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Einige Problemfelder beim Schreiben


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26 Antworten in diesem Thema

#1 Gast_Michael Iwoleit_*

Gast_Michael Iwoleit_*
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Geschrieben 02 Juli 2011 - 15:02

Inhalt auf Userwunsch gelöscht.


Bearbeitet von Trace, 29 April 2021 - 18:03.


#2 Oliver

Oliver

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Geschrieben 02 Juli 2011 - 15:36

Meine Erklärungen haben den verwirrten Kollegen nur noch mehr verwirrt, obwohl ich dachte, daß die implizite Logik der Szene völlig unmißverständlich ist

Ja, Dein Beispiel lässt sich schon unter "show, don't tell" subsumieren, aber schildert dieses konkrete Beispiel nicht eigentlich eine andere Technik, nämlich elliptisches Erzählen? Natürlich gibt es dort Überschneidungen zum "show, don't tell", aber ich finde es ist schon ein Unterschied zwsichen bewusster und gekonnter Auslassung und, sagen wir mal, indirekter Erzählweise.

Ich mag elliptisches Erzählen sehr, das ist für mich ein Zeichen von Könnerschaft und Eleganz, es erfordert aber einigen Mut, weil es viele Leser/Publikum gibt, die damit überhaupt nicht zu recht kommen und wütend protestieren, wenn ihnen etwas "vorenthalten" wird. Es gibt viele Leser und sogar Autoren, für die so etwas schlicht einen "Fehler" darstellt, was natürlich Blödsinn ist. Im Gegensatz dazu ist für mich "show, don't tell" eher ein Mittel zur Vermeidung von, polemisch überspitzt gesagt, erzählerischen Primitivismen wie Adverbien oder plattesten Beschreibungen von Offensichtlichem als Telegramm an die Leser.

Bearbeitet von Oliver, 02 Juli 2011 - 15:38.

  • (Buch) gerade am lesen:"Tales of the Shadowmen 1", J.-M. Lofficier (ed.)
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#3 Gast_Michael Iwoleit_*

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Geschrieben 02 Juli 2011 - 16:01

Inhalt auf Userwunsch gelöscht.


Bearbeitet von Trace, 29 April 2021 - 18:02.


#4 †  a3kHH

†  a3kHH

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Geschrieben 02 Juli 2011 - 16:38

Aber ist denn das nur Technik ? Ist nicht das Erzählerische bezüglich "Show, don't tell" relevanter ? Das ist zum Beispiel der Hauptgrund, warum mir "Die Schwelle" nicht so gut gefallen hat. Zuviel "tell" und zuwenig "show". Was übrigens wirklich schade war. Ein weiteres Beispiel habe ich gerade gestern zuende gelesen, einen der Falkenberg-Romane von Pournelle. Hier ging es um das Eingreifen einer interstellaren Militärtruppe in einen Konflikt zwischen Farmen und Zwangsaussiedlern, i.e. Sträflinge. Gegen Ende des Romans sagt Pournelle, daß auch die bis dato extremst positiv dargestellten Farmer nach dem Sieg ihr Mütchen kühlten und keinesfalls die Heroen waren, als die man sie bisher angesehen hatte. Aber er sagt es nur, stellt keine Szene damit dar.

Bearbeitet von a3kHH, 02 Juli 2011 - 16:39.


#5 Guido Seifert

Guido Seifert

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Geschrieben 02 Juli 2011 - 17:47

Ja, Dein Beispiel lässt sich schon unter "show, don't tell" subsumieren, aber schildert dieses konkrete Beispiel nicht eigentlich eine andere Technik, nämlich elliptisches Erzählen? Natürlich gibt es dort Überschneidungen zum "show, don't tell", aber ich finde es ist schon ein Unterschied zwsichen bewusster und gekonnter Auslassung und, sagen wir mal, indirekter Erzählweise.

