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"Best Defense"-Comicserie


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6 Antworten in diesem Thema

#1 yiyippeeyippeeyay

yiyippeeyippeeyay

    Interstellargestein

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Geschrieben 03 Mai 2004 - 00:08

Eingefügtes Bild

 

Ich probe hiermit mal einen deutlicheren Aufstand und versuche mich im Forum unverblümt an der politischen Rezension einer (immerhin sehr aktuellen) Comicserie. Sind Comics nicht auch irgendwie Magazine? Eingefügtes Bild

 

Seit Ende letzten Jahres textet J.J. Miller den Marvel-Traditions-Titel Iron Man (Marvel ist einer der 2 größten Comic-Hersteller in den USA, neben D.C., Heimat von Superman & Co.), und obwohl ich heutzutage weder Geld noch Inklination habe, Marvels so genau zu verfolgen, fiel ich doch etwas aus den Socken als ich mal kurz in diese Serie hineinlugte (weil früherer großer Fan dieses "Nicht-Superhelden" - wie fan, äh, man am tollen Cover oben sieht, hat sich der Panzer mal wieder verändert in letzter Zeit, sieht realistischer aber auch irgendwie "japanischer" aus als früher).

Das Kapitel um das es mir bei diesem Marvel-Titel geht, heißt The Best Defense - es ist eine "Miniserie" von 6 Heften, die jetzt im Mai endet.

Story
Tony Stark, alias Iron Man (IM), hat vor nicht all zu langer Zeit öffentlich zugegeben dass er es immer selber war, der hinter der IM-Maske agierte. Und: Schon lange davor stellte seine Firma, Stark Industries, den Betrieb als staatlich-beauftragter Waffenkonstrukteur offiziell ein; sie verdient anderswie eh genug.

Was er nicht wusste ist dass es ein US-Gesetz gibt, dass es dem Staat erlaubt, jeglichen Patentschutz zu umgehen bei Produkten die "die nationale Sicherheit gewährleisten könnten", und daher hat ein (eher machtgeiler) Senator sich Stark besonders angenommen, und arbeitet mit einem Team seit Jahren daran, IM's Technologie nachzubauen und militärisch einzusetzen. Allerdings arbeiten der Senator und andere militärische Kontraktoren schlampig, und bei Tests und im Einsatz sterben und verletzen sich Soldaten, wenn sie die neuen Apparate ausprobieren.

Als der Präsident dies mitbekommt, möchte er mit Stark reden. Letzterer ist ob der Unfälle schockiert, und beide kommen zu dem Schluss dass Stark die Situation nur korrigieren kann, wenn er selber entscheiden kann, welche seiner Erfindungen wo und wie eingesetzt werden sollen. Er schlägt also dem Präsi vor, er, Stark, solle Verteidigungsminister werden! Als der Präsident ihn etwas später nach einer Rede bei einem Militär-College vorstellt, verspricht Stark sogar, dass er im Falle seiner Wahl durch den Senat den Krieg an sich neu definieren wird, nämlich: Derartige Technologie einzusetzen, dass niemand mehr in Kriegen sterben muss!

Die Sache nimmt ihren Lauf, der Senat hört Ergebnisse eines Anhörungs-Komittees, das nicht gerade erpicht ist von der Idee einen Superhelden als politischen Machthaber einzusetzen, Washington wird bedroht...

(Ich habe die letzten 2 Hefte noch nicht erworben - bin noch dafür am Sparen.)

Kritik
Dass Superhelden auch politisch agieren können, ist nichts so sehr Neues (man erinnert sich evtl. an gewisse Folgen von Green Lantern und Captain America). Auch dass Marvel einen echten Präsidenten ins Geschehen einbindet, nicht. Aber dass zur Zeit des zweifelhaften Irakkrieges der amtierende Präsident so positiv dargestellt wird (also Bush jr. z.B. als gewitzter Sarkast - der u.a. auf die erschrockene Verneinung seines Stabschefsentspr.  reagiert, als er und Stark ankündigen, Stark wolle Verteidigungsminister werden), und dass ein Superheld derartig geradlinig den Marsch durch die Institutionen angeht, nimmt einem doch ein wenig die Spucke!

