Es geht aber weniger um gut oder schlecht sondern darum, ob man SF schreiben kann oder nicht. Ich zitiere mal aus Wikipedia:
https://de.wikipedia...Science-Fiction
"Die am besten nachzuvollziehende Erklärung ist wohl, dass in der Science-Fiction versucht wird, eine wissenschaftliche Erklärung zu liefern, auch wenn diese nicht der Realität entsprechen muss, während in der Fantasy die entsprechenden Elemente (z. B. große sprechende Spinnen in Harry Potter) schlicht hingenommen werden."
Die frühe PR-Serie hat sich darum bemüht. Diese Bemühungen haben stark nachgelassen. Ich gehöre zu denjenigen, die sich daran stören.
Man muß hier aber aufpassen!
Was in der Fantasy nämlich immerhin nicht passieren kann ist, eine schwachsinnige Pseudo-Erklärung für die (in
beiden Genres) auftretetenden phantastischen Phänomene abzuliefern.
Wenn in einem Fantasy-Roman ein Halbgott vor mir steht, der alles weiß, was ich weiß, der weiß, was ich vorhabe, tun will, mag, wünsche, hoffe, verabscheue usw. - dann ist das in Ordnung; ist ja schließlich ein
Halbgott!
Wenn in einem SF-Roman ein Telepath vor mir steht, der die gleichen Dinge von mir weiß - und mir dann erklären will, daß das daran liegt, daß sein Gehirn bestimmte Psi-Wellen, die mein Gehirn beim Denken emittiert, auffängt und -unfehlbar, natürlich - in Information umwandelt... dann find' ich das ziemlich gruselig...
Seelen sind für meinen Einen weitaus leichter hinzunehmen als ÜBSEF-Konstanten und ähnlicher Schmonzes.
Wenn etwas schlechter ist als gar keine Erklärung, dann ist das die
schlimmste Art von
schlechter Erklärung; nämlich diejenige, die sich, bei näherem Hinsehen als
Unsinn entpuppt, die also insbesondere nicht als
Erklärung für
irgendwas taugt.
Insofern würde ich es geradezu begrüßen, daß, wenn (z.B.) Mutanten schon sein müssen, nicht die Sache noch durch "wissenschaftliche Erklärungen" verschlimmbessert wird.
((Die Sache ist ja so... Ich halte bestimmte Phänomene für denk-, also
beschreibbar; z.B. Telepathie oder Teleportation, meinetwegen sogar Zeitreisen. Deswegen sollen sich Romanautoren, wenn sie denn unbedingt wollen, mit dem Krempel austoben. Das Problem ist nun dies: Diese Phänomene sind per definitionem "Wunder" - es sind Phänomene, die den Regeln wissenschaftlicher Beschreibungen widersprechen. Das heißt nicht, daß sie nicht
anderen Regeln unterliegen! (Stichwort: Zeitreisenlogik) Aber die Regeln, z.B. des Gedankenlesens sind mit den Regeln der Neurophysiologie schlicht unvereinbar. Entweder wir spielen das
eine oder das
andere (Sprach-)Spiel. (Ich kann beim Schach mit meinem Turm nunmal nicht diagonal ziehen, und wenn ich beschließe, daß der Turm das darf - dann spiele ich eben
ein anderes Spiel.)
Kurzfassung:
Natürlich kann ich mir eine Geschichte ausdenken, in der der Protagonist aus dem 21.Jhd. plötzlich am Hofe des Sonnenkönigs aufwacht und dort spannende Abenteuer erlebt.
Aber ich kann nicht hoffen, eine
sinnvolle physikalische bzw. wissenschaftliche bzw.
rationale - gemessen an der üblichen Verwendung (und welche Verwendung sollte es
sonst geben?) von Begriffen wie "Logik" und "Empirie" - Erklärung für dieses Ereignis zu liefern.
(Diese einfache Wahrheit ist leider noch nicht einmal bis zu allen
Physikern durchgedrungen...