Ich mag elliptisches Erzählen sehr, das ist für mich ein Zeichen von Könnerschaft und Eleganz, es erfordert aber einigen Mut, weil es viele Leser/Publikum gibt, die damit überhaupt nicht zu recht kommen und wütend protestieren, wenn ihnen etwas "vorenthalten" wird. Es gibt viele Leser und sogar Autoren, für die so etwas schlicht einen "Fehler" darstellt, was natürlich Blödsinn ist.

Natürlich ist das Blödsinn - der sich der Unkenntnis längst entwickelter und erprobter literarischer Techniken schuldet. Wir haben es hier mit untrainierten Lesern, mit Schlechten Lesern, mit typischen Genre-Lesern zu tun. Derjenige talentierte Autor wäre wohl ein armer Tropf, der auf diese Schlechten Leser Rücksicht nähme und sich selbst entmannte. Wozu auch? Es gibt nämlich gar kein Problem in dieser Hinsicht: Die Masse Schlechter Leser wird ausreichend von einer Riege Schlechter Autoren versorgt. Ein Problem haben eher die Guten Leser, die darauf angewiesen sind, fortwährend nach Diamanten zu schürfen, und meistens doch nur Dreck in die Finger bekommen ...

Die Leser-Anekdote, die Michael oben im Zusammenhang mit dem "Moloch" erzählt, nehme ich als Indiz für die von mir vermutete beschränkte Rezeptionsfähigkeit des typischen (ausschließlichen) Genre-Lesers. Die Genre-Literatur ist nun mal zu einem großen Teil Trivialliteratur, und wer nichts anderes liest, hat schlicht keine Chance, sich zu einem Guten Leser zu entwickeln.

Eine ähnliche Erfahrung, wie sie Michael mit dem "Moloch" machte, habe ich mit meiner SF-Kurzgeschichte "Mitten in das Leben" gemacht. In den (wenigen) Rezensionen war von einer "Drogen-Story" die Rede, was die Geschichte aber nur am Rande ist. Sie thematisiert etwas ganz anderes, nämlich ein traumatisches Erlebnis, das - Stichwort elliptisches Erzählen - nicht (direkt) geschildert wird, was sich erzähltechnisch dadurch legitimiert, dass sich die Perspektive an eben jene Figur hängt, die das Trauma erlitt, nun aber einer retrograden Amnesie unterliegt. Erst im vorletzten Absatz der Story liefere ich zwei Sätze, die den trainierten Leser aufhorchen lassen würden, da sie in Korrepondenz zur relativ langen Intro-Sequenz stehen. Wirkte diese zunächst mehr oder minder beliebig, liefert sie nun (im Nachhinein) das nicht geschilderte traumatische Erlebnis, ohne dass es sich auch hier um eine direkte Schilderung handeln würde. Ich bin nun nicht der Ansicht, dass "Mitten in das Leben" eine besonders gute oder herausragende Story wäre, musste aber damals erkennen, dass derartige Kunstgriffe den typischen Genre-Leser überfordern.

#6 Uwe Post

Uwe Post

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Geschrieben 02 Juli 2011 - 17:52

Wir haben es hier mit untrainierten Lesern, mit Schlechten Lesern, mit typischen Genre-Lesern zu tun.


Darf ich das als typischer Genre-Leser als Beleidigung auffassen und als Retourkutsche von ignoranten Autoren reden, denen ihre Leser schnurzpiepegal sind?

Danke <_<
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#7 simifilm

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Geschrieben 02 Juli 2011 - 18:01

Darf ich das als typischer Genre-Leser als Beleidigung auffassen und als Retourkutsche von ignoranten Autoren reden, denen ihre Leser schnurzpiepegal sind?

Danke <_<


Das kann man so sehen, wenn man etwas dagegen hat, dass man als Leser von einem Text gefordert wird. Persönlich halte ich ein gewisses Mass an Heraus- und sogar Überforderung aber für etwas Positives. Ich lerne oft besonders viel, wenn ich mich leicht überfordert fühle.

Bearbeitet von simifilm, 02 Juli 2011 - 18:06.

