Ming der Grausame schrieb am 19 Feb 2012 - 18:29:
Ansonsten ist das Redigieren bei einem größeren Text nicht unmöglich, sehr wohl aber bei einer schieren Unzahl an unterschiedliche Artikel. Ich weiß, wovon ich rede, ich war nämlich eine Zeitlang als Bürokrat tätig. Meine Aufgabe bestand darin, nach Artikeln zu suchen, die nicht hinreichend belegt waren. Davon gibt es immer noch Unmengen.
Danke, jetzt habe ich verstanden, was Du meinst. Stimmt, je größer die Informationsmenge, desto höher der Pflegeaufwand. Wenn alle Autoren nur neue Artikel schreiben wollen, kann das nicht funktionieren, es muß auch welche geben, die sich bestehende Artikel regelmäßig zur Brust nehmen, zumal sich Informationen auch ändern können. Das führt dann wieder zur Motivationsfrage...
Ming der Grausame schrieb am 19 Feb 2012 - 18:29:
Was zwingend voraussetzt, dass es so etwas wie Objektivität und Ausgewogenheit überhaupt existiert. Objektivität und Ausgewogenheit sind allerdings nichts anderes als schnöde Phrasen, welche darüber hinwegtäuschen sollen, dass es nur Chimären sind.
Das werde ich zitieren, wenn mir wieder jemand mit der Behauptung kommt, Literaturqualität sei objektiv bewertbar.
Galax schrieb am 19 Feb 2012 - 21:08:
Hin undwieder ertapp ich mich aber dabei, dass ich den Deutschen Artikel mit dem Englischen vergleiche und dann schnell sehe, dass dieser gezogene Schluß definitiv ein guter war. ^^
Und das ist sehr traurig. Natürlich hat die englischsprachige Wikipedia deutlich mehr Mitarbeiter durch die großere Reichweite der Sprache, aber es ist meiner Meinung nach auch ein Indiz dafür, daß in der deutschsprachigen Wikipedia etwas falsch läuft.
Naut schrieb am 20 Feb 2012 - 07:19:
Das Zulassen von OR würde genau zu einer noch schlimmeren Situation führen als es jetzt schon der Fall ist: Jeder - wirklich jeder - könnte einfach irgendetwas schreiben, mit dem Hinweis: "Ich war dabei!" So ein Vorgehen wäre absurd und wird auch in der en. Wikipedia so nicht praktiziert.
Ja und nein.

Letztlich ist das auch nicht absurder als sich auf externe Quellen zu verlassen, denn wenn ich unbedingt wollte, könnte ich meinen Blödsinn in ein Buch schreiben, das mit ISBN veröffentlichen und (notfalls durch einen Kumpel) als Quelle anführen. Es läuft also in beiden Fällen darauf hinaus, entweder eine vernünftige Bewertungsmethode für die Vertrauenswürdigkeit (sei es Quelle oder OR) zu finden. Ich verlange ja auch gar nicht, daß OR direkt in der Wikipedia stattfinden soll (schließlich ist es ein Lexikon, keine Forschungsplattform), ich wünsche mir aber eine vernünftige Lösung, mit OR anderwärts (also in Quellen) umzugehen. Dazu gehört für mich auch ein anständiger Umgangston.
Naut schrieb am 20 Feb 2012 - 07:19:
Und wo Du schon beim grundsätzlichen Dilemma empirischer Forschung bist: Da stimme ich Dir zu. Aber solange es keine [Gedankenübertragung] gibt, ist das Verlassen auf Autoritäten nun mal das Erfolgsmodell in der Wissenschaft.[...] Mit Zensur hat das wenig zu tun, eher mit Konservativismus.