Besonders wenn man seit Jahrzehnten die Abenteuer eines phantastischen Helden verfolgt, der sich immer an den allgemeinen Comic-Gutmensch-Kodex gehalten hat, inkl. dessen Absurditäten ("verheimliche immer wer du bist" / "lass dir die Kleider vom Leib reissen, nur müssen die Genitalien immer verdeckt bleiben" / "stehe nur zur Rettung zur Verfügung, nie zur Parteinahme"), wirkt dieser neue realistische Umschwung in der Comicwelt verwirrend. Nicht nur bei IM geht es so zu - auch bei D.C. kam gerade eine Alternativhistorie heraus, die beschreibt was gewesen wäre wenn Superman in der USSR als Baby gelandet wäre (Superman: Red Son).

Entweder haben die Großen der Comic-Industrie die Politik als weiteren Umsatzmacher entdeckt, oder Comic-Autoren nehmen wahrhaftig zu aktuellen politischen Diskussionen immer deutlicher Stellung (in einem zumindest mir unbekannten Ausmaß)! So war es schon mal in den Dreißigern (da gab es z.B. so eine Art "panzerlosen Anti-Stark" namens Daddy Warbucks im bekanntesten Comic-Strip der Zeit).

Sicherlich wurden Zeichner auch immer gerne als Propagandisten zu Zeiten von Kriegen eingesetzt, aber in den Vierzigern war das Feindbild doch etwas klarer (meint man zumindest aus Sicht des Alten Europa).

Starks Rede, die das Böse eines jeden Krieges aufs reine Morden reduziert, und die andeutet, dass der "öffentliche Superheld" diesen Aspekt diesmal mit wirklich allen Mitteln verhindern will, ist relativ naiv, und man fragt sich ob hier die Leser wieder auf kindliches Comic-Fan-Niveau reduziert werden. Aber im nächsten Heft wird Stark von einem Anhörungs-Senator dann auch gleich dieser Naivität bezichtigt. Und in einer anderen Szene, als Stark sich in der Öffentlichkeit "anzieht" um dann als IM wegzuzischen, fragt der Stabschef ihn noch schnell ob er denn eigentlich Republikaner sei - Stark:

 

I don't know - is that a deal-breaker? ("Ich weiß nicht - ist das Einer der sich nicht an Absprachen hält?")

Ich bin also als Alt-Fan verwirrt, als politisch einigermaßen informierter Beobachter misstrauisch, aber auf jeden Fall gespannt ob der Schreiber (Miller) die Sache einigermaßen intelligent zu einem Schluss bringt. Momentan weiß ich nicht ob ich lachen, weinen oder loben soll; man merkt jedenfalls, dass in den USA doch ziemlich anders übers Kriegsführung geredet wird, als bei uns. Fürs nächste "Kapitel" (also ab Juni) ist bereits angekündigt dass IM im Irak zum Einsatz kommt. Dann gleich als Bushs persönliche Ultima Ratio?

Man darf aufgeregt auf die nächsten Hefte warten (und das in meinem Alter! Eingefügtes Bild). Übrigens: Bitte nicht "spoilen" - klar ist im WWW schon alles detailliert beschrieben! (Also Augen zu und zum Comic-Händler durchtasten...)

Abschließend noch (Achtung: Englisch!) ein paar Hintergrund-Gedanken Millers zur Miniserie.


(Bildnutzungs-Hinweis: Das Cover-Bild oben ist ein Link zur Marvel-Wikia-Website, IM-Seite.)


Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 19 Oktober 2017 - 16:36.

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Yay! Fantasy-Reimerei Mitte August...
[..] Verzweiflung beschlich sie im Stillen.

