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Was darf man unter allgemeine Phantastik verstehen


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27 Antworten in diesem Thema

#1 Mammut

Mammut

    DerErnstFall Michael Schmidt

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Geschrieben 28 April 2004 - 13:47

Liebes Forum, ich hätte da eine Frage : Was darf man unter allgemeine Phantastik verstehen? http://www.martin-st...he-sf-2004.html Auszug: Der Science Fiction Club Deutschland e.V. (SFCD) vergibt seit vielen Jahren einen Literaturpreis für im Original in deutscher Sprache erschienene Science Fiction und allgemeine Phantastik (keine Fantasy, kein Horror). Seit einigen Jahren heißt dieser Preis Deutscher Science Fiction Preis (DSFP). Als Mitglied des Preiskomitees bemühe ich mich hier, alle Geschichten, die 2004 erstmals erschienen sind, zu sammeln.

#2 misc

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    Infonaut

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Geschrieben 28 April 2004 - 15:58

Was darf man unter allgemeine Phantastik verstehen?

Hallo Michael, diese Frage zu beantworten dürfte genauso schwierig sein wie "Was ist gute SF?"; ich kenne jedenfalls keine (allgemeine <_< ) Definition für "allgemeine Phantastik". Da Du die Frage im Zusammenhang mit dem DSFP gestellt hast: auf der DSFP-Website steht in der Geschäftsordnung unter Punt B:

1) Das Komitee liest und bewertet deutschsprachige SF mit dem im Impressum des Buches angegebenen jeweils aktuellen Erscheinungsjahr. 2) Die Texte müssen dem Bereich der Science Fiction oder Phantastik entstammen. Im Zweifelsfall wird diese Definition zugunsten eines Textes ausgelegt.

Das verstehe ich so, daß unter dem Label "Science Fiction" publizierte Texte gelesen und bewertet werden (Abs. 1), diese Texte müssen der Science Fiction oder der Phantastik zugeordnet werden können (Abs. 2). Was im Grunde immer noch recht schwammig klingt. Wenn Du Dich darüber informieren möchtest, welche Kriterien im Detail angewendet werden, dann nimm doch mal mit Udo Emmerich Kontakt auf, der auf der DSFP-Seite als Ansprechpartner genannt wird. Ad Astra, Marc-Ivo

#3 Mammut

Mammut

    DerErnstFall Michael Schmidt

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Geschrieben 28 April 2004 - 17:41

Hallo Marc-Ivo,also wahrscheinlich alles, was nicht zweifelsfrei als Horror oder Fantasy zugeordnet werden muss.Also ich muss sagen, das macht prinzipiell gar keinen Sinn. Entweder sollte man unter Phantastik alles zählen, inclusive Horror und Fantasy, oder eben nur SF.Aber klar, im zweifelsfalle kann man es so oder so auslegen. Hast mir auf jeden Fall geholfen.

#4 eRDe7

eRDe7

    Temponaut

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Geschrieben 28 April 2004 - 20:12

Hallo.Es gibt sicherlich viele Definitionen von "Phantastik" (wenn ich mich nicht irre, stand dazu was in Zondergelds Lexikon zur phantastischen Literatur).Aber um nun nicht hier eine Theorie aus den Fingern zu saugen, verweise ich einfach mal auf ein paar Texte:Wo würdest Du einordnen:- Kafka: Die Verwandlung- Kubin: Die andere Seite- E. T. A. Hoffmann: diverse Geschichten- Borges: Alles in Fiktionen und Das Aleph- J. Cortázar: Erzählungenetc.Ich denke DAS ist Phantastik.Es ist weder SF (es sei denn teilweise, z. B. bei Borges, wenn das S nicht für Science sondern speculative steht), noch Horror (wenn auch teilweise unheimlich), noch Fantasy (wenn auch teilweise mythisch durchsetzt).Ich hoffe, das war einigermaßen einleuchtend.Grüße,Ralph

R. C. Doege: Ende der Nacht. Erzählungen (2010)

R. C. Doege: YUME. Träumen in Tokio (2020)

 


#5 Holger

Holger

    Temponaut

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Geschrieben 28 April 2004 - 21:15

Mal aus dem Bauch heraus gesprochen: das beste Beispiel für moderne Phantastik, wie ich sie verstehe, sind die Bücher von Neil Gaiman (NIEMALSLAND). So lassen sich weder Elemente der waschechten Fantasy, noch der SF oder des Horrors nachweisen.

Andere Beispiele könnten Matt Ruff (G.A.S.) oder James Morrow (DAS GOTTESMAHL) sein.
"Rezensionen: eine Art von Kinderkrankheit, die die neugeborenen Bücher befällt."
(Georg Christoph Lichtenberg)

#6 yiyippeeyippeeyay

yiyippeeyippeeyay

    Interstellargestein

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Geschrieben 29 April 2004 - 09:13

@Michael Schmidt:

unter Phantastik alles zählen, inclusive Horror und Fantasy,

Dafür stimme ich. Wie sagte das große Ei das auf der Mauer saß, bei Alice im Wunderland (dieses Buch gehört dann übrigens auch zur Phantastik!)? "Wenn ich ein Wort benutze, hat es immer genau die Bedeutung die ich ihm gebe und keine andere." (Oder so ähnlich.) -_-

@Holger:
Wenn man Neil Gaiman und Matt Ruff zusammenwirft, assoziiere ich damit eher so etwas wie "magic realism" bzw. humoristische (bei Ruff auch parodistische) Gesellschaftskommentare. Wie auch fast alles von Douglas Adams (der m.E. übrigens die nordischen Götter besser hinkriegt als Gaiman in American Gods). Evtl. braucht man dafür wieder eine neue Kategorisierung? - Wie wär's mit "pop-essayistische SF"? :D

Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 29 April 2004 - 09:22.

