Terry Pratchett, Stephen Baxter: The Long Earth
Gebundene Ausgabe: 352 Seiten
Verlag: Harper (19. Juni 2012)
Sprache: Englisch
ISBN-10: 0062067753
Parallele Welten waren schon immer ein beliebtes Sujet der fantastischen Literatur. Wenn sich nun zwei der wirklich Großen der britischen Science Fiction zusammentun, um gemeinsam eine Parallelwelt-Geschichte zu schreiben, darf man gespannt sein.
Der eine, Stephen Baxter, fast schon Urgestein der Hard-SF, der andere, Terry Pratchett, der satirische, geistreiche Großmeister der Scheibenwelt-Romane.
Kann ein Teamwork von ganz unterschiedlich schreibenden Autoren funktionieren? Ja, und wie es das kann!
Ein paar Jahre in der Zukunft taucht im Internet eine minutiöse Konstruktionszeichnung eines sogenannten „Steppers“ auf. Das Gerät ist gar nicht so kompliziert zu bauen, Jugendliche schaffen das locker an einem Nachmittag. Einige Haken gibt es zwar, aber die sind weiter nicht schlimm: Das Gerät funktioniert für seinen Besitzer nur, wenn dieser es wirklich selbst gebaut hat, und – wichtig – die Spannungsversorgung muss durch eine Kartoffel (was sonst) erfolgen, in die Elektroden gesteckt werden, sonst geht nichts ...
Es ist unschwer vorherzusehen: natürlich wird das Teil in riesigen Stückzahlen gebaut! Und: Es arbeitet auch.
Man kann damit – immer nur Schritt für Schritt – in Parallel-Erden „steppen“, die wie eine unendlich lange Kette aufgereiht scheinen. Zwei Dinge erscheinen gleich besonders auffällig: Nirgends auf parallelen Varianten der Erde existieren Menschen. Und: je weiter man diese Kette entlanggeht, desto mehr häufen sich Unterschiede zum „Original“. Im Gesamten bleibt aber alles – zumindest weitgehend – ähnlich; der Umriss der Kontinente etwa.
Natürlich entschwinden verständlicherweise massenhaft Menschen in diese teilweise paradiesischen „Erden“, die Weltwirtschaft steht Kopf.
Ganz klar scheint eines: Es ist notwendig dieses Phänomen, diese Welten wissenschaftlich zu erkunden. Wie viele gibt es davon? Warum fehlen eigentlich die Menschen dort, was soll das ...und, und, und ...
Eine etwas geheimnisumwitterte Organisation schickt daher den Waisenknaben Joshua Valienté – er weist einige besondere Begabungen auf – und einen gewissen Lobsang – er ist die Reinkarnation eines tibetanischen Motorradmechanikers in einer künstlichen Intelligenz (!) – auf die Reise. Sie sollen mit einem „sprungfähigen“ Luftschiff diese neuen Welten erforschen.
Was sie auch machen. Dabei stoßen die beiden Hunderttausende Erden später auf eine Besorgnis erregende Sache ...
Baxter und Pratchett harmonieren wirklich gut. Eigentlich ein Musterbeispiel für eine fruchtbare Zusammenarbeit zweier Autoren, wie sie wohl – allein für sich – unterschiedlicher nicht schreiben können.
Köstliche Dialoge, manchmal eine wohldosierte Prise Ironie. Immer spannend. Die Sprache ist trotz aller Feinheiten angenehm flüssig, dies bei aller Hintergründigkeit, die besonders der Figur des Lobsang in den Mund gelegt wird. Eine stimmige Nebenhandlung, die „nur“ auf der Erde angesetzt ist, bleibt auch nicht bloße Staffage. Sie ist im Laufe der Ereignisse sogar ausgesprochen wichtig. Der Roman bleibt durchwegs überschaubar, ohne dabei simpel zu wirken.
Eine unbedingte Leseempfehlung. Das Buch ist übrigens der erste Band eines Mehrteilers, dieser Umstand macht aber bei der Lektüre keine Probleme. Der Cliffhanger hält sich sehr in Grenzen.
Wer Lust bekommen haben sollte: in der Leseprobe (Amazon) ist gleich am Anfang die Konstruktionszeichnung des „Steppers“ enthalten. Nachbauen bitte. Schönen Urlaub!
LG
Jakob
Bearbeitet von derbenutzer, 11 November 2012 - 05:52.