Ted Chiang, Die Hölle ist die Abwesenheit Gottes
#1
Geschrieben 18 Januar 2012 - 11:16
R. Scott Bakker
"We have failed to uphold Brannigan's Law. However I did make it with a hot alien babe. And in the end, is that not what man has dreamt of since first he looked up at the stars?" - Zapp Brannigan in Futurama
Verlag das Beben
Otherland-Buchhandlung
Schlotzen & Kloben
Blog
- • (Buch) gerade am lesen:Zachary Jernigan, No Return/James Tiptree Jr., Zu einem Preis
- • (Buch) als nächstes geplant:Samuel R. Delany, Dunkle Reflexionen/Thomas Ziegler, Sardor - Der Flieger des Kaisers
-
• (Buch) Neuerwerbung: Julie Phillips, James Tiptree Jr. (Biographie)
-
• (Film) gerade gesehen: Oblivion
-
• (Film) als nächstes geplant: Star Trek Into Darkness
-
• (Film) Neuerwerbung: American Horror Story (Serie)
#2
Geschrieben 18 Januar 2012 - 13:03
Macht Lust sich mit einem Autor zu beschäftigen, den ich leider noch nicht kenne, mir aber schon vorgemerkt habe. Vielleicht schafft es diese Kurzgeschichtensammlung ja in den Lesezirkel für den März 2012.
LG Trurl
Wie die Welt noch einmal davonkam, aus Stanislaw Lem Kyberiade
- • (Buch) gerade am lesen:Jeff VanderMeer - Autorität
- • (Buch) als nächstes geplant:Jeff VanderMeer - Akzeptanz
-
• (Buch) Neuerwerbung: Ramez Naam - Crux, Joe R. Lansdale - Blutiges Echo
-
• (Film) gerade gesehen: Mission Impossible - Rogue Nation
#3
Geschrieben 18 Januar 2012 - 14:03
Mein Blog: http://translateordie.wordpress.com/ Meine Buchbesprechungen: http://lesenswelt.de/
#4
Geschrieben 18 Januar 2012 - 17:47
/KB
Yay! KI-generiertes SF-Zitat Ende November...
"In the sprawling city forums of the galaxy, where chaos reigns and time flows differently, true power is found not in dominance, but in moderation. The wise use their influence to temper ambition with reason, and chaos with order."
(auf Bing.de generierter Monolog von der Copilot-S/W - die ich hiermit NICHT bewerbe! - nach Aufforderung nach einem "s.f. quote" mit einem bestimmten Wort darin; ich ersetzte nur das 4. Wort mit "city forums")
#5
Geschrieben 18 Januar 2012 - 17:52
Bevor ich jetzt lange in der "geschwärzten" Wikipedia danach suche, teilt mir bestimmt einer von euch netterweise den Originaltitel mit? Bütte!
Diese Zusammenstellung gibt es in der Form nicht auf Englisch - es gibt den dickeren Storyband "Story of your life and others", da sind aber die letzten beiden Erzählungen aus der Golkonda-Ausgabe nicht mit drin.
R. Scott Bakker
"We have failed to uphold Brannigan's Law. However I did make it with a hot alien babe. And in the end, is that not what man has dreamt of since first he looked up at the stars?" - Zapp Brannigan in Futurama
Verlag das Beben
Otherland-Buchhandlung
Schlotzen & Kloben
Blog
- • (Buch) gerade am lesen:Zachary Jernigan, No Return/James Tiptree Jr., Zu einem Preis
- • (Buch) als nächstes geplant:Samuel R. Delany, Dunkle Reflexionen/Thomas Ziegler, Sardor - Der Flieger des Kaisers
-
• (Buch) Neuerwerbung: Julie Phillips, James Tiptree Jr. (Biographie)
-
• (Film) gerade gesehen: Oblivion
-
• (Film) als nächstes geplant: Star Trek Into Darkness
-
• (Film) Neuerwerbung: American Horror Story (Serie)
#6
Geschrieben 18 Januar 2012 - 17:55
Mir ist neulich ein Straßenschild aufgefallen, das hat auf facebook die Runde gemacht:
"God wants spiritual fruit, not religious nuts."