/KB

Yay! Fantasy-Reimerei Mitte August...
[..] Verzweiflung beschlich sie im Stillen.

Da ergriff eins der kleinsten das Wort:

"Wenn sich all unsere Wünsche erfüllen,

dann wünschen wir einfach mit Willen

die Wünsche-Erfüllung fort!"

Sie befolgten den Rat und von Stund an war

wieder spannend das Leben und heiter.

Die Kinder war'n froh wie vor Tag und Jahr

und vielleicht gar ein wenig gescheiter.

(BewohnerInnen der Stadt der Kinder, aus der "Geschichte vom Wunsch aller Wünsche", aus Die Zauberschule & andere Geschichten, Neuauflage im Thienemann-Verlag, S. 93, von Ende)


#7 Mammut

Mammut

    DerErnstFall Michael Schmidt

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Geschrieben 29 April 2004 - 09:36

Hallo Ralf,E.T.A Hoffmann ist für mich unheimliche Phantastik, also Horror. Ich bleibe dabei, für mich ist das eine künstliche Trennung.Findet das Fantasyszenario auf einem fremden Planeten statt, ist es dann doch wieder SF, und die unheimliche SF selbst nennt man dann Mystery.Was ist denn dann Frankenstein? Ein Crossover zwischen Horror und SF?Ad Astra,Michael

#8 Ronni

Ronni

    Kürbisnaut

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Geschrieben 29 April 2004 - 09:57

Was ist denn dann Frankenstein? Ein Crossover zwischen Horror und SF?

für den SF-Leser ist es SF mit Horror oben drauf, für den Horror-Leser ist es Horror mit einem SF-Grundgerüst, ähnlich wie Alien

Gruß Ronni
Die Schlauheit des Fuchses basiert zu 90% auf der Dummheit der Hühner.

epilog.de

#9 Jürgen

Jürgen

    CyberPunk

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Geschrieben 29 April 2004 - 11:25

