Ich habe die Druckversion vom Teil des anderen Threads kopiert und nehme mir mal die Freiheit dies hier einzustellen. (Falls jemand dies nicht mag oder eine bessere Lösung präsentiert, kann ich dieses Posting natürlich wieder löschen.)
Geschrieben von: Konrad am 22 Nov 2004, 21:55
Hallo,
schlage für die goldene Zitrone "Der Ring um das Auge Gottes" von L.Niven/J.Pournelle, die Fortsetzung von "Der Splitter im Auge Gottes" vor.
Als die Fortsetzung erschien, hatte ich mich richtig gefreut, da ich den "Splitter" sehr mag.
Was da aber vom Übersetzer Winfried Petri abgeliefert und von Heyne in Karton gepreßt wurde, war "unter aller Sau" !
Keine Ahnung, warum der Verlag für eine Fortsetzung nicht denselben Übersetzer wie beim erfolgreichen "Splitter" (Yoma Cap) gewählt hat.
Ebenso ist mir natürlich unbekannt, ob der Roman im Original vielleicht auch schon minderwertig war.
Ich weiß nur noch, daß ich dieses Buch nach 50 Seiten in die Ecke gepfeffert und danach nie mehr angefaßt habe.
Der Übersetzer muß hier ein Übersetzungsprogramm der allerersten Generation verwendet und den Output kaum mehr überarbeitet haben.
Anders sind dieser katastrophale Stil und die haarsträubenden Fehler nicht zu erklären.
Im nachhinein stellt man sich natürlich die Frage, war der "Splitter" im Original vielleicht auch stilistisch schlecht und nur der hervorragende Übersetzer hat es geschafft, daraus einen lesenswerten Roman zu machen ?
Bei dieser Überlegung kommt man dann doch etwas ins Grübeln.
Konrad
Geschrieben von: nachtstrom am 23 Nov 2004, 05:34
QUOTE (Konrad @ 22 Nov 2004, 22:55)
Im nachhinein stellt man sich natürlich die Frage, war der "Splitter" im Original vielleicht auch stilistisch schlecht und nur der hervorragende Übersetzer hat es geschafft, daraus einen lesenswerten Roman zu machen ?
Bei dieser Überlegung kommt man dann doch etwas ins Grübeln.
das kann ich mir einfach net vorstellen bei einem so erfahrenen autorenteam! aber natürlich, wissen kann man nie..
inwiefern ein übersetzer *nachdichtet* oder *neuerfindet* ist ja etwas, das mich total interessieren würde zu erfahren...
walter
Geschrieben von: RealS am 23 Nov 2004, 13:19
Mein Vorschlag wäre "Cybercity" von Greg Egan. Was soll ich sagen: es geht um Leute, die in einer Matrix leben, aber aufgrund von geringen Computerkapazitäten können sie nicht so leben wie sie wollen, also entwickeln sie innerhalb dieser Kapazitäten virtuelle Computer, die dann neue virtuelle Computer entwickeln, die wiederum neue virtuelle Computer entwickeln, wodurch sie immer mehr virtuelle Computer haben, also immer mehr Computerkapazitäten - aha...
Ich habe mich durch dieses unverständliche Zeug durchgekämpft, weil ich eigentlich jedes Buch zuende lese, aber hier habe ich kapituliert. Sonst kann ich mich an kein anderes Buch erinnern, das dieses geschafft hätte, also wahrlich ein würdiger Preisträger.
Es ist allerdings schon einige Jahre her, seit ich das Buch gelesen habe, vielleicht ist es also ganz toll und ich war nur noch nicht bereit dazu...
Geschrieben von: ANUBIS am 23 Nov 2004, 13:24
QUOTE
Mein Vorschlag wäre "Cybercity" von Greg Egan
Bis Du des Wahnsinns knusprige Beute
Der Roman ist doch Genial
Greetz
Geschrieben von: Sullivan am 23 Nov 2004, 13:36
Wenn man sich durch die ersten 200 Seiten von CYBERCITY gekämpft hat, wird das Buch wirklich genial und die Ereignisse ergeben endlich einen Sinn! Greg Egan ist schon okay.
