Was ist gute SF?
#1
Geschrieben 07 März 2004 - 12:35
Wie die Welt noch einmal davonkam, aus Stanislaw Lem Kyberiade
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#2 Gast_Guest_*
Geschrieben 07 März 2004 - 13:42
#3
Geschrieben 07 März 2004 - 13:51
#4
Geschrieben 07 März 2004 - 14:07
Wie der erwähnte Thread "Ansichten zur Phantastik" gezeigt hat, gilt das leider bis heute auch vielfach umgekehrt. Und ein Ende scheint nicht in Sicht. Manchmal scheint es mir, als hätte man als Autor in diesem (Sub-)Genre nicht nur gegen Dünkel von außen, sondern auch von innen zu kämpfen. Ähm ... "ThK"? "... mancher Lehrer staunt, woher ein Schüler ..."? Hat sich da etwa der geschätzte Kollege von NOVA eingeschlichen ...? Grüße, Robert Kerber Das ganzheitliche SystemSchade ist dabei eigentlich nur, dass es anscheinend eine große Zahl von Lesern gibt, die erst dann zu einem Buch greifen, wenn ihnen jemand durch ein Etikett erlaubt: „Das darfst du ruhig lesen, es ist ja keine Science Fiction“.
#5
Geschrieben 07 März 2004 - 14:12
#6
Geschrieben 07 März 2004 - 14:18
http://defms.blogspo...blick-2023.html
#7
Geschrieben 07 März 2004 - 15:48
Wie die Welt noch einmal davonkam, aus Stanislaw Lem Kyberiade
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#8
Geschrieben 07 März 2004 - 16:21
Hi Trurl, auf SF-Fan lief unlängst eine Diskussion um den Qualitätsbegriff (http://www.sf-fan.de...opic.php?t=1019), der hinsichtlich Deiner Fragestellung für Dich evtl. interessant ist - obwohl dort kein richtiges "Ergebnis" zu finden ist.Aber *Geschmack* ist mir als Qualitätskriterium zu wenig.
Generell muß "gute SF" für mich nicht mehr leisten als jede andere "gute" Literatur, egal, wie jeder für sich nun das "gut" definieren mag. Sie bietet allerdings die Chance, die Grenzen ihrer (jeweils beschriebenen) Welt weiter zu stecken als die meisten anderen Genres. Wenn das überzeugend gelingt: wunderbar. Davon ab halte ich nicht viel von der Vorstellung, "gute" SF müsse - im Gegensatz zu anderer Literatur oder über diese hinausgehend - Besonderes leisten, einem höheren Anspruch gerecht werden oder eine Art "literarischer Mission" erfüllen. Ad Astra, Marc-IvoWas soll gute SF leisten, neben dem Unterhaltungswert, der aber nicht umbedingt im Vordergrund stehen soll? Was ist überhaupt gute SF?
Bearbeitet von misc, 07 März 2004 - 18:51.
#9
Geschrieben 07 März 2004 - 16:49
#10
Geschrieben 07 März 2004 - 17:58
Wenn ein Roman oder eine Story über eine gewissen Grenze hinaus ist, dürfte der Rest in erster Linie reine Geschmackssache sein. Hiernach dann ein "gut" abzuleiten läuft zwangsläufig immer auf ein "es hat mir gut gefallen" hinaus. Diese persönlichen Kriterien dann auf andere umzulegen, wäre dann recht arrogant.
Gruß Ronni
#11
Geschrieben 07 März 2004 - 18:32
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#12
Geschrieben 07 März 2004 - 19:29
#13
Geschrieben 07 März 2004 - 23:45
#14
Geschrieben 08 März 2004 - 09:21
#15
Geschrieben 08 März 2004 - 10:46
Das bedeutet für mich, dass der Autor in einem Roman wirklich fast alles darf. Was er nicht darf - und das hat eigentlich auch wenig mit SF sondern mit Schreiben im Allgemeinen zu tun - er darf seine konstruierte Welt nicht wieder verlassen, sondern muss sich sklavisch an die selbst erfundenen Regeln halten. Nichts ist unbefriedigender, als eine plötzliche und unbegründete Wandlung im Handlungsfluss, nur um eine erdachte Sackgasse umgehen zu können.