Ich nehme an, wenn man "Religion" von "spiritueller Erfahrung" trennt, die in den meisten spirituellen / religiösen Traditionen auf eine "Einheitserfahrung mit dem Größeren" (Gott, Kosmos, kollektives Unbewusstes, Noosphäre, Quantenquark, wasssss auch immer) hinausläuft, dann umgeht man dieses merkwürdige Gefühl, das mich immer beschleicht, wenn ich über das Thema nachdenke.
Weil, ich glaub ja nicht an den alten Mann mit dem weißen Bart, für mich ist der nichtmal tot.
Mit Spiritualität als menschlicher Grunderfahrung bzw. mit dem Bedürfnis danach, komme ich weit besser klar, als mit Religion.
(Kann es übrigens sein, dass das Bedürfnis nach Spiritualität auf den dringenden Wunsch hinaus läuft, nicht so ganz allein in die Welt geworfen zu sein? )
#7
Geschrieben 19 Januar 2012 - 09:55
für die Geizkragen unter uns möchte ich kurz den Link zu Changs Gratisstorys im Netz angeben:
http://www.freesfonl...Ted_Chiang.html
Auf der Seite liest man auch, dass der Mann trotz seines geringen Outputs schon 4 Hugos hat.
Ich selbst habe bisher nur die Alchemisten-Story sowie "Division by Zero". Beide waren handwerklich offensichtlich herausragend. Allerdings erinnere ich mich by "Division" nicht mehr an Einzelheiten, und beim "Alchemisten" dachte ich einerseits: "Oh, Wilhelm Hauff lebt und schreibt jetzt SF-Geschichten." Andererseits störte mich irgendwie das schicksalhafte Element im Plot, da machte es sich Chang für meinen Geschmack zu einfach - aber fragt mich jetzt nicht mehr nach Genauerem, die Lektüre liegt schon 2-3 Jahre zurück.
Weil, ich glaub ja nicht an den alten Mann mit dem weißen Bart, für mich ist der nichtmal tot.
Mit Spiritualität als menschlicher Grunderfahrung bzw. mit dem Bedürfnis danach, komme ich weit besser klar, als mit Religion.
(Kann es übrigens sein, dass das Bedürfnis nach Spiritualität auf den dringenden Wunsch hinaus läuft, nicht so ganz allein in die Welt geworfen zu sein? )
Hallo, Karla,
das führt jetzt weg vom Thema Ted Chiang, aber ich wollte Dir nur kurz beipflichten. Ich war als knochenharter Atheist vor etwa 10 Jahren mal zu Heiligabend im Gottesdienst (als Chauffeur meiner Mutter, die da hinwollte), und als zum Abschluss die Protestanten sich von ihren Stühlen erhoben und "Oh du fröhliche" sangen, war ich doch beeindruckt und dachte mir: "Wow, wenn ich an den religiösen Gehalt der Bibel glaubte, empfände ich mich jetzt, in diesem Moment als Teil einer großen, wichtigen Gemeinschaft und wäre glücklich."
Schade, dass ich nur an den Großen Kürbis glaube.
Noch etwas allgemein zur "Alchemisten"-Story: Ich habe gerade mal eine Kurzrezi hervorgesucht, die ich vor Jahren verfasst habe.
Grüße, Rainer
Ted Chiang - The Merchant and the Alchemist’s Gate (Fantasy & Science Fiction 2007)
Ted Chiang gilt als einer der größten Stilisten innerhalb der Phantastik. In der vorliegenden Geschichte versucht er sich am Genre des Kunstmärchens - und das mit einigem Erfolg. Jeder interessierte Leser etwa der "Märchen aus 1001 Nacht" oder der arabischen Erzählungen Wilhelm Hauffs wird an diesem Text seine Freude haben. Allerdings lässt sich gegen "The Merchant" der gleiche Einwand erheben wie gegen die erste besprochene Erzählung: Ist das wirklich SF oder Fantasy im üblichen Sinne? Gut, es kommt ein Tor vor, mit dessen Hilfe man durch die Zeit reisen kann; ansonsten aber folgt "The Merchant" ganz den Erzählkonventionen der oben erwähnten Klassiker.