Ach... was waren das früher doch für einfache Zeiten (Zitat der Kriegsgeneration: ... man hatte doch nichts ! )Ein H.P. Lovercraft schrieb Phantastik, eine Robert Heinlein Science Fiction und Fantasy waren einfach... Märchen.Spätestens seit der 60er New Age Generation wurde es ein wenig komplizierter... Leser interpretierten plötzlich alles mögliche in eine Story mit rein (egal mit oder ohne Drogeneinfluss) und Fantasy ging mit der SF eine (anfangs vollkommen missglückte) Symbiose ein.Da wollten die SF-Schreiber nicht nachstehen... und plötztlich wurde aus einem eigentlich streng sf-lastigen Roman am Ende ein ... SF-Roman mit Phantasie-Plot. (2001- Odysee im Weltraum)Die 70er Jahre wurden dann von Leuten wie Frank Herbert beherrscht, der "auf seinem Wüstenplaneten" nun gar keine Gnade mehr kannte und ein SF-Thema fast komplett mit Fantasy-Elementen zuknallte.Die SF-Autoren, die den zunehmenden Erfolg von Frank Herbert neidisch beobachteten, hatten nichts besseres zu tun, als ebenfalls sämtliche Grenzen des Genre zu knacken, ja sogar zu übertreffen... und heraus kam immer schlechtere SF und immer bessere Verkaufszahlen.Was soll sich der Leser auch mit mühevoll erstellten technischen Fakten herumplagen, wenn etwas Fantasy diesen Umstand überflüssig macht.Und weil es plötzlich so schön einfach war, technische Erklärungen und Recherchen durch Fantasy Elemente zu ersetzen (das war dann so die Zeit, als ein gewisser Hohlbein die deutsche SF&F Bühne betrat), schossen talentlose Autoren wie Unkraut aus dem Boden.Anfang bis Mitte der Achtziger, ein Jahrzehnt, das mit der Einführung des Home-Computers eine der grössten technischen Umwälzungen der näheren Geschichte beinhaltet, als plötzlich ein paar Leute die Idee hatten, man könnte doch mal wieder zur Abwechslung echte Science Fiction schreiben, wurde der berühmte Cyberspace "erschaffen", ein "Internet" der Zukunft, brutal auf zukünftige Entwicklungen aufbauend. SF war wieder da... und zwar in der ursprünglichen Bedeutung des Wortes.Nun mussten sich die Autoren wieder ein wenig anstrengen, um sich nicht mit allzu abgehobenen Prognosen der Lächerlichkeit preiszugeben.Ein Zeitalter der Erneuerung ? Ein Zeitalter, das Fakten wissenschaftlich in die Zukunft extrapoliert ?HACH !Da haben wohl einige Leute die Rechnung ohne den Wirt bzw. den Fantasy-Schreibern gemacht. Die hatten nämlich die Idee, den sogenannten Cyberpunk zu nehmen, ein paar Trolle und Elfen einzubauen (hat schon bei Tolkien hervorragend geklappt) und dann das ganze unter dem Urbegriff Cyberpunk (eigentlich eine Wortkonstruktion aus Kybernetik und Verwahrlosung) zu missbrauchen.Und wieder vermischte sich Hard-SF mit Fantasy und jeder SF-Fan hatte nun zu erklären, was zum Teufel nochmal denn Trolle und Zwerge mit SF zu tun haben.Die frühen 90er legten anfangs noch einen drauf und wenn nicht in irgend einem Werk ein Drache oder sonstige Fabelwesen auftauchten, galt das Geschriebene als unverkäuflich.Als Mitte der 90er plötzlich mit dem Handy eine neues Spielzeug auftauchte und eine komplette Generation dem SMS-Wahn verfiel, änderte sich plötzlich das Leseverhalten. Für ein paar Jahre waren wieder harte Fakten und technische Ideen gefragt. SF erlebte einen Aufschwung an dem auch einige deutsche Autoren partizipierten. War es tatsächlich ein Anzeichen der Morgendämmerung, die sich für die SF am Horizont abzeichnete ?Nein, Nein, Nein !Bei soviel kompliziert zu bedienenden Handys (korrekt: Mobiles) und immer reichhaltigeren Computerprogrammen war der Leser vollkommen überfordert.Wie gut, dass da eine Misses Rowling eine tolle Idee hatte... Harry Potter.Das konnte man (der Leser) endlich wieder verstehen, ohne im technischen Lexikon nach einem Fachbegriff nachzuschlagen.Das war die Zeit, als bestimmte SF-Autoren dann aufgaben... sie schrieben Romane (Egan, Hamilton, Reynolds), die eindeutig keine Fabeltiere und Zauberkünste beinhalten... und zielten auf eine bestimmte Leserschaft... den SF-Fan. Die waren kurz vor dem Aussterben und nicht mehr in so grosser Zahl vorhanden, wie vor 30 Jahren. SF wurde zu einem Randbereich der Literatur und viele grosse Verlage wandten sich von diesem "anspruchvollen" Publikum ab, dass irgendwie Probleme hatte, eine Story mit Drachen zu lesen.Nun haben wir ein neues Jahrtausend und viele SF-Fans diskutieren darüber, was Phantastik und SF voneinander trennt.Ich habe es mir da ziemlich einfach gemacht:Alles, was ohne (faulen) Zauber, Drachen , Trolle und Elfen, nicht mal ansatzweise physikalisch erklärbaren Phänomenen oder Gestalten aus der "Unterwelt" auskommt, ist für mich SF... ob sie in 20 jahren spielt oder in 20000 Jahren.Alles, wo Akteure 8 Filmstunden brauchen, um einen Ring zu vernichten oder ein kleiner bebrillter Junge auf einem Besen reitet, wo etwas urplötzlich das Erdinnere aufbricht und aussieht wie ein Monster, dass mehr Zähne im Mund hat als Stefan Raab, ist für mich Fantasy.Alles, was aus diesen beiden Gruppen rausfällt ist für mich Phantastik.Zu einfach ?Nunja, aber sehr effektiv bei der Auswahl meiner Bücher -_- bis denneJürgen

Bearbeitet von Jürgen, 29 April 2004 - 11:29.

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#10 molosovsky

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Geschrieben 29 April 2004 - 21:18

Hi Jügen,ich gehe zwar in einigen Dingen nicht d'accord, gebieße aber den rotzigen Frei-won-der-Leber-weg-Ton Deines Beitrages.Ich glaube ja, daß mit dem ausdrücklichen Draußenbleibenmüssen von Fantasy und Horror bei den Auswahlkriterien ähnlich wie bei Deiner Denke vor allem dieser reine Genre-U-Markt ausgeschlossen werden soll.Das Geld, das Geld, es trachtet nach Fantastyck, nicht nach Kleinzielgruppenbrosamen.Nun ja, als QuerbeetPHantastiker weiß ich um die Ambivalenz der Trennungen, aber einen King (vornehmlich Horror) mit einem Lem (vornehmlich SF) zu vergleichen, ist schlicht unfair.Arachnologen und Entomologen schwätzen vielleicht auch gerne zusammen und ihre Plaudereien mögen für Außenstehende nach dem Gleichen klingen - weil sich die Gespräche der Fachleute um Viehcher drehen, die mehr Beine als Hund, Katze, Maus haben, was schlecht fürs Gemüth ist.Dennoch muß es doch gestattet sein, daß eben zum Beispiel die Arachnologen mal nur für sich den schönsten Achtbeiner wählen †¦ und wenn sich »Ich will auch ein Star sein«-geile Insekten zwei falsche Beine ankleben, kann man das den Fachleuten doch nicht ankreiden.Grüßemolosovsky

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#11 Impala

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Geschrieben 30 April 2004 - 13:24

@JürgenDeinen Überblick finde ich amüsant und informativ. Vielen Dank.Dir ist ja wohl klar, daß Deiner Beweisführung nach Science Fiction von Fantasy nicht zu trennen ist, nur mal mehr oder weniger stark miteinander verknüft - in regelmäßigen historischen Wellenbewegungen? -_- Grüßle...
Julius Gaius Baltar!