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#8 Guido Seifert

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Geschrieben 02 Juli 2011 - 18:11

Darf ich das als typischer Genre-Leser als Beleidigung auffassen

Ich kann Dir nicht sagen, was Du darfst - ich bilde mir lediglich ein, aufgrund meiner Erfahrungen einigermaßen objektiv beschreiben zu können. Beleidigungen habe ich aber keinesfalls im Sinn.

und als Retourkutsche von ignoranten Autoren reden, denen ihre Leser schnurzpiepegal sind?

Das darfst Du natürlich. ;) Retourkutsche trifft aber in meinen Augen nicht zu - dazu ist das ganze einfach (mittlerweile) nicht mehr wichtig genug. Tatsächlich aber tendiere ich dazu, mich abzuwenden, wenn die Leser meiner Sächelchen nicht mithalten können oder wollen. Ist das nun ignorant? Ich muss ja schließlich zusehen, wie ich literarisch weiterkomme. Vielleicht habe ich noch zwanzig Sonnenumläufe, das ist wenig ... wenig ...

#9 Uwe Post

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Geschrieben 02 Juli 2011 - 19:35

Tatsächlich aber tendiere ich dazu, mich abzuwenden, wenn die Leser meiner Sächelchen nicht mithalten können oder wollen.

Naja, erstmal wenden sich die Leser von Dir ab, nicht umgekehrt, oder? ;)

Dazu eine Frage an Dich. Du schreibst ja Sternenfaust. Korrigier mich, wenn ich falsch liege, aber da kann man doch von Genre-Lesern sprechen, oder? Berücksichtigst Du das beim Schreiben konkret? Sind diese Leser "trainiert", (über)forderst Du sie? Erzähl mal.
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#10 valgard

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Geschrieben 03 Juli 2011 - 10:13

Ich kann Dir nicht sagen, was Du darfst - ich bilde mir lediglich ein, aufgrund meiner Erfahrungen einigermaßen objektiv beschreiben zu können. Beleidigungen habe ich aber keinesfalls im Sinn.


Das darfst Du natürlich. :) Retourkutsche trifft aber in meinen Augen nicht zu - dazu ist das ganze einfach (mittlerweile) nicht mehr wichtig genug. Tatsächlich aber tendiere ich dazu, mich abzuwenden, wenn die Leser meiner Sächelchen nicht mithalten können oder wollen. Ist das nun ignorant? Ich muss ja schließlich zusehen, wie ich literarisch weiterkomme. Vielleicht habe ich noch zwanzig Sonnenumläufe, das ist wenig ... wenig ...


Als Leser "list" man immer "öfter" das es den Autoren eigentlich egal ist was Leser von seinen Werken hält!?
Oder der "Leser" zu dumm ist es zu verstehen.
Ist ja jedem freigestellt.
Was ich aber nich verstehe ist das wenn man als "Produzierender" eigentlich von den "Konsumenten" manchmal nicht so viel hält, man überhaupt für die Öffentlichkeit produziert?
Kann man ja auch im stillen Kämmerlein.

Als Leser bin ich froh das die Auswahl so groß ist das ich eh nicht alles Lesen( Kaufen ) kann und werde und auch beruhigt "Manche" ignorieren kann.
Auch wenn ich dann der Meinung anderer Dumm gestorben bin.

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#11 alexandermerow

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Geschrieben 03 Juli 2011 - 10:33

Ein bemerkenswerter Thread, mit einigen guten Hinweisen. Da ich gerade Perry Rhodan lese (die alten Bände) ist mir in einigen Romanen ein sehr ausgeprägtes "Tell, don`t show" aufgefallen. Es werden oft Hintergründe oder technische Geräte / Vorgänge recht ausgiebig beschrieben. Ist das für SF in einem ausgedehnteren Maße legitim? Immerhin entwirft man ja häufig komplexe Welten oder fährt schwierig zu verstehende technische Konstrukte auf, die man dem Leser in Teilbereichen vielleicht erst einmal "erklären" muss. Wie seht ihr das?