Der Tuchhändler Fuwaad ibn Abbas betritt in Bagdad einen neueröffneten Laden und kommt mit dessen Besitzer ins Gespräch. Dieser lädt ihn schließlich in eine Werkstatt im Hinterteil des Hauses ein, wo er ein Zeittor errichtet hat, durch das man - je nachdem, ob man es von links nach rechts oder in umgekehrter Richtung durchschreitet - 20 Jahre in die Vergangenheit bzw. in die Zukunft reist. Der Besitzer erzählt Fuwaad von Menschen, die ein identisches Tor in seinem zweiten Laden in Kairo benutzt haben. Und er erzählt, welchen Weg deren Leben dadurch genommen hat.
Grundtenor der Geschichten ist, dass unser Leben letztlich vorherbestimmt ist und die Wege des Herrn unbegreiflich sind. Diese religiöse Grundaussage wiederholt Chiang mehrfach, und zumindest sein Erzähler meint sie offensichtlich absolut ernst. Auch Fuwaad wird am Ende das Tor durchschreiten, den Unfalltod seiner geliebten Frau nicht ungeschehen machen können und dennoch ein gewisses Maß an Trost finden.
Fast alles, was Ted Chiang mit seiner Geschichte vollbringt, habe ich schon anderswo gelesen, einschließlich blumiger Phrasen wie "my fascination and respect bloomed like a flower warmed by the dawn." Dennoch ist allein schon bemerkenswert, wie geschickt er seine verschiedenen Handlungsstränge verknüpft. Außerdem merkt man seinem Märchen zumindest einmal ihr modernes Entstehungsdatum an, wenn eine gelangweilte Ehefrau in die Vergangenheit reist, um ihren Gatten noch einmal in der stürmischen Blüte seiner Jugend zu erleben. Was sie vorfindet, ist ein unbeholfener Knabe, den sie selbst erst in die Techniken des Liebesspiels einweihen muss. Diese Idee fand ich doch sehr amüsant.
Unter dem Strich bleibt ein gekonnt erzähltes Kunstmärchen mit dem einen kleinen Schönheitsfehler der "Vorherbestimmung", der mir wie ein billiger Versuch des Autors vorkam, den üblichen Problemen von Zeitreisegeschichten zu entgehen.
#8
Geschrieben 19 Januar 2012 - 10:00
R. Scott Bakker
"We have failed to uphold Brannigan's Law. However I did make it with a hot alien babe. And in the end, is that not what man has dreamt of since first he looked up at the stars?" - Zapp Brannigan in Futurama
Verlag das Beben
Otherland-Buchhandlung
Schlotzen & Kloben
Blog
- • (Buch) gerade am lesen:Zachary Jernigan, No Return/James Tiptree Jr., Zu einem Preis
- • (Buch) als nächstes geplant:Samuel R. Delany, Dunkle Reflexionen/Thomas Ziegler, Sardor - Der Flieger des Kaisers
-
• (Buch) Neuerwerbung: Julie Phillips, James Tiptree Jr. (Biographie)
-
• (Film) gerade gesehen: Oblivion
-
• (Film) als nächstes geplant: Star Trek Into Darkness
-
• (Film) Neuerwerbung: American Horror Story (Serie)
#9
Geschrieben 22 Januar 2012 - 07:41
Als bekennender Pfaffenfresser und Heidenverhöhner kann ich nur zustimmen, dass ›Spiritualität‹ ein ganz geschickter Ausdruck für das Nachdenken, das sich Beschäftigen mit transzendentalem Kram ist. Wäre aber m.E. auch zulässig, das als ›Philosophieren‹ zu bezeichnen.
Chiangs Geschichten begeistern mich, weil er mit SF (nicht immer im Sinne von ›Science Fiction‹, sondern im Falle von »Der Turm zu Babel«, »Tor des Alchemisten« und der »Hölle ist Abwesenheit Gottes« im Sinne von ›Speculative Fiction‹) etwas macht, wozu sich dieses Genre — wie Phantastik überhaupt — besonders gut eignet: ‘ne flotte Story erzählen, gleichzeitig philosophisch-/spirituelle Fragen aufwerfen (bzw. Rätsel stellen, Anregungen geben).
Grüße
Alex / molo
Bearbeitet von molosovsky, 22 Januar 2012 - 09:34.
MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.
Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.