Damit hätte ich die Grundzutaten für eine gute SF-Geschichte beisammen. Genial wird es dann, wenn etwas noch nicht Vorhandenes so beschrieben wird, dass man es als Leser durchaus für bare Münzen nehmen könnte. Letzteres hängt natürlich wieder vom Erfahrungs-Horizont des Leser ab. Zwei Beispiele:
Larry Niven & David Gerrold
Die fliegenden Zauberer
Heyne
Mal abgesehen davon, dass es sich hier - meiner Meinung nach - um DEN Klassiker der intelligenten humoristischen SF handelt, geht es auch um die Abgrenzung zwischen fortgeschrittener Wissenschaft und Zauberei. Was die eine Kultur als ganz selbstverständlichen Fortschritt annimmt und benutzt, ist für die andere staunende Zauberei. Alles eine Betrachtung der Sichtweise.
Robert L. Forward
Das Drachenei
Bastei
Leben auf einem Neutronenstern. Robert L. Forward nimmt an, dass durch die extreme Gravitation und unglaublichen Magnetfelder auf einem Neutronenstern sich eine Art Einzeller aus Neutronen und Quarks bilden, die sich wiederum zu denkenden Lebewesen entwickeln. Sehr interessant ist dabei der Umstand, dass diese als eine Art Schnecke dargestellten Lebewesen zum Beispiel zunächst nur in einer zweidimensionalen Welt leben. Bedingt durch das Magnetfeld auf einem Neutronenstern, können sich die Bewohner zunächst eben nur entlang der Magnetfeldlinien leichtfüssig bewegen.
Beide Bücher vereinen für mich die oben angesprochenen Kriterien für gute SF in sich.
Bis dennen,
Henrik Fisch
Bearbeitet von Henrik Fisch, 08 März 2004 - 10:47.
Gregory Benford, Larry Niven, "Himmelsjäger"
Gerade am Lesen
Gregory Benford, Larry Niven, "Sternenflüge"
Gerade gesehen
Serie "Mad Men"
#16
Geschrieben 08 März 2004 - 10:52
Folglich müßte gute SF diese Veränderung an den Leser/Zuschauer bringen, was durch die inhaltliche Konzept und natürlich die handwerkliche Umsetzung zu geschehen hat. Vorzugsweise geht dies Hand in Hand, aber es gibt auch Beispiele, daß der Inhalt genügt - ich denke dabei zum Beispiel an Asimov, der gerade in seinen früheren Arbeiten seinen dürftigen Erzählstil durch faszinierende Ideen kompensiert hat.
Wichtig ist meiner Ansicht für gute SF auch, daß Sie unsere Realität weiterentwickelt, wobei es unerheblich ist, ob das in einer fiktiven Zukunft/Gegenwart/Vergangenheit oder in den Weiten des Alls bzw. auf unserer Erde stattfindet. Am Ende guter SF ist der Zustand ein anderer, als er es am Anfang war.
Ich denke, es ist wichtig, daß wir uns vor Augen führen, daß "gute SF" nicht gleichbedeutend mit "guter Roman/Film" ist. Man kann auch lahme SF grandios umsetzen oder die Umsetzung einer Wahnsinnsidee verhunzen. Deshalb halte auch den persönliche Geschmack nicht für das allein Seeligmachende bei der Einschätzung von SF, da Geschmack eher beim dem Ergebnis, nicht bei der Absicht greift.
I have loved the stars too fondly to be fearful of the night.
(Sarah Williams: The Old Astronomer To His Pupil)
#17
Geschrieben 08 März 2004 - 11:03
Mit am Anfang war, meinst Du, im Vergleich zum Beginn des Romans, oder?Wichtig ist meiner Ansicht für gute SF auch, daß Sie unsere Realität weiterentwickelt, wobei es unerheblich ist, ob das in einer fiktiven Zukunft/Gegenwart/Vergangenheit oder in den Weiten des Alls bzw. auf unserer Erde stattfindet. Am Ende guter SF ist der Zustand ein anderer, als er es am Anfang war.