"Jedes Zeitalter strahlt am hellsten vor seinem Untergang!"
www.alexander-merow.de.tl
https://www.thalia.d...ID33696499.html

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#12 Naut

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Geschrieben 03 Juli 2011 - 10:44

Ein großes Dankeschön an Michael für diese klare Erklärung des Prinzips "Show don't tell". Als ich vor sechs Jahren mit dem Schreiben begann, wurde ich immer wieder mit dem Schlachtruf "Sdt" konfrontiert, wobei etliche der Ausrufer der Meinung waren, er beinhalte das absolute Verbot überhaupt etwas zu erzählen. Stattdessen habe die gesamte Geschichte eine Schilderung äußeren Geschehens (und möglichst viel "Action") zu sein. Mir dämmerte schnell, dass das ausgemachter Unsinn sein musste, dass es vielmehr darauf hinausläuft, den Leser nicht mit Empfindungen aus zweiter Hand abzuspeisen, sondern ihn tatsächlich mitfühlen zu lassen. Schön, dass ich diese Interpretation auch mal bestätigt sehe. Zur Überforderung des Lesers: Das ist auch in meinen Augen etwas Gutes. Ich bin zum Beispiel ein großer Freund nichtlinearer Erzählformen, musste aber schon das eine oder andere Mal eine Geschichte auf Bitten eines Lektors "linearisieren". Aber mich würde auch interessieren, ob und wie die (Über-)Forderung des Lesers in einem exposebasierten Projekt wie "Sternenfaust" möglich ist.
Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#13 alexandermerow

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Geschrieben 03 Juli 2011 - 10:53

"Die Geschichte der römischen Republik" von Georg Weber. Ein altes, historisches Sachbuch, in dem natürlich erzählt wird - massenhaft. Und trotzdem ist es sehr unterhaltsam und die Erzählkunst ist auf einem äußerst hohen Niveau. Man quält sich keineswegs durch die vielen Seiten. Mir ging es jedenfalls so. Bei einem Roman sieht es natürlich anders aus, was aber nicht bedeutet, dass man die "Erzählstellen" zwangsläufig verachten sollte. Ich bin als Leser auch nicht selten froh, wenn mir ein komplexer Zusammenhang oder Hintergrund anschaulich erzählt wird. Was spricht dagegen?

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#14 Naut

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Geschrieben 03 Juli 2011 - 10:54

Ein bemerkenswerter Thread, mit einigen guten Hinweisen. Da ich gerade Perry Rhodan lese (die alten Bände) ist mir in einigen Romanen ein sehr ausgeprägtes "Tell, don`t show" aufgefallen. Es werden oft Hintergründe oder technische Geräte / Vorgänge recht ausgiebig beschrieben. Ist das für SF in einem ausgedehnteren Maße legitim? Immerhin entwirft man ja häufig komplexe Welten oder fährt schwierig zu verstehende technische Konstrukte auf, die man dem Leser in Teilbereichen vielleicht erst einmal "erklären" muss. Wie seht ihr das?

Da hast Du genau das von mir beschriebene Missverständnis: "Sdt" verbietet es keines falls, mal die Funktionsweise eines Geräts zu erklären. So etwas im Text zu tun ist zwar oft ungeschickt, hat aber mit Sdt wenig zu tun.
Sdt bedeutet, den Leser nicht mit Zustandbehauptungen wie "Sie war zu Tode betrübt." zu nerven, gezeigt werden müssen stattdessen die Auswirkungen ihrer Betrübung: "Sie wandte sich ab und senkte den Kopf, um ihre Tränen zu verbergen."