#10
Geschrieben 23 Januar 2012 - 14:07
#11
Geschrieben 23 Januar 2012 - 17:51
Wer mal reinschauen will: http://www.goodreads.com/
#12
Geschrieben 24 Januar 2012 - 00:28
Die Geschichte über den Bau des Turms von Babel hat mich jetzt nicht so gepackt, wie ich erhofft hatte. Sie ist schön erzählt, keine Frage, allerdings schätze ich den philosophischen bzw. spirituellen Gehalt den Jakob in ihr sieht als eher geringer ein. Die nette Pointe habe ich mir fast schon so gedacht und mit viel gutem Willen kann man die Erzählung auch als Metapher sehen, wie das Erkenntnisstreben des Menschen immer wieder auf ihn selbst zurückführt. Als spirituell motiviert habe ich die Geschichte eher weniger empfunden, trotz der zahlreichen Gottesbezeugungen und des religös begründeten Turmbau-Projekts. Aber das ist nur meine persönliche Meinung.
Wenn ich die anderen Stories durch habe, schreibe ich noch mehr dazu.
Bis demnächst
LG Trurl
Wie die Welt noch einmal davonkam, aus Stanislaw Lem Kyberiade
- • (Buch) gerade am lesen:Jeff VanderMeer - Autorität
- • (Buch) als nächstes geplant:Jeff VanderMeer - Akzeptanz
-
• (Buch) Neuerwerbung: Ramez Naam - Crux, Joe R. Lansdale - Blutiges Echo
-
• (Film) gerade gesehen: Mission Impossible - Rogue Nation
#13
Geschrieben 24 Januar 2012 - 00:42
Tja, ich habe mir den Erzählband jetzt ebenfalls beschafft und die erste Geschichte bereits gelesen. Und weil es mich derart interessiert hat, wie die Geschichten geschrieben sind, habe ich den Banks-Roman Krieg der Seelen vorerst unterbrochen. Schade um den Lesezirkel.
Die Geschichte über den Bau des Turms von Babel hat mich jetzt nicht so gepackt, wie ich erhofft hatte. Sie ist schön erzählt, keine Frage, allerdings schätze ich den philosophischen bzw. spirituellen Gehalt den Jakob in ihr sieht als eher geringer ein. Die nette Pointe habe ich mir fast schon so gedacht und mit viel gutem Willen kann man die Erzählung auch als Metapher sehen, wie das Erkenntnisstreben des Menschen immer wieder auf ihn selbst zurückführt. Als spirituell motiviert habe ich die Geschichte eher weniger empfunden, trotz der zahlreichen Gottesbezeugungen und des religös begründeten Turmbau-Projekts. Aber das ist nur meine persönliche Meinung.
Ging mir auch so. Aufgrund der vielen Vorschusslorbeeren, hatte ich viel zu hohe Erwartungen an diese Geschichte, und war dann etwas über diesen vorhersehbaren Schluss enttäuscht. Schön geschrieben ist sie aber und die Beschreibungen des Turmbaus fand ich schon sehr beeidruckend.
Die restlichen Geschichten haben meine hohen Erwartungen dann aber durchaus erfüllt.
Mein Blog: http://translateordie.wordpress.com/ Meine Buchbesprechungen: http://lesenswelt.de/
#14
Geschrieben 27 Januar 2012 - 01:19
Zunächst einmal das Positive.
Im Gegensatz zur ersten Geschichte, über den Turmbau zu Babel, ist diese hier intellektuell weitaus ergiebiger. Mir gingen während des Lesens ständig irgendwelche Gedanken zum Thema durch den Kopf, die mich am Lesefluss gehindert haben. Ich sehe das aber durchaus positiv. Die Geschichte geht ja von einem Gedankenspiel aus, der Vorstellung, dass Gott in der beschriebenen Welt nachweisliche Handlungen bewirkt. Es gibt Engelserscheinungen, die obwohl für einige Menschen katastrophal, auf andere nachhaltige religiöse Wirkungen ausüben. Gott ist also keine Frage des Glaubens, sondern des Wissens. Es ist also nicht fraglich ob Gott existiert, sondern nur in welcher Weise er die Menschen beeinflusst und zu welchem Zweck. Deshalb sind die Personen in der Geschichte, durch unterschiedliche Schicksalsschläge gezeichnet, permanent auf der Suche nach dem Grund ihres Schicksals, den sie, im göttlichen Willen, zu erraten versuchen. Am Ende erfährt jede der Hauptpersonen ihre persönliche Offenbarung und Aussöhnung mit dem eigenen Schicksal und Gott.
