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[Kurzgeschichtenlesezirkel] Helmuth W Mommers - Für immer und ewig


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3 Antworten in diesem Thema

#1 Mammut

Mammut

    DerErnstFall Michael Schmidt

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Geschrieben 13 Juni 2016 - 20:28

Helmuth W. Mommers - Für immer und ewig, Online verfügbar:

http://fantasyguide....-w-mommers.html

 

Erschien ursprünglich 2003 in der Sammlung Sex, Love, Cyberspace (Blitz Verlag)

sowie in Der Wahre Schatz, Erhältlich bei: Amazon

 

 



#2 Uwe Post

Uwe Post

    FutureFictionMagazin'o'naut

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Geschrieben 14 Juni 2016 - 20:18

Ok, das Buch habe ich, und ich meine mich an die Story noch zu erinnern... ich such sie aber besser nochmal raus, bevor ich was dazu schreibe.


Herausgeber Future Fiction Magazine (deutsche Ausgabe) ||| Aktueller Roman: ERRUNGENSCHAFT FREIGESCHALTET ||| uwepost.de ||| deutsche-science-fiction.de

#3 Mammut

Mammut

    DerErnstFall Michael Schmidt

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Geschrieben 16 Juni 2016 - 17:10

In einer Welt, in der die meisten sich im virtuellen Raum aufhalten. Die Leute klonen sich und so sind althergebrachte Bindungen relativ, da ist der Enkel mal physisch älter als sein Opa, etc.

Jeremy, unheilbar krank, wagt, mehr oder minder gezwungen, den Sprung ins After Live, ins virtuelle Jenseits.

Die Geschichte fängt ein wenig "technisch" an, wer wie alt ist und mit wem in welcher verwandschaftlichen Beziehung steckt, ließt sich ein wenig schwerfällig, zeigt aber, wie kompliziert die Verhältnisse in der Zukunft sind.

Helmuth zeigt seinen Optimismus, schöpft aus dem theoretisch Möglichen und so klonen sich die Leute jung und leben ihr Leben in verschiedenen Lebensaltern. Jeremy dagegen ist am Ende des Weges und bei all der Willkürlichkeit, ist sein Anker die Liebe seines Lebens und davon handelt dann auch diese Geschichte.

Das Jenseits ist in diesem Fall nichts Esoterisches, sondern eher technisch und eine Art "After Live Virtualität".

Wenn ein Bewusstsein nur noch als "Informationspaket" existiert und kein Abbild des Lebens ist, und das ist die Idee dahinter, sind die "Vestorbenen", genannt "Geister", nicht fähig selbstständig zu agieren sondern nur zu reagieren.

Ich gebe zu, ich habe ein paar Bedenken zu dieser Idee. Wenn es sich nur um ein "Informationspaket" handet, also eine Bewusstseininhalkopie, dürfte diese "Persönlichkeit" nicht wirklich denken und fühlen, sondern wäre nur eine Reproduktion des schon erlebten. Wenn es sich aber um eine Künstliche Intelligenz handeln würde, also ein "virtuelles Bewusstsein", wäre diese Persönlichkeit nicht von einer Person, die sich im virtuellen Raum aufhält, aber eine lebendige Person ist, zu unterscheiden.

Oder seht ihr das anders und ich habe etwas übersehen? Müsste ein "Geist" nicht viel statischer und weniger "lebendig" sein?



#4 Uwe Post

Uwe Post

    FutureFictionMagazin'o'naut

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Geschrieben 17 Juni 2016 - 13:58

Diese Story ist vermutlich einer der Gründe dafür, dass Mommers meine Story "edead.com" so gut gefiel - sie geht thematisch in die gleiche Richtung (bis auf das Klonen).

 

Beiden Geschichten ist gemeinsam, dass es darin technisch möglich ist, ein Art "Brainscan" als eine Art "Programm" auf einem Computer (heute würde man sagen: in der Cloud) so ablaufen zu lassen, dass sich seine Aktivitäten auf den ersten Blick nicht von denen eines Menschen unterscheiden (d.h. er würde den Turing-Test bestehen). Der Kniff besteht nun darin, aus Ego-Perspektive zu erzählen, und die Ablösung des realen Bewusstseins durch das simulierte einfach geflissentlich zu übergehen  :happy:  So kann der Protagonist im digitalen Jenseits weiterleben, ohne den Styx je zu überschreiten, bildlich gesprochen. Die eigene Todeserfahrung fehlt ja im Brainscan!