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"Wenn sich all unsere Wünsche erfüllen,

dann wünschen wir einfach mit Willen

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Sie befolgten den Rat und von Stund an war

wieder spannend das Leben und heiter.

Die Kinder war'n froh wie vor Tag und Jahr

und vielleicht gar ein wenig gescheiter.

(BewohnerInnen der Stadt der Kinder, aus der "Geschichte vom Wunsch aller Wünsche", aus Die Zauberschule & andere Geschichten, Neuauflage im Thienemann-Verlag, S. 93, von Ende)


#2 Holger

Holger

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Geschrieben 04 Mai 2004 - 22:33

Hi yiyippeeyippeeyay.

Sind Comics nicht auch irgendwie Magazine?

Aber hallo. Danke für die ausführliche Vorstellung und Kritik. Werde ich mir mal beim Comichändler meines Vertrauens genauer ansehen. Die Story bringt offensichtlich ganz deutlich zum Ausdruck, dass der Genuss eines solchen Comics ein bisschen mehr erfordert, als schlicht die Freude am Lesen. Ist irgendwie ein komplexes Zeugnis des amerikanischen Selbstverständnisses, bzw. des kritischen oder (umgekehrt) unreflektierten Umgangs damit. Da durchzublicken ... ;) Grüße, H.
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(Georg Christoph Lichtenberg)

#3 yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 06 Mai 2004 - 11:39

Aber hallo.         : Die Story bringt offensichtlich ganz deutlich zum Ausdruck, dass der Genuss eines solchen Comics ein bisschen mehr erfordert, als schlicht die Freude am Lesen. Ist irgendwie ein komplexes Zeugnis des amerikanischen Selbstverständnisses, bzw. des kritischen oder (umgekehrt) unreflektierten Umgangs damit. Da durchzublicken ... ^_^

"Aber hallo" heißt "ja", oder? ;) Ich stimme dir wärmstens zu, H.! Ich hab mich bisher nicht getraut, Comics im Buchforum zu sehr zu thematisieren, besonders wenn ich sie genossen habe. Ich käme mir ein wenig wie Pandora vor. Das liegt wohl nach wie vor an dem schlechten Ruf den Comics noch immer haben, zur Hälfte zumindest natürlich unverdient, seit mindestens 15 Jahren (und vor 70-90 Jahren gab es auch viele Meisterwerke). Alleine dass sie hier im Forum kaum vorkommen, scheint zu unterstützen, dass Comics nicht als S.F. gelten - bei einigen handelt es sich aber gerade um besonders "avant garde" SF-Ideen. (Wie kategorisiert man z.B. Miyazaki's Nausicäa?) Diese Iron-Man-Miniserie ist aber schon etwas Besonderes weil sie so nah am wirklichen Geschehen ansiedelt. Sie ist übrigens sehr "text-orientiert" für einen typischen Action-Titel - einige IM-Fans haben sich wohl schon beklagt dass es zu wenig Kämpfe gebe. Ich habe schon den Eindruck dass es sich (zumindest auf alle IM-Hefte bezogen) um einen Meilenstein handelt. Auch im Sinne der amerikanischen Sicht auf Gründe für und Durchführung von Krieg; bis jetzt (wie gesagt, 2 Folgen stehen in meiner Sammlung noch aus) ist allerdings alles ein wenig plakativ - z.B. haben hier die Amerikaner gar keinen Anteil an der Entstehung der Konflikte in der arabischen Welt (Araber werden nur als Terroristen bzw. Opfer von Terroristen dargestellt). Also, Comic-Fans: "Make mine Magazine-Forum!" Ich bin gespannt auf interessante Hinweise insbes. auf aktuelle Comics!


Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 28 Dezember 2020 - 23:45.