Das heißt aber nicht, dass man die Funktionsweise einer SF-Welt nicht besser erklären könnte. Frank Hebben nannte das direkte "Im-Text"-Infodumping mal den ersten Kreis der Erzählhölle. Er beinhaltet, in der Erzählung irgendeine Funtion eines Gerätes direkt zu erklären. Daraus leiten Schreibanfänger oft ab, dass es besser ist, einen Wissenschaftler auftreten zu lassen, der diese Erklärungen "ganz unauffällig" in einem Dialog (oder Monolog) anbringt. Das nannte Frank den zweiten Kreis der Erzählhölle, weil diese Verschleirungstaktik selbst eher ungeübten Lesern schnell auffällt.
Der Königsweg ist es tatsächlich, notwendige Handlung zu konstruieren, die die angestrebten Erklärungen wirklich nebenbei dem Leser erschließen. Ein gutes Beispiel hat Michael mit dem Wasserhahn gebracht. Daran sieht man auch gleich, wie schwierig dies für beide - Autor und Leser - werden kann, denn diese Technik setzt oft ein großes Maß an gegenseitigem Verständnis oder gemeinsamer Lebenswelt voraus. (Das wiederum erklärt, warum manche Texte (und andere Kunstwerke) für manche Leser einfach nicht zugänglich sind - sie haben eben einen anderen Hintergrund.)
Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#15 Naut

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Geschrieben 03 Juli 2011 - 10:56

"Die Geschichte der römischen Republik" von Georg Weber. Ein altes, historisches Sachbuch, in dem natürlich erzählt wird - massenhaft. Und trotzdem ist es sehr unterhaltsam und die Erzählkunst ist auf einem äußerst hohen Niveau. Man quält sich keineswegs durch die vielen Seiten. Mir ging es jedenfalls so. Bei einem Roman sieht es natürlich anders aus, was aber nicht bedeutet, dass man die "Erzählstellen" zwangsläufig verachten sollte. Ich bin als Leser auch nicht selten froh, wenn mir ein komplexer Zusammenhang oder Hintergrund anschaulich erzählt wird. Was spricht dagegen?

Die Erzählperspektive. Ein Geschichtsbuch hat einen ganz anderen Erzähler als ein Roman. Unterhaltsam können beide sein. Das "Silmarillion" z.B. ist übrigens ein Sachbuch.
Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#16 †  a3kHH

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Geschrieben 03 Juli 2011 - 10:57

Ein bemerkenswerter Thread, mit einigen guten Hinweisen. Da ich gerade Perry Rhodan lese (die alten Bände) ist mir in einigen Romanen ein sehr ausgeprägtes "Tell, don`t show" aufgefallen. Es werden oft Hintergründe oder technische Geräte / Vorgänge recht ausgiebig beschrieben. Ist das für SF in einem ausgedehnteren Maße legitim? Immerhin entwirft man ja häufig komplexe Welten oder fährt schwierig zu verstehende technische Konstrukte auf, die man dem Leser in Teilbereichen vielleicht erst einmal "erklären" muss. Wie seht ihr das?

Für die damalige SF war das nicht nur legitim, sondern notwendig. Ohne technische Details wurde damals SF nur sehr eingeschränkt akzeptiert. Kommt noch aus dem Verständnis als "utopisch-technischer Zukunftsroman".

#17 simifilm

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Geschrieben 03 Juli 2011 - 11:00

Ein bemerkenswerter Thread, mit einigen guten Hinweisen. Da ich gerade Perry Rhodan lese (die alten Bände) ist mir in einigen Romanen ein sehr ausgeprägtes "Tell, don`t show" aufgefallen. Es werden oft Hintergründe oder technische Geräte / Vorgänge recht ausgiebig beschrieben. Ist das für SF in einem ausgedehnteren Maße legitim? Immerhin entwirft man ja häufig komplexe Welten oder fährt schwierig zu verstehende technische Konstrukte auf, die man dem Leser in Teilbereichen vielleicht erst einmal "erklären" muss. Wie seht ihr das?


Bis zu einem gewissen Grad ist das wohl Geschmacksache. Aber da die technische Erklärung in vielen Fällen etwas erklärt, was ohnehin nicht möglich ist, muss sie nach meinem Dafürhalten auch nicht ausführlich ausfallen. Für mich ist auf jeden Fall Literatur interessanter, die nach dem Space-Merchants-Prinzip funktioniert. Bei der also nicht zuerst erklärt wird "diese Welt ist so und so", sondern bei der man als Leser mit den Konsequenzen konfrontiert wird. Die Konsequenzen sind ja in jedem Fall das Interessantere.

