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Alfred Bester: Der brennende Mann


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11 Antworten in diesem Thema

#1 Rusch

Rusch

    Phantastonaut

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Geschrieben 27 Februar 2004 - 09:34

auch "Die Rache des Kosmonauten" und "Tiger, Tiger"OT: The Stars My Destination (1956), Tiger, Tiger (UK Titel) Es sieht schlecht aus für Gully Foyle: Seit Woche sitzt er im von Piraten zerstörten Wrack der NOMAD fest. Er kann sein Glück nicht fassen als das Raumschiff VORGA die Nomad in nächster Nähe sein Schiff passiert. Und doch fliegt es weiter, obwohl sein Signal verstanden wurden. Gully schwört Rache und ungezügelter Hass hält ihm am Leben und läßt ihn einen Weg aus seiner ausweglosen Lage finden. Durch einen Coup gelingt es ihm, ein Vermögen aus der NOMAD zu bergen. Unter falscher Identität und durch Inplantate mit übermenschlichen Kräften ausgestattet, gelingt es ihm, die Verantwortlichen der Vorga ausfindig zu machen. Er zieht eine Spur der Gewalt und Zerstörung durch das Sonnensystem. Doch auch der Jäger wird gejagt. Im Safe des Schiffes lagen nicht nur Platinbarren sondern auch eine neue, kriegsentscheidende Waffe die sowohl die Erde als auch die äußeren Kolonien für ihren Krieg haben wollen. Erst spät begreift Gully Foyle, dass sein Verhalten keinen Deut besser ist als das seiner verhassten Gejagten. Der Roman ist zuvor schon unter den Titeln: „Die Rache des Kosmonauten“ (war aber eine Heyne Ausgabe) und „Tiger, Tiger“ erscheinen. Zweifellos gehört der Roman, der über große Strecken hinweg an den „Grafen von Monte Christo“ erinnert, zu den Meilensteinen der SF. Obwohl der Roman nur wenig mehr als 200 Seiten hat, ist die Geschichte unheimlich dicht geschrieben und voll interessanter Wendungen. Vor allem der Schluss ist sehr interessant und hat hohen Einfluss auf spätere SF Werke. Auch nach 50 Jahren hat der Roman wenig von seiner Faszination verloren: Bester beschreibt wenig technische Details und beschreibt nur das Teleportieren der Menschen näher. Das „jauten“, wie diese Fähigkeit genannt wird, ist für die Menschen des 23. Jahrhunderts das selbstverständlichste auf der Welt. Immer wieder beschreibt er die Auswirkungen des Teleportieren auf die Welt, aber das stört nicht, denn Teleportation ist auch noch heute SF. Der Roman hätte ein wenig ausführlicher sein können. Der Stil ist spartanisch und ausführliche Beschreibungen von Details wird man nur wenige finden. Alle Charaktere bleiben sehr eindimensional, was aber durchaus Absicht sein könnte, denn so erlebt der Leser die Welt noch stärker aus der Sicht von Gully Foyle. Hundertprozentig auf seine Rache fixiert läßt er nichts an sich ran und der Leser kann das förmlich miterleben. Ebenso wie der Graf von Monte Christo ist Foyle kein sympathischer Charakter, aber im Gegensatz zu Alexandre Dumas entschied sich Alfred bester für ein ganz anderes Ende. Und er hat gut daran getan, denn sonst wäre dieser Roman längst in Vergessenheit geraten. 7 von 10 Punkten.

#2 Henrik Fisch

Henrik Fisch

    Soeinnaut

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Geschrieben 27 Februar 2004 - 12:20

Ich korrigiere diese Wertung für mich auf

10 von 10 Punkten

Begründungen:

a] Ideen

Soweit ich weiß kam die Teleportation per Gedankenkraft schon in anderen Romanen vor. Aber das "Jaunten" - wie es in diesem Roman heißt - wurde hier dermaßen interessant ausgeschlachtet; das habe ich bisher noch nirgends gelesen. Eine per Telekinese gezündete Bombe ist auch interessant und ein Telekinet - hier eine Frau - die nicht Gedanken lesen sondern deren Gedanken alle anderen Empfangen können, ist auch noch nicht dagewesen.

b] Sprachgewandheit

Im Roman spielen die Figuren eine Art Reime-Verfassen spiel. Die sind teilweise so gut, witzig und auf den Punkt gebracht - auch in der deutschen Übersetzung - dass ich vor ehrfurcht in den Staub sinke.