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#4 MartinHoyer

MartinHoyer

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Geschrieben 07 Mai 2004 - 12:53

Daß auch ein - den Verhältnissen entsprechend - ambitionierter Comiczyklus nicht wirklich kritisch ist, wundert mich nicht. Marvel ist ein traditionsgebundener All-American-Verlag, so liberal die Leute dort im Grunde auch sein mögen. Nehmen wir an, daß es dort überhaupt ein Empfinden für Ursache und Wirkung im Kulturkonflikt gibt, würde es Marvel viele Leser kosten, als eine der Ursachen die US-Außenpolitik der letzten 60 Jahre anzuführen.Die allgemeine Ernüchterung über den Verlauf des Irakkrieges macht es möglich, überhaupt kritische Töne anzuschlagen - aber nur ganz sachte und im Grunde ohne jegliche Konfrontation. An dem Tag, an dem ein Verlag wie Marvel eine mittelschwere Meinungsbombe hochgehen läßt, konvertiert Osama bin Laden zum Katholizismus und lädt Scharon auf einen Mokka ein.Auch in der Darstellung des Präsidenten gibt es nicht viel Spielraum. Kompetenz wird Bush selbst im eigenen Lager niemand unterstellen, aber seine Trotteligkeit läßt sich immer noch als jeckenhafte Verschmitztheit darstellen, ohne das präsidiale Gottesgnadentum der Vereinigten Staaten anzugreifen und sich näher mit dem Patriot Act auseinandersetzen zu müssen, als es geschäftsverträglich ist. Seitenhiebe gegen Republikaner/Demokraten sind in Unterhaltungsmedien an der Tagesordnung und sicher kein Zeichen für das Einnehmen einer Position.Mainstream-Comics sind heute vielleicht stärker auf das Weltgeschehen bezogen, aber dennoch unpolitisch. Das ist hinsichtlich der damaligen, naiv-brechreizfördernden World-War-II-Motivation und der anschließenden Kommunistenhetze vermutlich auch besser so, denn ein Comic erreicht auch die sehr leicht beeinflußbaren Teile einer Gesellschaft, die mit reiner Schriftpropaganda nichts anfangen können. Das soll nicht heißen, daß Comics speziell etwas für Kinder und von Bildung weitestgehend Verschonte sind, das gewiß nicht. Aber in Sachen Print ist es das, was in der Breitenwirkung dem Fernsehen noch am nächsten kommt. Neutralität ist einer Instrumentalisierung folglich in jedem Fall vorzuziehen.Interessant finde ich, was die Figur des Tony Stark über die Mentalität der USA verrät: US-Amerikaner sind nun wirklich keine schlechten Menschen, die Spaß daran haben, andere Leute zusammenzubomben, um sie zur richtigen Weltsicht zu bekehren. Schöner wäre es, wenn man sie ohne tödliche Gewalt dazu bekehren könnte. Es gab eine Zeit, da glaubte man, daß der Kapitalismus diese nicht tödliche Waffe wäre - aber Pustekuchen. Da ist einfach die Leistung von Forschung und Wirtschaft gefragt, vereint in der Figur des superheldischen Forschers/Industriellen Stark. Es muß doch machbar sein, sich militärisch durchzusetzen, ohne damit schlechte Publicity zu provozieren.Der Gedanke an eine generell nonmilitärische Lösung wird nicht einmal angerissen, würde ich selbst ohne genauere Kenntnis des Zyklus behaupten wollen. Von einer Politik, die nicht auf missionarischen Aspekten beruht, ist darin vermutlich ebenso wenig die Rede. Das über Jahrzehnte aufgebaute Sendungsbewußtsein einer Nation schaltet sich nun einmal nicht einmal eben für die Weile aus, die man benötigt, um beispielsweise den Plot eines Comics zu entwerfen.
Though my soul may set in darkness, it will rise in perfect light;
I have loved the stars too fondly to be fearful of the night.
(Sarah Williams: The Old Astronomer To His Pupil)

#5 yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 08 Mai 2004 - 18:35

        : Die allgemeine Ernüchterung über den Verlauf des Irakkrieges macht es möglich, überhaupt kritische Töne anzuschlagen - aber nur ganz sachte und im Grunde ohne jegliche Konfrontation.         : Auch in der Darstellung des Präsidenten gibt es nicht viel Spielraum.         Seitenhiebe gegen Republikaner/Demokraten sind in Unterhaltungsmedien an der Tagesordnung und sicher kein Zeichen für das Einnehmen einer Position.         : Mainstream-Comics sind heute vielleicht stärker auf das Weltgeschehen bezogen, aber dennoch unpolitisch.         : Aber in Sachen Print ist es das, was in der Breitenwirkung dem Fernsehen noch am nächsten kommt.

