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Rollerball


5 Antworten in diesem Thema

#1 yiyippeeyippeeyay

yiyippeeyippeeyay

    Interstellargestein

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Geschrieben 08 Mai 2004 - 09:37

ROLLERBALL (1975, 2002)
Eingefügtes Bild

(Hier müsste man jetzt laut die ersten Phrasen von Bach's Fuge in D moll abspielen können - Inspiration für diese Rezension war Impala's "nay" im Kill-Bill-Thread, das ich erst vor kurzem entdeckte, und meine unerklärliche Beschäftigung seit einigen Wochen mit dem Thema "Gewalltverherrlischung"...)

Vor 2 Jahren wurde Rollerball erneut verfilmt unter der Regie von John McTiernan (bekannter/anerkannter für 2 der Die-Hard-Filme). Es handelt sich dabei um eine extreme Erweiterung des TV-Gladiatoren-Spiels, mit einem Metallball der in einer Bike-/Skate-Arena von 2 Teams ins jeweils gegenüberliegende Tor geworfen werden muss - wobei Gewaltanwendung oft erlaubt, und noch öfter gewünscht, ist.

In der 2002-Version finden die Spiele im (o so korrupten) Asien statt, und der Amerikaner Jonathan Cross (etwas blauäugig dargestellt von Chris Klein), der neue Star des Spiels, kapiert nach und nach, dass er Sklave ist in einem immer tödlicheren bewegten Schachspiel um Zuschauerquoten. Am Ende bleibt nur noch Rache.

In der Siebziger-Version finden die Spiele im 21. Jahrhundert statt. Jonathan E. (in seiner ersten tragenden Rolle nach dem Paten: James Caan) ist seit 10 Jahren der Held des Spiels - alle anderen Mitspieler (nur Männer) sind ausgeschieden oder tot. Daher wird ihm von der herrschenden oligarchen Elite nahe gelegt, abzutreten. Schließlich soll das Spiel zeigen, dass Individuen keine Chance haben und nur das Team zählt. Die Gewaltschraube wird angedreht. Am Ende steht nur noch ein Mann...

Kritik
Beide Filme erscheinen trashig. Wo der neuere Film formelhaft schnelle Jungs in noch schnelleren Autos sowie diverse Xenophobien bedient, bemüht sich der ältere Film nicht all zu viel Spaß an den Gewalteinstellungen zu haben, in dem er in den ersten eineinhalb Stunden (er ist insgesamt über 2 Stunden lang) oft sehr reflektiv wirkt (Gespräche mit Kollegen und Computern über das Warum, sehnsüchtige Fantasien über ein besseres Leben). Auch der ältere Film ist xenophobisch (auch hier gibt es "böse" Asiaten - Japaner), und auch noch, entspr. den Zeiten, sexistischer.

Der neuere Film wirkt allerdings wesentlich hohler ("true trash"?), denn der Plot bemüht sich sehr, die stilistischen Elemente der Kameraführung sind eher spielerisch (alle nächtlichen Jagdszenen in verschwommenem Nachtsichtgerät-Grün) und Schauspieler wirken lustlos (Ausnahme m.E.: Rebecca Romijn-Stamos).

Der ältere Film brilliert m.E. in den visuellen Ideen; dazu passt ein relativ geradliniger einfacher Plot. Visuell wirkt der Film Kubrickesk. Regisseur Norman Jewison war schon ziemlich bekannt für u.a. Thomas Crown Affair mit Steve McQueen, und bringt hier ähnlich lasziv-eleganten Flair in viele Einstellungen, aber zusätzlich durchmischt mit Rauf- und Knall-Szenen aus dem Spiel (auch oft auf fantastischen Haus-TV-Anlagen - in jedem Zimmer 4 Schirme!) und einem blutigen Finale. Besonders eindrucksvoll sind die Szenen, die das Spiel zu einer Art Messe stilisieren: Der Filmanfang, der das langsame Erwachen der Ring-Arena dokumentiert, die öfter wiederkehrende Einstellung mit dem furchterregenden Rollerball-Handschuh (s. Bild oben) der den gewonnenen Ball hochhält, während im Hintergrund die Publikumskulisse vorbeirauscht. Sehr passend zu dem "Messe"-Thema ist auch die klassische Orgelmusik (Jewison benutzt hier wie Kubrick fast nur klassische Begleitmusik).

Die schauspielerische Leistung von Caan fand ich der Rolle eines typischen Profi-Athleten angemessen zurückhaltend - man wünscht sich allerdings dass er weniger Brando's ewiges Gemurmel nachmachte. Es lohnt sich evtl. deswegen die dt. Fassung zu sehen, damit man überhaupt kapiert was die Hauptfigur sagt. Nur während des Spiels ist sein Geschrei richtig deutlich.

Im Endeffekt ist das die Aussage des ('75) Films: Wenn alle korrupt sind, halte ich mich an mich und mache das was ich kann so gut wie ich kann - mehr geht eh nicht.

