Verlag: Bastei Lübbe (Lübbe Hardcover)
Ich bespreche hier die gebundene Ausgabe, Auflage 1, 688 Seiten, Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3785724292
ISBN-13: 978-3785724293
Über den Autor:
Andreas Eschbach, geboren 1959, studierte Luft- und Raumfahrttechnik und arbeitete zunächst als Softwareentwickler, bevor er sich ausschließlich der Schriftstellerei widmete. Er lebt als freier Schriftsteller mit seiner Frau an der französischen Atlantikküste.
(Quelle: amazon.de)
Inhalt:
Als Kinder begegnen sie sich zum ersten Mal: Charlotte, die Tochter des französischen Botschafters, und Hiroshi, der Sohn einer Hausangestellten. Von Anfang an steht der soziale Unterschied spürbar zwischen ihnen. Doch Hiroshi hat eine Idee. Eine Idee, wie er den Unterschied zwischen Arm und Reich aus der Welt schaffen könnte. Um Charlottes Liebe zu gewinnen, tritt er an, seine Idee in die Tat umzusetzen und die Welt damit in einem nie gekannten Ausmaß zu verändern. Was mit einer bahnbrechenden Erfindung beginnt, führt ihn allerdings bald auf die Spur eines uralten Geheimnisses und des schrecklichsten aller Verbrechen ...
(Quelle: amazon.de)
Mein Leseerlebnis:
Gibt es DAS perfekte Buch?
Nein, denn dafür sind die Geschmäcker und die Erwartungen, die jeder Einzelne an ein Buch stellt, zu individuell und mannigfaltig.
Aber es gibt Bücher, in denen einfach alles perfekt aufeinander abgestimmt ist, ein Zähnchen ins nächste greift und allmählich eine Maschinerie in Gang setzt, die ich selber gerne als 4-D-Kopfkino bezeichne.
„Herr aller Dinge“ ist für mich persönlich so ein Buch.
Es hat mir Tiefe (Personen), Breite (Erzählweise), Gefühle (Spannung und Mitfiebern) und jede Menge Spaß (Miträtseln und Überraschungen) geboten.
Es gibt Autoren, die können eher schnell erzählen.
Es gibt Autoren, die können eher ruhig und mit stillem Humor ihre Geschichten vor dem Leser ausbreiten.
Andreas Eschbach ist ein Meister des ruhigen, ab dafür einen nachhaltigen Eindruck hinterlassenden, Erzählens. So angenehm und tief habe ich lange nicht mehr zwei Protagonisten kennenlernen dürfen. Und anders hätte man diese Geschichte auch nicht erzählen können, da sie sonst ihre Wirkung nicht hätte entfalten können.
Was zuerst so sinnvoll wie ein geblümtes Sofakissen daherkommt, nämlich die Kindheit und Jugend von Hiroshi und Charlotte, wird mehr und mehr zu einer Aussaat, die Eschbach nach und nach als reiche Ernte einfährt.
Beginnend wie ein Jugendbuch, den Fokus ganz eng nur auf die zwei Menschen richtend, deren Leben in diesem Buch erzählt wird, erweitert sich das Blickfeld in dieser Geschichte langsam, erweitert sich erst allmählich und führt dabei weitere Leben und Nebenfiguren ein, die weit mehr sind, als nur zweidimensionale Stichwortgeber und bewegliche Hindernisse für die beiden Helden.
Der rote Faden, der wie ein straff gespanntes Stahlseil alle Einzelstücke und Szenen dieses Buches zusammenhält, ist aus den Gefühlen der beiden Helden, Hiroshi und Charlotte und aus einem Geheimnis gewebt, das sich erst später allmählich lüftet.
Ein Geheimnis, das dann aber auch von Andreas Eschbach in aller, letztendlich sogar bitteren, Konsequenz ausgebreitet wird.
Spalten wird dieser Roman vor allem diejenigen Leser, die von einem Buch ihre Erwartungen am liebsten immer und jederzeit erfüllt sähen.
Die Sci-Fi Fans wollen Science-Fiction, die Leser und Leserinnen von Leibesromanen wollen am liebsten von einer erfüllten Liebe erfahren und die Thrillerfans würden es bevorzugen, vom Kampf eines Einzelnen gegen ein übermächtiges System zu erfahren.
All das bietet „Herr aller Dinge“ und im Endeffekt eben doch wieder doch nicht.
Dieses Buch spielt mit Erwartungen und verlangt gleichzeitig, dass man ohne spezielle Erwartung an es herangeht.
Mein Fazit:
Ich verzichte in dieser Rezi bewusst auf alle Spoiler oder Hinweise, da sie den Spaß an diesem Buch wirklich trüben könnten.
Es ist einfach herrlich zu erleben, wie man sich einen Blickwinkel zurechtlegt, nur um einige Zeit später auf unterhaltsame Weise eines besseren belehrt zu werden.
Es unnötig zu erwähnen, dass auch in diesem Buch von Andreas Eschbach komplexe technische Zusammenhänge auftauchen.
Ebenso wäre es Eulen nach Athen tragen, wenn ich erwähnen würde, dass er diese komplexen Feinheiten mit leichter Feder und absolut verständlich dem Leser nahebringt.
Wenn einer das kann, dann er.
Auch wenn ich mich selber eher zu den gradlinigen Lesern zähle, die mit festen Erwartungen und Wünschen an ein Buch herangehen, muss ich gestehen, dass gerade das Unerwartete, das in diesem Buch fröhliche Urstände feiert, mir den größten Spaß bereitet hat.
Andreas Eschbach hat nach meiner Lesart nicht ein Wort umsonst oder als Lückenfüller eingefügt.
Im Gegenteil, alles, was er zeig fügt sich sozusagen auf nanotechnischer Ebene nahezu zwingend logisch zusammen.
Nach einem etwas enttäuschendem „Ein König für Deutschland“ ist Andreas Eschbach nach meiner persönlichen Meinung mit „Herr aller Dinge“ ein Buch gelungen, dass jeden Cent und jede Minute wert ist, die man in dieses Buch investiert.
10 von 10 Sternen gibt es dafür von mir.
Bearbeitet von Dirk, 07 Januar 2012 - 11:32.