Heuer jährt sich die 1. Veröffentlichung ("PRISM") zu den Machenschaften der NSA & des GCHQ zum 2. Mal. Mir kommt heute Einiges von dem was ich oben postete, naiv vor. Insbesonders nachdem ich den Poitrasfilm vor kurzem zum 1. Mal sah, und dann im US-Radio mal etwas mehr zum guten alten U.S. Espionage Act hörte. Die Zentralfigur des Films wurde vor kurzem in Russland interviewt - wo sie keine andere Wahl hat als sich aufzuhalten, denn sie würde zuhause nach dem genannten fast 100 Jahre alten Gesetz in irgendeinem Gefängnis festgesetzt. Und dann nebenbei sehr rapide aus dem Auge der Öffentlichkeit verschwinden.
Um diese Person & diese Zeitenwende vor 2 Jahren minimal zu hommagieren, Zeit für ein Mini*-Essay...
Hört! Hört!
Dass sich so gut wie alles, was der Herr, der jetzt mit seiner Freundin im fernen Nordosten lebt, uns vor 2 Jahren eröffnete, als wahr herausgestellt hat, muss hier nicht nochmal ausgeweitet werden. Auch dass damit das Leben im Netz durch das Gefühl, die "5 Augen" könnten sich jederzeit auf das eigene Smartphone oder den eigenen PC/Mac richten, stark versauert werden kann. Gerade SF-( & daher Dystopie-)Lesenden, die möglichen Missbrauch ja eventuell deutlicher vor Augen geführt bekamen, seit ab und an 67 Jahren.
Ein Schauen auf ein paar Nebenplätze lohnt sich andererseits vielleicht. Jedes (nun hier folgende) Schauen endet mit einer möglichst wenig rhetorischen Frage, die sich die lesende Person stellen möge.
Dateninhalte
Heute reden alle von "Selektoren"; früher nannte man es weniger euphemistisch "Rasterfahndung". So gut wie jede/r BürgerIn kommt in Frage, weil Gefährliches sich oft aus trivial alltäglichen Komponenten ergibt. Ist eine Bombe aus 2 chemischen Flüssigkeiten baubar, & droht ein Anschlag mit einer solchen Bombe in einer gewissen Region, fällt dem "selektierenden" Staatswurm-Programm auf dem eigenen Gerät, oder dem der Geldkartenfirma, möglicherweise auf einmal jede Person auf, die die eine oder andere Flüssigkeit kauft. Werden bei weiterer Durchleuchtung anti-staatliche Äußerungen - in Blogs oder Foren - oder frühere Besuche bestimmter Tore/Portale im Netz nachgewiesen, erntet die betroffene Person evtl. den engeren Fokus, das moderne "böse Auge". Ganz ohne Durchsuchungsbefehl o.ä.. Genauso kann auch die Religion, Herkunft oder Hautfarbe ein "Indiz" werden. Außerdem nimmt der Missbrauch anonymer Teilnahme am WWW - mittels SPAM / Trollfabriken / Bewertungsmanipulationen - zu, so dass irgendwann Maßnahmen überhand nehmen könnten, sich bei jeder wichtigen App "absolut" - so ähnlich wie bei Post-Ident - zu authentifizieren. Da heißt es: Tapfer bleiben in der neuen Welt...
Wenn ein wahrer Terrorist Alltägliches konsumiert/bestellt/herunterlädt, zum Teil das Gleiche wie du, könntest du nicht auch wie so einer denken & handeln?
Gestreamte Filme & eBooks haben genau wie elektronisches Geld - Smartphone-"wallets", PayPal, Online-Überweisungen, Kreditkarten - einen wesentlichen Nachteil: Mit ihnen ist nicht anonym handelbar. Wer z.B. Streaming präferiert, schaltet in Zukunft ganze Geschäftszweige einfach nach & nach ab, die solche neuen Güter verteilen oder mit "Zweiterhand"- oder "Protest"-Gütern handeln. Besonders das zwanglose, eher ungesteuerte Angebot letzterer - Stichwort: Flohmarkt - dürfte dann verschwinden. Damit wird u.a. die Auswahl stark einschränkbar - Online-Anbieter haben fast 100%ige Kontrolle über ihr (zunehmend marktbeherrschendes) Angebot & können dieses stark umverteilen/filtern: Ich "brause" nur noch das, was sie wollen, das ich konsumiere. Andere Datenformate werden entweder verboten - werden alle als "Raubkopien" deklariert - oder durch überwältigende Nutzung der Benutzerschaft de facto als einzige Auswahl erzwungen; so ähnlich wie "OpenDocument" vor einigen Jahren kläglich scheiterte.
Sind "Independent"-Produktionen noch finanzierbar/förderbar, wenn sie gar nicht mehr abspielbar sind oder auf gängigen Geräten nicht mehr angeboten werden?
Datenflüsse
Wenn Mensch-zu-Mensch-Kommunikation - wie bei Skype - oder Datenspeicherung - wie bei Cloudangeboten, z.B. Microsofts OneDrive - oder Daten-Routing - wie bei allen gängigen Providern mit ihren nationalen Backbones im Hintergrund - zentralisiert wird, ist der "Wasserkran" einerseits jederzeit auf- & zudrehbar, andererseits relativ leicht gesamt überwachbar, besonders wenn heutzutage gängige Verschlüsselung so selten geschieht, dass ein Benutzer dieser eher dadurch auffällt. Wegen zunehmender Abhängigkeit von den vernetzten Geräten, insbesonders von der Schnelligkeit der Datenverbindungen, wäre somit z.B. der Ausfall oder auch nur eine wesentliche Verlangsamung schnell ein massiver Eingriff in den wirtschaftlichen oder persönlichen Alltag. Alternative Kommunikationswege sterben zunehmend aus - und fast alle sehen schweigend zu.
Schon mal erwägt mal eine (Nicht-Urlaubs-)Woche lang ganz ohne Handy/Smartphone & WWW zurecht zu kommen?
Anstatt alles gut zu finden was uns als unausweichlich angenehm präsentiert wird - oder wozu die Kanzlerin schweigt, wenn Kritik dazu geäußert wird - bzw. alles "Alte" als zu tumb, zu langsam oder zu aufwändig zu sehen, wäre evtl. wichtig, sich die schnellen & schleichenden Änderungen im Daten-/Informations-/Medien-Umfeld genauer & in Ruhe anzusehen, bevor man sie übernimmt. Wie auch die Meta-Entwicklungen, die darauf basieren - Beispiel zunehmende Uberisierung der Service-Gesellschaft.
Es geht nicht nur um Datenschutz, sondern um den allgemeinen Umgang mit dem "Vereinfachungsmotto" moderner technischer Entwicklungen: Wenn es mir mehr das Leben "leichter" macht, muss es gut sein, also will ich es haben.
(* möglichst kurz gehalten, insofern kein echtes Essay)
Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 09 Juni 2015 - 18:21.
/KB
Yay! Fantasy-Reimerei Mitte August...
[..] Verzweiflung beschlich sie im Stillen.
Da ergriff eins der kleinsten das Wort:
"Wenn sich all unsere Wünsche erfüllen,
dann wünschen wir einfach mit Willen
die Wünsche-Erfüllung fort!"
Sie befolgten den Rat und von Stund an war
wieder spannend das Leben und heiter.
Die Kinder war'n froh wie vor Tag und Jahr
und vielleicht gar ein wenig gescheiter.
(BewohnerInnen der Stadt der Kinder, aus der "Geschichte vom Wunsch aller Wünsche", aus Die Zauberschule & andere Geschichten, Neuauflage im Thienemann-Verlag, S. 93, von Ende)