Das Verlassen auf Autoritäten funktioniert (mal abgesehen davon, daß auch Autoritäten irren) solange, wie es für einen Informationsbereich eine ausreichende Anzahl allgemen akzeptierter Autoritäten gibt, die man zitieren kann. Ist das nicht der Fall, muß OR her und akzeptiert werden (durch Vertrauen, besser natürlich durch direkte Überprüfung, also unabhängige Neu-OR). Wenn dies aber grundsätzlich abgelehnt wird (und das ist der Eindruck, den ich von der deutschsprachigen Wikipedia habe), bedeutet es Zensur (oder Ignoranz, wenn Du es lieber anders nennen möchtest) aller neuen Informationen gegenüber. Dagegen ließe sich etwas tun, wenn es eine vernünftige Möglichkeit gäbe, externe OR als möglicherweise vertrauenswürdig einzustufen. Ich habe dafür keine Patentlösung, halte aber die kategorische Ablehnung für kontraproduktiv, denn wieso soll jemand OR betreiben, wenn sie sowieso nicht akzeptiert wird? Die Einstufung, was vertrauenswürdig ist, ist ein Problem, für das ich keine Patentlösung habe. Die Anzahl ist kein ausreichendes Indiz, denn sonst gäbe es Bielefeld nicht und das Graviton wohl (letzteres wird zwar in vielen Theorien verwendet, ist aber bis heute nicht empirisch nachgewiesen). Besonders "schön" sind rekursive Quellenketten wie im Fall des 11. Vornamens eines gewissen Freiherrn von und zu Guttenberg, den jemand in die Wikipedia geschmuggelt hat, der von dort in vielen Zeitungen abgeschrieben wurde, und der durch diese Zeitungsquellen dann wieder belegt wurde... Wenn die Wikipedia verbessert werden soll, müssen zunächst die Voraussetzungen und das geeignete Umfeld dafür geschaffen werden. Solange das nicht geschieht, vergrault das restriktive und äußerst unfreundliche (für mein Empfinden, aber vielleicht bin ich da etwas empfindlich, siehe meine Meinung zur Unfreundlichkeit der Hamburger) Verhalten der Altwikipedianer potentielle Autoren.
Naut schrieb am 20 Feb 2012 - 07:19:
Solange Du (und Galax) uns nicht nennen kannst, um welche Artikel es Dir geht, sind das im Raum stehende Behauptungen. Ich sage nicht, dass Ihr das nicht erlebt hättet - so etwas passiert natürlich. Aber nach meiner Erfahrung ist es nicht der Regelfall.
Meine Erfahrung ist anders, aber wie oben schon angedeutet bin ich möglicherweise zu empfindlich. Ich weiß nicht mehr genau, welche Artikel es waren, das ist schon eine ganze Weile her (ich wurde kaum angegriffen, ich hatte mir nämlich erstmal einige Diskussionen angeschaut, um festzustellen, wie ich mich einbringen könnte, und mein Eindruck war, daß es nur funktionieren würde, wenn ich brav der Meinung der lautesten Schreihälse folgte, also habe ich entschieden, daß ich meine Zeit angenehmer verbringen kann). My.s Link zeigt sehr schön und deutlich, was ich meine - das ist kein anständiger Umgangston, und es ist auch keine Diskussion (bei der es nach meinem Verständnis um Sachthemen gehen sollte), sondern Diffamierung, um unerwünschte Informationen zu unterdrücken (was meiner Definition der Zensur entspricht). Es geht dort nicht um sachliches Abwägen der Fakten und Glaubwürdigkeit, sondern ums Rechthaben. Und dann wundert sich die Wikipedia, daß ihr die Autoren weglaufen... Die Situation ist ähnlich zu sehen wie in einem Unternehmen, in dem die Führungskräfte unflexibel geworden sind - das Betriebsklima wird schlechter, und die guten Leute, die nicht zufällig auf der Linie der Geschäftsführung liegen, suchen sich einen anderen Job. Wenn die deutschsprachige Wikipedia neue Autoren gewinnen und halten will, muß sie zuerst ein angenehmes Betriebsklima schaffen. Das gilt umso mehr, als es hier um die *Freizeit* der Autoren geht. Wenn ich schon im Erwerbsleben nicht unter solchen Umständen würde arbeiten wollen, will ich das in meiner Freizeit erst recht nicht. Außerdem bin ich dank englischsprachiger Wikipedia nicht auf die deutschsprachige Wikipedia angewiesen - dort ist der Umgangston nach meiner Erfahrung deutlich angenehmer.
Naut schrieb am 20 Feb 2012 - 07:19:
Und ein Grund, warum es in der de.Wikipedia diese oft noch nicht gibt, ist [...] Deine (vielleicht verständliche aber in diesem Fall kontraproduktive) Resignation. [...] Man kann sehr wohl darüber diskutieren, wie solche Relevanzkriterien auszusehen haben. Aber zu diesem Zweck muss man eben diskutieren. Nicht das Schäufelchen in den Sand schmeißen und weglaufen.

Die Aussage gilt aber auch umgekehrt: Zu diesem Zweck muß man sachlich diskutieren und nicht einfach mit Gewalt seine Meinung durchprügeln wollen. Das ist der Eindruck, der mir in der deutschsprachigen Wikipedia entstanden ist. Dieser Eindruck mag falsch sein, aber bevor ich dort meine Zeit mit Grabenkämpfen oder gleich wieder gelöschten Artikeln verschwende, brauche ich Sicherheit und Vertrauen in die Vorgehensweise der deutschsprachigen Wikipedia - Dinge wie in My.s Link sind nicht dazu angetan, dieses Vertrauen aufzubauen.