Hallo Martin, danke für deine Kommentare. Ich stimme dir zu, möchte aber zu obigen Statements antworten... Ich persönlich glaube nicht daran, dass es in den USA nicht "erlaubt" war, Kritik während Beginn des Irakkrieges und danach zu äußern; Ex-Kandidat Dean hat das ständig getan und war m.E. deshalb am Anfang so beliebt. Nach "9/11" waren alle "solidarisch" mau (auch in der BRD - z.B. der sonst so politisch laute SPIEGEL), aber ich hätte gedacht dass es Anfang letzten Jahres schon anders war. Klar waren Bush und die Seinen populär - insofern würde das Comic auch von seiner Präsidentendarstellung (und, soweit ich momentan gelesen habe, milden Systemkritik) eher ein Jahr früher in die politische US-Stimmung hineinpassen, so wie ich sie wahrnahm. Dass der Präsi immer positiv dargestellt werden muss in Comics mag sein - da kenne ich kaum Gegenbeispiele. "Seitenhiebe gegen Rep./Dem." sind mir in den bekannteren US-Comics (und ich schließe da durchaus kleinere Verlage wie z.B. Dark Horse ein) aber auch unbekannt. Parteinahme war bisher immer höchst tabu. Insofern sind Comics untypisches Print. Allerdings finde ich dass nur einige Titel als "Print-TV" gelten können - viele Andere haben inzwischen einen (durchaus auch "thirtysomething" oder älteren) Nichenmarkt gefunden wie SF-Romane ja auch, und werden nicht sehr viel gelesen. Marvel selber versucht sich immer wieder in neuen Gefilden, wie vor ein/zwei Jahren mit der neuen "harten" Luke-Cage-Miniserie. Bisher aber eben wirklich eher unpolitisch, oder nur vage systemkritisch. Deine Analyse zur "Mentalität der USA" in Form von Tony Stark finde ich übrigens sehr treffend! (Ob der Texter vielleicht doch im Auftrag des Präsidenten an einem neuen "American way" tüftelt...?) :angry: P.S.:

Der Gedanke an eine generell nonmilitärische Lösung wird nicht einmal angerissen, würde ich selbst ohne genauere Kenntnis des Zyklus behaupten wollen. Von einer Politik, die nicht auf missionarischen Aspekten beruht, ist darin vermutlich ebenso wenig die Rede.

Satz 1: D'accord. Satz 2: Na ja, von Politik ist eh kaum die Rede, sondern nur vom Sinn des Krieges an sich, und was Patriotismus ist, oder was nicht. Die Umschiffung einiger Realitäts-Inseln gelingt dem Texter da bisher ganz gut. Vielleicht kommt ja noch etwas mehr zumindest zur Sinnlosigkeit von Kriegsführung in den noch ungesehenen Folgen. Was die USA überhaupt soweit außerhalb ihrer Grenzen (seit Jahrzehnten und in Zukunft) anstellt, und dass dies nicht nur mit der "nationalen Sicherheit" zu erklären ist, kam bisher nicht dran, und wird es wohl auch nicht; stimmt.

Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 08 Mai 2004 - 19:07.