#12 Thomas Sebesta

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Geschrieben 30 April 2004 - 17:00

Ich halte mich doch an die folgende Definition:

Als Phantastik bezeichnet man den Überbegriff für sämtliche künstlerische Ausdrucksformen, insbesondere aber der Literatur, in denen das Unheimliche, das Surreale, eben das Phantastische als zentrales Thema auftritt. gerade in der Literatur gilt Phantastik als Sammelbegriff für viele Genre: in erster Linie Horror, Fantasy und Science Fiction. Als bedeutende Begründer der modernen Phantastik zählen Edgar Allan Poe, Howard Phillips Lovecraft, Gustav Meyrink, und auch Franz Kafka. Auffallend ist in jüngster Zeit die Entwicklung der neuen deutschen Phantastik (siehe neue deutsche Phantastik), die sich überwiegend in der Kleinverlagsszene etabliert.

"Allemeine Phantastik" ist für mich das Gebiet der Literatur, in denen die Werke Elemente enthalten, die mit der realen Welt nicht in Einklang zu bringen sind. Gruß Thomas

Thomas Sebesta/Neunkirchen/Austria

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#13 Gast_Frank W. Haubold_*

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Geschrieben 30 April 2004 - 22:14

Ich denke, daß eine Abgrenzung von SF und "allgemeiner Phantastik" zu Fantasy und Horror schon sinnvoll ist, auch wenn besagte Grenzen natürlich nicht fest definiert sind. Wenn ein Meuchelmörder nachts durchs Hafenviertel streicht und späte Passanten in Stücke schneidet, dan ist es eben Horror und keine Phantastik und das gleiche gilt für den 35ten Abklatsch der Artussage, der aus Marketinggründen unter dem Begriff "Fantasy" läuft.Ein Problem ist dabei die Tatsache, daß das Subgenre "Fantasy" im Grunde nichts mit Phantastik zu tun hat, auch wenn die Bezeichnung anderes nahelegt. Wells und Poe haben z. B. überwiegend Phantastik geschrieben, niemand würde auf die Idee kommen, sie als Fantasyautoren zu bezeichnen. "Fantasy" ist m. E. ein Kunstbegriff, um modifizierte und recycelte Märchen und Sagen an Erwachsene verkaufen zu können. Leider ist die Begriffsverwirrung so groß, daß viele Leser - gerade aus dem SF-Lager -, sofort das Wort "Fantasy" in den Mund nehmen, sobald eine SF-Story phantastische Elemente enthält. Jürgens Beitrag ist ein gutes Beispiel hierfür.Zumeist kommt diese (falsche) Einschätzung als Vorwurf daher, als versuche der Autor dem wissenschaftlich gebildeten SF-Leser mit allerlei Blendwerk Sand in die Augen zu streuen. Sogar von "Etikettenschwindel" ist die Rede, als wäre es für einen Autor besonders lukrativ, sich in einen "Markt" einzuschleichen, der auch bei großzügisgter Auslegung der Fakten nicht eben wirtschaftlich bedeutend ist. Dabei wird gern übersehen, daß gerade die erfolgreichsten und anspruchsvollsten Werke des Genres nicht ohne Phantastik-Elemente auskommen. Natürlich mag diese Einschätzung dem persönlichen Geschmack unterliegen, aber ich könnte mich mit einer "reinen" - aller phantastischen Elemente entkleideten - SF nicht anfreunden.GrußT.

#14 Jürgen

Jürgen

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Geschrieben 01 Mai 2004 - 13:16

Guten Morgen, also Tiresias... jetzt mal ganz unter uns... liesst ja keiner mit... Verstehst du überhaupt, was andere Leute so schreiben ? Gibt es persönliche Einschränkungen, die das Verstehen eines Beitrags verhindern ? Alle Mitglieder (hoffe ich doch) "verstehen", was ich meine... Impala klaut mir sogar den (versteckten) Gag meiner Aussage. -_- Ich könnte natürlich für alle, die meinen kleinen Beitrag nicht verstanden haben, jetzt hier eine Interpretation posten... nur denke ich, dass sich für einen User nicht lohnt. Du schreibst...

Dabei wird gern übersehen, daß gerade die erfolgreichsten und anspruchsvollsten Werke des Genres nicht ohne Phantastik-Elemente auskommen.

Nochmal... zum langsamen mitlesen (bitte laaaangsam lesen)... DAS HABE ICH DOCH GESAGT !!!!!!! Ich habe sogar die Erklärung, WARUM das so ist, dazugeliefert. Was kann man daran nicht verstehen ? weiter...

Sogar von "Etikettenschwindel" ist die Rede, als wäre es für einen Autor besonders lukrativ, sich in einen "Markt" einzuschleichen, der auch bei großzügisgter Auslegung der Fakten nicht eben wirtschaftlich bedeutend ist.

Also... selbst in deinem Schloss, hoch über allen Gebieten des "gemeinen Lesers" und den Verkaufszahlen der Verlage, solltest du doch mitbekommen haben, das die "Shadowrun-Serie" der TOP-Verkaufsschlager in Sachen SF war/ist. Und das wird als SF verkauft. Ein Musterbeispiel an Etikettenschwindel. Du findest diese Serie nicht lukrativ ? Mit all seinen weiteren Ablegern (Rollenspiele, Figuren und anderen Merchandising-Produkten)ist es wirtschaftlich unbedeutend ? Also ehrlich... manchmal glaube ich tatsächlich, dass du keine Ahnung davon hast, was in der Welt vor sich geht. Ich glaube zwar auch ungern Statistiken, die ich nicht selbst gefälscht habe, aber die Verkaufszahlen geben ein deutliches Bild ab. und noch weiter..