Wie soll ich diese Geschichte nun bewerten? Ich muss gestehen, dass mir im Laufe der Erzählung immer mulmiger zumute wurde, weil mir immer bewusster wurde, wie schrecklich eine Welt ist, in der man weder frei in seiner Entscheidung ist, noch seinem vorgezeichneten Schicksal entgehen kann und man hilflos willkürlich agierenden, unbekannten Mächten ausgeliefert ist, die man gleichfalls weder kontrollieren noch sich ihnen widersetzen kann. In einer Welt die ontologisch wertneutral ist, wie der unseren, in der man göttliches Wirken, Wunder, nur dann wahrnimmt wenn man bereits gläubig ist, muss man Schicksalsschläge als Zufälle interpretieren, die einem einfach so passieren, ohne dass sich dahinter ein Plan oder eine moralische Handlungsaufforderung verbirgt. In Chiangs Geschichte ist die Welt dadurch, dass eine transzendente Macht am Werk ist, ontologisch wertbehaftet. Es gibt keinen naturgesetzlich geregelten Zufall. Alle menschlichen Handlungen werden von einer höheren Instanz bewertet und danach entschieden, ob man nach dem Tod in den Himmel aufsteigt oder in der Hölle landet. Die Kriterien dieser Bewertung sind allerdings völlig intransparent und nach menschlichen Maßstäben nicht nachvollziehbar und scheinbar willkürlich. So landet zum Beispiel ein Serienmörder, nach seiner Hinrichtung zur Überraschung Aller im Himmel statt in der Hölle, Neil Fisks Frau Sarah stirbt qualvoll bei einem Engelsevent, obwohl sie tief religiös ist. Das sind Ereignisse, die die Menschen in dieser Welt verwirren und sie geradezu zwanghaft nach dem Grund ihres Daseins fragen lässt. Erlösung suchen sie deshalb in den zwar zahlreichen, aber in Ort und Zeit scheinbar zufällig stattfindenden Engelsereignissen.
Was mir nicht ganz schlüssig erscheint, ist die, vielleicht durch amerikanische Hegemonievorstellungen vorbelastete Annahme, dass der einzig mögliche Gott ein christlicher sein muss. Von anderen Göttern, bzw. von einer neutralen Gottesvorstellung (was immer das auch sein mag), liest man jedenfalls nichts. Möglicherweise ist das aber nur eine sarkastische Anspielung auf allzu naive kreationistische Vorstellungen, deren Vertreter sich ja so eine Welt wie sie Chiang darstellt, durchaus vorstellen können oder sie sich sogar genau so wünschen. Ebenfalls hatte ich ständig das Gefühl, die Winchester-Brüder aus der Serie Supernatural würden gleich um die Ecke kommen. Dort herrscht ja ein ähnliches Szenario.
Außerdem fand ich die Annahme unplausibel, dass in einer von göttlicher Einflussnahme völlig durchwirkten Welt, sich die naturwissenschaftliche Vorstellung einer Welt mit Naturgesetzen, in der zufällige Ereignisse stattfinden können, überhaupt etablieren könnte. Neil Fisk sah ja als Ursache für seine Körperbehinderung einen natürlichen, zufälligen Grund und lehnte ausdrücklich eine göttliche Bestrafung als Grund ab. In einer Welt wo alle Entscheidung und Ereignisse moralisch bewertet werden, scheint mir eine solche geistige Haltung schwer möglich.
Das schöne an dieser Geschichte ist, dass dieses Gedankenspiel Auslöser für weitere Überlegungen ist, sich dem Thema Religion unter verschieden Aspekten zu nähern. Das kann auch für jemand wie mich, als ausdrücklichem A-Theisten, ergiebig sein und die eigene Position schärfen. Auch wenn ich mir auch hier gewünscht hätte, wenn die Erzählung ein klein wenig unterhaltsamer und peppiger dahergekommen wäre…
Bis demnächst
LG Trurl
Bearbeitet von Trurl, 27 Januar 2012 - 01:20.