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#6 MartinHoyer

MartinHoyer

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Geschrieben 09 Mai 2004 - 09:59

Mit "Seitenhieben auf Demokraten/Republikaner" meine ich keine Parteinahme. US-Amerikanische Ottonormalbürger sind ebenso wenig harte Parteigänger wie die Menschen hierzulande - je nach Situation wird dann eben gegen die eine oder die andere Richtung quergeschossen, so wie unsereins in launiger Runde direkt hintereinander politische Witze über die SPD, CDU, Liberale und Grüne reißen kann, ohne damit Stellung zu beziehen.Comics mögen da die Ausnahme bilden, zumal politische Themen dort nur selten aufkommen und somit keine Gelegenheit für Seitenhiebe besteht. Einiges an regionsspezifischen Wortwitz fällt sicher auch der Übersetzung zum Opfer, zumal es ohnehin unverständlich wäre.Seitenhiebe gibt es aber recht häufig in Film und Fernsehen und meistens im Nebensatz von Nebenfiguren. Ich erinnere mich spontan nur an eine Situation, in der ein Hauptcharakter querschießt, und das war in der SF-Serie "First Wave": Der Protagonist will sich auf eine Party schleichen und sein Freund fragt ihn, ob er sich nicht besser verkleiden wolle. Der Protagonist zeigt auf den kleinen Button am Jackenaufschlag und meint grinsend "Warum, ich gehe doch schon als Republikaner. Das wird reichen."Klarer Seitenhieb gegen die Republikaner, der Protagonist ist also definitiv keiner, somit vermutlich Demokrat. Ob deswegen kein republikanisch gesinnter US-Amerikaner die Serie mehr verfolgt hat? Wohl eher nicht.Ich will es mal so sagen: Wenn in US-Unterhaltungskonzepten Politik nicht generell herausgehalten wird, wird zumindest keine Position bezogen. Häufiger kommen gewisse Tendenzen zum Vorschein, was das föderale System angeht: Im Buch und Film werden der US-Bundesregierung und ihren Behörden häufig faschistoide Züge unterstellt, während Antiföderalisten häufig als Anarchisten (und gelegentlich als Nationalsozialisten) auftreten.Davon können sich auch bekannte Comics nicht freisprechen, denn man darf nicht vergessen, daß jede Superheldengruppierung im Grunde eine Miliz ist, die sich den Bundesgesetzen nur soweit unterwirft, wie es ihren Absichten nicht zuwiderläuft. Anarchistische Einzelgänger wie der Punisher oder Solo sind auch ein gern benutztes Motiv - der aufrechte Amerikaner braucht eben nicht mehr als sich, sein Gerechtigkeitsempfinden und eine große Kanone. Womöglich kommt er dabei zeitweilig vom rechten Pfad ab, aber er findet auch wieder zurück, ohne sich dafür ändern zu müssen.
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#7 yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 19 Juni 2004 - 15:00

Vor langer, langer Zeit schrieb ich:

Ob der Texter vielleicht doch im Auftrag des Präsidenten an einem neuen "American way" tüftelt...?  :)

Hier also noch ein Schlusswort von mir: Denn inzwischen gab's wieder etwas mehr Geklimper im Geldbeutel, ich rannte also los, holte mir die Restfolgen dieser Serie, und... Zumindest meine Antwort auf die obige Frage lautet: Ja. IM rettet die (o so dummen) Senatoren vor ihrem eigenen Missbrauch seiner militärisch-verfremdeten Technologie und wird am Ende wg. einer verfahrenstechnischen Feinheit doch SoD, also Verteidigungsminister. So gibt's ein Happy End (mit Glückwünschen vom o so netten Präsidenten) inkl. der bisher fehlenden Action. Die Fahnen flattern, eine Reihe von eisernen Männern salutiert Tony Stark - und ich für meinen Teil sage IM erstmal Ade... :help: (Behalten werde ich die Hefte schon, denn: Jahrzehnte später, wenn aktuelle Hicks of State - Bush, Schröder, Chirac, noch jemand? - so verklärt werden wie kürzlich Reagan, wird ein tapferes Herz diese Comicserie wieder aus großer Comictruhentiefe herausbuddeln, und dann, ja, dann werden wir alle klarer sehen...)

Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 19 Juni 2004 - 15:07.

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