So, neu hier, erstes Posting, dann wollen wir doch gleich mal mit dem Zerfleischen beginnen. Kein schlechter Einstand in einem Literatur-Forum, oder?Brian W. Aldiss / Roger Penrose: WEISSER MARSEin Häuflein Menschen auf dem Mars, von der Erde abgeschnitten ohne Hoffnung auf Rückkehr. Müssen sie eben eine Kolonie gründen. Keine schlechte Ausgangsidee. Dumm nur, daß der ganze Haufen aus weltfremden, verhaltensgestörten Wissenschaftlern und sonstigen Laberköpfen besteht. Es wird theoretisiert, diskutiert, gestritten und einfach Unfug gesabbelt und dumm gehandelt. Dazu ist das ganze noch in Episoden aufgesplittet, die aus den Erinnerungen der jeweiligen Protagonisten stammen. Dummerweise passiert nicht viel, bzw. wird das, was passiert nur so nebenher erwähnt. Ich habe das Buch nach wenigen Seiten weggelegt und seitdem schon öfter versucht, wieder einzusteigen. Ich habe auch einfach mal in der Mitte angefangen, um zu sehen, wohin das Buch sich entwickelt. Offenbar nirgendwohin.Meine Wertung: Geht gar nicht!David Weber: HONOR HARRINGTON - In Feindes HandIch habe das Buch blind gekauft und erst zuhause bemerkt, daß es sich bereits um Band 7 einer Reihe handelt. Okay, zugegeben, da ist in den ersten Bänden sicher schon einiges passiert, was jetzt einer Rekapitulation bedarf. Das könnte man in einem Vorwort oder einer Einleitung tun, aber was macht Weber? Er versucht sämtliche Hintergrundinformationen für den Neueinsteiger ganz elegant als Prolog in die Handlung einzubeziehen. Folge ist, daß irgendein Hansel in seiner Bibliothek hockt und sich den Kopf über die (zugegebenermassen komplizierte) Politik und Diplomatie im Universum Gedanken macht. Oder irgendwelche anderen unbekannten Größen diskutieren darüber. Dieser sehr einschläfernde Prolog erstreckt sich über sage und schreibe 36 Seiten und wenn's dann mit Kapitel 1 richtig losgeht, passiert auch nix!Anfängerfehler Nummer 1: Dieses Buch zeigt nicht, sondern erklärt. Das sollte eigentlich sogar jeder Zeitungsschreiberling wissen: Kill your babies first!Meine Wertung: Setzen, sechs!Joe Haldeman: DER EWIGE KRIEG (nur die Heyne 40 Jahre SF Jubiläumsversion!!!)Nein, keine Angst, ich werde nicht eines der besten Bücher der SF und überhaupt verreissen! Aber das Vorwort von Ben Bova bringt nix, die Anmerkungen von Haldeman sind in Ordnung, aber daß der Deutsch-Übersetzer dann auch noch seinen Senf dazugeben muß, ist schon ziemlich frech! Vielleicht hat er ja recht, die Handlung eigenmächtig um 300 Jahre in die Zukunft zu verlegen, aber daß dadurch einige Details nicht mehr stimmen, scheint den Wicht nicht zu kümmern. Daß z.B. ein Mann im 23. Jahrhundert Mandella heißt, weil seine Eltern Hippies waren ... bitte?Meine Wertung: Ein nach wie vor geiles und wichtiges Buch. Wer eine ältere Ausgabe besitzt muß aber nicht unbedingt diese allerneueste Bearbeitung kaufen. Der Autor schreibt in seinem Vorwort, daß nun die endgültige Fassung vorliegt, aber ich meine mich erinnern zu können, vor vielen Jahren schon einmal eine etwas längere Fassung gelesen zu haben. Irgendwie scheinen also doch Teile verloren gegangen zu sein.Zum Schluß möchte ich noch ein paar Worte über Heinlein verlieren und zu dessen Ehrenrettung beitragen. Leute, das ist ein ganz Großer! Viele scheinen zu vergessen, wann er seine Geschichten geschrieben hat. Das war eine ganz andere Zeit damals. Die Leute waren eben ganz anders drauf und deshalb sollte man über seine Dialoge, seinen Militarismus, sein Frauen- und Weltbild einfach mal wohlwollend hinweglesen oder sich darüber freuen, daß man selber ja so viel aufgeklärter ist. Ich erwarte keine bahnbrechenden neuen Erkenntnisse wenn ich Heinlein lese, sondern freue mich einfach an seinen abenteuerlichen Plots und den bunten Charakteren, die seine Geschichten bevölkern. Besonders zwei seiner Bücher haben es mir angetan. Ich denke, daß auch einige Heinlein-Hasser diesen Mann ganz anders sehen werden, sollten sie die nun folgenden Bücher jemals lesen. Diese Werke sind also bitte nicht in die Liste der größten Flops einzuordnen:METHUSALEMS KINDER - Die komplette Future HistoryDer Mann ist (war?) ein Visionär. In 4 Romanen und 17 Erzählungen wechselnder Qualität und Ernsthaftigkeit gehen wir auf eine vom Hintergrund her sehr gut ausgearbeitete Reise in die Zukunft. Die ersten Erzählungen, die in der fernen Zukunft von 1976 spielen, sind natürlich noch recht naiv, aber es wird im Verlauf des Buches besser. Optimistische Zeitalter werden von depressiven abgelöst, Perioden imperialistischer Ausbeutung werden gefolgt von Revolution, religiösem Fanatismus und Rebellion der Venus-Kolonie. Für Amerika sagt er u.a. eine religiöe Diktatur voraus. Wenn das nicht realistisch und hellseherisch war, was dann? Für diesen Sammelband hat Heinlein extra noch eine Zeittafel angefertigt, sehr hilfreich. Übrigens ordnen sich auch seine Einzelwerke in exakt den gleichen Hintergrund ein. Unter anderem auch ...FREITAGCopyright 1982, deutsche Erstausgabe 2000. Es ist also ein Spätwerk, aber was für eines! Wir haben endlich mal eine emanzipierte (und sexuell enthemmte) Heldin. Freitag, der Titel das Buches, bezieht sich nicht auf einen Wochentag sondern ist ihr Name. Diese Freitag ist Spionin, kann auf diverse Arten ihre Gegenspieler mit bloßen Händen umbringen und erzählt sehr nett, kühl und distanziert aus der Ich-Perspektive die ziemlich spannende Geschichte einer Odyssee durch Amerika in Zeiten eines Putsches. Dabei wird sie von den Agenten einer konkurrierenden Organisation gejagt und wird nebenher auch noch das Opfer einer Intrige in ihrer kommunenartigen Großfamilie. Das Ganze ist auch durchaus sinnlich und sexy, es könnte also durchaus was dran sein am Image von Heinlein als dirty old man. Einfach ein großer Lesespaß!Ich hoffe, niemandem auf den Schlips getreten zu sein. badi
Bearbeitet von badi, 05 Februar 2005 - 02:15.