Jürgens Beitrag ist ein gutes Beispiel hierfür. Zumeist kommt diese (falsche) Einschätzung als Vorwurf daher, als versuche der Autor dem wissenschaftlich gebildeten SF-Leser mit allerlei Blendwerk Sand in die Augen zu streuen.

Öhm... das ist nicht so ? Hach ! Schon mal Alexander Besher gelesen ? ... oder Walter Jon Williams ? ... oder china Mieville oder... DAS wird alles als Science Fiction verkauft ! Kein Blendwerk ? Mann Oh Mann... wenn DAS nicht den ursprünglichen Begriff der SF ad absurdum führt, was dann ? Die Autoren, die durch ihre eigene Interpretation des Themas SF andere Wege beschreiten, bekommen von mir meine besten Wünsche zum Erfolg... aber nicht mein Geld ! Vieles in meinem Posting ist keine persönliche Interpretation, sondern einfach die Beobachtung eines (alten) Lesers, der mit offenen Augen durch die Welt latscht. Untermauert von Verkaufszahlen und Informationen einschlägiger Verlage, die auch SF herausgeben. bis denne Jürgen

Bearbeitet von Jürgen, 01 Mai 2004 - 13:32.

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#15 Gast_Frank W. Haubold_*

Gast_Frank W. Haubold_*
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Geschrieben 01 Mai 2004 - 14:43

@ Jürgen Nicht aufregen, nein, das bringt nix. Ich weiß, wovon ich rede ... -_-

Also... selbst in deinem Schloss, hoch über allen Gebieten des "gemeinen Lesers" und den Verkaufszahlen der Verlage, solltest du doch mitbekommen haben, das die "Shadowrun-Serie" der TOP-Verkaufsschlager in Sachen SF war/ist.

Hab ich nicht. Ich weiß zwar, daß es sowas gibt, wäre aber nie auf die Idee gekommen, es als Literatur anzusehen. Aber selbst wenn das stimmt, was Du schreibst, wem ensteht dadurch ein Schaden? Wenn Leute dieses Zeug kaufen wollen, dann kaufen sie es auch, wenn es nicht unter dem Etikett SF angeboten wird, oder nicht?

Schon mal Alexander Besher gelesen ? ... oder Walter Jon Williams ? ... oder china Mieville oder... DAS wird alles als Science Fiction verkauft!

Nein zu 1. - 3., sollte ich? Und was ist so schlimm daran, wenn diese Sachen als SF verkauft werden? Bohlen-und Küblböck-Biographien werden doch auch als Bücher bezeichnet und verkauft ... Empfindest Du es als persönliche Beleidigung, wenn bestimmte Bücher nicht Deiner Definition des Genres entsprechen? So viele Fragen ... :D Beste Grüße Frank

#16 MartinHoyer

MartinHoyer

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Geschrieben 02 Mai 2004 - 11:21

Wenn ich nur genug beschriebene Seiten zusammentackere, habe ich auch ein Buch. Selbiges gilt auch für die Biographien der Deppenprominenz. Das ist dann auch Literatur, selbst wenn sie einem nicht gefällt.Was SF angeht, gefällt mir weder Jürgens sehr einschränkende Definition, noch das, was unter diesem Etikett und dem Obertitel "Shadowrun" erscheint - DAS würde ich ganz klar als Fantasy bezeichnen, weil dort phantastische Elemente enthält zum Alltag der fiktiven Realität zählen. Über die Qualität, die das Ganze in meinen Augen hat, lasse ich mich nicht aus - das ist von Gattungszuordnungen unabhängig.Phantastik ist für mich, wenn das Irreale schleichend in unsere reale Welt diffundiert und diese allmählich verzerrt - selbst wenn dies nur im Innenleben des/der Protagonisten stattfinden sollte.Als Horror bezeichne ich, wenn das Irreale deutlich auf Schreckenswirkung ausgelegt und ganz unverblümt als Fremdkörper eintritt.Wenn ein Meuchelmörder nachts Leute zersägt, ist das aus meiner Sicht ein Thriller, kein Horror - es sei denn, der Meuchelmörder war selbst schon mindestens einmal tot oder ist kein Wesen dieser Welt. Kurz, es fehlt vorerst das phantastische Element.This is my truth, tell me yours ... ;)
Though my soul may set in darkness, it will rise in perfect light;
I have loved the stars too fondly to be fearful of the night.
(Sarah Williams: The Old Astronomer To His Pupil)

#17 Mammut

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Geschrieben 15 Mai 2004 - 12:41

http://www.leselupe....?threadid=50602 Wie würde man den diese Geschichte einordnen? Als allgemeine Phantastik oder überwiegt der Horroranteil?

#18 Gast_Gast_Ulrich_*

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Geschrieben 06 Juni 2004 - 12:21

Arkadi und Boris Strugatzki haben Phantastik wie folgt beschrieben: "Phantastisch nennen wir jedes literarische Werk, in dem ein Element des Ungewöhnlichen, Unwahrscheinlichen, des noch nicht Möglichen oder durchweg Unmöglichen eine wesentliche Rolle spielt."Enstprechend gibt es Ausprägungen der Phantastik in Märchen, Mythen, Sagen, Science Fiction, Fantasy, Horror und welche Genres es eben noch gibt.