Da würde ich mal sagen, dass ich das anders sehe. Manche Romane beschreiben keine Veränderungen sondern das Leben in einer zukünftigen Welt. Ein Roman muss nicht unbedingt eine Veränderung am Ende haben, um gut zu sein.
Ein Dank an Henrik: Bessere Beispiele für Soft und Hard SF hätte ich auch nicht geben können und "Die fliegendenen Zauberer" ist tatsächlich ein super Buch. Vom Drachenei habe ich gehört, aber es steht auf meiner "To Do" Liste ziemlich weit unten. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Ultra Hard SF nicht so mein Ding ist.
#18
Geschrieben 08 März 2004 - 11:13
"Das Drachenei" ist gar nicht so extreme Hard-SF. Oft genug werden auch die sozialen Verhältnisse zwischen den Drachenei-Bewohnern behandelt. So kommt es zum Beispiel zu einer Art religiösem Kult auf dem Neutronenstern, weil die Menschen das Ding mit Laserstrahlen (oder waren es Röntgenstrahlen?) untersuchen und einer der Bewohner den Strahl als göttliche Nachricht aus dem Himmel interpretiert. Ich versprche Dir: Wenn Du mit dem dem Buch anfängst, dann liegt erst einmal ALLES andere brach!
Bis dennen,
Henrik Fisch
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#19
Geschrieben 08 März 2004 - 11:17
Natürlich Unterhaltung. Aber wie bereits irgendwo erwähnt: Unterhaltung ist für jeden etwas anderes. Der eine findet Kant unterhaltend, der andere Donald Duck. Ich bin auch schnell dabei, Genres zu "verurteilen". Krimis lese ich nicht, historische Romane mag ich nicht etc. Dabei ist das Schwachsinn, denke ich. Einer meiner Lieblingsautoren war (hab alles gelesen - und da in den letzten 5 Jahren also nichts mehr zu entdecken war, weil der gute Mann tot ist, kann ich nicht sagen, dass er noch immer einer meiner Lieblinge ist...) Leo Perutz. Zum Glück kann er das jetzt nicht lesen, aber: Eigentlich hat er Krimis und historische Romane geschrieben. (Er hat Walter Benjamin einmal böse angegangen, weil dieser einen seiner Romane in einer Krimi-Kolumne besprochen hat. Er würde keine Krimis schreiben, sonder Hochliteratur... Aber das war in den frühen 30ern oder Ende der 20er, da konnte man vielleicht noch so hochnäsig sein...). Scheinbar komme ich nun vom Thema ab, aber vielleicht auch nicht. Perutz wird in der Literaturkritik scheinbar immer drei Genres zugeordnet: Krimi, historischen Roman und Phantastische Literatur. Warum meint er, nichts davon zu schreiben? Weil er die Genres "brach". In DER MEISTER DES JÜNGSTEN TAGES (Ecos Vorbild zu DER NAME DER ROSE; zumindest der Teil, den er nicht bei Borges abgeschaut hat - ich mag Eco trotzdem) wird in Ich-Form von seltsamen Todesfällen und deren noch seltsameren Erklärung erzählt. Erst im Nachwort erfährt man, dass möglicherweise der Ich-Erzähler alles nur erfunden hat, um seine Schuld an den Todesfällen zu verwischen. Wem man nun glaubt, ist einem selber überlassen. In DER MARQUES DE BOLIBAR taucht ein ähnliches Vorgehen auf. Diesmal in historischem Gewandt und Einflüssen der Phantastik: Ich zitiere aus einem Essay, den ich mal schreiben wollte, der aber nie zum Abschluss kam: "In diesem Roman greift Perutz ein weiteres Mal (nach DIE DRITTE KUGEL) auf ein historisches Thema zurück. In einer kleinen spanischen Stadt werden zwei napoleonische Regimenter von Guerillas niedergemacht. Wie diese Niederlage geschehen konnte, wird anhand der Memoiren des Leutnant Jochberg gezeigt. Perutz arbeitet hier mit seiner typisch mathematischen Vorgehensweise: Er verrät