sie Ihr Mißfallen an Andrej Tarkowskis Verfilmung von 1972 geäußert. Warum mochten Sie Tarkowskis Film nicht? Bei der Arbeit mit Tarkowski habe ich mit dem Kerl mächtig gestritten, denn er wollte eine große Familie in dem Film haben, mit Babuschkas und Tanten und allem Drum und Dran - er war eben ein Russe. Ich habe eine Figur nach der anderen rausgeschmissen, aber es ist trotzdem ein ziemlich langer Film geblieben, dem es an den technischen Möglichkeiten fehlte, den Ozean visuell auszugestalten. Es mußte also ein psychologisches Drama bleiben. Ich muß bekennen, daß ich nicht die Ausdauer hatte, den Film zu Ende anzusehen. Als ich gelesen habe, daß Soderbergh ein Mittelding zwischen "Der letzte Tango" und "Odyssee im Weltraum" gemacht hat, war ich sehr erstaunt, denn ich sehe da keine Wahlverwandtschaft. Ich erhoffte mir, daß Soderbergh gewisse Möglichkeiten des modernen Films nutzen würde, um den Planeten zu animieren, also das, was Tarkowski nicht machen konnte. Ich höre aber, daß das nicht geschieht. Bei Soderbergh ist der Planet eigentlich nur eine Art Bildschirmschoner, der keine eigene Rolle spielt . . . Einige amerikanische Regisseure hat es wohl enttäuscht, daß aus Harey kein Wurm oder Monster kriecht, das ist ja typisch. Bei mir gab es keine Monster. Der Film ist eigentlich eher ein Kammerspiel. Er zeigt drei, vier Personen auf engstem Raum, die sich mehr oder minder über Dialoge verständigen. Und draußen schwebt die Masse des Planeten Solaris . . . Aus meinem Roman sind erstaunliche Dinge gemacht worden, ein Ballett zum Beispiel, das hielt ich für absoluten Unsinn, aber ich hatte keine Chance, das zu verhindern. Ich habe einmal einen Kurzfilm für unseren bekannten Regisseur Andrzej Wajda geschrieben. Der Mann hat dann versucht, die Geschichte umzubauen. Es ist ihm nicht gelungen, weil man meine Stücke nicht zerhacken kann, um den Rest als Brei mit Mayonnaise zu servieren. Eigentlich war ich immer ein Gegner von Verfilmungen. Wenn ich etwas schreibe, dann verantworte ich jedes Wort und Komma, aber im Film bin ich als Autor ohnmächtig. Haben Sie schon von einem Romanautor gehört, der mit seiner Verfilmung zufrieden war? Wissen Sie, was Thomas Mann über den "Zauberberg"-Film gesagt hat? In "Solaris" gibt es ein ganzes Kapitel darüber, was sich die Menschen als philosophische und andere hypothetische Annahmen über die Natur des Planeten zurechtgelegt haben. Aber das ist kein Stoff für einen Film, kein Motiv. Kinobilder haben eben ganz andere Begrenzungen als Prosa. Wie ist es dann zu Soderberghs Verfilmung gekommen? Ich habe mich lange Zeit gegen das Projekt gewehrt. Aber dann habe ich mir gesagt, Mensch, du bist über 80 Jahre alt, du warst mit Tarkowski unzufrieden, Soderbergh gehört der neuen Generation amerikanischer Regisseure an, er ist nicht durch Hollywood vergiftet. So hatte es mir zumindest sein Agent erzählt. Ansonsten war mir nur bekannt, daß der Film erfreulicherweise erheblich kürzer als der von Tarkowski sein würde, daß man mir erhebliche Summen zahlen würde und daß ich allerlei Versprechen abgeben mußte, niemandem etwas zu erzählen, nichts gegen die politisch korrekte Besetzung mit einer Schwarzen zu sagen, also das Maul zu halten. Ich dachte mir also, was soll das, einmal ist keinmal, nicht wahr. Gibt es überhaupt Science-fiction-Filme, die Ihnen gefallen? Das ist eine delikate Frage. Einzelne Stücke der "Odyssee im Weltraum" von Stanley Kubrick haben mir gefallen, allerdings nicht das unsinnige Ende. Aber nein, beglückt hat mich kein solcher Film. Science-fiction-Filme sind modisch geworden, aber sie enden immer mit Prügeleien und Laserkanonen, und das ist alles sehr langweilig. Auch "Herr der Ringe" und dergleichen läßt mich kalt. Unter welchen Umständen ist Ihnen die Idee zu "Solaris" gekommen? Damals wußte ich nicht, was ich schreiben würde, es war nichts konzipiert. Die Idee des Planeten ist auf dem Papier vor mir erschienen. Ich war allein und ziemlich erstaunt. Das ist wie mit dem Träumen. Man weiß auch nicht, woher ein Traum kommt, warum man dieses Thema anpackt und nicht ein anderes. Hat es die Idee eines intelligenten Planeten vorher irgendwo anders gegeben? Davon wüßte ich nichts. Ich bin aber kein fleißiger Mann, der jede Zeile Science-fiction studiert hätte. Mögen Sie die Filme von Kieslowski? Nein, überhaupt nicht. Und die jüngsten Filme von Wajda? Im Kommunismus war man froh, wenn man einigermaßen gute Filme sehen konnte. Diese Zeiten sind vorbei. Ich schirme mich von soviel wie möglich ab, auch von dieser Flut von E-Mails und dem Informationsmüll im Internet. Mein Sohn in Amerika und mein Assistent hier in Krakau wählen die wichtigsten Dinge für mich aus. Ich brauche meine Ruhe, warum sollte ich mich diesem Wahnsinn aussetzen? Ich sehe nicht fern, meine Herren, außer Nachrichten in deutscher Sprache, denn die lassen mich am ehesten kalt. Wie sieht Ihr Tagesablauf aus? Ich versuche Interessantes zu suchen, Dinge, die sich nicht ewig und ewig wiederholen. Das ist ziemlich schwer, selbst in Magazinen wie "Science", "Nature" und "New Scientist". Einen interessanten Roman aufzuspüren ist eine Seltenheit, vielleicht ist die Zeit des Fabulierens vorbei. Es ist einfacher, eine große Perle auf dem Trottoir zu finden als einen guten Roman von einem Fünfundzwanzigjährigen. Was lesen Sie am liebsten? An erster Stelle meine Dichter, Rilke, Celan. Rilke habe ich noch während der deutschen Besatzung entdeckt. Wenn Sie "Solaris" heute noch einmal schrieben, würden Sie das Buch dann anders konzipieren? Das größte Rätsel ist doch: Wo soll man intelligente Leser finden? Das Gespräch führten Andreas Kilb und Christian Schwägerl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.02.2003, Nr. 42 / Seite 37
#54
Geschrieben 19 Februar 2003 - 19:26
#55
Geschrieben 19 Februar 2003 - 22:54
#56
Geschrieben 20 Februar 2003 - 17:39
#57
Geschrieben 20 Februar 2003 - 18:06
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