Wie die Welt noch einmal davonkam, aus Stanislaw Lem Kyberiade
- • (Buch) gerade am lesen:Jeff VanderMeer - Autorität
- • (Buch) als nächstes geplant:Jeff VanderMeer - Akzeptanz
-
• (Buch) Neuerwerbung: Ramez Naam - Crux, Joe R. Lansdale - Blutiges Echo
-
• (Film) gerade gesehen: Mission Impossible - Rogue Nation
#15
Geschrieben 27 Januar 2012 - 09:40
Ansonsten denke ich, dass die Geschichte keineswegs eine völlig vom himmlischen Wirken durchdeterminierte Welt schildert. Wissenschaftliche Erkenntnis oder die Verneinung Gottes lassen sich mit dem Freien Willen ™ erklären, der ein Element der Unberechenbarkeit einbringt.
Grüße
Alex / molo
Bearbeitet von molosovsky, 27 Januar 2012 - 09:47.
MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.
Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.
#16
Geschrieben 27 Januar 2012 - 11:59
Ansonsten denke ich, dass die Geschichte keineswegs eine völlig vom himmlischen Wirken durchdeterminierte Welt schildert. Wissenschaftliche Erkenntnis oder die Verneinung Gottes lassen sich mit dem Freien Willen ™ erklären, der ein Element der Unberechenbarkeit einbringt.
Spoiler
Grüße
Alex / molo
Du hast definitiv zu viel Eco gelesen...
Bezüglich der göttlich determinierten Welt bin ich gerne bereit auch andere Sichtweisen gelten zu lassen, wie die eines Schöpfergottes, der alles erst in die Wege leitet und nur punktuell eingreift, warum? Who knows. Gottes Wege sind ja bekanntlich unerschöpflich. Ist natürlich irgendwie unbefriedigend, weil: wie soll ich mich konkret verhalten um gottgefällig zu sein? Denn, wie die Geschichte schön zeigt, egal was ich tue, Gott handelt sowieso nach eigenem Gusto.
Also, wenn ich wählen darf in welcher Welt ich leben will, dann bleibe ich lieber in dieser hier. Auch wenn sie
materiell,
kalt,
einsam,
egoistisch,
und zufällig ist,
aber wenigsten von keinem herzlosen Obermotz heimgesucht wird, der mit den Menschen Psychoroulette spielt und sie am Ende, wenn sie Glück haben, mit Gehirnwäsche belohnt (Gott ist die Liebe und so) und wenn sie Pech haben dort hinschickt, wo keine Sonne scheint..., wo sie verdammt sind bis in alle Ewigkeit Gott lieben zu müssen (als Höchststrafe).
LG Trurl
Bearbeitet von Trurl, 27 Januar 2012 - 12:25.
Wie die Welt noch einmal davonkam, aus Stanislaw Lem Kyberiade
- • (Buch) gerade am lesen:Jeff VanderMeer - Autorität
- • (Buch) als nächstes geplant:Jeff VanderMeer - Akzeptanz
-
• (Buch) Neuerwerbung: Ramez Naam - Crux, Joe R. Lansdale - Blutiges Echo
-
• (Film) gerade gesehen: Mission Impossible - Rogue Nation
#17
Geschrieben 27 Januar 2012 - 12:25
#18
Geschrieben 27 Januar 2012 - 13:40
Du hast definitiv zu viel Eco gelesen...
Bezüglich der göttlich determinierten Welt bin ich gerne bereit auch andere Sichtweisen gelten zu lassen, wie die eines Schöpfergottes, der alles erst in die Wege leitet und nur punktuell eingreift, warum? Who knows. Gottes Wege sind ja bekanntlich unerschöpflich. Ist natürlich irgendwie unbefriedigend, weil: wie soll ich mich konkret verhalten um gottgefällig zu sein? Denn, wie die Geschichte schön zeigt, egal was ich tue, Gott handelt sowieso nach eigenem Gusto.