Die Schauspielerei der Anderen im älteren Film ist gut - besonders haben mir John Houseman (spielt der je was Anderes als den mahnenden Stoiker?) und Pamela Hensley (hier m.E. in ihrer besten Rolle) gefallen.

Trotz der Flachheit und gekünstelten Verspieltheit mancher Sequenzen, kommt die dem Zeitgeist der Siebziger entspr. politische Message auch klar rüber (der von Houseman gespielte Big Businessman erklärt sie Jonathan E. sogar mehrfach): Kommerz ist korrupt aber die einzige Chance für andauernden Wohlstand und Frieden - wenn dafür ein paar Menschenleben geopfert werden müssen, ist das noch immer fortschrittlicher als jeder Krieg.

Mir gefällt also dieses fast 30 Jahre alte Rollerball wegen der audio-visuellen Momente und der sehr s.f.-mäßigen politischen Inszenierung (die dem neuen "realistischen" Film abgeht). Ich fand ihn als Teenager sehr beeindruckend und hab deswegen damals sogar angefangen Orgelspielen zu lernen... Eingefügtes Bild

Notiz am Rande: McTiernan hat auch die neuere (visuell durchaus interessante) Version von Thomas Crown Affair in Szene gesetzt; vielleicht wollte er ja dort und hier Jewison ehren? Wenn er wenigstens ein wenig Bach eingesetzt hätte... Eingefügtes Bild

(Bild stammt direkt aus dem engl. Wikipedia-Beitrag)

/KB

Yay! Fantasy-Reimerei Mitte August...
[..] Verzweiflung beschlich sie im Stillen.

Da ergriff eins der kleinsten das Wort:

"Wenn sich all unsere Wünsche erfüllen,

dann wünschen wir einfach mit Willen

die Wünsche-Erfüllung fort!"

Sie befolgten den Rat und von Stund an war

wieder spannend das Leben und heiter.

Die Kinder war'n froh wie vor Tag und Jahr

und vielleicht gar ein wenig gescheiter.

(BewohnerInnen der Stadt der Kinder, aus der "Geschichte vom Wunsch aller Wünsche", aus Die Zauberschule & andere Geschichten, Neuauflage im Thienemann-Verlag, S. 93, von Ende)


#2 MartinHoyer

MartinHoyer

    Temponaut

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Geschrieben 08 Mai 2004 - 15:41

Als das Remake in die Kinos kam, habe ich aus dem frischen Eindruck heraus eine Rezi geschrieben. Wo ist die doch gleich ...---Während in der Musikbranche neuerdings gecovert wird, was die Mischpulte hergeben, übt man sich im Filmgeschäft in Remakes. Im Zuge dieser häufig zweifelhaften Bemühungen erlebt man relativ brauchbare ("The Time Maschine") und weniger angenehme ("Planet der Affen") Überraschungen. "Rollerball" liegt dabei im unteren Mittelfeld.Nüchtern betrachtet ist der Film so überflüssig wie ein Kropf ... Die Systemkritik des Originals von 1975 läßt sich durch die Neuauflage nicht verstärken und für Actionfilme gibt es sicherlich lohnendere Themen, als die Darstellung eines futuristischen Brachialsports, mit dem die Volksmassen bei Laune gehalten werden und neben Geld auch Politik gemacht wird. Andererseits hat John McTiernan bisher weder Kassengift produziert, noch das Kinopublikum gelangweilt, es war abzusehen, daß der Action-Profi auch diesmal eine Inszenierung hinlegen würde, die ihrem Unterhaltungsauftrag gerecht wird.Was bereits im Vorfeld Anlaß zur Sorge gab, war sicherlich die Besetzung; der Hauptdarsteller Chris Klein fiel bisher nur als Plan-Sensibelchen in "American Pie" auf. LL Cool J durfte neben seiner Karriere als Musiker auch bereit die eine oder andere Minirolle spielen. Rebecca Romijn-Stamos' Filmpräsenz war bisher rein physischer Natur, um es unverfänglich auszudrücken. Der bekannteste Darsteller ist sicherlich Jean Reno, der bisher ausschließlich in sympathischen Heldenrollen brillierte und hier in ungewohnter Weise den Finsterling gibt.Die Überraschung ist in sofern da, wie alle ihre Rollen recht solide spielen: Chris Klein ist als Actiondarsteller so übel nicht, LL Cool J erfüllt nicht nur die Minderheitenquote, Rebecca Romijn-Stamos hat erstaunlich viel Text und Jean Reno spielt den Fiesling dermaßen motiviert, daß man den Eindruck gewinnt, daß er tatsächlich Freude daran hatte. Wie von McTiernan gewohnt, bietet der Film rasante, kompromißlose und nicht immer appetitliche Action, die aber ihr Ziel erreicht, daß Gefühl eines nicht eben nachahmenswerten sportlichen Großereignisses zu vermitteln. Die Schauplätze sind geeignet, eine düstere Stimmung zu vermitteln, wobei ich fest überzeugt bin, daß jetzt einige Zuschauer allen Ernstes glauben, in Zentralasien scheint nie die Sonne.Trotz des wenig überzeugenden Handlungsverlaufs mehrerer unfreiwillig komischer Stellen ist der Film recht kurzweilig und gehört somit ganz klar in die Kategorie "Doof, aber lustig". Wer nicht für etwas mehr als anderthalb Stunden das Gehirn ausschalten kann, dem sei vor diesem Streifen abgeraten, alle anderen werden sich nicht langweilen.
Though my soul may set in darkness, it will rise in perfect light;
I have loved the stars too fondly to be fearful of the night.
(Sarah Williams: The Old Astronomer To His Pupil)

