Ich bin am Ende des 2. Teils angekommen - der Teil, der heuer den Kern der "Güte" des Romans für mich aus macht.
Der 2.Teil hatte mir ebenfalls sehr gut gefallen, besser noch als der erste und sogar als der letzte. Ich hatte mir dazu folgendes notiert:
Sehr spannend wurde der erste Kontakt Pauls und Jessicas mit den Fremen geschildert. Ein richtiger Culture-Clash, den schon zuvor Thufir Hawat erleben musste, als er es mit ein paar Fremen zu tun bekam.
Zum ersten Mal wird aber das wahre Ausmaß deutlich, wie sehr sich die Fremen von der Lebens- und Denkweise des Imperiums entfernt haben und wie stark sie sich, um zu überleben, den Bedingungen der Wüste haben unterwerfen müssen und wie sich ihre Kultur darauf eingestellt hat. Stichwort Wasserdisziplin. Für mich eine beeindruckende Darstellung und der bisherige Höhepunkt des Romans. Die Fremen und nicht die Würmer, nicht das ausufernde, aber wenig innovative feudale Setting, oder das Intrigenspiel der Mächtigen sind das eigentliche Highlight des Romans. Für deren durchdachte Ausgestaltung würde ich dem Roman seinen Status als
Science Fiction sogar zugestehen.
Herbert ist das Kunststück gelungen die Fremenkultur in sich so stimmig und damit lebendig werden zu lassen, dass man glaubt es könne sie tatsächlich geben. Das hat schon was. Sicher, er hat sich da aus der Geschichte bedient, aber es gibt doch gravierende Unterschiede zu jeder Kultur, die es auf der Erde je gegeben hat und man würde den Fremen unrecht tun sie als Wüstenbeduinen abzutun. Die Anpassung der Fremen an die extremen Umweltbedingungen der arrakisischen Wüste hat eine archaische Kultur geschaffen, die ganz und gar auf das Überleben der Gruppe ausgerichtet ist. Fremden gegenüber sind sie nicht nur misstrauisch und abweisend, sondern geradezu feindlich eingestellt und Mitleid scheint für sie ein Fremdwort zu sein, wenn jemand nicht ihrer Gruppe angehört, was Paul und Jessica erleben durften. Die Fremen erweisen sich in ethischer Hinsicht als radikale Utilitaristen und Pragmatisten, für die das Allgemeinwohl des Stammes über allem steht.
Diese unerbittliche Haltung scheint mir auch aus der bitteren Erfahrung ihrer bisherigen Geschichte zu resultieren, die aus permanenter Verfolgung bestand. Ein wenig scheint sich in ihrem Schicksal das des jüdischen Volks widerzuspiegeln. Absicht? Daraus folgt auch wieder die starke Stellung der Religion in ihrer Kultur, denn ein Volk das ständig ums nackte Überleben kämpft und gegen eine lebensfeindliche Umwelt, entwickelt sehr wahrscheinlich eine spirituellere Haltung zur Welt und zur Natur und vielleicht auch eine Einstellung das Leben schicksalhaft zu empfinden. Wobei die Fremen zusätzlich subtil von den Bene Gesserit spirituell manipuliert wurden. Perfide. Weil das gerade bei den Fremen so leicht ist.
Zu den Bösen.
Die Harkonnen sind mir was ihre Boshaftigkeit angeht, etwas zu viel des Guten. Armselige Kreaturen, von Angst und Gier gleichermaßen zerfressen, verbreiten sie in ihrem Umfeld (Kompensation?) ebenfalls nur Angst, Schrecken und Unterwürfigkeit. Wer so sadistisch veranlagt ist, muss in einem moralischen Universum, und in einem Roman ist es das meistens, scheitern.
Zum Charakter der Protagonisten:
Vielleicht später mehr. Auffällig ist aber schon, dass in dem Roman keine "normalen" Menschen vorkommen, alle Protagonisten sind in irgendeiner Beziehung "anormal" oder "super", wobei Paul der Übermensch schlechthin ist. Das heißt nicht, dass sie keine Fehler hätten, aber sich jeder neuen Situation anpassen und in ihren Aufgaben ständig wachsen.
Zur Technik:
Klar gibt es eine technische Entwicklung. Manches davon ist aber auch reine Phantasie. Vor allem der ganze Bereich der mit Bewußtseineserweiterung zusammenhängt. Also Pauls Fähigkeiten, die der Bene Gesserit, und in eingeschränktem Maß, die der Mentaten. Und ob man den Menschen je zu computerähnlichen Denkleistungen befähigen wird, ohne ihm damit gleichzeitig seine Menschlichkeit zu nehmen und ihn damit zu etwas ganz anderem zu machen, jedenfalls anders als ein Mentat, ist ebenfalls fraglich.
Die generelle technische Entwicklung findet aber geradezu gletscherhaft langsam statt. Ganz im Gegensatz zu dem was wir heute beobachten. Das technische Niveau ist einfach zu niedrig angesichts dessen, dass wir uns Jahrtausende(!) in der Zukunft befinden. Da hat sich bei uns in den letzten zweihundert Jahren mehr getan. Ich nehme an, dass unsere Welt in den nächsten zweihundert Jahren eine technische Niveau besitzen wird (interstellare Raumfahrt vielleicht ausgenommen) von dem die Welt des Wüstenplaneten nur träumen kann.
LG Trurl