Sullivan
Geschrieben von: RealS am 25 Nov 2004, 11:38
@anubis: dann erkläre mir doch, was an dem Roman so gut ist, auf dass ich ihn weiterlesen möge. :-) Ich wahnsinnig? Nach dem Roman bestimmt. :-)
@sullivan: hmm, 200 Seiten Kampf für ein paar geniale Momente? Vielleicht sollten die das auf den Klappentext schreiben, dann wäre ich gewarnt gewesen. :-)
Geschrieben von: Konrad am 7 Dec 2004, 16:16
QUOTE (nachtstrom @ 23 Nov 2004, 05:34)
inwiefern ein übersetzer *nachdichtet* oder *neuerfindet* ist ja etwas, das mich total interessieren würde zu erfahren...
Ich finde das Thema auch spannend.
Es gab im Forum dazu eine "Nähkästchenplauderei", die ganz erhellend war:
http://www.scifinet....wtopic=1774&hl=
Geschrieben von: Linda Budinger am 8 Dec 2004, 20:01
QUOTE (nachtstrom @ 23 Nov 2004, 05:34)
QUOTE
inwiefern ein übersetzer *nachdichtet* oder *neuerfindet* ist ja etwas, das mich total interessieren würde zu erfahren...
walter
Hallo Nachtstrom,
ich kann hier nur für mich und meine Arbeit / Erfahrungen sprechen, habe aber von Kollegen auch ähnliche Vorgehensweisen gehört.
Übersetzen ist ein Balanceakt zwischen Original und Übersetzung. Es soll idealerweise (für mich) so nah am Inhalt und O-Text sein, dass man "die Stimme" des Autors" noch heraushört, der deutsche Text aber 100 % die Möglichkeiten der Zielsprache nutzt. Das heißt, stilistische Eigenheiten, die sich genau so ins Deutsche rüberretten lassen, auch zu übernehmen und alles andere, im Sinne des Originales zu übertragen, als wäre der (englische etc.) Autor ein deutschsprachiger Schriftsteller, der sein Werk in seiner Muttersprache schreibt. Das bedeutet dann auch, englische Metaphern, Sprachbilder und Sprichworte in dem deutschen Leser bekannte Bilder, Sprichworte etc zu verwandeln.
Da der Übersetzer jedoch eine autarke Person ist, kommt auch sein Tonfall hinein, er kann es kaum vermeiden, wenn er z. B. zwischen Synonymen wählt, welche ÜBS er bevorzugt etc.
Mitunter muss ein Ãœbersetzer bewusst die sprachliche Ebene wechseln, um wichtige Aspekte des Werkes zu bewahren.
Ein Beispiel: Perdido Street Station.
Die Mieville' che Sprache ist oft direkt, hart, er arbeitet viel mit Slang und anderen Idiomen, die sich nicht 1 : 1 ins Deutsche übersetzen oder gar übertragen lassen.
Die Übersetzerin Eva Bauche-Eppers hat nun den ganzen Roman gewissermaßen "transponiert", auf eine andere Sprachebene gebracht. Die Übersetzung unterscheidet sich in dieser Hinsicht vom Original, aber das "barocke Gefühl" kommt in beiden Ausgaben beim Leser an. Zumindest habe ich nichts Gegenteiliges bisher vernommen.
Was die Feinheiten angeht, so ist es verbreitet, dass ein Übersetzer einen Begriff oder auch mal einen belanglosen Halbsatz herauslöscht, wenn er sich partout nicht in einen deutschen Text bringen lässt, die Bezüge zu lang werden oder es gelinde gesagt, einfach Scheiße klingt.
Ich habe gehört (!), dass Übersetzer von SF /F früher sogar gehalten waren, die Texte regulär zu kürzen, damit sie auf die vom Verlag gewünschte Länge kamen. Dazu sollte man erwähnen, dass eine Übersetzung ins Deutsche um ca. 30 - 50 % länger wird.
Vom "neuerfinden" habe ich dagegen noch nie gehört. Es sei denn, du meinst damit: sachliche Fehler des Autors ausbügeln, die das dortige Lektorat auch übersehen hat.
