Sex-Love-Cyberspace
Verlag: Blitz
Magic Collection
2003 Erstveröffentl.
250 Seiten
ISBN 89840854X

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Klappentext
Die Welt in den nächsten 200 Jahren: Virtuelle Welten - anfangs künstlich induziert über äußere Reizung von Seh-, Hör- und Tastsinn, später innerlich abrufbar per implantiertem Neurochip, ergängt um Geruch- und Geschmacksinn - gaukeln dem Menschen sexuelle Erlebnisse vor, wie er sich diese bisher nur in seinen Fantasien ausmalen konnte.
So wird der Cyberspace zum Tummelplatz der Sehnsüchte, zur Spielwiese der Lüste, zur Bühne der Getriebenen. Für die einen ist er die Chance, einander zu finden und zu lieben, für die anderen die Möglichkeit, aus der Realität zu fliehen, für wieder andere die Gelegenheit zu kriminellen Übergriffen.
Auch künstliche Intelligenzen werden in dieses Karusell von Sex und Liebe einbezogen - und selbst das Leben nach dem Tode eröffnet neue Visionen von ungeahntem Ausmass. Die Entfernung des Menschen von den realen, materiellen Dingen wirft die Frage auf, worin unsere Existenz besteht - und wo unsere Zukunft liegt.
RezensionÂ
Auf 250 Seiten konfrontiert uns Mommers mit 10 Geschichten, die sich mit der wichtigsten Nebensache der Welt beschäftigen: Sex. Und so trägt die Sammlung dann auch ganz plakativ den Titel "Sex-Love-Cyberspace". Insofern eine interessante Sache und ein lobenswertes Unterfangen, da gezielt ein nicht unerheblicher Aspekt des menschlichen Zusammenseins unter die Lupe genommen und chronologisch bis ins Jahr 2200 extrapoliert wird.
Dabei lesen sich die Geschichten des Autors, der nach 36 jähriger Kunstpause wieder unter der schreibenen Zunft weilt, angenehm und flüssig. Beginnend mit Teenager-Gefummel auf einer Geburtstagsparty im Jahre 2030 ("Safer Sex") bis hin zur völlig voneinander entfremdeten Gesellschaft von 2200 ("Wir sind doch keine Wilden") zeichnet Mommers das Bild einer Gesellschaft, die sich immer weiter in die virtuelle Realität zurückzieht, bis schlichter köperlicher Kontakt, eine einfache Berührung, als Affront gewertet werden.
Dabei bemüht der Autor ein breites Spektrum an Motiven, um den Leser zu gewinnen: in "Bermuda-Dreieck" etwa, werden die Besucher eines virtuellen Mystery Parks durch rätselhafte Entführungen und sexuellen Missbrauch von Touristinnen erschreckt. Ab und an fühlt man sich dabei angenehm an Williams' "Otherland" erinnert. "Spinne im Netz" hingegen ist ein schneller Thriller, in dem Männer im virtuellen Raum einer Triebtäterin zum Opfer fallen.
Den Geschichten ist ein Glossar angehängt, der Begriffe von "Afterlife" bis "Worldnet" erklärt, aber nicht unbedingt nötig gewesen wäre. Im Zusammenhang erklären sich die Begrifflichkeiten und Wortschöpfungen eigentlich von selbst.
Sicher ist es nicht einfach in Zusammenhang mit der Überschrift Sex-Love-Cyberspace den richtigen Ton zu finden. Und so schägt Mommers einen Mittelweg aus geschliffenen Sätzen und dosiert eingeflochtenen "Vulgaritäten" ein. Hin und wieder jedoch wäre eine "rotzigere" Schreibweise der Handlung angemessener gewesen und würde vermutlich auch besser mit der Umschlagsgestaltung harmonieren, die mehr verspricht, oder anders ausgedrückt: über das Ziel hinaus schießt. Weniger wäre hier mehr gewesen.
Die technischen und gesellschaftlichen Entwicklungen, die Mommers nachzeichnet und immerhin einen Zeitraum von 170 Jahren umfassen, verlaufen bei näherer Betrachtung zu moderat. Die Unterschiede werden zwar deutlich herausgearbeitet, bedenkt man aber den rasanten Fortschritt der letzten hundert Jahre, hätte ein wenig mehr Mut zur Spekulation nicht geschadet. Das aber nur als Fußnote.
Insgesamt ist Sex-Love-Cyberspace eine sehr lesenswerte Sammlung von Science Fiction-Geschichten und hervoragend als Einstiegsliteratur für am Genre interessierte Leser geeignet und dürfte auch eine Brücke hin zur weiblichen Leserschaft schlagen. Wer gerne das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden und vor dem Einschlafen weder auf SF, noch auf Erotik verzichten möchte, kann nichts falsch machen. Und bei aller kritischen Analyse aus der Sicht eines SF-Freundes: anregend sind die Erzählungen allemal.