Also, wenn ich wählen darf in welcher Welt ich leben will, dann bleibe ich lieber in dieser hier. Auch wenn sie
materiell,
kalt,
einsam,
egoistisch,
und zufällig ist,
aber wenigsten von keinem herzlosen Obermotz heimgesucht wird, der mit den Menschen Psychoroulette spielt und sie am Ende, wenn sie Glück haben, mit Gehirnwäsche belohnt (Gott ist die Liebe und so) und wenn sie Pech haben dort hinschickt, wo keine Sonne scheint..., wo sie verdammt sind bis in alle Ewigkeit Gott lieben zu müssen (als Höchststrafe).
LG Trurl
In der Geschichte ist das einzig Schlimme an der Hölle, die Abwesenheit Gottes. Insofern wäre es für mich recht erstrebenswert, in die Hölle zu kommen.
Mein Blog: http://translateordie.wordpress.com/ Meine Buchbesprechungen: http://lesenswelt.de/
#19
Geschrieben 27 Januar 2012 - 14:19
Ja , aber nur, wenn es so ist wie in folgendem Witz:In der Geschichte ist das einzig Schlimme an der Hölle, die Abwesenheit Gottes. Insofern wäre es für mich recht erstrebenswert, in die Hölle zu kommen.
Atheist kommt in die Hölle.
Der Teufel führt ihn umher und dort sieht es aus wie auf Mallorca am Strand, alle sind fröhlich, entspannt und vergnügt. Der Atheist ist verwundert und wie sie so herumlaufen, kommen sie plötzlich an einen Ort der so gar nicht in die Umgebung passt. Es handelt sich um ein flüssiges Becken voll mit Pech und Schwefel, in dem sich Menschen voller Qual winden und in Ihrem Elend jammern und klagen. Der Atheist ist erschrocken und fragt den Teufel, was die Menschen verbrochen haben um solche Qualen zu erleiden. Und der Teufel antwortet: "Ach... das sind nur die Christen, die wollen das so!"
LG Trurl
Wie die Welt noch einmal davonkam, aus Stanislaw Lem Kyberiade
- • (Buch) gerade am lesen:Jeff VanderMeer - Autorität
- • (Buch) als nächstes geplant:Jeff VanderMeer - Akzeptanz
-
• (Buch) Neuerwerbung: Ramez Naam - Crux, Joe R. Lansdale - Blutiges Echo
-
• (Film) gerade gesehen: Mission Impossible - Rogue Nation
#20
Geschrieben 27 Januar 2012 - 16:36
Man darf Gott nicht zwingen, noch darf man versuchen, sein gegebenes Schicksal abzukürzen.
Tut man das doch, dann sind eben die bisher geltenden Regeln (Himmelslicht sehen = automatische Eintrittskarte in den Himmel) nicht mehr gültig.
Grüße
Alex / molo
* auch wenn ich nicht ganz sicher bin, welchen genau.
MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.
Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.
#21
Geschrieben 05 Februar 2012 - 12:11
Die ersten beiden Stories habe ich gelesen. Eine Sache ist mir noch unklar beim Turmbau:Ich hab's jedenfalls schonmal auf meinen "Wunschzettel" gesetzt, damit ich es nicht vergesse.
Ansonsten aber bisher sehr schöne Stories, die Kontaktaufnahme mit den Aliens ist auch hoch interessant vom Ansatz.
Ich kann zwar nicht beurteilen, ob die Übertragung authentisch den Stil von Chiang wiedergibt, aber ich finde die deutsche Ausgabe sprachlich sehr schön und sorgsam ausgearbeitet. Also platt gesagt: es lässt sich flüssig lesen ohne platt und simpel zu wirken. Der Satzbau vermittelt eine Leichtigkeit, die viel Arbeit dahinter vermuten lässt. Und das ist keine Schleimerei, weil ich molo einen Gefallen tun möchte.
Mich würde mal interessieren, ob molosovsky bei der zweiten Story einen Physiker und einen Linguisten zu Rate gezogen hat. Es kommt ja doch einiges an fachlichen Begriffen vor, wo man sich vielleicht nicht unbedingt auf die wikipedia verlassen möchte.
Die Gestaltung des Bandes ist auch sehr schön und erinnert irgendwie an "Pandora". Aber das wird sicherlich nicht von ungefähr kommen.
Kann es sein, dass der Künstler des Autorenporträits vergessen wurde zu erwähnen?
Bearbeitet von Lucardus, 05 Februar 2012 - 12:13.
