Das hat Spaß gemacht! Heute zwei Storys hintereinander gelesen, die beide nicht nur die bisherigen Highlights des Bandes darstellen, sondern jede für sich als Kaufargument für den ganzen Band schon ausreichen. Klasse!
Emukalypse, Niklas Peinecke
Das Setting? Äh, irgendwie wird das ganze Universum als 8-Bit-Spielefeld umgeformt, oder sowas. Erzählt wird eine Dreiecksliebesgeschichte, eine Coming of Age-Geschichte und die Story eines Kampfes, ausgetragen auf den Spielefeldern von 8-Bit-Welten.
Im Gegensatz zu vielen anderen Autoren der Anthologie, die mit dem Kernsujet offensichtlich eher wenig anfangen konnten oder sich da offensichtlich schlicht nicht auskennen und deshalb lieber olle Cyberpunk-Kamellen aufwärmen, ist die Vorgabe der Anthologie für Niklas Peinecke offensichtlich ein Heimspiel, was man an dem gekonnten und souveränen Hardcore-Namedropping merkt, an welchem sich selbst Constantin Gillies und Ernest Cline noch eine Scheibe von abschneiden können. Das Setting erinnert ganz entfernt manchmal an Clines "Ready Player One" (die Helden tauchen in die Spielewelten selbst ab), fällt aber noch eine ganze Spur radikaler und direkter aus. Und das auf wenigen Seiten. Der Autor scheut sich auch nicht und hat den Mut, Uneingeweihte teilweise außen vor zu lassen, so hätte es Gamer aus den 1980ern sicher nicht gewundert, wenn die ganze Story Andrew Braybrook (jüngere Leser können ja googeln) gewidmet worden wäre. Auch eine Wohltat, die runterging wie Öl, war die böse Spitze gegen den Götzenaltar für den Bodensatz des Nerd-Prekariats, natürlich die erfolgreiche TV-Monstrosität "The Big Bang Theory". Und dann ist das alles auch noch toll erzählt, manchmal zärtlich, manchmal temporeich. Ich war begeistert. Wenn solche Bände den Zweck erfüllen sollen, dass man gewisse Autoren dann mal näher kennen lernen möchte, hier ist das der Fall. Ich habe von dem Autor bisher noch nichts gelesen, und weiß jetzt nur, dass er sehr gut schreiben kann und von Essen keine Ahnung hat (er hat ja hier kürzlich Matjes verteidigt ), jetzt möchte ich aber mehr von ihm kennen lernen. Passt perfekt: Habe gerade am Wochenende Dirks ersten D9E-Band ausgelesen, und wer hat den zweiten verfasst? Bingo.
Epilog: Wenn ich das vorher gewusst hätte, hätte ich mir bei Lektüre der Story auf jeden Fall Rob Hubbard-Musik angemacht. Naja, vielleicht lese ich die Story ja nochmal. Dann auf jeden Fall mit Hubbard im Ohr. Ich hoffe auch, dass der Autor das auch macht, wenn er die Geschichte mal öffentlich liest.
Beschluss 4/7/90, Uwe Post
Stardate: Vor der Wende, in der Zone.
Revolutionäre 8-Bit Computerspiele auf einem DDR-Robotron Computer, draußen liegen die Spreewaldgurken auf dem Grill. Und der Alltag ist, hm, alles andere als trist..
Deutsche SF-Satire krankt häufig daran, dass verschiedene schräge Ideen nebeneinander stehen und nicht richtig zusammen passen. Hier passt alles, ganz großes (sozialistisches) Tennis von Uwe. Auch wenn er vielleicht etwas arg viel SBZ-Namedropping betreibt, dadurch wird aber die entsprechende Atmosphäre prima aufgebaut und die Idee mit diesem revolutionären Spiel und die Ausführung der Geschichte - toll. Man soll Kinder und Jugendliche von Drogen fern halten und ich befürworte das auch nicht, dieser Story kam es aber ausdrücklich sehr zu gute, dass man meint, dass der Autor dabei richtig gutes Zeuch geraucht hat (ob das tatsächlich der Fall war, ist sekundär), ich hatte einen wirklich gewaltigen Spaß mit der Story, deren seltsames Ende dann auch perfekt dazu passt. Die Idee, dieses Spiel, die dunkeldeutsche Atmosphäre, das Ende, ich hätte glatt Bock, die ganze Geschichte gleich nochmal zu lesen. Am besten kann man die mit etwas zusammen fassen, was sich dann leider nicht als zitierfähiger Blurb eignet: Geiler Shit, Genossen.
Leute, kaufen die Antho. Schon nur wegen dieser beiden Geschichten.
Bearbeitet von Oliver, 09 August 2016 - 08:24.