zuerst das Ergebnis (Vernichtung der Regimenter) und kündigt dann die einzelnen Glieder der Gleichung an: Der Marques de Bolibar vereinbart drei Zeichen mit dem Anführer der Guerillas; bei den ersten beiden sollen sich die Spanier versammeln und in Position bringen und beim dritten schließlich angreifen. Durch Zufall erfahren die napoleonischen Protagonisten von diesem Plan, aber nichts hilft, denn hier kommen die phantastischen Elemente ins Spiel: Zum einen geben die Protagonisten mehr oder weniger ausversehen und ohne es zu wissen, dem Marques das Versprechen, selbst die Zeichen zu geben und zum anderen taucht als Unglücksbringer der Ewige Jude in Gestalt des Franzosen Salignac auf. Dies ist die oberflächliche Handlung, aus der man von einem phantastischen Roman reden könnte. Doch es ist ein wenig komplizierter: Jochberg, der Ich-Erzähler dieser Memoiren, ist sich durchaus der Schuld bewusst, die er an dem Niedergang der Regimenter trägt. Und man kann seinen Bericht auch anders lesen, denn als Tatsachenbericht. Es scheint viel eher so zu sein, dass er die Schuld auf das "Versprechen vor Gott" und den Ewigen Juden abschieben möchte. Das Motiv des "befangenen" und in Zweifel gezogenen Erzählers, soll sich später noch verstärken in dem nächsten Roman, den Perutz schrieb: DER MEISTER DES JÜNGSTEN TAGES. Aber Jochberg schiebt nicht nur die Schuld von sich, er wird am Ende sogar zum Marques: "Mit veränderter Identität verläßt Jochberg die Stadt. (...) Er ist nicht mehr der Besiegte, sondern der Sieger, er hat seine eigene haltlose Existenz eingetauscht gegen die" des Marques (U. Siebauer: Leo Perutz, S. 139). Hier zeigt sich auch schon das Hauptthema Perutz': Ich-Diskontinuität." Worauf will ich hier hinaus? Das es weniger auf das Etikett ankommt, als auf den Umgang mit den Mitteln, die man mit dem Etikett assoziiert. Mich interessiert wenig ein normaler Krimi-Plot. Aber wenn die Fragestellung und die Ausführung eben von dem "Klischee" (oder meiner Vorstellung davon) abweichen, dann kann ich durchaus begeistert sein. Es ist wie in der Musik: Man kann schlecht sagen: Ich mag keinen Jazz. Was ist das für eine Aussage? Mag ich nun Miles Davis nicht oder Monk oder J. Zorn oder Coltrane oder Glenn Miller oder was? Obwohl ich sage: Ich mag keine Volksmusik. Ralph ps: Henrik, Du hast DIE NARBE durch? Wie wars? Und SF oder keine SF?Für mich steht - wie bei jedem Werk der Sparte Belletristik - zunächst die Unterhaltung im Vordergrund. Bei SF kommt obendrein eine unzügelbare Spekulationswut des Autors zum tragen. Geschichtserfindungen im Rahmen eines Krimis oder einer Liebesgeschichte sind mir persönlich uz wenig wandlungsfähig. Ich mag mich in die verrückten Gedankengänge eines Autors einarbeiten.
R. C. Doege: Ende der Nacht. Erzählungen (2010)
R. C. Doege: YUME. Träumen in Tokio (2020)
#20
Geschrieben 08 März 2004 - 11:28
Dann ist dieses Buch jetzt der "Aufsteiger der Woche" in meiner To Do Liste.@Rusch:
"Das Drachenei" ist gar nicht so extreme Hard-SF. Oft genug werden auch die sozialen Verhältnisse zwischen den Drachenei-Bewohnern behandelt. So kommt es zum Beispiel zu einer Art religiösem Kult auf dem Neutronenstern, weil die Menschen das Ding mit Laserstrahlen (oder waren es Röntgenstrahlen?) untersuchen und einer der Bewohner den Strahl als göttliche Nachricht aus dem Himmel interpretiert. Ich versprche Dir: Wenn Du mit dem dem Buch anfängst, dann liegt erst einmal ALLES andere brach!