 

Auch die Qualität der Simulation ist natürlich dem jetzt technisch machbaren weit voraus. Aber rein informationstechnisch ist es durchaus vorstellbar (ich sage absichtlich nicht: "bald technisch machbar"), die "Wetware" (also das Gehirn plus Peripherie) zu "emulieren" (geht ja mit einem Commodore 64 auch, und der war schlauer als viele Zeitgenossen :bigcry: ) und darauf den Brainscan laufen zu lassen. Hinreichende Rechenleistung natürlich vorausgesetzt. Ein solcher Sim/eDead/Digitalzombie könnte dann in virtuellen Spielwelten (endlich Skyrim mit allen Charakterklassen durchspielen!) herumlaufen, Mails oder Chatnachrichten mit lebenden oder toten Freunden austauschen und Internet-Pornos gucken, solange sein Geld für die Miete der Rechenzeit reicht. Bei immer billiger werdender Computerleistung können das durchaus ein paar hundert Jahre werden. Da es schon heutzutage viele Jobs gibt, zu deren Ausübung man nichts braucht als einen PC, könnte ein solcher Zombie sogar arbeiten und Geld verdienen und letzlich ewig leben. Problematisch werden dann natürlich ethische Fragen: Ist der Körperlose ein Mensch? Darf er wählen gehen? Was ist mit dem passiven Wahlrecht? (ja, ich schreibe an einem entsprechenden Roman...) Eine solche digitale Persönlichkeit kann sogar (runtergetaktet oder im Schlafmodus, der Langeweile wegen) lange Raumflüge überstehen (siehe Charles Stross: "Accelerando",2005). Und, noch weiter gedacht, kann das Ganze wieder in Androiden- oder Klonkörper hochgeladen werden und durch die Gegend laufen. Oder mehrfach kopiert werden. Oder oder. Aber bleiben wir bei der Story.

 

Natürlich kann man ein "Ich" nicht "kopieren", es ist an seine eigene Perspektive gebunden (ich bin sicher, die Experten hier wissen, welchen Philosophen sie jetzt zitieren müssten). Die Simulation auf dem Rechner ist daher rein logisch gesprochen eine andere Person, ein anderes Bewusstsein. Das alte Bewusstsein ist wirklich gestorben, das neue macht bloß an (fast) der gleichen Stelle weiter. Wie wenn ich auf diesem PC einen Spielstand in die Cloud uploade und auf einem anderen weiterspiele. Die damit verbundenen Fragen (die Mommers aus Platzgründen aussparen muss, sie würden den Rahmen einer KG sprengen) sind u.a. Thema meines Romanprojekts  ^_^ .

 

Ich weiß nicht, ob Mommers der erste war, der die Idee in Form einer Geschichte ausgearbeitet hat. (Geistiger Vorläufer war möglicherweise Dicks "Ubik".) Jedenfalls handelt es sich um ein Thema, das durchaus relevant ist. Dem Tod ein Schnippchen zu schlagen, ist ein Menschheitstraum. Selbst wenn man nur virtuell (bzw. als Kopie) weiterleben könnte - würden das nicht viele Leute dem völligen Tod vorziehen? In der SF sind Computerprogramme, die wie Menschen handeln, gang und gäbe (sei es in einer Blechbüchse mit Beinen oder anderswo) - und Brainscans oder Gedächtniskopien sowieso. Fortgeschrittene Zivilisationen irgendwo im Weltall geben regelmäßig in der einschlägigen Literatur ihre Körper auf, um als reine Geistwesen (unbegrenzt) weiterzuleben (in Eschbachs "Quest" zum Beispiel). All das zusammen gedacht lässt den "digitalen Tod" auf banalen Internet-Servern als vergleichsweise naheliegendes Thema erscheinen. Falls Mommers als erster deutscher Autor dieses Thema in Form einer KG verarbeitet hat (meine Story ist von 2006, seine habe ich erst später kennengelernt), ist das allein eine Anerkennung wert.

 

Ansonsten führt Mommers die Story zu einer brauchbaren Pointe, garniert die Erzählung mit Sprachwitz und üppigen, äh, wohlgeformten, äh, blumigen, äh, mommerschen Beschreibungen, und bringt es insgesamt sehr angenehm lesbar zu Papier.

 

Insgesamt also eine runde Story, deren (an sich einfache) Grundidee womöglich irgendwann mal von unseren ewig lebenden Nachfahren als "dramatisch unterschätzt" eingeordnet wird.


Bearbeitet von Uwe Post, 17 Juni 2016 - 14:09.

Herausgeber Future Fiction Magazine (deutsche Ausgabe) ||| Aktueller Roman: ERRUNGENSCHAFT FREIGESCHALTET ||| uwepost.de ||| deutsche-science-fiction.de


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