Das geschieht schon häufiger mal, aber auch da muss man sich manches verkneifen, wenn es nicht nur um eine verhauene Jahreszahl geht, sondern um die Idee / Voraussetzung, auf der das Ganze aufgebaut ist. Für solche großen Änderungen ist es zu spät, die hätte entweder der Original-Lektor finden müssen, oder der deutsche Gutachter rechtzeitig bemerken und abwinken müssen, ehe er den Roman seinem Verlag empfiehlt.
Gruß,
Linda
Geschrieben von: nachtstrom am 10 Dec 2004, 06:48
QUOTE (Linda Budinger @ 8 Dec 2004, 21:01)
Ich habe gehört (!), dass Übersetzer von SF /F früher sogar gehalten waren, die Texte regulär zu kürzen, damit sie auf die vom Verlag gewünschte Länge kamen. Dazu sollte man erwähnen, dass eine Übersetzung ins Deutsche um ca. 30 - 50 % länger wird.
Vom "neuerfinden" habe ich dagegen noch nie gehört. Es sei denn, du meinst damit: sachliche Fehler des Autors ausbügeln, die das dortige Lektorat auch übersehen hat.
Das geschieht schon häufiger mal, aber auch da muss man sich manches verkneifen, wenn es nicht nur um eine verhauene Jahreszahl geht, sondern um die Idee / Voraussetzung, auf der das Ganze aufgebaut ist. F
hi linda!
erst mal danke für deine detaillierte und sehr interessante antwort!
bei *radikalen kürzungen* denke ich sofort mal an die deutschen SF- leihbücher von früher (die ich mal voller leidenschaft gesammelt hab) und da vorallem an die übersetzungen von a.e. van vogt (kosmischer schachzug) oder z.b. hal clement, die wohl die ersten übersetzungen dieser autoren ins deutsche darstellen (bin mir nicht ganz sicher, weil es ja schon jede menge groschenromane gab damals) - ich glaube da nahmen sich die übersetzer sicher mehr freiheiten wie heutzutage, was die *zurechtkürzung* auf das leihbuchformat und die interpretation des originaltextes anging (vorallem vogts *kosmischer schachzug* liest sich in der leihbuch- übersetzung sehr wie ein groschenroman der damaligen zeit finde ich).
*neuerfindung* - der begriff ist vielleicht etwas unglücklich gewählt, aber du hast eh richtig interpretiert - ich lese z.b. gerade haldemann's *der ewige krieg* in heynes *meisterwerke der SF* (und ärger mich schwarz über die vielen rechtschreib- und grammatikfehler, das erwarte ich mir eher von bastei net von heyne, aber: anderes thema) und im vorwort gibt es wiedermal so eine berühmte anmerkung des übersetzers/ herausgebers: .. *zum besseren leseverständnis mußten wir einige jahreszahlen ändern, das kann der autor nicht so gemeint haben..blablabla* im falle haldemanns dreht es sich unter anderem darum, daß seine von ihm gewählten jahreszahlen, die den einzelnen kapiteln vorgestellt sind, halt nicht mehr *up to date* sind, soll heißen, nicht das 21. jhdt. betreffen, also erfindet der übersetzer kurzerhand *neue*.
liebe grüße walter
Geschrieben von: Konrad am 10 Dec 2004, 15:59
Hallo Linda,
ich muß vorausschicken, daß ich weder Übersetzer noch Schriftsteller bin.
Als Leser habe ich immer angenommen, daß eine gute literarische Übersetzung eher einer abschnittsweisen Neuschöpfung mit äquivalentem Inhalt entspricht, als einer wörtlichen Übertragung der Sätze in die Zielsprache.
Ich hatte da Leute wir Arno Schmidt vor Augen, der u.a. Poe mit wunderbarem Einfühlungsvermögen übersetzt hat.
Nun hat man mich mit dieser Meinung vor einiger Zeit mit dem Hinweis aufgezogen, daß heute eine solche Übersetzung niemand mehr bezahlen könne.
Daher würden 99% der Übersetzungen mit Übersetzungsprogrammen gemacht, bei denen der Output dann nur noch ein bischen "zurechtgezupft" würde.
Der qualitative Unterschied läge also ausschließlich in der Sorgfalt der Nachbearbeitung und nicht mehr in dem prinzipiellen Ansatz.
Mich würde dazu Dein Kommentar als Fachfrau interessieren.
