Ich habe es zwar nicht gesehen, aber Christian Petzold zu empfehlen, das Filmemachen den Profis zu überlassen, finde ich ein originelles Statement. Petzold ist in meinen Augen schlichtweg einer den besten deutschen Filmregisseure der Gegenwart (was nicht heisst, dass auch er nicht mal einen schlechten Film machen kann).
Der Name Christian Petzold sagt mir nix. Er hatte bei mir also den Bonus völliger Unvoreingenommenheit.
Ich habe den Abend nicht mitgemacht, aber natürlich die Berichterstattung dazu mitbekommen. Alle drei Filme sollten wohl auch und gerade etwas experimentelle Genre-Verweigerung sein. Das kam bei Dir wohl nicht so an,
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Glaub mir, wenn bekannte Regisseure wie Petzold, Graf und Hochhäusler 'wirre Einstellungen' inszenieren, dann haben Sie sich dabei sicher was gedacht, das sind alle drei alles andere als Debütanten...
Was meinst du mit Genre-Verweigerung? Film als Genre? Oder speziell Liebesfilm? Ich bin nicht firm in jüngerem deutschen Fernsehfilm. Was ich gestern sah, fand ich schlecht. Wenn die verwendeten Stilmittel gewollt waren, besonders der schlechte Sound, so dass man gerade bei Graf etliche Dialoge nicht verstand, dann ist das eine Kunst, die zumindest ich nicht honorieren kann. Oder man sollte vorab Hinweise geben, wie man den Film zu sehen hat. Es ist ja nicht so, dass ich Kunstfilme verabscheue.
Kann ich überhaupt nicht bestätigen. Vor allem Ana in ihrer inneren und äußeren Zerrissenheit fand ich stark gezeichnet und gespielt. Ein sperriger, kapriziöser Charakter, wie man ihn in herkömmlichen Fernsehfilmen selten findet. Der junge Krankenpfleger-Zivi (wie hieß er noch gleich?) war faszinierend und zeigte im Laufe des Films immer mehr Facetten - seine Wahl zwischen einem prekären Leben mit Ana und einer bürgerlich-sicheren, aber langweiligen Existenz mit der Arzttochter hochinteressant.
Hinzu kamen äußerlich einfache, tatsächlich aber sehr subtile Mittel wie Kameraeinstellungen, Körpersprache, der Kontrast zwischen den verschiedenen Interieurs (Schwesterwohnheim, Sozialwohnung, Villa mit Park und Pool), leitmotivische Wiederholungen wie das Lied "Cry Me A River" oder die Polizeifahrzeuge und der Schluss, der im Gesamtkontext der Trilogie den Zuschauer schön in Unsicherheit lässt zwischen Realität und Traum - für einen Fernsehfilm ungewöhnlich kunstvoll und klasse umgesetzt!
Gruß
Ralf
Ich verstehe, was du meinst. Die Tanzszene hatte tatsächlich etwas. Bis dahin war auch noch alles im Rahmen dessen, was man als künstlerisch machbar durchgehen lassen kann. Wenn es um eine nachvollziehbare Beziehung gegangen wäre. Aber Petzold lieferte mir einfach zu wenig Figur. Er ließ die beiden derartig seltsam agieren, dass bei mir Unverständnis vorherrschte, wo Du hochinteressante Figuren sahst. Mir gingen die tristen Jugendlichen einfach nicht nah. Die müde konstruierten Konflikte fand ich vorhersehbar, vielleicht auch durch das starke Gespoilere in den Feuilleton-Beiträgen. Ich fand auch das Spiel der beiden Darsteller eher steif. Das begann schon beim seltsamen Verstecken zu Beginn, setzte sich über das linkische Ducken im Wald fort und fand seinen Höhepunkt in der peinlichen Bettszene. Wenn ich das etwa mit der Liebesbeziehung in "Monsters" vergleiche, wo ja auch vieles über Seitenblicke und Andeutungen lief, gab es gestern eisige Kühlschrankbegegnungen, aber keine große Liebe oder Liebelei.
Aber die Feuilleton-Schreiber schwärmten ja ähnlich wie Du. Meine Sehgewohnheiten passen offenbar nicht zum deutschen Film.