Bearbeitet von simifilm, 03 Juli 2011 - 11:13.

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#18 alexandermerow

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Geschrieben 03 Juli 2011 - 11:14

Das "Silmarillion" z.B. ist übrigens ein Sachbuch.


Das ist richtig, ein gutes Beispiel.

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#19 Guido Seifert

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Geschrieben 03 Juli 2011 - 15:48

Naja, erstmal wenden sich die Leser von Dir ab, nicht umgekehrt, oder? :thumb:

Das ist richtig. Was ich meinte: Ich laufe ihnen nicht nach. Was vielleicht unmenschlicher klingt, als es ist. Ich bin immer bereit, auf eine konkrete Leser-Frage eine konkrete Antwort zu geben. Doch solche Fragen gab es bislang nicht. :lol:

Dazu eine Frage an Dich. Du schreibst ja Sternenfaust. Korrigier mich, wenn ich falsch liege, aber da kann man doch von Genre-Lesern sprechen, oder?


Auf das Gros wird´s wohl zutreffen, ja, nehme ich auch an.

Berücksichtigst Du das beim Schreiben konkret?

Mittlerweile ja. Früher habe ich durchaus auch literarisch avanciertere Passagen eingebaut, die mir aber gekürzt oder ganz gestrichen worden sind. Das hat mir ziemlich schnell klar gemacht, dass es Zeit- und Energieverschwendung ist, sich hier um literarische Originalität zu bemühen. Aber das geht in Ordnung, wenn man bedenkt, dass es sich bei STERNENFAUST um ein Produkt - ein Unterhaltungsprodukt - handelt, und nicht um ein Kunstwerk. Mit literarisch avancierten Passagen überschreite ich die Grenzen, die ein solches Produkt um sich zieht, und erfülle nicht mehr die Bedingungen, die an einen Heftroman-Autor gestellt werden. Dennoch macht es aber durchaus Spaß, an einer Welt - einer Space-Opera-Welt - mitzubasteln, auch wenn ich hier keine "literarische Erfüllung" finden kann. Sollte ich nun ein talentierter Autor sein - und wer kann das sicher von sich wissen? -, wäre ich tatsächlich der arme Tropf, von dem ich oben sprach.

Oder vielleicht doch nicht?

Der wichtigste Grund für meine Mitarbeit bei STERNENFAUST ist möglicherweise ein ganz pragmatischer und bezieht sich auf meine leider vorhandene skrupulöse Natur. Ich habe Dutzende von Roman-Ideen schriftlich niedergelegt, habe mit der Zeit ein riesiges Konvolut an papiernen und digitalen Notizen zusammengetragen und habe mich dennoch bislang nicht durchringen können, einen "eigenen" Roman zu schreiben. Der Heftroman scheint mir nun das geeignete Mittel zu sein, um von der Kurzgeschichte weg hin zum eigentlichen Roman zu gelangen. Der Heftroman ist eine Übung in der Längeren Form, und die bei solchen Projekten zwangsläufig erscheinende Termin-Peitsche hat durchaus eine disziplinierende Wirkung. Somit lasse ich mich also freiwillig in einen mehr oder minder permanenten Schreibprozess hineindrängen und spüre tatsächlich zunehmend, wie meine Widerstände hinsichtlich eigener originärer Romanprojekte aufweichen.

Sind diese Leser "trainiert", (über)forderst Du sie? Erzähl mal.