Gruß,
Konrad
Geschrieben von: Gerd am 10 Dec 2004, 16:49
Hallo Konrad,
auch wenn ich nicht Linda bin - - vorab von mir zwei, drei Sätze:
Ich weiß von keinem einzigen literarischen bzw. der erzählenden Literatur zugehörigen Werk, das mittels eines Übersetzungsprogramms übersetzt und nachbearbeitet und schließlich veröffentlicht worden wäre. Und ich finde es ganz große klasse, wenn da anscheinend Leute, die von jeglichem Wissen unbeleckt sind, irgendwelchen Schwachsinn verbreiten.
Sorry, das geht natürlich nicht gegen dich - aber sowas nervt
Vor allem, wenn man weiß, dass die Übersetzer eigentlich dauernd (und im Augenblick aufgrund des geänderten Urheberrechtsgesetzes mal wieder etwas mehr) um Verbesserungen der Arbeitsbedingungen (sprich: mehr Geld & Zeit) ringen & das Ganze eh einem Kampf gegen Windmühlenflügel gleicht.
Dass sich manche Übersetzungen lesen, als wäre ein Übersetzungsprogramm für sie verantwortlich - nee, das ist auch Quatsch, soooo schlecht übersetzt nun wirklich niemand ...
Aber Linda oder Lomax können da sicher noch mehr dazu sagen.
Grüße
Gerd (der immer noch kleine Dampfwölkchen ausstößt)
Geschrieben von: Konrad am 10 Dec 2004, 17:21
QUOTE (Gerd @ 10 Dec 2004, 16:49)
Ich weiß von keinem einzigen literarischen bzw. der erzählenden Literatur zugehörigen Werk, das mittels eines Übersetzungsprogramms übersetzt und nachbearbeitet und schließlich veröffentlicht worden wäre. Und ich finde es ganz große klasse, wenn da anscheinend Leute, die von jeglichem Wissen unbeleckt sind, irgendwelchen Schwachsinn verbreiten.
Hallo Gerd,
freut mich, daß Du dich darüber genauso geärgert hast, wie ich.
Aber sooo einfach konnte man die Argumente der Gegenseite nicht vom Tisch wischen.
Der Anlaß für die Diskussion war ein TV-Beitrag in dem die 3. Generation von
Übersetzungsprogrammen gefeiert wurde, die angeblich für Übersetzungen der Trivialliteratur quasi Standard wären.
In diesem Zusammenhang wurden auch Kompositionsprogramme für Trivialliteratur besprochen, die zwar noch verbesserungswürdig wären, aber mit einer minimalen Plotbeschreibung schon ganz beachtliche Ergüsse liefern würden.
Für mich war diese Diskussion die "Grabrede der Literatur" und ich habe mich daher auch ziemlich aufgeregt.
Gruß,
Konrad
Geschrieben von: Lomax am 10 Dec 2004, 19:21
Übersetzungsprogramme - was auch immer du da gehört hast kann nur Werbung der Softwarefirmen sein, und ziemlich dreiste Werbung noch dazu. Denn bisher schaffen es selbst spezialisierte Übersetzungsprogramme nicht einmal, einfache Sachtexte aus ihrem Spezialgebiet so zu übersetzen, dass man es den Ergebnissen nicht ansieht: Also im besten Fall Texte in schlechtem Deutsch zu produzieren, bei denen man erkennen kann, worum es geht. Wirklich gute Ergebnisse kriegt man nur dann, wenn man "Beispielsätze" wählt, die speziell auf die Algorithmen der Programme zugeschrieben wurden - solange die Autoren der Originale dazu nicht bereit sind, muss man auf brauchbare Literaturübersetzungen aus dem Computer wohl noch warten.