Was Rusch als kargen Sprachstil negativ kritisiert, ist für mich ein erfreulich schlanker Roman, der seine Geschichte - so wie es in den 50er-, 60er- und 70er-Jahren noch üblich war - ohne unnütze Füllung und damit überflüssiges Bäumeroden auf den Punkt bringt. Was mich zum folgenden Punkt bringt:

c] Ein Buch muss nicht dick um gut zu sein

Jepp, so ist es. :P

Insgesamt gehört "Der brennende Mann" von Alfred Bester zum Besten vom Besten, was die SF jemals hervorgebracht hat.

Bis dennen,
Henrik Fisch
Gerade fertig gelesen
Gregory Benford, Larry Niven, "Himmelsjäger"
Gerade am Lesen
Gregory Benford, Larry Niven, "Sternenflüge"
Gerade gesehen
Serie "Mad Men"

#3 Rusch

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    Phantastonaut

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Geschrieben 27 Februar 2004 - 12:40

Das Buch ist nicht schlecht geschrieben, ganz ohne Zweifel. Doch mich störrt die Schlaglichtartige Charakterisierung der Personen.Für meinen Geschmack sind die Kapitel ein wenig zu lose aneinander gereiht. So ein richtiger Spannungsbogen kommt nicht zustande.Die Ideen sind nicht schlecht, aber so innovativ war der Roman auch wieder nicht. Er war sicherlich nicht der erste, der über Teleportation geschrieben hatte und die Fernzündung mittels Gedankenkraft ist zwar interessant, aber auch nicht unbedingt das Non-plus-ultra. Es gab einige andere Werke aus dieser Zeit, die ebenso innovativ waren.

#4 Impala

Impala

    Giganaut

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Geschrieben 27 Februar 2004 - 15:39

Ich finde vor allem die ENERGIE erwähnenswert.Der fokussierte Mind des unsympathischen und im Inneren schreienden Protagonisten brennt durch das ganze Buch. Von der ersten bis zur letzten Zeile überträgt sich auf den Leser dieses völlig verrückte Tempo, diese Feuerwerk, dieses - ein Wahnsinniger zischt durch die Galaxis und hinterläßt nur noch Schutt und Asche - Gefühl.Auch die Sozialkritik ist nicht übel.Ich schätze, Cyberpunks mögen dieses Buch...Impala
Julius Gaius Baltar!

#5 Rusch

Rusch

    Phantastonaut

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Geschrieben 27 Februar 2004 - 16:28

Von der ersten bis zur letzten Zeile überträgt sich auf den Leser dieses völlig verrückte Tempo, diese Feuerwerk, dieses - ein Wahnsinniger zischt durch die Galaxis und hinterläßt nur noch Schutt und Asche - Gefühl.

Wären mir nur diese Worte eingefallen, als diese Rezi verfasst hatte. Besser kann man es nicht ausdrücken.

#6 Gast_rms67_*

Gast_rms67_*
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Geschrieben 27 Februar 2004 - 19:37

Gedankenkraft ist nicht so mein Ding, doch wegen der Kürze kommt das Buch auf meine Wunschliste.Äh, das Original ist auf Englisch, oder? Alfred Berger? Ein Deutscher, vielleicht?

#7 yiyippeeyippeeyay

yiyippeeyippeeyay

    Interstellargestein

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Geschrieben 27 Februar 2004 - 21:51

Äh, das Original ist auf Englisch, oder? Alfred Berger? Ein Deutscher, vielleicht?

(Hi Rock, bist du das?)

Ja, Englisch (da hieß es neben Tiger, Tiger auch schon mal The stars my destination). Alfred Bester war New Yorker, vielleicht Kind dt. Vorfahren?

Alles was er SF-mäßig schrieb ist m.E. lesenswert; meine Lieblings(kurz)geschichte von ihm heißt The Pi Man (weiß nicht ob's die auf deutsch gibt).

Er beweist wie "hip" die Sprache der 50er sein konnte, und ließ sich nicht durch den bis dahin "ernsten" SF-Schreibstil beeinflussen. (Er arbeitete zu der Zeit als dieses Buch erschien als Texter in der Werbebranche, schrieb aber auch fürs Radio/TV und für Comics.) Ein genialer Jongleur von Jargon, Kürzeln und schnellen Sprüchen. Man hat bei seinen Büchern das Gefühl man sitzt hinten auf einem lauten, riesigen Motorrad, das rasend durch die jeweilige Geschichte durchdüst...

Ich glaube in Golem (oder war es obiges Buch? - ist schon etwas lange her... ;) ) treibt er das mit dem Slang der Zukunft ("Spanglisch" wenn ich mich nicht irre :bigcry: ) ins Extreme. Ich fand er parodierte auch allgemein immer ein wenig die Unart möglichst alles abzukürzen; in Spanglisch gab es Jargon-Bedeutungen für jeden alleinestehenden Buchstaben des Alfabets, und die musste man als Leser dann nach und nach erraten, wenn Charaktere so sprachen - so wie z.B. heuer im US-Englischen "F off!".