Da kann ich kaum was zu sagen, ich kenne die Leser nicht. Hinsichtlich Erzähltechniken und Erzählweisen werden sie aber mit Sicherheit nicht gefordert, da STERNENFAUST überwiegend einem klassischen linearen Erzählen verpflichtet ist (Rückblenden, die durchaus vorkommen, sind wohl für niemanden ein Problem). Überforderungen in formaler Hinsicht gibt es wohl nicht, eher sind es inhaltliche Aspekte, die manchen Lesern aufstoßen, wobei ich nicht recht zu unterscheiden vermag, was nun Überforderung und was lediglich Abneigung ist. So erinnere ich mich an den Kommentar eines Lesers, dem mein Roman "Sol X" zu "wissenschaftlich" war (dabei bin ich als SF-Autor bloß ein Bauchredner und schnörkele so vor mich hin ... :cheers:). Ein anderer Leser/Rezensent fand meine Darstellung des Telepathen-Volks der Alendei zu "abgehoben". Genau diese "Abgehobenheit" war aber das Ergebnis meines konsequenten Durchdenkens der Sozialstrukturen einer Spezies, die im Grunde keine Privatheit kennt. Habe ich diesen Leser nun überfordert, oder war er bloß mürrisch, weil zu wenig geballert wurde?

Aber mich würde auch interessieren, ob und wie die (Über-)Forderung des Lesers in einem exposebasierten Projekt wie "Sternenfaust" möglich ist.

Tatsächlich ist die Berücksichtigung von Genre-Leser-Interessen schon dadurch gegeben, dass nach Exposé gearbeitet wird. Der Autor kann hierbei zwar mitsprechen - zumal, wenn es sich um sogenannte Einzelromane handelt, die mehr oder minder außerhalb des großen Handlungsbogens stehen -, aber "literarische Experimente" passen nicht zum Produkt STERNENFAUST. So bleibt es bei mir doch bei einem ambivalenten Gefühl: Es macht mitunter durchaus großen Spaß, etwas zu tun, worauf ich aus eigenem Antrieb niemals verfallen würde. Protzt das Exposé beispielsweise mit einer "wilden" Handlungsdynamik, kann das für mich die Legitimation zur stillvergnügten Regression werden. ;) (Fabuliere auf Teufel komm raus, geh in die Vollen!) Aber am Ende bleibt immer die Frage, ob man nicht doch zum armen Tropf geworden ist ...

Gruß, Guido

#20 Guido Seifert

Guido Seifert

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Geschrieben 03 Juli 2011 - 16:12

Zur Überforderung des Lesers: Das ist auch in meinen Augen etwas Gutes. Ich bin zum Beispiel ein großer Freund nichtlinearer Erzählformen, musste aber schon das eine oder andere Mal eine Geschichte auf Bitten eines Lektors "linearisieren".

Meine Frage wäre, ob Du wirklich musstest. Es ließe sich denken, dass der Lektor Dich in künstlerischer Hinsicht überzeugte. Es ließe sich aber auch denken, dass der Lektor die "Linearisierung" aus Rücksicht auf eine anvisierte Leserschaft forderte. In diesem Fall wäre die Entscheidung für mich einfach: Gibt´s Geld, mach was du willst - die "richtige" Story ist auf meiner Festplatte. Gibt´s kein Geld, gibt´s auch keine Story, wenn ihre Publikation nur unter dem Beding eines fundamentalen Eingriffs möglich sein soll.

#21 Guido Seifert

Guido Seifert

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Geschrieben 03 Juli 2011 - 17:12

Was ich aber nich verstehe ist das wenn man als "Produzierender" eigentlich von den "Konsumenten" manchmal nicht so viel hält, man überhaupt für die Öffentlichkeit produziert?

Die Frage ist berechtigt. Ich kenne keine zufriedenstellende Antwort darauf. Der einzige Ansatz, dem ich etwas zutraue, ist der psychoanalytische. Aber das führte hier wohl zu weit ...

Als Leser bin ich froh das die Auswahl so groß ist das ich eh nicht alles Lesen( Kaufen ) kann und werde und auch beruhigt "Manche" ignorieren kann.
Auch wenn ich dann der Meinung anderer Dumm gestorben bin.

Dumm stirbt heutzutage jeder - wirklich jeder, ohne Ausnahme.