Ich werde mal die Augen offen halten.
eRDe7:
Für einen nicht unerheblichen Teile der Deutschen SF ist Perry Rhodan das höchste. Es gab eine Zeit, da habe ich die Reihe auch verfolgt, aber inzwischen ist mir die Zeit zu schade für die größte SF Seifenoper der Welt. Ich würde jetzt aber Perry Rhodan nicht unbedingt als schlecht abstempeln. Ich kann verstehen was die Leute daran gut finden und was der Reiz des ganzen ist, auch wenn ich diese Meinung nicht teile. Alles ist eben rein subjektiv.
Ach ja, noch etwas: Einige ältere Bücher habe für mich einen zusätzlichen Reiz: Es ist interessant zu lesen, wie man sich damals, ausgehend vor 30, 40 ode 50 Jahren die Zukunft vorgestellt hat.
Bearbeitet von Rusch, 08 März 2004 - 11:30.
#21
Geschrieben 08 März 2004 - 11:35
Ein sehr interessanter Thread mit klugen Überlegungen, sachlich behandelt. Vorläufig möchte ich mich der Meinung unseres "Gastes" voll anschliessen. Ja, und: natürlich urteilen wir alle erstmal "aus dem Bauch" heraus. Und das Urteil ist die Quintessenz all dessen, was wir an Erfahrungen gesammelt haben. Wir betrachten ein Ding und stellen fest "wie schön!". Subjektive Kriterien, gewiss, die uns dazu veranlassen - aber auf Basis objektiv gemachter Erfahrungen. Es gibt Leute, die haben das, was man einen "guten Geschmack" nennt - andere nicht. Das mag an der Fülle der Erfahrungen liegen, an denen der Geschmack gereift ist, und an deren Qualität - vielleicht auch noch an was anderem. Intelligenz? Fantasie? Talent? Was immer...Bei SF, wie auch Literatur anderer Gattung, steht als wichtigster Aspekt an erster Stelle bei mir der Unterhaltunswert. Aber wenn ich genauer und diffenrenzierter werten möchte, schlüssel ich auf nach Handlung, Originalität, Konsistenz der Ideen und der Welt, Charakterisierung und wie mir die Charaktere gefallen haben. Wobei ich festgestellt habe, das ein Roman oder ein Story besser abschneidet, wenn sie einen starken Plot hat und originell ist, und eine eher schwache Charakterisierung, als umgekehrt. >Darf SF wirklich alles? Ja. Gerade die Bandbreite in der SF ist es, was ich so an ihr liebe, sei es Hard SF ala Greg Egan, oder SF ala Dick und anderer. Das einzige was mir sauer aufstößt, ist wenn ein Autor inkonsistent ist in der Beschreibung der Welt, die er sich ausdenkt.
NOVA - Das Deutsche Magazin für Science Fiction & Spekulation
VILLA FANTASTICA - Bibliothek für fantastische Literatur
#22
Geschrieben 08 März 2004 - 11:38
R. C. Doege: Ende der Nacht. Erzählungen (2010)
R. C. Doege: YUME. Träumen in Tokio (2020)
#23
Geschrieben 08 März 2004 - 17:41
Jain. Die Veränderung muß für mich (Was einschließt, daß Du es selbstverständlich anders sehen kannst ... ) aus dem Gesamtkontext hervorgehen. Also nicht zwingend in der Form, daß es im ersten Kapitel eine Situation A und im letzten eine Situation B gibt, die sich von A unterscheidet. Deutlicher wird das vielleicht im Zusammenspiel der handelnden Charaktere mit ihrer Umwelt: Nicht nur in der SF besteht der Konflikt doch zumeist darin, daß die Charaktere mit der Gesellschaft, in der sie leben, nicht zurechtkommen. Allerdings haben sie gerade in der SF die Möglichkeit, nicht nur sich anzupassen, sondern alternativ auch die Gesellschaft zu verändern. Das passiert in der Fantasy beispielsweise nicht, denn hier kann nur die Besetzung wechseln. Mir fällt auf Anhieb kein SF-Roman ein, der es zum Ziel hat, einen Status Quo aufrechtzuerhalten, aber ich lasse mich gern eines Anderen belehren.Mit am Anfang war, meinst Du, im Vergleich zum Beginn des Romans, oder? Da würde ich mal sagen, dass ich das anders sehe. Manche Romane beschreiben keine Veränderungen sondern das Leben in einer zukünftigen Welt. Ein Roman muss nicht unbedingt eine Veränderung am Ende haben, um gut zu sein.
