Um noch einmal auf BStG zurückzukommen. Der Schlagabtausch mit Ming (der mir Spaß gemacht hat) hat mich vom eigentlichen Thema abgelenkt. BStG ist auch aus dem Grund qualitativ so interessant, weil in der Serie auf hohem Niveau politische Grundwerte, wie Freiheit, Toleranz, Demokratie usw. verhandelt werden, neben der Frage, wie sich eine menschliche Notgemeinschaft in einer existenzbedrohenden Krisensituation weiterhin menschlich verhalten soll, untereinander, aber vor allem auch gegenüber ihren Feinden, den menschlichen Zylonen, die ja keineswegs nur stupide Cyborgs oder Roboter sind, sondern eigentlich vollwertige menschliche Wesen, die über die gleiche Skala menschlicher Empfindungen verfügen wie ihre Schöpfer. Der militärische Anteil ist zwar sichtbar und manchmal dominierend, wenn es zu einem Schlagabtausch mit den Raumschiffen der Zylonen kommt, macht aber nur eine kleinen Teil der Handlung aus. Deshalb ist mMn. die Bezeichnung MilSF für BStG irreführend und man sollte, wenn man die Serie überhaupt in eine Kategorie einordnen will, eher von Polit-SF sprechen. Aber eigentlich ist mir die ewige kleinliche Schubladisierung und der ständige Streit darüber, ehrlich gesagt so was von egal, solange man sich über die Qualität einig ist und die ist hier gegeben und für mich der viel wichtigere Punkt. Vor allem wird in dieser Serie und das ist erstaunlich, ein Bereich angesprochen, der im Zusammenhang mit der Roboter-Thematik in der SF kaum berührt wird und zwar das Gebiet der Religion. Die Zylonen sind nach eigenen Angaben religiös, aber sie verehren nicht etwa ihre Schöpfer, die Menschen, wie man vielleicht vermuten könnte, sondern glauben an den einen Gott, im Gegensatz zu den Capricanern, die einem Polytheismus anhängen. Ein Großteil der Motivation, die eigentlich eine Mission ist, die Menschheit auszurotten, entstammt genau aus dieser Haltung. Das die Menschen es nicht verdienen zu existieren. Wenn es ihnen nur darum ginge einen Konkurrenten auszuschalten, müssten sie sich nicht so anstrengen. Die Zylonen haben doch schon gewonnen und die versprengten Reste der Menschheit auch noch zu eliminieren, ist eigentlich überflüssig. Das ist jedenfalls mein Eindruck und meine Interpretation gewesen. Es gibt im Übrigen eine aufschlussreiche
Wiki-Seite zu BStG, die zeigt wie komplex die Serie angelegt ist und man kann jedem empfehlen dort vorbeizuschauen, bevor er vorschnell unqualifizierte Bemerkungen über die Serie abgibt. BStG spannt eine glaubwürdige Welt auf, mit komplexen Geschichten und Handlungsbögen, die im besten Sinne realistisch sind, viel realitätsbezogener in der individual-psychologischen und sozial-psychologischen Ausarbeitung als beispielsweise Star Trek, obwohl einige Folgen dort auch nicht übel sind, allerdings ganz anders.
yiyippeeyippeeyay schrieb am 23 Feb 2012 - 20:49:
Die neue BSG-Serie als "Baller" abzutun, ist eine viel zu starke Reduktion. Es handelt sich um MilSF, ja, aber das ist ja wohl nicht das Gleiche wie "Baller"!
Wesentlich mehr "Baller" wäre in Star Wars (allen Episoden) zu finden. Mir ging irgendwann eher die religiöse Komponente, insbes. bei den "skin jobs", auf den Keks. (Was aber in der Zusatzserie Caprica - s. nebenan - ein wenig begründet wurde.)
Beides - "Baller" und Religion - wird aber der Kerngüte der Serie bei weitem nicht gerecht. Das Besondere am neuen BSG war das Spinnen der Charaktere mit einem bisher selten gesehenen visuellen & gespielten Realismus, über VIELE Folgen, in einer überwältigenden Atmosphäre von extremer Verzweiflung.
Am besten hat mir das Starbuck vermittelt, die allerdings gegen Ende ein wenig zu sehr "messianisiert" wurde für meinen Geschmack. Gut fand ich auch die zwiegespaltene Boomer und ihre Beziehung... (Beides, fällt mir gerade auf, Frauenrollen im Gegensatz zum Originalvorbild...) Ach so, und, natürlich, General Tigh! 
Alles sehr schön gesagt yiyippee.
Stormking schrieb am 23 Feb 2012 - 22:02:
Es handelt sich schließlich nicht um arme Opfer, sondern um eine Gesellschaft, die sich zu Beginn der Serie bewußt und völlig basisdemokratisch zum Völkermord, zur totalen Auslöschung ihrer Schöpfer, entschlossen hat.
Aber warum sie das tut, den Genozid zu beschließen, wird nicht ganz deutlich, ich habe dazu eine Vermutung geäussert.
LG Trurl