#22 valgard

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Geschrieben 03 Juli 2011 - 18:31

Die Frage ist berechtigt. Ich kenne keine zufriedenstellende Antwort darauf. Der einzige Ansatz, dem ich etwas zutraue, ist der psychoanalytische. Aber das führte hier wohl zu weit ...


Dumm stirbt heutzutage jeder - wirklich jeder, ohne Ausnahme.


Da man ja wirklich nicht alles Wissen kann oder sich reinwürgen kann und vielleicht auch nicht will, ist da was dran.
Wobei "dumm" vielelicht doch nicht so der richtige Ausdruck ist.

Solange sehr viel mehr Bücher produziert werden als sich Lesen kann hab ich immer genügend Auswahl.
Fehlgriffe passieren halt mal dafür entdeckt man aber auch viel Neues.

valgard
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#23 Naut

Naut

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Geschrieben 04 Juli 2011 - 07:28

Meine Frage wäre, ob Du wirklich musstest. Es ließe sich denken, dass der Lektor Dich in künstlerischer Hinsicht überzeugte. Es ließe sich aber auch denken, dass der Lektor die "Linearisierung" aus Rücksicht auf eine anvisierte Leserschaft forderte. In diesem Fall wäre die Entscheidung für mich einfach: Gibt´s Geld, mach was du willst - die "richtige" Story ist auf meiner Festplatte. Gibt´s kein Geld, gibt´s auch keine Story, wenn ihre Publikation nur unter dem Beding eines fundamentalen Eingriffs möglich sein soll.

Hmm, vielleicht habe ich mich einfach überzeugen lassen. Vielleicht bin ich auch einfach ein "schlechter" Künstler, dass ich sowas ab und zu zulasse. Aber letztlich, wenn's nicht allzu viel kaputtmacht: Who cares? Ich kämpfe gern mit den Lektoren um Details, die ich wichtig finde (Heidrun und Armin können das bestätigen), aber ich gebe auch gern mal nach, wenn mir die Argumente ausgehen.
Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#24 Guido Seifert

Guido Seifert

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Geschrieben 04 Juli 2011 - 14:48

Aber letztlich, wenn's nicht allzu viel kaputtmacht

Eben das ist natürlich die Frage.

Ich kämpfe gern mit den Lektoren um Details, die ich wichtig finde (Heidrun und Armin können das bestätigen), aber ich gebe auch gern mal nach, wenn mir die Argumente ausgehen.

Daran ist nichts verkehrt. http://www.scifinet....tyle_emoticons/default/wink.png

Gruß, Guido

#25 Lucardus

Lucardus

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Geschrieben 04 Juli 2011 - 15:40

Das Silmarillion ist übrigens ein Sachbuch.

Was unterscheidet das Silmarillion von Gustav Schwabs "Sagen des klassischen Altertums"? Meiner Meinung nach ist das nur ein andere Form der "Erzählung", aber kein Sachbuch.

Bearbeitet von Lucardus, 04 Juli 2011 - 15:45.

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Wer mal reinschauen will: http://www.goodreads.com/

#26 Naut

Naut

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Geschrieben 04 Juli 2011 - 16:53

Was unterscheidet das Silmarillion von Gustav Schwabs "Sagen des klassischen Altertums"? Meiner Meinung nach ist das nur ein andere Form der "Erzählung", aber kein Sachbuch.

So kann man das auch sehen. Was ich damit nur demonstrieren wollte, war, dass es sehr unterschiedliche Erzählformen gibt, und dass dieses "sachbuchähnliche" Erzählen nun mal eine vermeintliche Universalregel wie "Show don't tell" außer Kraft setzen kann.

Ich bin aber trotzdem der Meinung, dass das Silmarillion über weite Strecken tatsächlich ein Sachbuch ist, allerdings nicht immer.
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#27 Gast_Michael Iwoleit_*

Gast_Michael Iwoleit_*
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Geschrieben 04 Juli 2011 - 18:46

Inhalt auf Userwunsch gelöscht.


Bearbeitet von Trace, 29 April 2021 - 17:58.



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