Arthur C. Clarke (1972)
Spectra (derzeit nur auf Englisch erhältlich)
Zum ersten Mal habe ich dieses Buch im Alter von vielleicht 14 Jahren gelesen. Gerade dem Karl-May-Alter entwachsen, habe ich damals praktisch alles verschlungen, was in der Leihbibliothek den Aufkleber "SF" trug (von Mark Brandis bis Solaris und Blade Runner). Sehr wenig ist mir davon als positiv in Erinnerung geblieben -- neben Lem und Dick eigentlich nur noch die Werke aus Clarkes besten Schaffenszeiten. Und dazu widerum gehört außer "2001" natürlich auch "Rendezvous mit Rama" (auch bekannt unter dem Titel "Rendezvous mit 31/439").
Die Handlung: Ein großer, schnell rotierender Fremdkörper wird entdeckt, der auf ungewöhnlicher Flugbahn in unser Sonnensystem eindringt. Der Fly-by einer Sonde beweist, dass es sich nicht um einen Asteroiden, sondern um ein eindeutig künstliches Gebilde von riesigen Ausmaßen handelt. Das einzige Schiff, das den Besucher erreichen kann, bevor er das System wieder verläßt, ist die "Endeavour" unter Kapitän Norton.
Klarkes Stil ist überraschend: Er hat es geschafft, "hard SF" in einer Weise zu präsentieren, die auch dann noch gut und spannend lesbar ist, wenn man sich nicht so sehr für die gut erklärten technischen Details interessiert. Das erreicht er, indem er die handelnden Personen und ihre Schicksale detaillierter beschreibt als für den Kern der Geschichte notwendig, und indem er auch mehrere Zwischen-Höhepunkte einbaut. Obwohl man ein wenig zu merken meint, dass ihm die beschriebene Technik mehr am Herzen liegt als die vorgestellten Personen, ist das gut gemacht und locker zu lesen.
Besonders gefällt mir das realistische Szenario, das Clarke ohne naiven Zukunftsoptimismus entwirft. Er widersteht auch der Versuchung nach einem übermäßigen happy end.
Mein Fazit: Zu Recht ein Klassiker der "harten SF" -- zu Unrecht etwas im Schatten des durch die Verfilmung bekannteren "2001 Odyssee im Weltall".
PS: Bei den später nachgereichten beiden Nachfolgern, "The Gardens of Rama" und "Rama revealed", hat der alternde Clarke dann mit dem Co-Autor Gentry Lee gearbeitet. Ich habe eines der Bücher gelesen (ich weiss nicht mehr welches) sowie ein weiteres Buch dieses Gespanns und war sehr entäuscht: Die wenigen gute Ideen gehen völlig unter in zusammehanglosen, uninteressant detaillierten Schilderungen von Lebensschicksalen und Beziehungen amouröser und erotischer Art, die mit der Handlung nichts zu tun haben.
-- tichy
Bearbeitet von tichy, 15 Dezember 2003 - 10:46.