#19 Gast_Guest_*

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Geschrieben 11 Juni 2004 - 23:38

Gast Ulrich schrieb:

Enstprechend gibt es Ausprägungen der Phantastik in Märchen, Mythen, Sagen, Science Fiction, Fantasy, Horror und welche Genres es eben noch gibt.

Finde ich alles ganz plausibel, auch wenn für mich noch keine Definition wirklich so spruchreif ist, daß ich sie als meine Ansicht zitieren möchte. Kommt aber darauf an, aus welchem Fenster man schaut, ich guck halt vielleicht aus zu vielen verschiedenen.

Gegen die Aufnahme von Mythen (und vielleicht auch Sagen) unter das, was man Genre nennt, muß aber Einspruch erhoben werden, denn daß mit der Milieutheorie verbandelte Wort Genre (Kunstgattung) ist zu jung und scheuklappig, um der Wucht und Rätselhaftigkeit gerecht werden zu können.

Mythos ist so mächtig, der faßt sogar unsere avanciertesten und abgedichtesten Wirklichkeitsklärungen und macht aus ihnen lediglich Beruhigungsgeschichten für das kleine inteligible Menschenseelchen. Mythos ist kein Kunsthandwerk, sondern Seinshandwerk.

#20 molosovsky

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Geschrieben 11 Juni 2004 - 23:40

Opps, mein erster verissener Einlogger.Der Mythen-Einspruch war meinermolosovsky / Alex

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#21 Rusch

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Geschrieben 12 Juni 2004 - 00:02

Enstprechend gibt es Ausprägungen der Phantastik in Märchen, Mythen, Sagen, Science Fiction, Fantasy, Horror und welche Genres es eben noch gibt.

Gut auf den Punkt gebraucht. So ähnlich sehe ich es auch, wenngleich man bei Mythen und Sagen streiten kann. Meinst beschreiben Sagen auch übernatürliches. Dann kann man sie der Phantastik zuordnen, aber manche auch wiederum nicht. Aber Märchen! Ganz sicher - hier kann man von einem Subgenre sprechen wie bei der SF, der Fantasy oder der Horrorliteratur.

#22 Thomas Sebesta

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Geschrieben 13 Juni 2004 - 19:36

...Gegen die Aufnahme von Mythen (und vielleicht auch Sagen) unter das, was man Genre nennt, muß aber Einspruch erhoben werden, denn daß mit der Milieutheorie verbandelte Wort Genre (Kunstgattung) ist zu jung und scheuklappig, um der Wucht und Rätselhaftigkeit gerecht werden zu können.

Mythos ist so mächtig, der faßt sogar unsere avanciertesten und abgedichtesten Wirklichkeitsklärungen und macht aus ihnen lediglich Beruhigungsgeschichten für das kleine inteligible Menschenseelchen. Mythos ist kein Kunsthandwerk, sondern Seinshandwerk...

Hier muß ich Alex absolut recht geben:

Mythos hat meiner Meinung nach überhaupt nichts mit Literatur an sich zu tun. Mythos ist für mich wohl das Gedächtnis der Menschheit als es "Literatur" noch gar nicht gab.

Es hat wohl was mit Phantastik zu tun, aber es als Genre einzureihen halte ich für doch sehr gewagt.

Gruß
Thomas

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#23 molosovsky

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Geschrieben 13 Juni 2004 - 22:11

Danke für die klärenden Worte zu Mythen aber danke auch für das Erwähnen von Mythen als Genre.

Wobei ich auch da gleich einwenden kann, daß Mythen durchaus Literatur sind. Sie wären uns ja nicht überliefert, lägen sie nicht geschrieben, geritzt, piktografisiert oder sonstwie in Zeichen und Schrift gebannt vor. Literatur als Bezeichnung für das überlieferte und produzierte Schriftgut (einer Nation, einer Kultur, der Menschheit) ist lediglich ein viel viel viel viel weiter umfassender Begriff, als ein ca. 400 Jahre jüngerer und durch eingeengtere Spezialistensicht erspähter Schubladenbegriff wie Genre.

Mythen sind für mich Phantastik in Reinform, wie auch noch Religion (Theologie) oder Wissenschaft (Kosmologie) der Phantastik in viel innigerem Maße nahestehen, als es das Alltagsdenken immer zulassen mag zu denken. Wiegesagt, das Wort Phantastik legt nahe, hierunter die Denk- und Vorstellungsleistungen sowie gestaltenden und schriftlichen Künste zu summieren, welche den Betrachter Gedanken und Einfälle ermöglichen, die Vorstellung(skraft) und Einbildung(skraft) bequellt und anregt, die vor dem geistigem Auge etwas erscheinen und sichtbar werden lassen. Im Griechischen war es ganz ursprünglich ein Verb, also sinngemäß: »†¦etwas sichtbar werden lassen.«

Es hat sich erst im Sprachgebrauch der letzten Jahrhunderte eingebürgert, unter Phantastik vorbehmlich solche Sehen-machende Formen zu verstehen, die sich dabei Bilder, Vorgänge, Intelligenzen, Wesen bis hin zu Welten als Ausstattung bedienen, die der gesicherten Erfahrung und den nachprüfbaren Beobachtung des Menschen als Bewohner der tatsächlich stattfindenen Welt zuwiderlaufen.