Das Problem mit Übersetzungsprogrammen ist eben, dass sie nicht wirklich verstehen, was sie da lesen. Und das ist gerade bei Literaturübersetzungen ... nicht ausreichend, aber das absolute Minimum. Und aus der Sprachwissenschaft weiß ich, dass man beim "Verstehen" von Texten durch den Computer noch nicht einmal ansatzweise den Durchbruch geschafft hat. Alle Systeme, die sich bisher damit befassen, umgehen das Problem, indem sie mit statistischen Verfahren die Sprache auf eine "computerverständliche" Struktur herunterrechnen und dann mit diesem Ergebnis weiterarbeiten. Das erreicht mitunter ganz nette Ergebnisse in eng umgrenzten Bereichen, wo man tatsächlich das Gefühl bekommen kann, der Computer "versteht" einen - aber gerade die Sinnzusammenhänge in literarischen Texten können beliebig komplex werden und sind mit einem solchen Algorithmus grundsätzlich nicht zu knacken. Was da fehlt, ist keine technische Weiterentwicklung, sondern ein wirklicher Quantensprung in der kybernetischen Linguistik, die sich seit der Euphorie in den 60ern eigentlich nur noch damit befasst, weitere Probleme zu entdecken und sich für die Lösungen mit "Workarounds" begnügt ;-)
Es mag nützlich Programme geben, die bei der Übersetzung Hilfe leisten. Aber das Überarbeiten von vollkommen computergenerierten Übersetzungen halte ich für keine brauchbare Arbeitsweise. Zum einen bezweifle ich, dass es wirklich leichter ist, aus einem solchen Text ein brauchbares Ergebnis zu formen, als die Übersetzung gleich selbst anzufertigen. Und zum anderen ist die Grundlage des übersetzten Textes gerade der besten und ausgefeiltesten Systeme, die Kontextinformationen berücksichtigen, ja eben nicht das Original, sondern eine auf "Computergrammatik" runtergerechnete, vereinfachte Projektion. Daraus die tatsächliche Vielfalt des Originals zu erkennen, ist faktisch unmöglich.
Wenn ich mir also den Stand der Forschung sowohl in der Sprachwissenschaft wie in der EDV ansehe, komme ich zu dem Schluss: Ob in absehbarer Zeit Computer vernünftige Übersetzungen anfertigen können, hängt weniger davon ab, ob Computer und Programme noch leistungsfähiger werden, sondern eher davon, ob die Bücher noch simpler werden ;-) Denn in der Informatik gibt es im Augenblick noch nicht einmal brauchbare Ansätze. Wenn aber immer mehr Autoren schon zum Schreiben ihrer Romane auf Computerhilfe zurückgreifen; wenn sie sich ferner verstärkt auf standardisierte "Sprachmodule" beschränken, auf einen einfacheren Satzbau, auf den Verzicht auf Doppeldeutigkeiten; wenn die Inhalte auf neue Ideen verzichten; dann kann es vielleicht gelingen, speziell auf die Algorithmen der Übersetzungsprogramme hin optimierte Texte auch mit Computer in brauchbare "Rohformen" zu übertragen.
Geschrieben von: Linda Budinger am 10 Dec 2004, 19:27
QUOTE (Konrad @ 10 Dec 2004, 15:59)
Mich würde dazu Dein Kommentar als Fachfrau interessieren.
Gruß,
Konrad
Hallo Konrad,
ich fang mal hinten an. Wenn ich mir so die meisten Gebrauchsanweisungen für Billigprodukte z. B. aus dem Fernen Osten so anschaue, dann habe ich häufiger das Gefühl, dass man einfach ein Programm mit dem Urtext gefüttert hat und der Text dann auf die Menschheit losgelassen wurde.
Für Belletristik allerdings habe ich das bisher nur als Gerücht vernommen, dessen Wahrheitsgehalt für mich etwa dem einer Wandersage, "urbanen Legende" entspricht.
Die Menschen, die Programme wie Babylon verwenden, um z. B. einen fremdsprachigen SPAM-Brief zu übersetzen, erhalten einen kruden Text, der vermutlich sogar hilft, den Inhalt annähernd einzuordnen und die Löschtaste zu betätigen.
Als literarisch kann man das Produkt eines Computers aber beim besten Willen nicht bezeichnen.