Diese verrückte/freie Art zu schreiben hat viele Autoren danach beeinflusst, finde ich. Er war/bleibt der "daddy cool" der SF-Welt.

/KB

Yay! KI-generiertes SF-Zitat Ende November...
"In the sprawling city forums of the galaxy, where chaos reigns and time flows differently, true power is found not in dominance, but in moderation. The wise use their influence to temper ambition with reason, and chaos with order."

(auf Bing.de generierter Monolog von der Copilot-S/W - die ich hiermit NICHT bewerbe! - nach Aufforderung nach einem "s.f. quote" mit einem bestimmten Wort darin; ich ersetzte nur das 4. Wort mit "city forums")


#8 Oliver

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Geschrieben 28 Februar 2004 - 11:38

10 von 10 Punkten

Zustimmung. Alleine schon wegen des unfassbaren Finales.
  • (Buch) gerade am lesen:"Tales of the Shadowmen 1", J.-M. Lofficier (ed.)
  • (Buch) als nächstes geplant:"Tales of the Shadowmen 2", J.-M. Lofficier (ed.)
  • • (Buch) Neuerwerbung: Sherlock Holmes - Aus den Geheimakten des Weltdetektivs (Sammelband, 1973, mit 15 Heftromanen (1907/1908))
  • • (Film) gerade gesehen: "Das Testament des Dr. Mabuse" (Fritz Lang)
  • • (Film) als nächstes geplant: "Jurassic World: Dominion" (Dinos!!!!!)
  • • (Film) Neuerwerbung: "Judex" (Louis Feuillade)

#9 Sullivan

Sullivan

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Geschrieben 29 Februar 2004 - 15:12

Nachdem ich vorher schon einige hervorragende Kurzgeschichten von Bester gelesen hatte, war ich leicht enttäuscht vom diesem Buch. Die Ideen sind nicht schlecht, aber die Wandlung Gully Foyles von einem hasserfüllten Menschen zu einem extrovertierten Lebemann konnte ich einfach nicht nachvollziehen. Vielleicht war das Buch damals eine Sensation, aus heutiger Sicht ist es "nur" noch ein normaler SF Abenteuerroman. Sullivan

#10 Rusch

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Geschrieben 01 März 2004 - 09:52

Nachdem ich vorher schon einige hervorragende Kurzgeschichten von Bester gelesen hatte, war ich leicht enttäuscht vom diesem Buch. Die Ideen sind nicht schlecht, aber die Wandlung Gully Foyles von einem hasserfüllten Menschen zu einem extrovertierten Lebemann konnte ich einfach nicht nachvollziehen. Vielleicht war das Buch damals eine Sensation, aus heutiger Sicht ist es "nur" noch ein normaler SF Abenteuerroman. Sullivan

Nein, ein normaler SF-Abenteuerroman ist dieses Buch sicherlich nicht. Dazu enthält es zu viele interessante Ansätze und außerdem ein wahrhaft gelungenes Ende.

#11 deval

deval

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Geschrieben 13 März 2004 - 19:22

@ruschwelche interessanten ansätze meinst du denn?unter ansatz verstehe ich, das er etwas angesprochen hat, aber nicht weiter drauf eingegangen ist. sonst wäre es ja kein ansatz.also hat bester ein buch geschrieben, in dem er zwar viele sachen angefangen, aber nicht vollendet hat. meine meinung zu dem buch habe ich ja hier schon kundgetan. als es um den thread mit den schlechtesten sf büchern ging. ich habe NICHTS gegen bester aber dieses buch war/ist/und wird immer sein das "unerfreulichste" werk das ich bis dato gelesen habe. wenn ich wenigstens das ende noch gut finden würde...

Bearbeitet von vallenton, 13 März 2004 - 19:24.

"Dein Wort ist meines Fusses Leuchte und ein Licht auf meinem Weg."
Psalm 119, 105

 

www.fantasybuch.de


#12 Rusch

Rusch

    Phantastonaut

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Geschrieben 13 März 2004 - 21:50

Ich finde z. B. das Bester die Auswüchse des Teleportieren sehr gut beschreibt. Auch ist das Katz und Maus Spiel im Mittelteil recht unterhaltsam. Es ist gewiss kein schlechtes Buch. Immerhin 7,62 Punkte bei 32 Wertungen in meiner Liste. Damit immerhin noch Platz 249! http://www.scifinet....tyle_emoticons/default/laugh.png


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