I have loved the stars too fondly to be fearful of the night.
(Sarah Williams: The Old Astronomer To His Pupil)
#24
Geschrieben 08 März 2004 - 21:50
Veränderung? Ein anderer Zustand? Ja, wenn du damit die Sichtweise des Lesers meinst.SF ist Literatur, die eine Veränderung/Entwicklung zum maßgeblichen Inhalt hat.
Wichtig ist meiner Ansicht für gute SF auch, daß Sie unsere Realität weiterentwickelt, wobei es unerheblich ist, ob das in einer fiktiven Zukunft/Gegenwart/Vergangenheit oder in den Weiten des Alls bzw. auf unserer Erde stattfindet. Am Ende guter SF ist der Zustand ein anderer, als er es am Anfang war.
Oder wenn der Leser am Ende etwas Wesentliches gelernt oder erfahren hat. Ãœber sich, die Natur des Menschen oder die Welt.
Ob die SF oder allgemeiner, die Literatur, sich nicht überhebt wenn sie unsere Realität weiterentwickeln soll? Das gelingt ja sogar nur in den seltensten Fällen der Philosophie. Aber Sichtweisen zu verändern, neue Perspektiven zu zeigen, Einsichten zu vermitteln, das kann sowohl die Literatur als auch die Philosophie, da sehe nicht einmal einen so großen Unterschied zwischen beiden Methoden nur die Mittel, die Werkzeuge womit das bewerkstelligt wird sind unterschiedlich: theoretisch-diskursiv die Philosophie, dramatisch-erzählend die Literatur.
Am Ende steht im Erfolgsfall in beiden Fällen ein Werk, in dem etwas Wesentliches über die Welt oder über die Natur des menschlichen Wesens ausgesagt wird.
Trurl
Wie die Welt noch einmal davonkam, aus Stanislaw Lem Kyberiade
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#25
Geschrieben 09 März 2004 - 08:30
Wie die Welt noch einmal davonkam, aus Stanislaw Lem Kyberiade
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#26
Geschrieben 09 März 2004 - 18:52
Um ein guter SF-Roman zu sein, muss ein Werk in erster Linie ein guter Roman sein. Und dabei in einem SF-Umfeld spielen.
Aber natürlich hat eine SF-Geschichte einige genretypische Möglichkeiten, sich auszuzeichnen, die sich letztlich auf einen Begriff reduzieren lassen: Vision. Von "echter" SF erwarte ich eine irgendwie geartete und einigermaßen originelle Zukunftsvision (und nicht nur die Benutzung des SF-Umfeldes als Kulisse). Das kann eine technologische, gesellschaftliche, biologische, philosophische, politische oder sonstwie geartete Vision sein; ich personlich habe jedenfalls eine gewisse Vorliebe für halbwegs realistische Visionen, aber das ist wohl Geschmackssache.
Daraus ergibt sich auch eine SF-eigene Gefahr, ein Werk zu verderben: Wenn der Autor seine Vision nicht ausreichend durchdenkt und/oder nicht genügend Wissen über die Materie hat, störten die sich daraus ergebenden Fehler die Vision, so gut sie auch sein mag.
Aus diesem Grund altert allzu detailliert-technische SF auch schlecht: Im Licht neuer Erkenntnisse sehen ehemals plausible Visionen oft nicht mehr recht überzeugend aus und müssen dann mit dem historischen Kontext im Hinterkopf gelesen werden, um sie noch würdigen zu können. An diesem Punkt stellt sich dann spätestens heraus, welches Werk wirklich "literarische" Qualität besitzt: wenn man es auch "veraltet" noch genießen kann (z.B. Verne, Orwell, Lem).
-- snorri
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#27
Geschrieben 10 März 2004 - 16:23
dies ist mein erster Beistrag bei Scifiboard. Ich hoffe, ich erschrecke hier niemanden:-)
An dem von misc erwähnten Qualität der SF-Thread bei SF-Fan habe ich auch schon mitgestrickt.