#3 Rusch

Rusch

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Geschrieben 08 Mai 2004 - 23:13

Der alte Film ist Kult. Ein fast typischer Film der 70er. Ein Held gegen das System. Aber richtig gut und am Ende wird der Film richtig fies.Die Neuverfilmung war erwartungsgemäß eine Gurke.

#4 Jürgen

Jürgen

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Geschrieben 10 Mai 2004 - 08:53

Ich bin/war von der alten Version restlos begeistert. Wie James Caan seine Rolle interpretiert, ist genial und schauspielerisch beispielhaft. Er macht den ganzen Film (selbst noch am Ende) den Eindruck, ein wenig verwirrt in der Welt rumzutapsen... er wirkt hilflos gegenüber der Macht der Company´s... kurz, er spielt den "Spieler" überzeugend.Ein Dialog, der nach dem Kampf in Tokio am Krankenbett seines Freundes (John Beck, genauso überzeugend als Draufgänger) fällt, hat es mir besonders angetan:Mediziner: "... er ist tot, nur noch ein Körper... "Jonathan: "Aber er atmet noch."Mediziner: " Sie müssen hier unterschreiben... hier... das verlangen die Regeln."Jonathan: "Sie irren sich... es gibt keine Regeln!"Dazu der Gesichtsausdruck von Jonathan.... und fertig ist eine Szene, die ich nie mehr vergessen werde... und zumindest für mich eine der eindruckvollsten Szenen ALLER Filme darstellt.Caan, Beck, Houseman... Schauspieler, die diese Berufsbezeichnung verdienen... wenn ich mir die "derzeitigen Hollywood-Einheitsbubis" so anschaue... :angry: ;) :unsure: Mit Grauen wende ich mich von "Neuverfilmungen" echter Klassiker ab.bis denneJürgen
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#5 Impala

Impala

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Geschrieben 10 Mai 2004 - 16:20

Rollerball I war noch nie ein spitzenmäßiger Klassiker, sondern nur ganz nett. Im Nachhinein wirkt er besser, da das 70s Flair jetzt anders goutiert wird. Aber wenn ich Lust auf 70s habe, dann gibt es eine Reihe besserer Filme, darunter Logan' Run (Flucht ins 23. Jh.)Rollerball II fällt da als Film auseinander, wo der Screen anfängt, grün zu werden. Da eiert der ohnehin flache Film nur noch statt rund zu sein. Trotzdem kann man ihn natürlich angucken, wenn man nichts als Chipsfressen und Biersaufen im Sinn hat.

Bearbeitet von Impala, 10 Mai 2004 - 16:21.

Julius Gaius Baltar!

#6 yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 10 Mai 2004 - 17:26

Im Nachhinein wirkt er besser, da das 70s Flair jetzt anders goutiert wird.
        :

Meine Rezi ist aber eher aus Sicht der Siebziger, als ich ihn auch zum ersten Mal sah. Ergo, ich fand ihn schon damals beeindruckend - heute eher etwas weniger. Die 70er-nostalgischen Momente bringen allerdings schon das ein oder andere Lächeln.

Logan's Run war nie so sehr mein Ding, aber ich müsste ihn mir auch heutzutage nochmal ansehen. RB wirkte jedenfalls wesentlich erwachsener: Bei LR ist glasklar warum der Held in Not ist; bei RB muss man erst dahinter kommen warum er (auf zivilisierte oder unzivilisierte Weise) abtreten soll. Allerdings ist RB ein ziemlicher Macho-Wohlfühl-Film, geb ich zu.

Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 10 Mai 2004 - 17:38.

/KB

Yay! Fantasy-Reimerei Mitte August...
[..] Verzweiflung beschlich sie im Stillen.

Da ergriff eins der kleinsten das Wort:

"Wenn sich all unsere Wünsche erfüllen,

dann wünschen wir einfach mit Willen

die Wünsche-Erfüllung fort!"

Sie befolgten den Rat und von Stund an war

wieder spannend das Leben und heiter.

Die Kinder war'n froh wie vor Tag und Jahr

und vielleicht gar ein wenig gescheiter.

(BewohnerInnen der Stadt der Kinder, aus der "Geschichte vom Wunsch aller Wünsche", aus Die Zauberschule & andere Geschichten, Neuauflage im Thienemann-Verlag, S. 93, von Ende)




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