)
Gewisse Dinge (Gedankenlesen, Zeitreisen, Allwissenheit, (Makro-)Teleportation) disqualifizieren sich automatisch als Hard-SF - insofern sollte man auch nicht
wissenschaftliche Erklärungen für derlei
Wunder fordern.
("Ich kann Gedankenlesen, weil Gott mir diese Gabe schenkte" ist als Erklärung völlig ausreichend. Mehr als "So ist's halt" ist damit ja letztlich auch nicht gesagt. Und eine
bessere haben wir nicht zu erwarten...)
Sorry...
Edit:
Vielleicht nur noch mal zur Klarstellung.
Natürlich sind ÜBSEF-Konstanten, Gehirnwellen und dergl. als "Erklärungen"
erlaubt. Ein Autor darf ja schreiben, was er gerne mag.
Sie sind aber nicht "weniger Fantasy" oder gar bessere
Erklärungen als z.B. die oben erwähnte Halbgott-Methode.
Sie haben den
Anschein von Wissenschaftlichkeit und Rationalität... und das war's!
Bei näherem Hinsehen entpuppt sich die Idee einer ÜBSEF-Konstante als Humbug. Halbgott-Humbug. Glitzer-Vampir-Humbug. Sprechende Riesenspinnen-Humbug. (Wobei sich für letztere unter Umständen sogar noch ein Ökosystem fabulieren ließe, wo solch Getier eine Chance hätte.

)
Die frühe PR-Serie hat sich darum bemüht. Diese Bemühungen haben stark nachgelassen. Ich gehöre zu denjenigen, die sich daran stören.
Das kann man so auch nicht sagen.
Scheer und Mahr haben sich sicherlich bemüht.
Aber Castor bemüht sich auch.
Und, woran Castor scheitert - nämlich das Psi-Geschwurbel zu rationalisieren -, daran wären auch Mahr und Scheer gescheitert.
Es gab halt noch kein Psi-Geschwurbel.
Aber es
gab Darlton-Romane.
Es
gab rote Universen, in denen die Zeit 70.000fach verlangsamt ablief.
Es
gab ES.
Und Zeitreisen galore.
Von den Aliens, die seriöser Evolutionsbiologie hohnsprechen ganz zu Schweigen...
Aber, ja.
Eines hat mit Sicherheit massiv zugenommen im Vergleich zu den Sechzigern - das Psi-Geschwurbel.
Aber das Psi-Geschwurbel ist eben nicht das einzige, was in krassem Widerspruch zum zitierten (Hard-)SF-Ideal steht.
Und wenn jetzt versucht wird, das bei PR zuletzt allgegenwärtige Psi-Geschwurbel als Wurzel allen Übels auszumachen mit der Begründung, daß es keine SF im oben zitierten Sinne mehr sei - dann ist das kein gutes Argument. Denn im oben zitierten Sinne war PR in den seltensten Fällen SF.
Und wenn dann mal versucht wurde, eine "SFige" Erklärung abzuliefern, scheiterte man ebenso spektakulär wie heutzutage. Das dann allerdings notwendigerweise! (Siehe oben, Wunder
lassen sich halt nicht wissenschaftlich erklären. Deshalb sind es ja
Wunder!

)
Was bleibt sind "brennender Sauerstoff" und ähnliche Fauxpas.
Ohne jetzt Textstellen parat zu haben - ich bin ziemlich sicher, daß z.B. ein Clark Darlton oder ein H.G. Ewers oder ein H.G. Francis ähnliche, wenn nicht schlimmere Klopse draufhatten.
Sowas ist dann auch weniger ein Problem, daß sich als "mangelnder SF-Geist" beschreiben ließe.
Ich würde dafür eher mangelnde (naturwissenschaftlicher) Allgemeinbildung bzw. äußerst ungenügende Recherche (ob jetzt aus Faulheit oder Zeitmangel - aber mal echt: "brennenden Sauerstoff" kann man schon mal googlen, oder?

- ist letztlich egal), sowohl des Autors, als auch des Lektorats, verantwortlich machen. Und das ist ein
allgemeiner Punkt, der nichts mehr speziell mit SF-Literatur zu tun hätte.
Jetzt mal echt.
Ob ich jetzt das Ding mit dem Kugeldurchmesser in einem SF-Roman, einem Krimi, der Suhrkamp-BasisBibliothek oder einem Berglisl-Heft lesen muß, ist ja nun
wirklich egal...
Bearbeitet von Echophage, 11 Juni 2013 - 13:28.