Vorweg zu meiner Position: ich mißtraue der Genre-Schubladisierung und möchte mich allgemein als Phantastik-Leser bezeichnen. Die groben Schubladen wie Horror, Fantasy, SF lasse ich aber insofern gelten, weil man grob umklappen kann, daß Horror sich mit der Angst vor dem Unbekannten auseinandersetzt, Fantasy mit Vergangenheit und SF mit Zukunft.
Folgend eigentlich nur Vorüberlegungen, keine Antworten auf die gestellte Frage:
Von dem was man so SF nennt (und was im Fandom allgemein akzeptiert ist) begeistern mich sehr z.B. Dicks Kurzgeschichten, Barbara Slawigs Janus-Steine, Lems Ion Tichy-Romane, Neil Stephensons »Diamond Age«, Moorcocks »Jerry Cornelius«, Matt Ruffs »Trilogie der Stadtwerke« und als Trash las ich früher öfter mal Warhammer 40K-Reißer.
Aber dann gibt es auch solche Sachen wie die »Thetis Anderswelt«-Romane von Alban Nicolai Herbst, die für mich herrlichste (Anti-Genre?-)SF sind, von SF-Fans aber schräg beäugt werden, weil recht eigenwillig geschrieben (umständlich erzählt da keine gerade Handlugslinie, viele Brüche, elaborierte Sprache, sehr lage delirische Passagagen).
Ich denke, die Frage »Was macht gute SF-Bücher aus?«, läßt sich nur dann halbwegs brauchbar angehen, wenn man sich von all den Vorurteilen lößt, wie sich sich z.B zeigen, in der faktischen oder vermeintlichen Opposition von Feuilliton (die Fans: »Arroganter Kulturbetrieb«) und Fandom (die Kritiker»Keine Ahnung von Kultur«) bestehen.
Furchtbar viele Vorurteile flottieren herum †¦ noch, denn in kleinen Schritten finden Annäherungen statt, wie ich mir einbilde zu beobachten. Wenn der SZ-Kritiker und Autor Thomas Steinfeld als Bachmann-Juror live in die 3SAT-Kamera hinein feststellt, daß Fantasy, SF, Computerspiele, Spuperheldenfilme und Comics ein gigantisch großer Mythenkosmos ist, mit dem auseinanderzusetzten eine wichtige und mutige Heraufforderung ist, derer sich die deutsche Gegenwartslitertur doch bitte mehr stellen könnte, ist das für mich ein Indiz, daß inzwischen im Kulturbetrieb einigen dämmert, daß jahrzehntelang Lohnendes vernachlässigt wurde. (Das ahnte vielleicht auch der Walser Martin, als er in »Tod eines Kritikers« eine Satire einflocht, so mit Literaturkritik trifft Superstarsuche in der Zukunft; schlecht gelungen.)
Also: die Eigenschaften die ein SF-Buch gut machen, können gar keine groß anderen sein, als bei aller sonstigen Literatur auch: †¢ gute Ideen †¢ stimmiges Verhältnis von Inhalt und Mittel. Alles weitere ist imho Kleinkram und hat mehr mit den Erwartungen der jeweiligen Publikumsgemeinschaft zu tun. (Richtig putzig, die entsprechenden Modewellen der SF: ohne Technik, oder ohne Helden, oder ohne gesellschaftsrelevanter Reflektion und Kritik, oder ohne (anti)utopischen Entwurf, oder ohne Außerirdische, oder ohne Cyberspace †¦ ist's keine richtige SF usw ect pp. Interessant und nützlich für zeitgeschichtliche Betrachtung, aber völlig nebensächlich für die in luftigen Höhen unternommenen Versuche, Literatur objektiv zu bewerten).
Lustig finde ich immer wieder diese Begriffsklauberein, z.B um SF, denn in Science Fiction findet sich schon mal kein Hinweis, daß es sich um in der Zukunft angesiedelte Geschichten handeln muß. Als wissenschaftliche Geschichten kann man beispielswiese durchaus Umberto Ecos satirische Faustkeilwissenschaftler in der Steinzeit (»Das Ding« in Platon im Striptease-Lokal) oder seine Dialog der Besitzer von Tontafelschreibersklaven (»Gespräch in Babylon« in Wie man mit einem Lachs verreist) gelten lassen.
