Habe mir den Beitrag gerade angesehen. Diese Szenen machen ca. 10% der Gesamtzeit aus
Das ist rechtlich unerheblich. Die höchste Freigabe einer Szene oder Folge bestimmt die Gesamtfreigabe.
(Ein gutes Beispiel ist die Serie "Scrubs", in der eine einzige Folge mit ca. 22 Minuten Laufzeit von der FSK "ab 16" freigegeben wurde. Trotzdem ist die Komplettbox der Serie mit einer Gesamtlaufzeit von über 3800 Minuten ab 16 - nur wegen dieser einen Folge. Das mag überzogen klingen, ergibt aber durchaus Sinn, denn sonst könnten ja irgendwelchen Torture-Porn-Movies an Sechsjährige verkauft werden, sofern man noch zehn Disney-Zeichentrickfilme dazupackt.)
Und von Porno weit und breit keine Spur. Kann man allenfalls als Soft-Sexfilm-Szenen bezeichnen. Den heutigen Jugendlichen bestenfalls ein müdes Grinsen entlockend.
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Glaube kaum, daß sie das ZDF da überhaupt wahrnehmen. Da gibt es "interessantere" Websites.
Es hat auch niemand behauptet, dass es ein Porno wäre. Wäre es einer, hätte er überhaupt nicht gezeigt werden dürfen. Pornografie wird nämlich automatisch indiziert, unterliegt einem Ausstrahlungsverbot im Fernsehen und ist deshalb nur gegen Altersnachweis im einschlägigen Versandhandel oder schummrigen Videotheken-Hinterzimmern verfügbar.
Dass man trotzdem allerorten im Netz auf Pornos zugreifen kann, ist ein ganz anderes Problem, dass nur (weit) entfernt etwas mit der deutschen FSK zu tun hat. Diese Pornoseiten sitzen bekanntlich auf ausländischen Servern, bei denen die deutschen Gesetze, und somit auch der Jugendschutz, keine rechtliche Handhabe besitzen. Das Internet macht zwar nicht vor Ländergrenzen halt (es sei denn, man lebt in Nordkorea), trotzdem sollte man diese Dinge nicht zusammen in einen Topf werfen.
Es ist halt eine Tatsache, daß in den Gesetzestexten viele Regelungen stehen, die früher sinnvoll waren, aber heute von der Realität längst ad absurdum geführt werden. Wie schon gesagt: allein die Zeitregelung ist In Internetzeiten total "gehirnbefreit"
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Es ist nur eine Frage der Zeit, bis diese Passage aus den Gesetzesbüchern gestrichen werden. Aber solche Karteileichen sind erfahrungsgemäß ungeheuer langlebig....
Bei ersten Punkt gebe ich dir Recht. Durch das Internet haben sich die Gegebenheiten geändert und die Gesetzgebung konnte sich in puncto Jugendschutz nachwievor auf keine einheitliche, umsetzbare Regelung einigen, die dies in vollem Umfang berücksichtigt. Die in meinem vorigen Post genannten drei Möglichkeiten des Jugendschutzes sind im Prinzip nur Notlösungen.
Allerdings denke ich, dass diese noch eine ganze Weile bestehen werden, da eine Lösung, die sich an den Realitäten orientiert, wohl ein multilaterales Jugendschutzabkommen voraussetzen würde. Dass aber "The Land of the Free", wo die meisten Pornoseiten ihren Sitz haben, solch einem Abkommen zustimmt, halte ich für sehr unwahrscheinlich. Da jedoch der Jugendschutz (egal in welcher Form) gesetzlich vorgeschrieben ist, wirst du dich sicherlich noch viele Jahre mit der antiquierten Fernsehzeitenregelung beim ZDF abfinden müssen.
Diese Maßnahmen sind weitgehend sinnfrei. Letztendlich ist der einzig wirksame Jugendschutz, dass sich Eltern für ihre Kinder interessieren. Dass sie miteinander sprechen und nicht alles andere wichtiger ist. Selbst wenn unter den Umständen mal ein "übler" Film gesehen wird, tja. Wenn man darüber reden kann, ist es doch halb so schlimm, schlimm ist doch nur, wenn Kinder verstört zurückbleiben und sich keinem anvertrauen können.
Dazu eine sinnvolle Aufklärung (nein, Pornos zeigen keine normalen Beziehungen!), und dass man die Nachkommen nicht rund um die Uhr unbeaufsichtigt an die Medien gehen lässt.
Das ist Aufgabe der Eltern, nicht der Medien. Die können Kinder nicht schützen, und wenn man auf speziellen Seiten rund um die Uhr Clips abrufen kann, wo auch recht exotische Sexpraktiken dargestellt werden, wird es lächerlich, einen Film mit erotischen Szenen oder gar nur eine Art "Making Of" zeitlich zu sperren.
Sicherlich ist Kommunikation in der Familie, auch wenn es um Medieninhalte geht, das A und O. Aber egal ob diese stattfindet oder nicht, müssen Gesetze den rechtlichen Rahmen bilden - gerade eben, weil Kommunikation nicht immer erfolgt. Und dabei werden eben Grenzen gezogen, die auf Erfahrungswerten und der Einschätzung von Experten beruhen. Denn was für den einen nur eine "schlimmer Film" ist, kann einen anderen schwer traumatisieren. Und während der eine das vielleicht sogar selbstständig verarbeitet, bleibt die Psyche des anderen eventuell trotz Kommunikation mit den Eltern angegriffen. Die Gesetzgebung kann solche Extreme nicht individuell berücksichtigen, deshalb gibt es eben für alle verbindliche Regelungen* - die Promillegrenze beim Autofahren orientiert sich ja schließlich auch nicht daran, wie gut oder schlecht jeder Einzelne Alkohol verträgt.
*Nun habt ihr in Österreich (und auch unsere Nachbarn in der Schweiz) nochmal ganz andere Jugendschutzgesetze, mit denen ich mich nicht so gut auskenne. Ich weiß nur, dass vieles bei euch nicht so streng gehandhabt wird. Gerade im Hinblick auf den "Erwachsenenschutz" - also die bei uns zusätzlich stattfindende Zensur von Medien, die "ab 18" sind - seid ihr wesentlich liberaler. So etwas findet bei euch nicht statt. Das finde ich bspw. gut, da es schließlich nicht umsonst den Begriff der Volljährigkeit gibt. Aber am Jugendschutz würde ich keinesfalls rütteln wollen - der hat mMn schon seine Berechtigung.
"What today's nationalists and neosegregationists fail to understand," Kwame said, "is that the basis of every human culture is, and always has been, synthesis. No civilization is authentic, monolithic, pure; the exact opposite is true. Look at your average Western nation: its numbers Arabic, its alphabet Latin, its religion Levantine, its philosophy Greek†¦ need I continue? And each of these examples can itself be broken down further: the Romans got their alphabet from the Greeks, who created theirs by stealing from the Phoenicians, and so on. Our myths and religions, too, are syncretic - sharing, repeating and adapting a large variety of elements to suit their needs. Even the language of our creation, the DNA itself, is impure, defined by a history of amalgamation: not only between nations, but even between different human species!"
- The Talos Principle