Wer mal reinschauen will: http://www.goodreads.com/
#22
Geschrieben 05 Februar 2012 - 12:27
Zu der Frage im Spoiler (zu "Der Turm von Babel"):
Für "Geschichte Deines Lebens" habe ich einen kleinen "Quer durchs deutsche und englische Internet-Crashkurs" in Sachen Linguistik und Physik absolviert. Schlicht um absolut sicher zu gehen, dass die Terminologien dieser Fachgebiete stimmen, haben die im Impressum erwähnten Herren Experten den Text zur Kontrolle gelesen. Das hat definitiv geholfen, einige Sätze eleganter zu gestalten.
Und der Linguist hat für eine besonders haarige Stelle eine brillante "hau den Gordischen Knoten einfach mitten durch"-Lösung angeboten, die ich mich allein nicht getraut hätte. (Gemeint ist gegen die Stelle mit dem Satz "The rabbitt is ready to eat").
Stolz bin ich (nach anfänglichen Zweifeln) auf die "mehr Schweinchen" / "Meerschweinchen"-Lösung für das englische homophon "made of honour" / "maid of honour". Anfangs war ich unsicher, ob die Lösung nicht doch zu platt und kalauerig ist, aber Hannes fand sie passend und hat mich beruhigt.
Ansonsten danke ich für die lobenden Worte!
Grüße
Alex / molo
Bearbeitet von molosovsky, 05 Februar 2012 - 12:32.
MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.
Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.
#23
Geschrieben 05 Februar 2012 - 14:25
Mein Blog: http://translateordie.wordpress.com/ Meine Buchbesprechungen: http://lesenswelt.de/
#24
Geschrieben 05 Februar 2012 - 18:23
Ich hoffe das es einigermaßen klar wurde, was ich sagen wollte. Nicht ganz einfach Mathematik in Worten bildlich darzustellen...
LG Trurl
Bearbeitet von Trurl, 06 Februar 2012 - 01:06.
Wie die Welt noch einmal davonkam, aus Stanislaw Lem Kyberiade
- • (Buch) gerade am lesen:Jeff VanderMeer - Autorität
- • (Buch) als nächstes geplant:Jeff VanderMeer - Akzeptanz
-
• (Buch) Neuerwerbung: Ramez Naam - Crux, Joe R. Lansdale - Blutiges Echo
-
• (Film) gerade gesehen: Mission Impossible - Rogue Nation
#25
Geschrieben 08 September 2012 - 22:33
#26
Geschrieben 09 September 2012 - 05:22
Dann bin ich nicht alleine damit das die Geschichten schon ihre Schwierigkeiten hatten.Ich hab' das Buch auf der PERRY RHODAN-Homepage rezensiert; zumindest gab's einige Rückmeldungen von Leuten, die sich dann das E-Book geholt haben. Übrigens sogar einer unserer Autoren ... Hier der Link zu meiner Rezension: http://www.perry-rho...ted-chiang.html
Positiv gemeint.
Eine ganz andere Leseerfahrung, die man ich wirklich mal "an tun" sollte.
lothar
http://sternenportal.org/
http://slo-faster-graphics.org/
https://bsky.app/pro...ter.bsky.social
https://www.facebook.../lothar.bauer01
-
• (Film) als nächstes geplant: Equi
#27
Geschrieben 09 September 2012 - 09:43
Eine ganz andere Leseerfahrung, die man ich wirklich mal "an tun" sollte.
lothar
Stimmt. War neben David Marusek ( auch wenn der ganz anders schreibt ) mit die beste KG-Sammlung die ich bisher gelesen habe. Ein toller Autor.
#28
Geschrieben 12 September 2012 - 15:59
Hm. Den Marusek habe ich noch im Lesestapel. Kommt auch noch dran. Aber als nächstes fische ich mir olle Kurzgeschichten vom ebenso ollen Jack Vance ausm Regal. Mal vergleichen ...
Stimmt. War neben David Marusek ( auch wenn der ganz anders schreibt ) mit die beste KG-Sammlung die ich bisher gelesen habe. Ein toller Autor.
#29
Geschrieben 23 September 2012 - 14:36
#30
Geschrieben 22 November 2013 - 23:14
Besucher die dieses Thema lesen: 22
Mitglieder: 0, Gäste: 22, unsichtbare Mitglieder: 0