Was deinen ersten Absatz angeht (Übersetzung/Übertragung), so ist das sicher das Ideal, das ein Übersetzer anstreben möchte. Einen Text mit allen Metaebenen und Nuancen zu übertragen, bleibt jedoch aus finanziellen und praktischen Gründen in der Regel eher den literaturschaffenden Übersetzern vorbehalten. Belletristische Übersetzer können natürlich auch für Sternstunden sorgen. Insgesamt müssen sie jedoch mit engeren Zeitplänen und kleinerem Budget operieren. Das ist, zumindest in meinen Augen keine Entschuldigung für eine grundsätzlich schlechte Übersetzung. Bsp: Wenn ich in die Imbissbude gehe, erwarte ich handfestes, deftiges Essen, und keine 5 Sterne-Kost. Aber wenn die Pommes rot /weiß nicht schmecken und ich mich danach übergebe, dann bin ich unzufrieden.
Jedoch macht es einen Unterschied, unter welchen äußeren Bedingungen eine ÜB entstanden ist.
Die Nachbearbeitung (um auf den zweiten Absatz zurückzukommen) spielt, zumindest für mich, durchaus eine große Rolle. Im ersten Draft stecke ich, mit der Nase im Original, einfach noch zu tief im Urtext. Es schleichen sich manche Anglizismen, simpler Satzbau und der eine oder andere sprachliche Missgriff hinein.
Ich kann natürlich nur für mich sprechen, aber doppelte Korrektur- (eigentlich mehr Lektorats)-durchgänge auf dem Papier sind nichts ungewöhnliches im Rahmen meiner Arbeit. Neben den vorhergehenden Änderungen in der Datei. Somit behandele ich eine Übersetzung also beinahe wie einen eigenen Roman. Und ich empfinde ich es als großen Vorteil, dass ich selbst schon viel länger schreibe als übersetze. Das erleichtert es, mich von der Vorlage zu lösen (im sprachlichen Sinne) und freier zu formulieren, bis auch der Klang stimmt und die Geschichte "fließt".
Ich denke, dass viele "schlechte", schematische oder als holperig empfundene Übersetzungen dadurch zustande kommen, dass es an der sorgfältigen Überarbeitung des einmal übersetzten Textes fehlt. Das allerdings ist nur zum Teil Schuld des Übersetzers. Denn eigentlich ist ein Lektorat mehr, als nur Tippfehler anstreichen (denn das ist u. a. Korrektorat) und für die Leseflüssigkeit und die Ausmerzung formulierungstechnischer Aussetzer ist der Lektor zuständig. Spart hier der Verlag, trägt er eine gewissen Mitschuld.
Salopp gesagt, verteilt sich die Verantwortung auf einige Schultern. Wirklich grottige Texte können eigentlich nur durchkommen, wenn jeder Beteiligte die Verantwortung weiterschiebt. Der fremdsprachige Autor auf den Lektor ("der wird's schon richten"-Mentalität), der Übersetzer dann wiederum auf seinen Lektor. Und wenn der Lektor zuviel "durchwinkt", ohne mit dem Übersetzer mal Tacheles zu reden, (oder die Klöpse selbst nicht bemerkt) kommt am Ende eben ein suboptimales Werk heraus.
Für Fehler des Autors kann natürlich der Übersetzer nichts, denn, wie ich bereits an anderer Stelle schrieb, sind Änderungen nur in geringem Maße möglich.
Also, ganz ehrlich, wenn ich die Übersetzungsprogramm-verunstalteten Texte betrachte, oder sehe, was bei "Plot-Programmen für phantasielose Autoren" herauskommt, mache ich mir keine Sorge um meinen Job. Versuch als winziges Beispiel mal, einem Computer regionale oder landestypische Eigenheiten beizubringen :-)
Gruß,
Linda
Geschrieben von: rockmysoul67 am 10 Dec 2004, 20:04
Ähem, wollt ihr diese (sehr aufschlussreiche) Übersetzungsdiskussion nicht gleich an diesem http://www.scifinet....wtopic=1774&hl= über Übersetzungen anhängen und dann dort weiterführen? (Die Diskussion hat nicht viel mehr mit dem ursprünglichen Thema gemeinsam.) Vielleicht kann ein Moderator den Teil verschieben.
Geschrieben von: Linda Budinger am 10 Dec 2004, 23:47
... an das Verschieben dachte ich auch bereits. Ich hoffe aber, dass das Topic dann trotzdem weiterhin Beachtung findet
Geschrieben von: Konrad am 11 Dec 2004, 00:01
Da sind wir wohl etwas "off-topic" geraten.
Wandern wir in den anderen Thread ?