Das zeigt, daß es Sinn macht genauer zu fragen und aus: »Was versteht man unter allgemeiner Phantastik?« ein »Wer unterscheidet seit wann, wo und warum zwischen allgemeiner Phantastik und was immer die andere Seite der Münze sein mag?« zu machen.

Bearbeitet von molosovsky, 16 Juni 2004 - 13:26.

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#24 Ronni

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Geschrieben 14 Juni 2004 - 11:36

Zum Thema Mythen und Phantastik Wie es der Zufall so will, geht Jeff Gardiner in seiner AC-Kolumne auf das das Thema ein: Die Tore zum Paradies: Fantasy und Mythologie Gruß Ronni
Die Schlauheit des Fuchses basiert zu 90% auf der Dummheit der Hühner.

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#25 molosovsky

molosovsky

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Geschrieben 16 Juni 2004 - 13:28

Hallo Ronni und alle.

danke für die Links auf die Gerdiner-Artikel. Die sind lesenswert. Meiner Überzeugung nach, gehört zu den aufregensten Aspekten des Phantastiklesens die Auseinandersetzung mit Fragen wie:
- »Was ist allgemeine Phantastik?«
- »Was unterscheidet Fantasy, Horror und Science-Fiction voneinander, und was soll man mit weiteren Unterteilungen wie Dark-Fantasy, Slipstream, Gothic Novell Magischer Realismus usw. anfangen?»
- »Was zeichnet literarisch gute Phantastik (Fantasy, Horror, S-F usw.) aus?«

Threads zu solchen Fragen (sowohl hier als auch bei SF-Fan) gehören zu meinen bevorzugten Sandkästen, das hast Du und andere sicherlich schon gemerkt. Warum? Nun, weil Phantastik immer an den grundsätzlichen Fragen um die Auffassung der Wirklichkeit rührt †¦ egal, ob der Leser das aufmerksam bemerkt oder reflektiert, oder eben nicht und nur zwecks Unterhaltenwerden liest (guckt) †¦ was ich immer nicht wertend unterscheide.

zu Mythen: Gardiner schreibt im ersten seiner beiden Artikel:

†¦so unterschiedliche Formen und Genres wie Mythen, Sagen, Märchen, heroische Abenteuerliteratur, Schauerromane, Horrorromane, Science Fiction und Magischen Realismus†¦

Er drückts nochmal klar aus, was Gast_Ulrichs Beitrag aufwarf. Mythen sind kein (Literatur-)Genre, sondern eine (Literatur-)Form.

Interessant, daß Gardiner sich kirre machen ließ, und so schlicht Falsches behauptet wie:

†¦Fantasy paßt nicht in unsere rationale, materialistische Kultur, die fortwährend alles Spirituelle oder Übernatürliche ablehnt.

Die Kultur der ersten Welt trieft vor Mysthik, Phantastik und Spirituellem, nur herrscht auf diesen Gebieten ein heilloses Durcheinander. Allein die weitverbreitete Neugier für und Hinwendung zu östlicher- oder (ethnologisch gemeint) primitiver Religiösität, sowie Märchen (für Kinder und Erwachsene) und Magie läßt Gardiners Bemerkung ignorant und naiv erscheinen. Vielleicht ist ihm das Genannte auch zu suspekt, als das er ihm Raum geben wollte. Kann ich verstehen.

Zudem: Gardiners Artikel sind auf Englisch geschrieben. Wo in der deutschen Übersetzung »Fantasy« steht, müßte so manches Male »Phantastik« (oder Neudeutsch: Fantastik) stehen. Zur Übersicht:
englisch Fantasy = Phantastische Literatur im allgemeinen; seit Tolkien aber fast ausschließlich bezogen auf dessen Ableger und Erben.
deutsch Fantasy = klares (Marketing-)Signal, daß es sich um Tolkien(und Co.)-Nachfolgerliteratur handelt; Teilmenge der Phantastik.
deutsch Phantastik/Fantastik = alles an nicht-realistischer Literatur, egal ob im allegorischen (oft satierisch), poetischem oder symbolischem Gebrauch, oder ontologisch noch weiter bis komplett von unserer Welt abweichend (Einbruch des Nicht-Realen; Nebeneinander von Real und Nicht-Real; Alternativwelten; Zweitschöpfungen). Also alles von Mythen, Sagen, Märchen, über die ersten modernen wie Swift und Lewis Carroll bis zu all unseren Freuden von heute von Tolkien bis China Miéville.

Am Rande dazu will ich mal anbringen, daß religiöse und philosophische Texte zuweilen gewaltige Phantastik-Anteile aufweisen. Nehmen wir Papa Platon, der seine Ausführungen immer wieder mit sehr plastischen Geschichten illustriert; am bekanntesten ist wohl sein Höhlengleichnis vom Menschen mit dem Rücken zum Feuer, den wirklichen Dingen zwischen Feuer und Menschen, die von den Dingen nur die tanzenden Schatten auf der Höhlenwand wahrnehmen, weshalb der Mensch nicht die Dinge selbst erfassen und beschreiben oder sich über sie unterhalten kann. Das ist Platons (sehen machen sollendes) Bild für die Wirklichkeit und der Menschen Austausch darüber. Pure Phantastik. Strenggenommen läßt sich so gesehen sogar die Mathematik (und damit die aus ihr erwachsene Naturwissenschaft) als Phantastik bezeichnen, ja sogar als deren strengster und wirkungsmächtigster Vertreter: eine Phantastik die auf Zählbarkeit, Evidenz und einigen Axiomen beruht.