Unterhaltungsliteratur: Ich respektiere es, wenn Genre-Bezeichnungen Lesern gute Orientierung bieten, und sie so ihre bevorzugte Entspannungs- und Kurzweil-Lektüre finden. Habe kein Problem mit Leuten, die (meiner Treu) z.B. nur Battletech-, Star Trek- und Shadowrun-Romane lesen und schon bei Orwell die Nase rümpfen (Moralinsäure). Aber ich finde es falsch, es lediglich solcher Leserschaft zu überlassen, irgendwelche Grenzen des Anspruchs und der Ausdrucksmöglichkeiten zu ziehen. Es mag für ambitionierte (also Großkopferte) Autoren und Leser manchmal schwer sein, sich dieser Vereinnahmung freundlich aber bestimmt zu entziehen, aber notwendig ist es schon.
Literaturtradition: Leider ist es ja so, daß Menschen (und auch Leser) Neuem und Fremden nicht nur neugierig, sondern eben auch mißtrauisch gegenübertreten. Nicht jeder Mensch ist eine Entdeckernatur. Doch durch zweiteres rechtfertigt sich keine Abnabelung der SF von allgemeiner Literatur (und vice versa). Im Gegenteil ist es für beide Seiten sehr fruchtbar voneinander zu lernen, sich nicht aus den Augen zu verliehren. So kann Dick für jeden Autor ein leuchtendes Beispiel sein, was es bedeutet, mit einer Kurzgeschichte eine Idee auf die Leser abzufeuern; umgekehrt schadet es Genre-Liebhabern nicht, sich mit den gegenwärtigen und klassischen Großkalibern der Erzählkunst zu beschäftigen, um zu sehen, was die Form des Romans so hergibt (Beispiele aus meinem Bücherschrank: Helmut Krausser {UC-Ultrachronos}, Hermann Melville {Moby-Dick}, Douglas Coupland {Microserves} und John Irving {Zirkuskind} - und für Erzählungen/Kurzgeschichten: Saki, Rudyard Kipling, Dashiell Hammett und Arno Schmidt).
Phantastik-Liebhaber tun meiner Meinung gut daran, sich von vermeintlichen (Hoch)Kulturwächtern nicht in die Ecke diskutieren zu lassen (und sich dadurch Minderwqertigkeitskomplexe wegen ihrer Lektürevorlieben aufzureißen), sondern durch Aufzeigen von Kenntnis über die Topographie jenseits ihrer Lieblingsblumenwiese Selbstbewußtsein und (literarische) Wehrhaftigkeit zu beweisen.
Damit will ich den geduldigen Leser aus diesem Dozierbeitrag entlassen.
Viel Spaß und sapere aude! (Kantjahr! Leibnitz --> »Mögliche Welten« als philosophischer Ausgangspunkt der SF.)
molosovsky
P.S: Ich hoffe, daß nur mein Browser die Tags nicht umsetzt. Oder mach ich was grob falsch?
P.P.S.: Vielen Dank Ronni, misc & LG Dyke für den Tip wg Tags.
Bearbeitet von molosovsky, 10 März 2004 - 18:48.
MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.
Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.
#28
Geschrieben 10 März 2004 - 17:32
Hi molosovsky, Du verwendest HTML-Tags, besser wäre BBCode (in den meisten Fällen: einfach statt der spitzen Klammern <> die eckigen [] verwenden; beim Schreiben eines Beitrags kannst Du die wichtigsten Codes aber auch oben über Buttons vom Board einfügen lassen. Ad Astra, Marc-IvoP.S: Ich hoffe, daß nur mein Browser die Tags nicht umsetzt. Oder mach ich was grob falsch?
#29
Geschrieben 10 März 2004 - 17:37
#30
Geschrieben 10 März 2004 - 20:21
Ich hoffe (gutmenschl) für Dich, Du meinst volkstümliche Musik und nicht Volksmusik.Obwohl ich sage: Ich mag keine Volksmusik.
Gruß
m.
Bearbeitet von molosovsky, 10 März 2004 - 20:23.
MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.
Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.
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