Ich kann das gut nachfühlen und erlebe in einem anderen Bereich ähnliches. Ich moderiere immer mal wieder Filmpremieren und mache Q&As mit den Filmemachern; normalerweise wird man da...
Ich denke, es kommt hier auch auf den Kontext an. Wenn Du mal über einen Bekannten ein paar Worte sagst (z.B. bei seiner Hochzeitsfeier) oder das so ein richtiges Miniprojekt ist und Du auf einer Con, wo Du ohnehin bist, mal schnell das Ganze anmoderierst ... tja. Aber wenn das größer ist und man Dich mit ganz genauen Vorstellungen anschreibt, sollte es halt anders sein. - Und das kann ich mir schon denken: Witzig soll es sein, das Schlagwort vorkommen und am besten organisierst Du noch eine attraktive Moderatoren-Kollegin (die das ebenfalls gratis macht), damit ihr einander einen lustigen Schlagabtausch vor Publikum wie man das aus dem Fernsehen so kennt - denn anders als bei der Verleihung der Oscars darf es ja nicht sein - darüber liefern könnt, welche Szene die Beste war ... oder so ähnlich ... oder liege ich da so falsch?
(Ich bin übrigens erstaunt, dass Du für Lesungen nicht besser entlöhnt wirst. Eine schreibende Freundin von mir, die unlängst ihren zweiten Roman veröffentlicht hat, meinte kürzlich, dass sich der zwar alles andere als grossartig verkaufe — deutlich schlechter als ihr erster —, dass die Lesungen aber dann doch etwas eingebracht hätten).
Es ist ganz verschieden. Und auch hier ist es so, dass man natürlich sehen muss, wie der Aufwand ist und wer das macht. Wenn das jetzt so eine Lesung einer Studentenszene ist, wo ein junger Mensch das regelmäßig organisiert und wo ich ein paar U-Bahnstationen hinfahre, sehe ich das locker. Dann mache ich halt eine Gemeinschaftslesungen mit 1-2 Autoren, die ich mag, sehe ein paar Kumpels wieder, wir lesen ein bisschen vor und zwischendurch trinke ich möglichst viel von dem Freibier, das gleichzeitig mein Lesungshonorar ist. Ich muss nicht mit meinem professionellen Anspruch kommen (und mich auch nicht wie ein Profi geben) und es kommt auch keiner mit Vorabtreffen oder bestimmten Themen oder sonst was. Ich ziehe aber wie gesagt, wenn es denn möglich ist - denn wie immer im Leben sind die Übergänge fließend - einfach die Grenze zwischen dem reinen Hobbyzeug und eben, wenn einer von mir was will und Ansprüche stellt.
Manche zahlen gar nichts, die meisten pendeln sich so mit Reisekosten + Konsumationsgutscheine ein. Oder es werden Spenden gesammelt, was, wenn es gut organisiert ist - auch völlig auf Fanniveau - , auch ganz gut und unpeinlich laufen kann. Wenn beispielsweise günstig eingekaufte Getränke zur Verfügung stehen, ist das ein vergleichsweise niedriger Einsatz, hebt aber die Zahlungsmoral der Gäste enorm. Die hatten dann auch nicht mal das Gefühl, was gespendet zu haben, mehr so in die Richtung Getränken zahlen + besseres Trinkgeld und da kam schon was zusammen. (Weil eben Getränke beim Discounter billig und in der Gastronomie extrem teuer sind.)
Was ich problematisch finde, wenn jemand einen ach so professionellen Anspruch hat und was weiß ich was alles will und einen vorab beschäftigt und sobald es um Geld oder auch nur um Fahrtkosten geht, ist der professionelle Anspruch plötzlich vorbei. Ich habe auch immer wieder Einladungen nach ... ich sage mal Hintertupfingen, aber das ist ungefähr so, Anreise auf eigene Kosten und schlafen ... na ja, man wird schon einen Bekannten finden. (Was mir aber auch nicht behagt. Ich möchte ehrlich nicht beim Bekannten von jemandem, den ich ebenso nicht kenne, auf dem Sofa schlafen. Das mache ich auch bei privaten Urlaubsreisen nicht.) Manche kapieren nicht mal, dass es einfach nicht geht, wenn man Reisekosten nach weiß Gott wo zahlt. Und da braucht mir keiner damit kommen, dass man ja Bücher verkaufen kann ...
Zunächst mal: Wenn man als Autor so nebenbei Bücher verkauft, funktioniert das meist nicht so recht. Man ist abgelenkt, manchen Gästen ist es auch unangenehm, extra zu einem zu gehen, der Tisch ist meist suboptimal platziert ... also wenn das der Veranstalter in die Hand nimmt, läuft das immer besser. Und zudem: Also wenn ich ein Buch um 10 Euro verkaufe, habe ich ja längst nicht 10 Euro verdient. Also um das Geld für direkte Bücherverkäufe alleine rumhampeln, lohnt sich echt nicht. (Und nein, bitte erzählt mir nichts, ich gehe auch auf viele Lesungen von anderen, also das ist jetzt nicht so, dass das mein alleiniges Problem ist und alle anderen großen Reibach machen, weil sie gleich 100 Bücher auf einmal loswerden. Natürlich läuft es bei manchen besser, aber auch da schwankt das meist unkalkulierbar.) Vor allem wenn ich so anfange, dann muss ich auch rumtun, wenn ich mir vor der Lesung eine Tüte Hustenbonbons für die klare Stimme kaufe. (Es geht ja dann schließlich um einstellige Beträge, mit denen man da zu tun hat, wenn man auf so kleinlichem Niveau arbeitet, dann artet das natürlich so aus.) - Ich schreibe hier natürlich nur über das Geld, und um das geht es hier ja. (Es gibt natürlich andere positive Effekte, wie dass einen eine gut gelaufene Lesung motiviert, dass es so was wie "Stammkundenbindung" ist usw.)
Das Erstaunliche ist, dass bei meiner bestbezahltesten Lesungen auch alles andere gestimmt hat. Da war vorher alles klar, jeder war toll vorbereitet (kein: "Was soll ich denn über dich erzählen?" fünf Minuten vor Beginn u.ä.), neben dem Geld gab es noch Geschenke (Blumen und Notizbuch), betreuter Büchertisch mit Kommissionsexemplaren der Verlage - trotzdem mit Gewinnbeteiligung für mich, kostenlose Brötchen und Getränke für die Gäste *schwärm*. Und es war natürlich auch mehr los, da es neben Maileinladungen auch gedruckte Einladungen, kleine Plakate und alles gab. Das ist ja auch bei vielen Lesungen ein Problem, dass keiner kommt, den der Autor nicht persönlich angeschleppt hat. - Mich hat auch mal wer angemault, weil ich in einer fremden Stadt nur eine Begleitperson mithatte, so ungefähr, ich hätte doch eine Fahrgemeinschaft organisieren können und so. - Na klar, drum mache ich auch eine Lesung in einer fremden Stadt??? - Ich sags nicht zu laut, weil die das tatsächlich beanspruchen könnten, aber ehrlich, Mama und Papa kann ich auch im Wohnzimmer was vorlesen ...