Ich erwähne Platon und Mathematik nicht leichtfertig hier, denn inzwischen bin ich mit meiner Grundlagenlektüre soweit, daß ich mich klarzustellen getraue, die Phantastik auf ihn zurückzuführen. Er hat im Weltdenken endgültig die Ideenwelt (kósmos noet´s; mundus intelligiblis) postuliert, und von da an (6. Buch der Politeia, Sonnengleichnis) können sich auch die (von Leibniz dann so genannten) »Möglichen Welten« tummeln. Jeder, der für oder gegen Phantastik spricht, positioniert lediglich seine Meinung über Zucht, Handhabung und Hygiene der Ideenwelt.

WIR Phantastophilen und Narrationskonsumenten stehen dafür ein, daß es okey ist Erzählungen zu produzieren und zu genießen, in denen mit den wunderbaren Verfahrens-Möglichkeiten der Ideenwelt solche Wesen wie sprechende Tiere, Ents und Vampire, Techniken wie Raumschiffe, Beamen und Neu-Sprech, Intelligenzen wie H.A.L., Solaris und der Große Bruder, Einrichtungen wie Pre-Crime, Hogwarths und Laputa usw erschaffen werden.
UNSERE Gegner warnen im Grunde vor den Gefahren solcher wilden Operationen und sorgen sich um die Einhaltung gewisser Sorgfaltsregeln und Reinlichkeitsansprüche.

So lächerlich es klingt, bewegt man sich hierbei auf den alten Schlachtfeld der Bilderanbeter versus Bilderstürmer. Aktuell und in extremo sind die Rollen sogar so verteilt, daß der Abendländler die (geblendeten) Bilderanbeter sind, und der Islamismus für sich beansprucht, die reformatorisch reinige Gegenkraft zu sein. Das bricht sich dann fraktal runter bis zum Gegensatz Space Opera gegen Hard S-F †¦ was ich als Denkgymnastik alles nicht wertend verstanden haben möchte.

Grüße
molosovsky / alex

Bearbeitet von molosovsky, 16 Juni 2004 - 13:53.

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Geschrieben 16 Juni 2004 - 14:16

Ich habe noch einen interessanten Link zum Thema "Phantastik in der Literatur" gefunden. Dabei ist auffallend, dass 4 von 5 Theoretikern die Science Fiction NICHT zur Phantastik zählen und das Mythos, Märchen, Sage, Legende wohl als Genres der Phantastik gewertet werden. Hilfreich auch die vorhandenen Downloads zum Thema Gruß Thomas

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Geschrieben 16 Juni 2004 - 19:42

Dabei ist auffallend, dass 4 von 5 Theoretikern die Science Fiction NICHT zur Phantastik zählen und das Mythos, Märchen, Sage, Legende wohl als Genres der Phantastik gewertet werden.

Wie überraschend ! http://www.scifinet....tyle_emoticons/default/wink.png Ich fühle mich in meiner Meinung bestätigt... Danke, Danke.. (Vorhang fällt) Gruss Jürgen
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#28 molosovsky

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Geschrieben 17 Juni 2004 - 13:11

Zu den *Genre*-Definitionen auf der Uni Heidelberg-Seite:richtig, 4 von 5 Akademikern rechnen SF nicht zur Phantastik. 2 von denen beschäftigen sich aber auch vornehmlich mit Märchen und Fantasy bezüglich Jugend- und Kinderliteratur.Todorov ist ziemlich heikel - ich persönlich finde zwar sein semiotisches Anayseverfahren (erarbeitet an russischen Volksmärchen) recht interessant, aber er ist imho KEIN wirklich aufgeschlossener Theoretiker der Phantastik.Der andere, Durst, definiert Genre hauptsächlich über STrukturmerkmale, was viel zu kurz greift. Selbst wir hier haben weitestgehend festgestellt, daß die Genre-Labels mehr mit Vertrieb und Markteing zu tun haben, denn mit Literaturwissenschaft (und es war nie groß anders).Lediglich der aktuellere Ansatz von Haas ist umsichtiger und siehe: bei ihm ist SF zur Phantastik gehörog.@Jürgen: Welche Meinung von Dir hat das 4 zu 1-Verhältnis bestätigt? Ist SF für Dich keine Phantastik, oder hegst Du (wie ich ja auch) Skepsis gegenüber literaturwissenschaftlichen Zerpflückungen von Phantastik und deren Teilmengen?Außerdem ist das Projekt nur halb Literaturwissenschaftlich. Verantwortlich ist der Fachbereich Pädagogik. Wie öfters, gibt es durchaus aus dieser Richtung Interesse um eine Auseinandersetzung mit Phantastik; leider halten sich die reinen literaturwissenschaftlichen Fachbereiche auffällig zurück (auch wenn ich an anderer stelle das genaue hoffnungsvolle Gegenteil behauptet habe).

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